26 <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> Klaus Mäkelä
Stern des Nordens Im Violinkonzert von Jean Sibelius treffen mit Klaus Mäkelä und Janine Jansen zwei Ausnahmemusiker aufeinander In »höchstens drei Minuten« zeige sich, ob jemand Talent zum Dirigieren hat, meint Jorma Panula, der es wissen muss: Gilt der Finne doch als legendärer Lehrer für den Nachwuchs am Pult, ja als der »Dirigentenmacher« schlechthin. Wer aus seiner Kaderschmiede kommt, hat gute Chancen, es bis nach ganz oben zu schaffen. Wie Klaus Mäkelä. Den Drei-Minuten-Test bei seinem Landsmann bestand er schon im zarten Teenageralter. Inzwischen reißen sich die Top-Orchester geradezu um ihn: Mäkelä leitet das Oslo Philharmonic Orchestra, wurde zum Chef des Concertgebouw Orchestra in Amsterdam ernannt und trat jüngst seine Stelle am Pult des Orchestre de Paris an, mit dem er nun auch in die Kölner Philharmonie kommt. Wenn der Jungstar aus Helsinki den Stab hebt, geraten Kritiker ins Schwärmen: Lässig wie ein Bandleader stehe er vor seiner Truppe, strahle zugleich enorme Sicherheit, Präsenz und Übersicht aus. Eine konzentrierte Energie, die sich aufs jeweilige Ensemble und auch aufs Publikum überträgt. »Stern des Nordens«, »Wundermann« und »Finnischer Ausnahmekönner« lauten denn auch die Prädikate, mit denen der 27-Jährige bedacht wird. Die Basis für solch eine rasante Karriere wird meist schon im Elternhaus gelegt, und auch Klaus Mäkelä bildet da keine Ausnahme. Im Gegenteil, seine Musikerfamilie ließ ihm wohl kaum eine andere Wahl: Der Großvater war Geiger, die Mutter ist Pianistin, der Vater Cellist. Er habe sich stets unterstützt, aber nie getrieben gefühlt, erinnert sich Mäkelä. Als Kind sang er im Chor der finnischen Nationaloper, mit zwölf Jahren begann er an der Sibelius-Akademie das Cello- und bald darauf auch das Dirigierstudium. <strong>Das</strong>s er beide Seiten gründlich kennenlernte – die Chef-Position ebenso wie jene des Instrumentalisten im Ensemble –, war ein Vorteil. Er wirke so, »als säße er bei allen beteiligten Instrumentengruppen gleichzeitig mit am ersten Pult«; andererseits bleibe er ein souveräner Kontrolleur, »der mit strenger Eleganz den Takt schlägt«, lobte ein Kritiker. Entscheidend sei beim Dirigieren, »den richtigen Modus der Kommunikation mit dem Ensemble zu finden«, findet Mäkelä. Was keineswegs bedeutet, dass er eine ausufernde Körpersprache pflegt. Wichtiger als die Gestik sei der Augenkontakt. Wobei eine gewisse kulturelle Prägung wohl hilft: »Wir Finnen sprechen nicht viel – je weniger man sagt, desto besser.« Über die intuitive Verständigung öffne sich ein Raum, in dem das Ensemble seine eigenen Klangqualitäten entfalten kann. Dies gelang Klaus Mäkelä bereits jüngst mit seinem Antrittskonzert beim Orchestre de Paris, in dem er mit einer kühnen Programmauswahl beeindruckte. Als Maestro dieser Formation wandelt Mäkelä in den Fußstapfen von Größen wie Herbert von Karajan, Georg Solti und Daniel Barenboim – letzterer führte das Orchester zu neuen Höhenflügen. Gegründet wurde es 1967, doch seine Wurzeln als Nachfolger des Konservatoriums-Ensemble reichen bis ins frühe 19. Jahrhundert. Inzwischen gilt es als erstes Orchester Frankreichs; seine Residenz hat es vor einigen Jahren in der spektakulären, von Jean Nouvel entworfenen Philharmonie de Paris bezogen, die wie ein silbriger Riesen-Fisch am Autobahnring der Hauptstadt liegt. Führend ist das Ensemble in der Interpretation der traditionell farbenreichen Musik seines Heimatlandes, zu der auch prägende Werke des 20. Jahrhunderts von Messiaen und Boulez gehören. <strong>Das</strong> Programm, mit dem sich die Franzosen erstmals mit ihrem neuen Chef in Köln präsentieren, könnte reizvoller kaum sein. Taucht doch die Symphonie fantastique, mit der Hector Berlioz das Genre der Programmmusik begründete, in ein Wechselbad der klanglichen Extreme und Gefühle – vom Liebestraum übers Landleben mit fernem Donnergrollen bis zum Hexensabbat. Schwelgen in virtuosem Raffinement lässt sich auch mit dem Violinkonzert in d-Moll von Jean Sibelius. <strong>Das</strong> gesamte Œuvre des finnischen Komponisten sei »Teil seiner DNA«, meint Klaus Mäkelä. Diesen Beweis hat er angetreten, als er mit seinen Philharmonikern aus Oslo alle sieben Sibelius-Sinfonien aufnahm; eine Einspielung, die als glänzend und klug gefeiert wurde. <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 27