06.02.2023 Aufrufe

Das Magazin NR.1/23

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Glut,<br />

Ausdruckskraft,<br />

Natürlichkeit<br />

Die Mezzosopranistin Marianne Crebassa<br />

präsentiert sich in einem Liederabend<br />

Als Teenager coverte sie in einer Rockband<br />

Hits, trat in Jazzclubs auf, sang in Restaurants,<br />

Cafés und auf Hochzeiten. »Ich lernte, auf der<br />

Bühne zu stehen«, erinnert sich Marianne<br />

Crebassa. »Die Leute tranken irgendwas und<br />

kümmerten sich nicht wirklich darum, was ich<br />

da oben machte. Bei meinem ersten Opernauftritt<br />

waren 2000 Menschen nur da, um mir<br />

zuzuhören. Da war ich wirklich dankbar.« Zu<br />

jenem Zeitpunkt studierte die Südfranzösin an<br />

der Hochschule in Montpellier bereits klassischen<br />

Gesang, Klavier und Musikwissenschaft,<br />

und ihr Debüt markierte den Startpunkt einer<br />

steilen Karriere. Dankbar ist längst ihr Publikum,<br />

das sich von Stimme und Persönlichkeit<br />

der 36-Jährigen verzaubern lässt – wie etwa<br />

beim nachtschwarzen Zyklus »Nuits d’été« von<br />

Hector Berlioz 2021 in der Kölner Philharmonie,<br />

eine Sternstunde besonders für Fans des kultivierten<br />

Liedgesangs.<br />

Kein Zweifel, hier traf eine Sängerin ihr Publikum<br />

direkt ins Herz. Strahlt ihr lyrischer Mezzo<br />

doch eine Glut, Ausdruckskraft und Natürlichkeit<br />

aus, die an die große Brigitte Fassbaender<br />

erinnert. Wie diese berührt Marianne Crebassa<br />

22 <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong><br />

Konzerttermin<br />

Sonntag, 2. April 20<strong>23</strong>, 20:00<br />

Marianne Crebassa Mezzosopran<br />

Joseph Middleton Klavier<br />

Mit Werken von Maurice Ravel, Jesus Guridi,<br />

Federico Mompou, Heitor Villa-Lobos und<br />

Claude Debussy<br />

als Sängerin mit Charakter, aber ohne<br />

»Primadonnenpanzer«, so die Kritik. Mit<br />

intensiver Gestaltung begeisterte sie 2017 als<br />

Sesto in der Oper »La clemenza di Tito« bei<br />

den Salzburger Festspielen und wurde so über<br />

Nacht zum Star. Mit Mozart, im Barockfach, aber<br />

auch in zeitgenössischen Werken wie in der<br />

Oper »Charlotte Salomon« überzeugt Marianne<br />

Crebassa. Riesige Erfolge feierte sie in den<br />

sogenannten Hosenrollen wie Mozarts<br />

Cherubino oder Ramiro, für die sie Stimmfach<br />

und Temperament ebenso prädestinieren wie<br />

ihr schauspielerisches Talent. Und mit dem<br />

Geschlechtertausch spielte die Sängerin<br />

auch in ihrem Projekt »Oh, Boy«. Dieses<br />

Debütalbum bündelte ihre stimmlichen<br />

Qualitäten so hinreißend, dass die Solo-CD<br />

mit einem Echo Klassik preisgekrönt wurde.<br />

Auf dem Cover präsentiert sich die Sängerin<br />

in weißem Herrenhemd und schwarzer Fliege,<br />

kapriziös und mit spitzbübischem Blick.<br />

Und demonstrierte damit auch den Mut zur<br />

Differenz. Denkt doch Marianne Crebassa viel<br />

nach über ihre Position im Musikbetrieb, über<br />

Ruhe und Stille.<br />

Auch ihr nachfolgendes Album »Secrets« mit<br />

dem Pianisten Fazıl Say, das Perlen des französischen<br />

Impressionismus geheimnisvoll<br />

schimmern ließ, vertiefte diesen Eindruck einer<br />

Sängerin, die selbstbewusst ihren ganz<br />

eigenen Weg geht. Der führte sie zu Luciano<br />

Berios »Folk Songs«; ein Liederzyklus, den<br />

der Komponist speziell für seine Frau Cathy<br />

Berberian geschrieben hatte. Doch Marianne<br />

Crebassa machte keineswegs den Versuch,<br />

diese legendäre Vokalartistin zu kopieren, vielmehr<br />

lernte das Kölner Publikum beim Konzert<br />

in der Kölner Philharmonie eine zeitgemäße<br />

Interpretation dieser multiethnischen Songs<br />

kennen, berührend in ihrer Schlichtheit.<br />

Dem Liedgesang fühlt sich Crebassa besonders<br />

verbunden, wie sie betont: »Ich liebe es,<br />

Geschichten zu erzählen«, und dazu ist das<br />

intime Format in idealer Weise geeignet. Vor<br />

allem, wenn sich der Solistin ein derart herausragender<br />

Klavierbegleiter zugesellt wie<br />

Joseph Middleton, Dozent an der Royal Academy<br />

of Music, wo er auch sein Studium absolviert<br />

hat. Gefeiert wird der Brite, »einer der<br />

glänzendsten Sterne am Musikhimmel«, wie<br />

es in der BBC hieß, bereits als Nachfolger des<br />

berühmten Gerald Moore. Mit Middleton begibt<br />

sich die Sängerin auf elegante Grenzgänge<br />

durchs französisch-spanische Repertoire.<br />

Neben Werken von Ravel und Debussy hat sie<br />

Canciones von Jesus Guridi und Chansons von<br />

Federico Mompu ausgewählt. Zu hören sind<br />

diese Miniaturen auf dem aktuellen Album<br />

der Sängerin mit dem Titel »SEGUEDILLES«.<br />

»Aufregend«, urteilte ein <strong>Magazin</strong> über diese<br />

Neuerscheinung, denn hier präsentiert<br />

sich Marianne Crebassa erstmals als Bizets<br />

»Carmen«: eine moderne Titelheldin, die durch<br />

Kessheit provoziert und den Hörer mit stimmlichen<br />

Finessen erfreut.<br />

Annette Schroeder

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!