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ERF Medien Magazin Februar 2023

Mut machen

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THEMA<br />

<strong>ERF</strong> MEDIEN MAGAZIN ı 02.<strong>2023</strong> ı 9<br />

inmitten widriger Umstände zusammenraufen. Mit ihnen<br />

solidarisieren und identifizieren sich die Zuschauer unweigerlich,<br />

denn auch wir sind dazu verkabelt, auf positive<br />

Zukunftsszenarien anzusprechen und selbst einen Beitrag zu<br />

deren Verwirklichung zu leisten.<br />

• Beteiligung, Inklusion, Gemeinschaft<br />

Darum wird unsere Welt in diesem Kampf auch nicht immer<br />

kleiner, sondern immer grösser. Sicher, er beginnt vielleicht<br />

klein, sogar einsam – aber er lebt davon, andere zu gewinnen<br />

und zu beteiligen. Angst ist exklusiv, vereinsamend<br />

(selbst wenn sie andere ansteckt, bleiben die Geängstigten<br />

letztlich mit sich allein). Hoffnung dagegen ist inklusiv,<br />

vergemeinschaftend:<br />

Auch sie steckt an – aber sie führt Menschen nachhaltig<br />

zusammen, sie erzählt eine Geschichte, in der sich viele<br />

wiederfinden und an der viele mitschreiben möchten.<br />

Die meisten apokalyptischen Serien lassen sich mit dieser<br />

Brille sehr stimmig aufschliessen: Die Hauptfiguren werden<br />

hin- und hergerissen zwischen<br />

der vereinnahmenden Macht der<br />

HOFFNUNG IST EINE GANZ EIGEN-<br />

Angst, die Misstrauen sät und die ARTIGE KRAFT, DIE IN DIE DNA<br />

eigene Perspektive verengt – und DES CHRISTENTUMS EINGEBAUT IST<br />

der fesselnden Hoffnung, die dazu UND DIE NACHFOLGERINNEN UND<br />

inspiriert, anderen zu vertrauen NACHFOLGER VON JESUS SEIT<br />

und gemeinsam etwas Neues zu ZWEI JAHRTAUSENDEN BEWEGT<br />

schaffen.<br />

• Befähigung, Ermutigung, Ermächtigung<br />

Denn das ist eine nächste «Phase» dieses Kreislaufes:<br />

Hoffnung ermächtigt Menschen. Während Angst unsere<br />

Handlungsmöglichkeiten immer mehr aussaugt, uns in die<br />

Resignation drängt, weckt die Hoffnung unseren Mut, tätig<br />

zu werden. Sicher kann auch die Angst Menschen antreiben.<br />

Sie bewegt uns aber letztlich nicht nach vorne, sondern lässt<br />

uns die Flucht antreten. Spätestens wenn der Geängstigte<br />

mit dem Rücken zur metaphorischen Wand steht, versiegt<br />

auch die Tatkraft. Das ist sogar physiologisch nachweisbar:<br />

Im sogenannten «Kampf-oder-Flucht»-Modus, mit<br />

dem unser Körper auf Stress reagiert, wird zwar Adrenalin<br />

ausgeschüttet und der Bedrohte auf schnelle Reaktionen und<br />

Affekthandlungen vorbereitet – aber das kreative, vernetzte<br />

Denken, das für die Hoffnung entscheidend ist, wird dadurch<br />

gerade verunmöglicht. Es ist wohl höchstens eine rhetorische<br />

Frage wert, in welchem Kreislauf wir uns selbst wiederfinden<br />

möchten – und in welchen Kreislauf wir andere<br />

Menschen hineinnehmen möchten. Aber woher kommt die<br />

Hoffnung, die Menschen ergreift und aus der Angstspirale<br />

herausreisst?<br />

Die Vision<br />

Ich möchte zum Schluss die steile These aufstellen: Der<br />

christliche Glaube weckt eine Hoffnung, die nicht von<br />

dieser Welt ist, aber die diese Welt transformiert. «Das<br />

Reich Gottes ist angebrochen» – das ist die Vision, die vor<br />

über 2000 Jahren aus einer obskuren jüdischen Sekte am<br />

vergessenen Rande des römischen Imperiums eine revolutionäre<br />

Bewegung gemacht hat, die bald auch in die hintersten<br />

Winkel des Römischen Reiches vordrang. Sie wurde<br />

bekannt für eine Hoffnung, die in die Welt hinausdrängt.<br />

Christen der ersten Generationen haben ihre Städte Strasse<br />

für Strasse abgelaufen, um die Zerbrochenen, Ausgestossenen,<br />

Verachteten zu versorgen. Sie haben Zwangsarbeiter<br />

in den römischen Bergwerken besucht, alles Geld zusammengelegt,<br />

um Sklaven freizukaufen. Warum taten sie das?<br />

Sie waren überzeugt, dass eine neue Wirklichkeit in diese<br />

alte, kaputte Welt hineingebrochen ist. Die Hoffnung des<br />

christlichen Glaubens beruht auf der Überzeugung, dass<br />

in der Person von Jesus Christus die Zukunft bereits in die<br />

Gegenwart unserer Welt hineinstrahlt:<br />

In ihm kommt uns Gott<br />

gewissermassen aus der Zukunft<br />

entgegen. Darum können Christen<br />

mit der Vision einer neuen Realität<br />

leben, in welcher der Tod nicht das<br />

letzte Wort hat, in der Verzweiflung<br />

und Zerstörung nicht siegen<br />

werden. Sie handeln in dieser Welt nicht aus Verzweiflung<br />

und Angst, sondern im Geist einer neuen Zeit. Das ist eine<br />

Vision, die uns in Beschlag nimmt, die uns bewegt und<br />

selbst ins Handeln führt. Sie lässt uns nicht einfach warten<br />

auf etwas, was Gott einseitig von oben herab tun wird – sie<br />

macht uns vielmehr selbst zu Hoffnungsträgern!<br />

USER ZUR PERSON<br />

Manuel Schmid, Familienmann und<br />

promovierter Theologe, arbeitet seit<br />

drei Jahren im «RefLab», in einem<br />

digitalen Pionierprojekt der Reformierten<br />

Kirche des Kantons Zürich.<br />

Sein Herz schlägt dafür, das Evangelium<br />

neu zu entdecken und eine neue<br />

Sprache für den Glauben zu finden.

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