Das Magazin NR.1/23
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Überraschungseffekte<br />
garantiert<br />
Die Dirigentin<br />
Mirga Gražinytė-Tyla mit dem<br />
City of Birmingham<br />
Symphony Orchestra<br />
Mirga Grazinyté-Tyla<br />
In Litauen, so lautet ein geflügeltes Wort, ist<br />
jeder zweite Einwohner ein Chordirigent. Gemeinsames<br />
Singen prägt die kulturelle Identität<br />
des Landes – wie auch in Estland und<br />
Lettland. Geschichte geschrieben hat die »singende<br />
Revolution« der drei baltischen Staaten,<br />
die im Kampf um ihre Unabhängigkeit von der<br />
Sowjetunion auch ihre alten Volkslieder einsetzten;<br />
etwa als sich am <strong>23</strong>. August 1989 eine<br />
600 Kilometer lange Menschenkette von Tallinn<br />
über Riga nach Vilnius zog.<br />
Mirga Gražinytė-Tyla war damals drei Jahre<br />
alt, und ihr ungewöhnlicher Weg als Dirigentin<br />
ist nicht denkbar ohne diese Gesangstradition.<br />
Die Eltern, Mutter Pianistin, Vater Chorleiter,<br />
nahmen schon das Kleinkind mit zu Proben,<br />
Tourneen und zum Unterricht. Mirga wuchs<br />
ins Chordirigieren hinein, das Teenager in den<br />
baltischen Staaten an speziellen Musikschulen<br />
erlernen können. Dafür wechselte sie nach<br />
dem Abitur an die Musikuniversität in Graz,<br />
wo Professoren ihr großes Talent erkannten<br />
und ihr das Orchesterdirigat nahelegten. Sie<br />
studierte weiter in Leipzig und Zürich, gab<br />
als 24-Jährige mit »La Traviata« ihr Debüt als<br />
Operndirigentin in Osnabrück. Und setzte sich<br />
zwei Jahre später in Salzburg beim Wettbewerb<br />
junger Dirigenten gegen über 90 Konkurrenten<br />
durch. Engagements in Bern, Salzburg<br />
und Los Angeles folgten.<br />
Eine Blitzkarriere, die Mirga Gražinytė-Tyla<br />
schließlich ans Pult des City of Birmingham<br />
Symphony Orchestra (CBSO) führte: Als erste<br />
Chefin eines Top-Orchesters durchstieß die<br />
damals 29-Jährige die wohl dickste gläserne<br />
Decke für Frauen im Klassikbetrieb und<br />
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