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Working Paper - Institut für Politikwissenschaft - Technische ...

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1. „Die Linke“ in Deutschland – eine politische Partei mit Sprengkraft? 1<br />

1.1 Einleitende Bemerkungen<br />

Michael Haus<br />

Der Einzug der mit dem Zusatz „Linkspartei“ angetretenen PDS in den Bundestag bei den Wahlen<br />

2005 und ihre Überführung in eine neue Partei, „Die Linke“, knapp zwei Jahre danach können als<br />

wichtige Etappe einer bedeutenden Veränderung des Parteiensystems in Deutschland betrachtet werden.<br />

Mit fünf Fraktionen im Bundestag und einer nachlassenden politischen Integrationsfähigkeit der<br />

beiden großen Parteien CDU/CSU und SPD hat sich das gemäßigte Mehrparteiensystemen zu einem<br />

stärker polarisierten und fragmentierten Parteiensystem entwickelt. Mit dem Einzug der GRÜNEN in<br />

den Bundestag 1983 war es zum ersten Mal gelungen, eine weitere Partei auf Bundesebene zu etablieren.<br />

Es war nicht zuletzt der Zusammenschluss mit dem aus der ostdeutschen Bürgerrechtsbewegung<br />

hervorgegangen Bündnis 90, welcher es den GRÜNEN ermöglichte, die Existenzkrise nach der deutschen<br />

Vereinigung zu überwinden. Mit der aus der Sozialistischen Einheitspartei (SED) hervorgegangen<br />

Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) zog 1990 bei der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl<br />

eine weitere Partei ins Parlament ein. Auch im Hinblick auf ihr Schicksal spielt das Zusammenspiel<br />

zwischen ostdeutscher und westdeutscher Parteienlandschaft eine zentrale Rolle. Die<br />

PDS hatte faktisch den Status einer auf Ostdeutschland beschränkten regionalen, ja regionalistischen<br />

Partei (vgl. Koß 2007: 118 mit weiteren Verweisen). Das heißt: Sie war nur auf dem Gebiet der ehemaligen<br />

DDR politisch erfolgreich, und sie zehrte thematisch stark von der Wahrnehmung und Thematisierung<br />

des Gegensatzes zwischen Ost- und Westdeutschland. Im Hinblick auf letzteres wurden gar<br />

Vergleiche mit der Partei der Heimatvertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg gezogen, der nach anfänglichen<br />

Erfolgen ein schnelles Ende bereitet war, als die soziale und ökonomische Integration der<br />

Heimatvertriebenen erreicht worden war. Doch nach erfolgreicher Wahlkooperation mit der neu gegründeten<br />

Partei „Arbeit und soziale Gerechtigkeit – Die Wahlalternative“ (WASG), die ihrerseits in<br />

Westdeutschland ihren Schwerpunkt hatte, und anschließender Fusionierung muss diese Prognose als<br />

vorerst widerlegt betrachtet werden.<br />

„Die Linke“ ist heute eine Partei, deren Unterstützer bzw. Mitglieder in mancher Hinsicht sozial repräsentativer<br />

<strong>für</strong> die deutsche Bevölkerung sind als die aller anderen relevanten Parteien; und sie hat mit<br />

der Kritik an den Reformen der Regierung Schröder, v. a. der „Agenda 2010“, die im Kern von allen<br />

Fraktionen im Bundestag mitgetragen wurden, auch ein von regionalen Bezügen losgelöstes inhaltliches<br />

Profil gewonnen, welches auch im alten Bundesgebiet auf Resonanz stößt. Mit dem „Neoliberalismus“<br />

kann sie auf ein allgemeines Feindbild rekurrieren, welches von globalisierungskritischen Bewegungen<br />

mitgetragen wird und in der öffentlichen Meinung negativ besetzt ist. Die Linke hat damit<br />

in mehrfacher Hinsicht vermeintliche Gewissheiten und feste Lager des politischen Lebens in Deutschland<br />

aufgesprengt. Sie hat insbesondere in Hessen zu erheblichen Turbulenzen beim Versuch der Umsetzung<br />

von Wahlergebnissen in Regierungskonstellationen beigetragen und damit auch die gesamte<br />

SPD in eine Führungskrise gestürzt. Ob sie wirklich eine Partei mit „politischer Sprengkraft“ ist, wird<br />

sich allerdings darin erweisen müssen, dass sie die Machtverhältnisse der deutschen Politik im Hinblick<br />

1 Dieser Text ist die überarbeitete Fassung eines gleichnamigen, auf chinesisch verfassten Beitrags <strong>für</strong> die Zeitschrift<br />

Deutschland-Studien, Nr. 1/2008, S. 20-28. Er geht zurück auf einen Vortrag am <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Deutschlandstudien<br />

an der Tongji-Universität Shanghai am 11.10.2007.<br />

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