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ist das nicht mehr zu erklären”, betont Latif. „Im Grunde sind wir wie<br />
Geisterfahrer. Wir wissen zwar um die Probleme, steuern aber trotzdem<br />
nach wie vor in die falsche Richtung.” Was die Lösung des Problems<br />
betrifft, mangelt es seiner Meinung nach weder an den nötigen<br />
Technologien noch am Geld: „Wenn man sieht, welche Summen plötzlich<br />
in Krisen wie der Corona-Pandemie aufgebracht werden, zieht<br />
das finanzielle Argument nicht mehr. Wenn die Menschen es wirklich<br />
wollten, hätten wir das Problem ziemlich schnell gelöst.”<br />
Der Egoismus ist das Problem<br />
Doch woher kommt dieser fehlende Wille? Die Gründe hierfür sind<br />
vielschichtig, sagt der Forscher: „Auf der einen Seite ist es der Egoismus<br />
auf allen Ebenen. Wir haben es uns in unserer Komfortzone<br />
bequem gemacht, und da wollen wir nicht mehr raus. Auf der anderen<br />
Seite ist unsere Wirtschaft völlig falsch aufgestellt. Die Weltwirtschaft<br />
funktioniert so, dass sie Umweltzerstörung belohnt. Warum<br />
sind beispielsweise Bioprodukte teurer als konventionell erzeugte<br />
Lebensmittel? Eigentlich müsste es doch genau umgekehrt sein. Dazu<br />
kommt, dass die Politik extrem kurzatmig ist. Man denkt <strong>im</strong>mer nur<br />
bis zur nächsten Wahl und versucht möglichst niemandem wehzutun –<br />
schließlich sind alle Bürgerinnen und Bürger potenzielle Wählerinnen<br />
und Wähler. So blockieren wir uns <strong>im</strong>mer wieder gegenseitig.” Auch<br />
auf zwischenstaatlicher Ebene sieht Latif dieses Problem: „Jedes Land<br />
versucht, das Beste für sich herauszuholen. Deshalb geht es auch auf<br />
den Weltkl<strong>im</strong>akonferenzen nicht voran.”<br />
Begrenzte Anpassungsfähigkeit<br />
Ein weiteres Problem: Den Menschen sei nicht bewusst, dass die Anpassungsfähigkeit<br />
an das sich verändernde Kl<strong>im</strong>a Grenzen hat. „Was<br />
wollen Sie denn anbauen, wenn kein Regen mehr fällt? Wie wollen Sie<br />
sich an Wassermassen anpassen, wie sie letztes Jahr <strong>im</strong> Ahrtal gefallen<br />
sind?”, fragt der Meteorologe. Auch die finanzielle Kompensation der<br />
Schäden durch Wetterextreme habe ihre Grenzen. „Der Kl<strong>im</strong>awandel<br />
kostet uns schon heute extrem viel Geld, aber das wird verschwiegen.<br />
In der öffentlichen Diskussion werden <strong>im</strong>mer nur die Kosten für den<br />
Kl<strong>im</strong>aschutz thematisiert. Wie teuer uns die aber die Kl<strong>im</strong>averänderungen<br />
kommen, wird verschwiegen. Das schmälert letztlich auch die<br />
Akzeptanz von Kl<strong>im</strong>aschutzmaßnahmen in der Gesellschaft.”<br />
Utopische Ziele<br />
Dass die Vereinbarungen aus dem Pariser Kl<strong>im</strong>aabkommen noch eingehalten<br />
werden können, glaubt Latif nicht. „Das 1,5-Grad-Ziel ist auf<br />
keinen Fall zu halten. Schon jetzt haben wir eine Erwärmung von etwa<br />
1,2 Grad – und das bei steigenden Emissionen. Sie müssen wissen, dass<br />
CO2 teilweise tausend Jahre und länger in der Luft bleibt. Selbst wenn<br />
wir jetzt weniger CO2 ausstoßen würden, würde der Gehalt in der Luft<br />
Die Flut <strong>im</strong> Ahrtal 2021 hat gezeigt:<br />
Der Kl<strong>im</strong>awandel ist in Deutschland angekommen<br />
© Christian/Adobe Stock<br />
10.<strong>2022</strong> Anzeigenspezial lebensart 17