Working Paper - Institut für Politikwissenschaft - Technische ...
Working Paper - Institut für Politikwissenschaft - Technische ...
Working Paper - Institut für Politikwissenschaft - Technische ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
ning Ansatz wird jene Mehrheits-Koalition prognostiziert, bei der die beteiligten Parteien zusammen<br />
die geringste Anzahl an Mandaten umfasst, die über 50% hinausreichen. Das Argument ist, dass so die<br />
beteiligten Parteien die eigene prozentuale Stärke innerhalb einer Regierungskoalition maximieren<br />
und somit den maximalen Anteil an Regierungsämter erhalten können. In der Regel wird daher nur<br />
eine Koalition vorhergesagt, da nur bei Mandatsgleichheit von Parteien mehrere Koalitionen gleicher<br />
Stärke möglich sind. Dagegen wird beim minimal winning Ansatz allein auf die minimale Anzahl an<br />
Parteien geachtet, die <strong>für</strong> eine Mehrheitskoalition benötigt werden. Hier werden dann z.B. alle Zweiparteienkonstellationen<br />
als Koalition prognostiziert, die eine absolute Mehrheit an Mandaten auf sich<br />
vereinen können. Als Argument wird angeführt, dass eine Partei die Regierungsmacht mit möglichst<br />
wenigen anderen Parteien teilen möchte. Als Problem dieses Ansatzes wird gesehen, dass er unter Umständen<br />
sehr viele alternative Koalitionen prognostiziert und damit in seiner Prognosegenauigkeit unscharf<br />
wird. 30<br />
Demgegenüber stehen policy-seeking Ansätze, laut derer die Parteien versuchen, ihren inhaltlichen Einfluss<br />
auf die Regierungspolitik zu maximieren. Eine Regierungsbeteiligung wird dann angestrebt, wenn<br />
dadurch die eigenen Politikvorstellungen besser umgesetzt werden können. In der Regel wird dies erreicht,<br />
indem Koalitionen mit ideologisch benachbarten Parteien eingegangen werden. Das erleichtert<br />
die Konsenssuche und maximiert die Chancen aller beteiligten Regierungsparteien, eine Lösung möglichst<br />
nahe an den eigenen Idealvorstellungen zu erreichen. Zur Analyse möglicher Koalitionen werden<br />
die Parteien daher auf der <strong>für</strong> ein Parteiensystem zentralen ideologischen Dimension, also in der Regel<br />
auf der Links-Rechts Skala, angeordnet. Das bedeutendste Modell dieser Richtung, der Ansatz der minimal<br />
connected winning coalitions, verbindet die prinzipielle policy-Orientierung nun mit einem officeseeking<br />
Kriterium. 31 Denn es werden jene Koalitionen vorhergesagt, in denen die minimale Anzahl an<br />
nebeneinander liegenden Parteien die absolute Mehrheit erreicht. Das Kernargument ist, dass das<br />
Streben nach Regierungsmacht immer verbunden ist mit einer glaubwürdigen Umsetzung der eigenen<br />
Politikvorstellungen. Zu große Kompromisse in einer Regierungsamtszeit sind verbunden mit der Gefahr<br />
von großen Stimmenverlusten bei der nächsten Wahl, da durch die eingegangenen Kompromisse<br />
die eigenen Wähler mit der Regierungspolitik unzufrieden werden können. Geht man nun von einer<br />
eindimensionalen Anordnung der Parteien auf der Links-Rechts Skala aus, die grundlegend <strong>für</strong> das<br />
Verhandeln über Regierungskoalitionen ist, so wird immer die so genannte Median-Partei an der Regierung<br />
beteiligt sein. Bei der Median-Partei handelt es sich um jene Partei, bei der es links und rechts<br />
von ihr keine Mehrheit ohne ihre Beteiligung gibt. 32 Daher kann es keine Koalition direkt benachbarter<br />
Parteien ohne den Median geben, eine alternative Koalition müsste die Median-Partei überspringen<br />
und Parteien links und rechts des Medians vereinen. Diese strategische Position gibt der Median-Partei<br />
eine besonders hohe Verhandlungsmacht sowohl über Regierungsämter als auch Politikinhalte.<br />
Für die Anwendung auf Deutschland zur Analyse der zukünftigen Rolle der Linken werde ich zwei<br />
Szenarien <strong>für</strong> das nächste Bundestagswahlergebnis 2009 wählen, die im Moment auf Basis aktueller<br />
Umfrageergebnisse durchaus als realistisch erscheinen. In beiden wird davon ausgegangen, dass fünf<br />
Parteien in den Bundestag einziehen, die Mandatsverteilung der Parteien im Bundestag wird von links<br />
nach rechts in Prozenten der Mandate angegeben.<br />
Szenario 1: Linke 13% - Grüne 11% - SPD 24% - CDU 38% - FDP 14%<br />
Szenario 2: Linke 15% - Grüne 10% - SPD 27% - CDU 36% - FDP 12%<br />
30 vgl. W.C. Müller, „Koalitionstheorien“, S. 269.<br />
31 Vgl. A. de Swaan, Coalition Theories and Cabinet Formations, Amsterdam, 1973.<br />
32 Zur Herleitung des Median-Wähler-Theorems vgl. M.J. Hinich / M.C. Munger, Analytical Politics, Cambridge,<br />
1997, S.35ff.<br />
23