SB_50.EWNLP
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2022<br />
Abschlussbericht<br />
DVS-Forschung<br />
Vollmechanisiertes<br />
adaptives Wurzelschweißen<br />
an Gründungsstrukturen<br />
von Windenergieanlagen
Vollmechanisiertes adaptives<br />
Wurzelschweißen an<br />
Gründungsstrukturen von<br />
Windenergieanlagen<br />
Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben<br />
IGF-Nr.: 00.050 EWN<br />
DVS-Nr.: WE.3128<br />
RWTH Aachen Institut<br />
für Schweißtechnik und Fügetechnik (ISF)<br />
Förderhinweis:<br />
Das IGF-Vorhaben Nr.: 00.050 EWN / DVS-Nr.: WE.3128 der Forschungsvereinigung<br />
Schweißen und verwandte Verfahren e.V. des DVS, Aachener Str. 172, 40223 Düsseldorf,<br />
wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen<br />
Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz<br />
aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen<br />
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind online abrufbar<br />
unter: http://dnb.dnb.de<br />
© 2022 DVS Media GmbH, Düsseldorf<br />
DVS Forschung Band 544<br />
Bestell-Nr.: 170654<br />
I<strong>SB</strong>N: 978-3-96870-544-6<br />
Kontakt:<br />
Forschungsvereinigung Schweißen<br />
und verwandte Verfahren e.V. des DVS<br />
T +49 211 1591-0<br />
F +49 211 1591-200<br />
forschung@dvs-hg.de<br />
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung in andere Sprachen, bleiben<br />
vorbehalten. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlages sind Vervielfältigungen, Mikroverfilmungen und die<br />
Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen nicht gestattet.
Inhaltsverzeichnis 7<br />
IV Inhaltsverzeichnis<br />
I Zusammenfassung I<br />
II Ziel der Untersuchungen II<br />
III Wissenschaftliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen III<br />
IV Inhaltsverzeichnis 7<br />
V Abbildungsverzeichnis 9<br />
VI Tabellenverzeichnis 10<br />
1. Anlass für den Forschungsantrag 11<br />
1.1 Einleitung 11<br />
1.2 Stand der Technik 13<br />
2. Zielstellung und Arbeitshypothese 20<br />
3. Lösungsweg 21<br />
4. Untersuchungsergebnisse 23<br />
AP 1 - Definition der grundlegenden Applikation und der technologischen<br />
Randbedingungen 23<br />
AP2 - Definition relevanter Datenformate und Informationsschnittstellen 25<br />
AP3 - Integration/Bereitstellung der Entwicklungsumgebung 27<br />
AP4 - Prozessqualifizierung (Evaluation und grundlegende Eignung der MSG-<br />
Variante) für die Wurzelschweißung 28<br />
AP5 - Erstellung einer Prozesslandkarte zur Bestimmung des geometrie- und<br />
schweißpositionsabhängigen Prozessfensters mittels Prozesskennwerten 30<br />
AP6 - Erarbeitung von Prozessstrategien zur Online-Anpassung der<br />
Prozessstellgrößen 33<br />
AP7 - Erarbeitung von Strategien zur Erkennung und Überschweißung von<br />
Heftstellen und Schweißnahtansätzen 35<br />
AP8 - Erstellen von Prozess- und Qualitätsmodellen zur Anpassung der<br />
Schweißprozessstellgrößen unter Berücksichtigung der Variation der<br />
aktuellen Fugengeometrie 36<br />
AP9 - Auswahl und Qualifizierung von Optimierungsalgorithmen zur Anpassung<br />
der Systemstellgrößen 37<br />
AP10 - Generierung von Schweißlisten zur situationsabhängigen Anpassung der<br />
Stellgrößen 38<br />
AP11 - Implementierung der Schweißlisten in das System und Verifikation der<br />
Anpassungs-strategie durch Schweißversuche 39
Inhaltsverzeichnis 8<br />
5. Abschließende Bewertung der Ergebnisse 41<br />
6. Ausblick 42<br />
7. Formales 43<br />
8. Gegenüberstellung der durchgeführten Arbeiten und des Ergebnisses<br />
mit den Zielen. 44<br />
9. Wissenschaftlich-technischer u. wirtschaftlicher Nutzen der<br />
Forschungsergebnisse für KMU 45<br />
9.1 Wissenschaftlich-technische Ergebnisse 45<br />
9.2 Wirtschaftliche Ergebnisse 45<br />
9.3 Einschätzung zur Realisierbarkeit 46<br />
VII Literaturverzeichnis 47
Anlass für den Forschungsantrag 11<br />
1. Anlass für den Forschungsantrag<br />
1.1 Einleitung<br />
Windenergieanlagen (WEA) stellten in Deutschland im Jahr 2021 mit 21,5% der Bruttostromerzeugung<br />
die zweitwichtigste Art der Gewinnung elektrischer Energie nach<br />
Kohle (30,2%) und somit vor Erdgas (12,6%) und Kernenergie (12,6) dar [Dest21]. Der<br />
Anteil der Offshore-Windstromerzeugung stiegt dabei auf fast 18 %. Diese Zahlen alleine<br />
verdeutlichen die Relevanz der Windenergie für die Deckung des Energiebedarfs<br />
und zeigen auf, dass in der Nutzung von Offshoretechnik ein großes Potential zur weiteren<br />
Sicherung des deutschen Energiebedarfs besteht. Alleine für 2018 befinden sich<br />
fünf weitere Nordsee-Offshore-Windparks mit 1,85 GW Leistung in der Bauphase<br />
[Win18]. Die Hersteller von Windenergieanlagen stellt die Fertigung der großen Stahlstrukturen<br />
vor enorme logistische Herausforderungen, da die Etablierung von Fertigungslinien<br />
für die große Zahl an geplanten Projekten mit hohen Investitionen verbunden<br />
ist, die sich oftmals erst durch Folgeaufträge rentieren. Vorhandene Fertigungskapazitäten<br />
sind mit derzeitigen Produktionsverfahren zur Deckung des Bedarfs nicht<br />
ausreichend. Besonders aufwändig ist hierbei die Herstellung der Gründungsstrukturen.<br />
Je nach Struktur und Bodentyp werden bei der Gründung von Offshore-WEA unterschiedliche<br />
Fundamenttypen genutzt. Je nach indizierter Gründungsstruktur unterscheidet<br />
man zwischen Jackets, Tripods, Monopiles und Tripiles. Durch die Eignung<br />
der Jackets für größere Wassertiefen und steinigen Meeresboden bieten sie einen inhärenten<br />
Vorteil im Sinne eines größeren Anwendungsbereiches. Insbesondere durch<br />
die Verwendung von Rohren mit Standarddimensionen als Fachwerkstäbe ist bei der<br />
Herstellung der Jackets eine gute Lastskalierbarkeit bei gleichzeitig überschaubarem<br />
logistischen Aufwand gegeben. Hierbei ist derzeit die Herstellung der Rohr-Rohr-Verbindungen<br />
durch manuelle Schweißverfahren Stand der Technik. Ausnahmen sind<br />
Schweißverbindungen, die am drehenden Rohr in Wannenlage erfolgen können. Die<br />
Verbindungen von Standbeinen an Zentralrohre, Knotenverbindungen oder auch<br />
Schweißarbeiten in Zwangslage an fester Baugruppe werden manuell durchgeführt.<br />
Bei der Analyse der Produktion der Jackets zeigt sich, dass der materialsparenden<br />
Struktur hohe Fertigungskosten gegenüberstehen. Insbesondere die schweißtechnischen<br />
Arbeitsschritte zur Herstellung der Rohr-Rohr-Verbindungen sind hier Kostentreiber,<br />
da diese manuell gefertigt werden. Die hierbei entstehenden Lohnkosten auf<br />
der einen Seite und die geringe Verfügbarkeit von qualifizierten Fachkräften auf der<br />
anderen Seite lassen die Gesamtkosten und den Prüfaufwand ansteigen.<br />
Vor diesem Hintergrund stellt die Erhöhung des Mechanisierungsgrades bei der Fertigung<br />
von Jacketstrukturen eine wirtschaftlich attraktive Option dar, welche im umkämpften<br />
Markt der Offshore-WEA zukunftsentscheidend sein wird. Durch die Mechanisierung<br />
von Schlüsselarbeitsschritten kann die Fertigungsdauer bei gleichzeitig stabilisierender<br />
Wirkung auf die Qualität reduziert werden. Hierbei ist die Herstellung der<br />
Wurzelschweißung als wesentlichen Teilschritt zu sehen. Durch eine Reduzierung der<br />
Schweißzeit bei gleichzeitiger Erhöhung der Qualität für die Herstellung der ersten Lagen<br />
kann die Wirtschaftlichkeit bereits deutlich erhöht werden, da hier eingebrachte
Anlass für den Forschungsantrag 12<br />
Fehler ganz wesentlich die Produktqualität und den Reparaturbedarf während der Fertigung<br />
bestimmen. Eine Mechanisierung des Wurzelschweißprozesses ist jedoch nur<br />
über die Nutzung eines adaptiven Schweißkonzeptes denkbar, dass die wechselnden<br />
Randbedingungen während der Fertigung berücksichtigen kann. Ein solches Konzept<br />
soll im Rahmen dieses Projektes für die Wurzelschweißung entwickelt werden.
Anlass für den Forschungsantrag 13<br />
1.2 Stand der Technik<br />
Fertigung von Gründungsstrukturen<br />
Gründungsstrukturen werden derzeit im Offshore-Bereich u.a. in Form von Tripods,<br />
Jackets und Monopiles als Fundamentstruktur genutzt [Win17]. Jackets stellen im engeren<br />
Sinne räumliche Rohrfachwerke aus Stahl dar, deren Füße aus Hülsen bestehen,<br />
welche mit den eigentlichen Fundamentpfählen verbunden werden. Durch die<br />
Nutzung einer Fachwerkstruktur steht ein potentieller Massenvorteil von ca. 30% gegenüber<br />
massiveren<br />
Strukturen, wie Monopiles,<br />
zur Verfügung.<br />
Allerdings bedingt<br />
diese Fachwerkstruktur<br />
auch eine größere<br />
Anzahl notwendiger<br />
Rohr-Rohr-Verbindungen,<br />
welche schweißtechnisch<br />
realisiert<br />
werden müssen.<br />
Tripods bestehen aus<br />
einem Zentralrohr, an<br />
dem in einem Winkel<br />
von 120° versetzt<br />
Standbeine angebracht<br />
sind. Diese<br />
Abbildung 1: Verteilung der Gründungsstrukturtypen im Verhältnis<br />
zur Anzahl der Gesamtinstallation [Win17] ähnlich wie Jackets<br />
Standbeine nehmen<br />
mittels Hülsen die eigentlichen<br />
Fundamentpfähle auf. Generell sollte der Meeresboden bei der Verwendung<br />
von Tripods eben und nicht zu steinig sein.<br />
Monopiles stellen Einzelpfähle dar, die in den Meeresboden gerammt werden und als<br />
Fundament für den eigentlichen WEA-Turm dienen. Aufgrund der einfachen Bauart ist<br />
eine schnelle Installation möglich, die nutzbare Wassertiefe ist mit 20 m allerdings als<br />
gering einzuschätzen.<br />
Tripiles bestehen aus drei einzelnen Fundamentrohren, die an der Wasseroberfläche<br />
durch eine Supportstruktur („Stützkreuz“) verbunden werden. Diese Supportstruktur<br />
dient ebenfalls zur Aufnahmen des WEA-Turms. Aufgrund der gegenüber den Monopiles<br />
geringeren Durchmesser sind geringere Rammkräfte für das Festsetzen notwendig,<br />
allerdings muss für die Aufnahme des Stützkreuzes sehr präzise gearbeitet werden,<br />
was den Montagevorgang komplex werden lässt.<br />
Jackets können zwar hinsichtlich des Materialverbrauches günstigere Eigenschaften<br />
als Monopiles aufweisen, sind aber derzeit aufgrund des hohen Anteils an teilmechanisiert<br />
hergestellten Schweißverbindungen in der Fertigung deutlich unwirtschaftlicher.
Anlass für den Forschungsantrag 14<br />
Aufgrund der komplexen Geometrien der Rohrknotenverbindungen ist die Automatisierbarkeit<br />
in deutlich geringerem Maße gegeben, als dies bei der Herstellung der Monopiles<br />
der Fall ist, die aus Mantelschüssen umgeformter Grobbleche mit dem UP-<br />
Verfahren wirtschaftlich hergestellt werden können. Die Schweißungen an den Rohrknotenverbindungen,<br />
die in Jacketstrukturen in großer Zahl vorhanden sind, müssen<br />
eine hohe Qualität aufweisen, um die Lebensdauer der Strukturen zu gewährleisten.<br />
[Sal18] Hierbei spielt insbesondere die Wurzelschweißung eine entscheidende Rolle,<br />
da hier eingebrachte Fehler in den Fülllagen nicht mehr eliminiert werden können. Bei<br />
der Fertigung der Rohrknotenverbindungen besteht großes Potential einer Erhöhung<br />
des Mechanisierungsgrades. [Dry15] Da die Rohrknoten in vielen unterschiedlichen<br />
Durchdringungswinkeln und Positionen vorliegen, und auch die Wanddicken und<br />
Durchmesser der Rohre stark variieren, erfolgt ein großer Teil der notwendigen<br />
Schweißarbeiten mit dem teilmechanisierten MSG-Verfahren. Bei einer Automatisierung<br />
des Schweißprozesses und der Positionierung können die Fertigungszeiten verkürzt<br />
werden und die Nahtqualität reproduzierbar erstellt werden [Dry15]. Aktuell wird<br />
aufgrund der großen Anzahl an Bauteilvarianten und der unvermeidbaren Fertigungstoleranzen<br />
der Halbzeuge von einer Automatisierung des Schweißvorganges abgesehen<br />
[Pau14] [Han16]. Im Rahmen eines Forschungsprojektes konnte die Salzgitter<br />
Mannesmann Forschung GmbH eine automatisierte schweißtechnische Herstellung<br />
von Rohrknoten erfolgreich testen und eine Reduktion der Schweißzeit und der Fertigungskosten<br />
erreichen [Sal18]. In dem Projekt „Automatisierte Rohrknoten-Fertigung“<br />
am Fh-AGP wurde ein Anlagenkonzept realisiert, das ein vollmechanisiertes Schweißen<br />
von großen Rohrknoten ermöglicht. Dabei wurden Industrieroboter genutzt, um<br />
den Schweißbrenner ideal zu positionieren [Han16] .