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Lebensart im Norden | Oktober 2022 | Hamburg West

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Meenos Wetterwelten<br />

Extremer Wetterwandel<br />

© Halfpoint/ Adobe Stock<br />

Werden ich oder meine Kolleg:innen<br />

nach den Folgen des Kl<strong>im</strong>awandels<br />

gefragt, dann lautet die<br />

Antwort meist „Es wird extrem!“. Gemeint<br />

ist wohl nicht das Kl<strong>im</strong>a, sondern das Wetter.<br />

Wird noch einmal nachgehakt, wie sich das<br />

Wetter zukünftig entwickelt, sagen wir: „Es<br />

wird <strong>im</strong>mer extremer.“ Damit schnappt die<br />

Falle zu, wir haben zwei Probleme: schl<strong>im</strong>mstes<br />

Wetter zum einen und einen gedoppelten<br />

Superlativ zum anderen. Denn „extrem“ ist<br />

nach meinem grammatikalischen Grundverständnis<br />

ein Superlativ – und einen Superlativ<br />

kann man nicht steigern. Und doch wird<br />

es so verwendet. Es dürfte die Hilflosigkeit<br />

zum Ausdruck bringen, nicht genau sagen zu<br />

können, wie das Wetter in 100, 50, 30 oder 10<br />

Jahren ist.<br />

Zerstörerische Kraft<br />

Das Kl<strong>im</strong>a ist mir ehrlich gesagt auch ziemlich<br />

egal – mein Interesse gilt dem Wetter! Da<br />

lauert die zerstörerische Kraft. Das Kl<strong>im</strong>a ist<br />

dermaßen träge, es hinterlässt kaum Spuren.<br />

Es sind aber genau diese Fußabdrücke, die<br />

uns wachrütteln und deutlich machen, dass<br />

wir JETZT und nicht morgen handeln müssen.<br />

Der Waldbrand muss schließlich auch<br />

JETZT gelöscht werden und nicht nächste<br />

Woche. Das Extremwetter, von dem gesagt<br />

wird, es käme in ein paar Jahren – es ist<br />

längst da.<br />

Die Erde brennt<br />

Dabei geht alles so schnell, man kommt gar<br />

nicht hinterher. Noch vor fünf Jahren lautete<br />

der Titel meiner Vorträge „Die Erde hat<br />

Fieber“, heute heißen sie „Die Erde brennt!“.<br />

Und es ist in meinen Augen nicht der wachsweiche<br />

Kl<strong>im</strong>awandel, dem wir an den Kragen<br />

müssen. Zahlen wie 1,5 oder 2 Grad Kelvin<br />

verharmlosen völlig, was die eigentliche Herausforderung<br />

ist. Wenn die Temperaturen auf<br />

über 40 bis 50 Grad Celsius steigen und Dürre<br />

die Erdoberfläche zum Abbrennen vorbereitet<br />

hat, ist dies das Extremwetter, aus dem Waldbrände<br />

entstehen.<br />

Es ist der Wetterwandel, der uns vor sich hertreibt.<br />

Jeder Möchtegern-Wirbelsturm unter<br />

einer Gewitterwolke hat heutzutage das Zeug<br />

zum Tornado. An Verabredungen wird sich<br />

nicht mehr gehalten. Ein Superlativ knackt<br />

den nächsten. Dabei muss nicht zwingend auf<br />

das geguckt werden, was in der Welt passiert,<br />

obwohl wir das kein bisschen aus den Augen<br />

verlieren dürfen. Es reicht schon, nur auf<br />

Schleswig-Holstein zu blicken. Mögen die<br />

Auswirkungen des Wetterwandels bei uns <strong>im</strong><br />

Vergleich zu Deutschland und der Welt noch<br />

am wenigsten extrem ausfallen, es raubt uns<br />

nicht die Verantwortung, alles Mögliche dagegen<br />

zu tun.<br />

Meeno Schrader<br />

Schon seit seinem 15. Lebensjahr ist<br />

das Wetter für Meeno Schrader weit<br />

mehr als nur Small Talk. Er hat es an<br />

den unterschiedlichsten Plätzen der<br />

Welt „getestet“ und lebte und arbeitete<br />

unter anderem in Australien, Korea,<br />

der Karibik und den USA. Seit 2002 ist<br />

er der „Wetterfrosch“ des Schleswig-<br />

Holstein-Magazins be<strong>im</strong> NDR. In der<br />

<strong>Lebensart</strong> verrät er jeden Monat einen<br />

Gedanken aus seinen Wetterwelten.<br />

96 lebensart

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