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hinnerk Oktober / November 2022

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MUSIK<br />

NACHGEFRAGT<br />

SARAJANE<br />

Nippel, Bauchrollen<br />

und Selbstliebe<br />

FOTO: @LEAHBEE.PHOTOGRAPHY<br />

Wenn man gerade noch auf dem<br />

Berliner-CSD durch die Straßen<br />

tanzte, dann erregen Nippel, egal welchen<br />

Geschlechts und Aussehens, wenig Aufmerksamkeit.<br />

Jeder hat sie und sie sind<br />

überall. Deswegen muss man sich, wenn<br />

man das Cover vom neuen Album von<br />

Sarajane betrachtet, daran erinnern, dass<br />

der Rest der Welt mit Brustwarzen Probleme<br />

haben kann: Denn sie stillt auf diesem<br />

Bild ihr Baby und eine Brust ist zu sehen.<br />

„Meine Nippel waren 35 Jahre lang<br />

arbeitslos und es war eine schöne Zeit.<br />

Doch dann kommt ein Kind daher und<br />

hat Hunger – und dafür sind die Dinger ja<br />

letztlich gemacht!“, lacht Sarajane. Das<br />

Foto war nicht einmal so geplant. „Wir<br />

hatten das Shooting bei uns zu Hause.<br />

Mittendrin wacht das Baby auf und will<br />

Nahrung. Dann sitze ich halt da, mit der<br />

Brust draußen. Und die Fotografin hat<br />

weitergearbeitet …“<br />

Natürlich zirkulieren Varianten des Covers<br />

– in den Vereinigen Staaten zum Beispiel<br />

gibt es keine sichtbare Brustwarze. Auch<br />

Instagram ist gespalten. Einerseits ist „laut<br />

den Guidelines aktives Stillen erlaubt“,<br />

weshalb sie das Cover im Feed posten<br />

konnte. „Doch die Storys mit Links, die auf<br />

das Album verweisen, werden gelöscht.“<br />

Da ist ein Algorithmus wohl überfordert.<br />

Doch abgesehen von solch Stolpersteinen<br />

war das Feedback extrem positiv. „Ich<br />

hatte mit mehr Gegenwind gerechnet.“<br />

Vielleicht ist die Reaktion auch deswegen<br />

so gut, weil „Milk & Money“ eine Freude<br />

zu hören ist. Die Lieder sind extrem bunt<br />

geworden und reichen von Reggaeton<br />

zur hymnischen Ballade, von Pop bis zu<br />

House-Beats. Auch inhaltlich ist es wunderbar<br />

vielfältig. Zum Beispiel „Some More<br />

Coffee“, dass unseren<br />

Lieblingskick feiert<br />

oder das Titelstück,<br />

in dem Sarajane mit<br />

Verve und Druck die<br />

Realität zwischen<br />

Business und Mutterschaft<br />

eher zelebriert<br />

als kritisiert. Und auch<br />

„FUPA“, über das „fat<br />

upper public area“, auf<br />

Deutsch vielleicht am<br />

besten als Bauchrolle<br />

beschrieben, ein Lied<br />

über den positiven Umgang mit dem<br />

Körper und seinen Mängeln. Aber kann<br />

ein Song wirklich helfen, wenn man mit<br />

seinem Selbstbild hadert? „Spannende<br />

Frage. Wenn ein Song dir sagt, du bist toll,<br />

während du selbst denkst, nein, bin ich<br />

nicht – dann kann das nicht klappen. Ich<br />

habe auch verschiedene Körpergrößen<br />

gehabt, keine Riesenschwankungen, mal<br />

mehr, mal weniger – doch was immer blieb,<br />

ist dieser Wulst unter dem Bauchnabel.“<br />

Selbst auf einem Kindheitsfoto von ihr<br />

war kein Gramm Fett zu sehen und doch<br />

gab es diese kleine Bauchrolle. „Vielleicht<br />

gehört die ja einfach zu mir?“ Letztlich<br />

muss jeder seinen eigenen, perfekten<br />

Körper finden. „Sei wer du bist und das<br />

ist okay. Egal, ob diese FUPA bleibt oder<br />

nur zu Gast ist. Du musst dich nicht<br />

verstecken!“ Oder deswegen bestimmte<br />

Klamotten tragen,<br />

was auch Sarajane<br />

gemacht hat, weil sie<br />

meinte, sonst sieht mal<br />

ja ihren Unterbauch.<br />

„Aber dann sieht man<br />

ihn halt!“, bekräftigt sie<br />

jetzt selbstbewusst.<br />

„Ich finde es so cool<br />

und kenne es nur von<br />

schwulen Männern,<br />

dass alle Körpertypen<br />

akzeptiert werden: Es<br />

gibt Bears und es gibt<br />

viele Haare oder keine, größer oder kleiner,<br />

dicker, dünner – alle sind okay, wie sie sind.<br />

Jemand macht eine Schublade auf und<br />

entdeckt darin genau den Typ, den er geil<br />

findet. Das bekommen Heten irgendwie<br />

nicht so hin. Da sind wir ein bisschen<br />

armselig.“ Dabei gibt es auch bei Heteros<br />

alles in allen Formen, auch „kleine Dicke die<br />

von großen Schlanken abgöttisch geliebt<br />

werden und umgekehrt. Und doch haben<br />

es schwule Männer besser raus – es klingt<br />

bei ihnen immer liebevoller.“ *fis

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