PROMAGAZIN Dezember 2022
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WIRTSCHAFT | Titelstory<br />
Titelstory | WIRTSCHAFT<br />
Sie suchen Einsparpotenziale: die Effizienzmoderatorinnen Sabine Worschech (links) und Nicole Meier.<br />
„Es geht um mehr als Energie“<br />
Regionale Unternehmen werden künftig nicht nur dabei unterstützt,<br />
Energiesparpotenziale zu erkennen. Ein neues Förderprogramm<br />
rückt generell den effizienten Einsatz von Ressourcen in den Fokus.<br />
Kosten senken, Wettbewerbsfähigkeit<br />
sichern, nachhaltig agieren,<br />
Treibhausgasemissionen reduzieren<br />
und das Klima schützen: Unternehmen<br />
erhalten hierbei Unterstützung<br />
von der neuen Kompetenzstelle<br />
für Ressourceneffizienz. „Unsere Aufgabe<br />
ist, kleine und mittelständische<br />
Unternehmen in der Region für Einsparpotenziale<br />
zu sensibilisieren, um<br />
die Effizienz zu steigern und Ressourcen<br />
zu schonen“, sagt Sabine Worschech.<br />
Sie ist Effizienzmoderatorin<br />
bei „KEFF+“. Dieses neue Förderprojekt<br />
ist im September <strong>2022</strong> gestartet.<br />
Träger ist die Wirtschaftsregion Heilbronn-Franken<br />
GmbH (WHF). Es löst<br />
das Angebot „KEFF“ ab, das Ende Februar<br />
2023 ausläuft und von der IHK<br />
Heilbronn-Franken getragen wird.<br />
„Wir sorgen für einen reibungslosen<br />
Übergang“, sagt Nicole Meier, die<br />
als Effizienzmoderatorin bei „KEFF“ in<br />
den vergangenen Jahren viele Betriebe<br />
für Energiesparmaßnahmen sensibilisiert<br />
hat. „Künftig geht es um mehr als<br />
nur Energieeffizienz“, sagt Worschech.<br />
„Wir nehmen den gesamten Ressourcenverbrauch<br />
in den Blick. Energieverbrauch<br />
ist nur ein kleiner Teil davon,<br />
wird aber weiterhin mitbetrachtet.“<br />
Während der Übergangsphase<br />
nehmen die beiden Effizienzmoderatorinnen<br />
Termine gemeinsam wahr<br />
und suchen in Unternehmen nach<br />
Foto: Wolfgang Reiher Photography<br />
Verbesserungsmöglichkeiten. „Der sogenannte<br />
Keff+Check dient als Einstiegsmaßnahme<br />
und der Orientierung.<br />
Er ist kostenfrei“, sagt Worschech<br />
und fügt hinzu: „Wir sprechen unabhängige<br />
und neutrale Empfehlungen<br />
aus. Wir dürfen aber nicht wie ein Ingenieurbüro<br />
oder ähnliche Dienstleister<br />
beraten.“<br />
Im Vordergrund der Betrachtungen<br />
steht die Materialeffizienz. „Bei einem<br />
Rundgang schaue ich mir die<br />
Stoffströme im Unternehmen an. Was<br />
kommt rein? Was geht raus? Wo gibt es<br />
eventuell vermeidbare Verluste? Wie<br />
lässt sich Ausschuss reduzieren? Kann<br />
durch Downsizing Material gespart<br />
werden?“, erläutert Worschech. „Wenn<br />
man bedenkt, dass Materialkosten im<br />
produzierenden Gewerbe gut 50 Prozent<br />
der Betriebskosten ausmachen,<br />
kann durch einen schonenden Umgang<br />
mit Ressourcen eine spürbare<br />
Gewinnsteigerung erzielt werden.“<br />
JEDE KLEINIGKEIT ZÄHLT<br />
Neben Produktionsmaterialien werden<br />
auch Hilfs- und Betriebsstoffe,<br />
Verbrauchsmaterialien und der Abfall<br />
einbezogen. „Wir nehmen alle Ressourcen<br />
in den Blick, um Einsparpotenziale<br />
zu identifizieren. Das kann bis<br />
zum Verbrauch von Arbeitshandschuhen<br />
und Putzlappen reichen“, sagt<br />
Worschech. „Auch Kleinigkeiten können<br />
in Summe einen echten Unterschied<br />
machen.“<br />
Im Sinne der Nachhaltigkeit gelte<br />
es, Möglichkeiten der Mehrfachnutzung<br />
zu erkennen, auf Recyclingfähigkeit<br />
zu achten und in Richtung Kreislaufwirtschaft<br />
zu denken. „Häufig wird<br />
mit Verpackungsmaterial verschwenderisch<br />
umgegangen, auch bei internen<br />
Transporten. Statt zum Beispiel<br />
Werkstücke in Folie zu wickeln und in<br />
Kartons zu stellen, um sie in die nächste<br />
Abteilung zu befördern, könnten<br />
auch wiederverwendbare Trays eingesetzt<br />
werden“, sagt Worschech. Auch<br />
Lieferketten und Transportwege seien<br />
in Betracht zu ziehen, um Ressourcen<br />
und somit auch das Klima zu schonen.<br />
Testlauf an Maschinen im Energielabor auf dem Campus Künzelsau.<br />
Den Einsatz von Messgeräten,<br />
um Wärmeverluste oder Druckluftleckagen<br />
aufzuspüren, stellen die Effizienzmoderatorinnen<br />
ebenfalls vor.<br />
„Das ist eine tolle Aufgabe für Azubis“,<br />
sagt Meier. „Druckluft ist eine teure<br />
Energieform. Da lässt sich richtig viel<br />
einsparen. Durch ein Leck von einem<br />
Millimeter Durchmesser können pro<br />
Jahr rund 300 Euro herausgepustet<br />
werden – und im Leitungsnetz gibt es<br />
meist nicht nur ein Loch.“ Auch die Beleuchtung<br />
bietet typischerweise viel<br />
Potenzial zum Sparen, etwa durch den<br />
Umstieg auf LED. „Uns ist es wichtig,<br />
auf sogenannte Low Hanging Fruits<br />
hinzuweisen, auf Maßnahmen, die<br />
sich schnell und ohne großen Aufwand<br />
umsetzen lassen“, sagt Meier.<br />
Wichtig sei, dass sich Geschäftsführung,<br />
Betriebs- oder Produktionsleitung<br />
genug Zeit für eine Begehung<br />
nehmen. „Wünschenswert wäre ein<br />
Tag. Drei Stunden sollten es mindestens<br />
sein“, sagt Worschech. Auch Gespräche<br />
mit Mitarbeitenden seien hilfreich,<br />
denn „diese wissen oft genau, wo<br />
man im Betrieb Ressourcen einsparen<br />
kann“. Worschech ist überzeugt: „Den<br />
eigenen Produktionsprozess durch einen<br />
neutralen Blick von aussen betrachten<br />
und hinterfragen zu lassen,<br />
kann bisher versteckte Potentiale aufdecken.“<br />
Im Anschluss wird ein Bericht<br />
erstellt, der als Basis für weiterführende<br />
Maßnahmen dienen kann.<br />
Mit zentralem Sitz in Heilbronn-<br />
Franken, auf dem Campus Künzelsau<br />
der Hochschule Heilbronn, strebt die<br />
neue Kompetenzstelle für Ressourceneffizienz<br />
auch eine engere Verzahnung<br />
von Wissenschaft und Wirtschaft an.<br />
„Mit Blick auf den Studiengang Energiemanagement<br />
und das Energielabor<br />
des Campus Künzelsau gibt es ideale<br />
Voraussetzungen“, sagt Worschech.<br />
EIN PLUS AN EFFIZIENZ<br />
Ressourceneffizienz stärkt die Wettbewerbsfähigkeit<br />
regionaler Unternehmen<br />
und leistet einen Beitrag zum Klimaschutz.<br />
„Vielen KMU fehlen oft<br />
Know-how, Zeit oder Fachleute, um<br />
Nachhaltigkeitsthemen gezielt voranzutreiben.<br />
Mit dem Projekt bieten wir<br />
ihnen die Chance, Wissen aufzubauen<br />
und Kosten zu sparen“, fasst Worschech<br />
zusammen. „Grundsätzlich steht unser<br />
Angebot aber allen Unternehmen,<br />
auch größeren, offen.“<br />
„KEFF+“ ist Teil eines landesweiten<br />
Netzwerks aus zwölf regionalen<br />
Kompetenzstellen. Die unabhängige<br />
Einrichtung wird durch Fördermittel<br />
des Ministeriums für Umwelt, Klima<br />
und Energiewirtschaft sowie der Europäischen<br />
Union finanziert und von der<br />
WHF getragen. Die IHK, Träger des<br />
Vorgängers „KEFF“, wird im Lenkungsgremium<br />
bleiben. Dirk Täuber<br />
Foto: Wolfgang Reiher Photography<br />
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