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65_Ausgabe November 2008

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<strong>November</strong>revolution<br />

Vor 90 Jahren –<br />

Mit 20 bis 30 Mann wurde gegen 5 ¾<br />

Uhr der Kaisertrutz “erstürmt”, indem<br />

die Gefangenen herausgelassen wurden<br />

und vor dem Kaisertrutz ein baumlanger<br />

Soldat Ansprachen an die inzwischen<br />

angewachsene Menge der Neugierigen<br />

hielt, die immer in der Mahnung ausklang:<br />

Nur kein Blutvergießen, nur kein<br />

Blutvergießen. In Wirklichkeit war die<br />

Menge so friedlich wie möglich. Befreiung<br />

der politischen Gefangenen im Gerichtsgefängnis<br />

war die nächste Aufgabe<br />

der Soldaten und der Menschenmenge,<br />

die inzwischen auf etwa 200 Köpfe angewachsen<br />

war. In geschlossenem Zuge<br />

ging es über den Demianiplatz, wo vorsichtige<br />

Geschäftsleute die Rolläden herunterließen,<br />

nach dem Postplatz. Durch<br />

Verhandlungen mit der Staatsanwaltschaft<br />

wurde die Freigabe der Militärgefangenen<br />

erwirkt, etwa 20 an der Zahl.<br />

Gegen 7 ½ Uhr fand im Konzerthaus<br />

eine Versammlung der Garnison statt,<br />

zu der auch Zivilisten zugelassen waren,<br />

und es wurde der erste A-und S-Rat “gewählt”,<br />

d.h. die Anwärter nannten z.T.<br />

ihre Namen selber. Widerspruch erhob<br />

sich nicht, und so war die erste “Wahl”<br />

vollzogen. Auf dem Tisch vor dem “Revolutionstribunal”<br />

häuften sich die Degen<br />

der Offiziere, die in der Hauptsache<br />

von einem halbwüchsigen Soldaten unter<br />

dem Gejohle und Geschrei der Versammelten<br />

als “Gewehr über” in den<br />

Saal getragen wurden. Auf den Straßen<br />

wurden Handzettel ausgegeben, auf denen<br />

zur Teilnahme an einer Riesendemonstration<br />

am Sonntagmittag aufgefordert<br />

wurde. Diese Kundgebung war<br />

aber ein Fehlschlag, denn in Wirklichkeit<br />

fanden sich nur einige hundert Personen<br />

zusammen, die frierend vom Obermarkt<br />

nach dem Friedrichsplatz zogen und sich<br />

dort nach einigen “Hochs” usw. auflösten.<br />

Eine wirkliche Begeisterung konnte<br />

die ausgehungerte und verzweifelte Bevölkerung<br />

damals gar nicht aufbringen.”<br />

Die Weltwirtschaftskrise mit den katastrophalen<br />

Folgen der Abhängigkeit vom<br />

USA-Finanzkapital führte zu weiterer Ernüchterung.<br />

Von weit links wiederholte<br />

sich der Vorwurf von den “Arbeiterverrätern<br />

um Ebert und Scheidemann 1918”,<br />

während von rechts die Vokabeln “No-<br />

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Geschichte |

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