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NK 10_2022

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TITELSTORY<br />

19<br />

„DIE LÖWINNEN UND LÖWEN“<br />

und gesagt, „Na ja, etwas mehr Wettbewerb<br />

und Auswahl wäre für das<br />

Publikum und die Werbeindustrie<br />

nicht so schlecht“. Heute haben wir<br />

hunderte von Kanälen und es kommen<br />

immer noch neue dazu.<br />

<strong>NK</strong>: Wird Social Media das Kaufverhalten<br />

verändern?<br />

Georg Kofler: Ich glaube schon. Die<br />

Leute lassen sich eher zu Produkten<br />

inspirieren, die sie gar nicht auf der<br />

Agenda hatten. Dadurch ändert sich<br />

auch die Relevanz der Vertriebskanäle.<br />

Medien ergänzen sich gegenseitig,<br />

neue Medien haben noch nie die<br />

alten umgebracht. Wer hätte vor fünf<br />

Jahren gedacht, dass Leute Podcasts<br />

hören? Das ist ja eigentlich das immer<br />

wieder totgesagte Radio ohne Musik.<br />

Oder nehmen Sie den Onlinehandel.<br />

Er wird den stationären Handel nicht<br />

umbringen und wie man sieht, auch<br />

den Direktvertrieb nicht schwächen.<br />

Aber er fordert ihn heraus, attraktiver<br />

und wettbewerbsfähiger zu werden.<br />

<strong>NK</strong>: Danke, für das interessante Gespräch<br />

und ein zutreffendes Schluss-<br />

Vertriebskanäle von heute und morgen<br />

fantasiereich und effizient kombiniert.<br />

<strong>NK</strong>: Es ist so viel auf dem Markt, was<br />

sind die relevanten Medien von heute<br />

oder morgen?<br />

Georg Kofler: Das kommt auf die<br />

Zielgruppe an. Für die unter Dreißigjährigen<br />

sind sicherlich die sozialen<br />

Plattformen, von Instagram bis TikTok<br />

die relevanten Medien. Für die Mehrheit<br />

der über Fünfzigjährigen ist es<br />

noch das Fernsehen, und das wird<br />

noch ein paar Jahre so bleiben. Hinzu<br />

kommt eine Vielzahl an Streaming-<br />

Anbietern. Aber auch vermeintlich<br />

alte Medien wie Kino oder Radio werden<br />

nicht aussterben. Wir erleben<br />

eine fließende Veränderung einzelner<br />

Mediengattungen, auch neue<br />

Kombinationen bestehender und<br />

neuer Technologien. Insofern muss<br />

der Medienbegriff immer wieder neu<br />

justiert werden.<br />

Ihre Network-Karriere Fachzeitung ist<br />

dafür ein gutes Beispiel. Sie hat sich<br />

in bald 20 Jahren von der gedruckten<br />

Ausgabe zu einer Print- und Online-<br />

Zeitung entwickelt, die unterschiedliche<br />

Zielgruppen und Leserverhalten<br />

mit dem gleichen Content bedienen<br />

kann.<br />

Es sind stets die Inhalte, auf die es ankommt.<br />

Die Leute schauen oder lesen<br />

ja keine Technologie, sondern<br />

Filme, Serien, Berichte, Informationen.<br />

Dafür benutzen die Zuschauer<br />

eben die Technologie, die ihnen in<br />

ihrer jeweiligen Situation am komfortabelsten<br />

erscheint.<br />

<strong>NK</strong>: Welche Bedeutung haben dabei<br />

Influencer?<br />

Georg Kofler: Die Influencer machen<br />

sozusagen ihre eigenen Sender.<br />

Deswegen werden sie häufig auch<br />

als Creator bezeichnet. Aus Marketingsicht<br />

gehören sie mit ihren<br />

Millionenreichweiten und ihrer<br />

Zielgruppengenauigkeit<br />

definitiv zum relevanten Marketingmix.<br />

Social Media Marketing<br />

und Social Media Publishing<br />

werden in Zukunft die effizientesten<br />

Formen der Markenführung<br />

sein, jedenfalls beim jungen<br />

Publikum. So wie damals das Privatfernsehen<br />

ist nun bei den jungen<br />

Zielgruppen Social Media die prägende<br />

Kraft in der Meinungsbildung.<br />

Zwei Faktoren unterscheiden diese<br />

neue Medienwelt von der damaligen:<br />

erstens die Interaktivität. Aus<br />

den Social Communities ziehen wir<br />

wertvolle Erkenntnisse. Wir erfahren,<br />

wofür sich die Leute interessieren<br />

und auch, wann ein Produkt<br />

verbessert werden muss.<br />

Die Akzeptanz in den Social Communities<br />

wird für die Vitalität von Marken<br />

ausschlaggebend sein. Und zweitens<br />

die Internationalität und die damit<br />

verbundene Skalierbarkeit. Wir erfinden<br />

hier in Deutschland ein Produkt<br />

und können es auf der ganzen Welt<br />

verkaufen, indem wir italienische, dänische,<br />

amerikanische Influencer als<br />

Anker für unsere Marken einsetzen.<br />

Die Produkte vertreiben wir dann<br />

über Onlineshops in der ganzen Welt.<br />

<strong>NK</strong>: Facebook & Co werden schwindende<br />

Nutzerzahlen nachgesagt.<br />

Wohin geht die Entwicklung der<br />

Gattung Social Media?<br />

Georg Koffer: Die Nutzerzahlen von<br />

Social Media steigen insgesamt weiter<br />

an, das wird auch in den nächsten<br />

Jahren so sein. Wie immer im Mediengeschäft<br />

ändern sich Trends und<br />

Vorlieben des Publikums, die Programmangebote<br />

und entsprechend<br />

gibt es auch Absteiger und Aufsteiger<br />

in der Publikumsgunst. Da geht<br />

es eben mal bei Facebook ein biss-<br />

chen runter und bei Instagram oder<br />

TikTok rauf. Und dann muss man sich<br />

diese Veränderungen genau nach<br />

Zielgruppen anschauen. Wir brauchen<br />

hier also eine differenzierte<br />

Analyse. Generell wird die individuelle<br />

Ausdrucksweise noch stärker, professioneller,<br />

fantasievoller werden.<br />

Allein, wie sich Live-Gaming entwickelt<br />

hat. Da wird es immer neue<br />

Features geben. Und dann kommt<br />

das Metaverse, der kollektive, virtuelle<br />

Raum von Meta hinzu. Auch das<br />

wird eine Medienwelt der Zukunft.<br />

Andererseits muss man sehen, die<br />

Menschen werden ja nicht neu konstruiert.<br />

Ihre DNA bleibt weitgehend<br />

unverändert.<br />

Wir haben ein Bedürfnis nach Realität,<br />

nach physischen Treffen. Das<br />

kann man gerade beim Homeoffice<br />

beobachten. Vielen fällt die Decke<br />

auf den Kopf. Sie sehnen sich nach<br />

realen sozialen Kontakten.<br />

<strong>NK</strong>: Welche Erkenntnis können wir<br />

daraus ableiten?<br />

Georg Kofler: Egal wie viele Metaverses<br />

es geben wird, unser Tag hat nur<br />

24 Stunden. Das wird sich auch mit<br />

einem 50-fachen Medienangebot<br />

nicht ändern. Ich habe es selbst im<br />

Fernsehgeschäft erlebt, als ich<br />

ProSieben gegründet habe. Als ich<br />

mit meinen Plänen vorstellig wurde,<br />

hat man mir gesagt, Herr Kofler, es<br />

wort aus berufenem Munde. Wir<br />

©VOX wünschen Ihnen und Ralf Dümmel<br />

mit Ihrem Unternehmen der Social<br />

gibt doch schon die ARD, Chain AG viel Erfolg und weiterhin<br />

das ZDF, die Dritten Programme,<br />

RTL und Sat1. Sie schon ihr ganzes Berufsleben<br />

die Begeisterung an der Arbeit, die<br />

Wer soll denn ihren Sender<br />

noch schauen? Die Georg Kofler: Ich bedanke mich für<br />

haben.<br />

Leute haben doch schon so den freundlichen Empfang in Ihrer<br />

viele Programme. Ich habe außergewöhnlich geschmackvoll gestalteten<br />

Wohlfühl-Redaktion.<br />

mich damals sehr geärgert<br />

©VOX TV NOW : Boris Breuer<br />

Georg Kofler<br />

Georg Kofler 65, aus Bruneck, ist einer der erfolgreichsten Medienmacher<br />

Deutschlands. Er studierte Publizistik und Politikwissenschaft<br />

an der Universität Wien. Er begann seine Karriere in der Medienindustrie<br />

1985 als Referent des Generalintendanten beim Österreichischen<br />

Rundfunk (ORF) und wechselte zwei Jahre später zur Kirchgruppe<br />

nach München. 1989 startete Kofler den Fernsehsender ProSieben,<br />

den er zur ProSieben Media AG ausbaute und 1997 als CEO an die<br />

Frankfurter Börse brachte – der erste große IPO eines deutschen Medienunternehmens.<br />

Parallel dazu führte Kofler mit dem Sender H.O.T.<br />

(Home Order Television), heute HSE24, erstmals Teleshopping in den<br />

deutschen Markt ein. Von 2000 bis 2002 war er CEO und wesentlicher<br />

Aktionär der H.O.T. Networks AG, die Teleshopping europaweit entwickelte.<br />

2002 übernahm Kofler die Geschäftsführung des Pay-TV-Unternehmens<br />

Premiere, das kurz vor der Insolvenz stand. Kofler sanierte<br />

Premiere, erwarb selbst 20 Prozent des Unternehmens und führte<br />

Premiere 2005 erfolgreich an die Börse. 2007 stieg er aus der Fernsehbranche<br />

aus und investierte über seine Beteiligungsholding in diverse<br />

Unternehmen, unter anderem im Bereich der Energieeffizienz. Die<br />

neuen Entwicklungen der Sozialen Medien brachten Kofler 2016 wieder<br />

ins Mediengeschäft zurück: Er ist Hauptaktionär und Aufsichtsratsvorsitzender<br />

der im Prime Standard der Börse Frankfurt notierten The<br />

Social Chain AG, die Social Commerce im internationalen Maßstab betreibt.<br />

Seit 2017 ist Kofler Juror und Investor.

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