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<strong>November</strong>revolution in Görlitz<br />
lin teil und entschied sich mit der Mehrheit<br />
gegen ein Rätesystem nach sowjetrussischen<br />
Vorbild und für Wahlen zur<br />
Nationalversammlung einer bürgerlichparlamentarischen<br />
Republik. Die Wahl<br />
im Januar 1919 erbrachte in Görlitz bei<br />
einer Beteiligung von 90% für die SPD<br />
24173, für die DDP (Deutsche Demokratische<br />
Parie) 14085 Stimmen gegenüber<br />
49<strong>65</strong> Stimmen für die konservative<br />
DNVP (Deutschnationale Volkspartei),<br />
also eine überwältigende republikanische<br />
Mehrheit. Waffenstillstand, Republik,<br />
Achtstundentag, Frauenwahlrecht<br />
und Verhältniswahlsystem wurden als<br />
Fortschritte gefeiert.<br />
Aber bald folgten der Versailler Raubfriedensvertrag,<br />
Nachkriegskrise, Bürgerkrieg<br />
und politisches Chaos. Die ernüchterten<br />
Görlitzer wählten 1920 bei 89%<br />
Wahlbeteiligung: SPD 14133, DDP 7566,<br />
aber USPD 7012, KPD 280; die großbürgerliche<br />
DVP (Deutsche Volkspartei) verbuchte<br />
9848 Stimmen, die konservative<br />
DNVP 4510.<br />
In der Weltkriegsgeschichte der Garnison<br />
(Infanterie-Regiment Nr. 19) hieß<br />
es 1935 vorwurfsvoll: “Am 9. <strong>November</strong><br />
1918 hatten Arbeiter- und Soldatenräte<br />
auf unserem Kaisertrutz die rote Fahne<br />
gehißt” (Es blieb wohl die einzige auf einem<br />
öffentlichen Gebäude). Zum 10. Jubiläum<br />
erinnerte der liberale “Neue Görlitzer<br />
Anzeiger” unter dem Titel “Vor 10<br />
Jahren” etwas ironisch an die Revolutionstage.<br />
Da erfuhr man nun, auch von<br />
Zeitzeugen: “Nur ganz wenige glaubten<br />
am Sonnabendmittag, dem 9. <strong>November</strong><br />
1918, an ein Übergreifen der revolutionären<br />
Bewegung nach Görlitz. Wohl sah<br />
man einige Soldaten, die die Kokarde<br />
von der Mütze heruntergerissen hatten<br />
und mit frecher Miene höhnisch lächelnd<br />
grußlos an den wenigen Offizieren vorübergingen.<br />
Am frühen Nachmittag liefen<br />
die Nachrichten aus Berlin ein, daß dort<br />
die Revolution siegreich gewesen war.<br />
Hier ging alles seinen üblichen Gang bis<br />
nachmittags gegen 5 Uhr. Ein Soldat aus<br />
Dresden, Weinhold, der später hier eine<br />
sehr unrühmliche Rolle im S- u.A-Rat gespielt<br />
hat, war nachmittags gegen 4 Uhr<br />
hier angekommen, scharte einige Soldaten<br />
auf der Berliner Straße um sich...<br />
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