Mitteilungsblatt Thüringer Pfarrverein Jahresheft 2022
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Ähnliche Regelungen galten im Kurfürstentum
Brandenburg und im Erzstift
Mageburg, also auch in Halle. Nur in
kursächsischen (ernestinischen) Gebieten
und in Anhalt konnten Lutherschriften
gedruckt und verkauft werden.
In diesem Zusammenhang erreichten
Luther etliche Anfragen, ob denn nun
die Bücher zurückgeben werden sollten.
Luther beantwortet diese konkrete
Frage in der benannten Schrift sehr
konkret: 4
„Hier sollen ihre Untertanen so tun: nicht ein
Blättlein, nicht einen Buchstaben sollen sie
überantworten, bei Verlust ihrer Seligkeit.
Denn wer es tut, der übergibt Christus dem
Herodes in die Hände.“
Luther geht das Thema auch gleich sehr
grundsätzlich an:5
„Denn Gott der Allmächtige hat unsere
Fürsten toll gemacht, dass sie nicht anders
meinen, als sie könnten ihren Untertanen
tun und gebieten, was sie nur wollen; und
auch die Untertanen irren, wenn sie meinen,
sie seien verpflichtet, dem allem so ganz
und gar zu folgen. Die Fürsten haben jetzt
angefangen, den Leuten zu gebieten, Bücher
auszuliefern und zu glauben und einzuhalten,
was sie angeben. Damit vermessen sie
sich, sogar auf Gottes Thron zu sitzen und
die Gewissen und den Glauben zu meistern
und nach ihrem tollen Gehirn den Heiligen
Geist wie einen Schüler zu behandeln.
Trotzdem verlangen sie, man dürfe ihnen
das nicht sagen und solle sie noch gnädige
Junker heißen.“
Ein anderes Beispiel ist die Anfrage des
christlichen Soldaten, Söldnerführer
und Feldoberst des ernestinischen Kurfürsten
Johann, Assa von Cramm (1490
– 1528). Auf ihn geht Luthers grundsätzliche
Schrift: „Ob Kriegsleute im seligen
Stand sein können?“6 zurück.
Für unser Thema von Bedeutung ist Luther
1527 erschiene Schrift: Ob man vor
dem Sterben fliehen möge?
Sie wurde veranlasst durch eine Frage
des schlesischen Reformators Johannes
Heß (g 23. September 1490; s 5. Januar
1547) aus Breslau, als in Breslau die Pest
wütete.
Luther scheint die Antwort auf die Anfrage
zunächst hinausgezögert zu haben.
Und wird wohl von Johannes Heß
gemahnt. Als dann auch in Wittenberg
im Jahre 1527 die Pest ausbrach, griff
er zur Feder. Er schrieb sein Büchlein in
den Sommermonaten 1527 und ergänzt
es im Herbst. In seinem Manuskript – so
die kundigen Lutherkenner – soll ein
Zettel oder Nachsatz gesteckt haben,
der leider im Manuskript verlorengegangen
ist, aber rekonstruiert werden
konnte und einige Aussagen zum Begräbnis
und zur Verlegung von Friedhöfen
in der Pestzeit enthielt.7
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4
Wie Anm.2, Seite 4390f.
5
Wie Anm.2, Seite 4349.
6
Martin Luther: Ob Kriegsleute auch in seligem Stande sein
können, (1526), [WA 19, 623–662] ( vgl. Anm.1), S. 4423-
4488.
7
Vgl. den Abschnitt: Nachtrag zu den Friedhöfen
Mitteilungen aus dem Thüringer Pfarrverein Nr. 01-2022 13