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Irene Dingel: Die Reformation in Gestaltungen und Wirkungen (Leseprobe)

Die von der Reformation ausgehenden Impulse veränderten nicht nur Kirche und Frömmigkeit, sondern auch die Strukturen der Gesellschaft sowie die rechtlichen und politischen Dimensionen der damaligen Lebenswelt. Die hier versammelten Beiträge, die zum überwiegenden Teil aus den Themenjahren der Reformationsdekade hervorgegangen sind, veranschaulichen das gestaltende und nachhaltig wirkende Potenzial der Reformation. Sie spannen einen weiten Bogen vom 16. bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts und eröffnen Perspektiven auf die frühe Verbreitung reformatorischer Inhalte, auf Formen von Frömmigkeit und katechetischer Unterweisung sowie auf rechtliche Neuordnung in politisch motivierten Religionsfriedensregelungen einerseits und kirchlich ausgerichteter Union andererseits.

Die von der Reformation ausgehenden Impulse veränderten nicht nur Kirche und Frömmigkeit, sondern auch die Strukturen der Gesellschaft sowie die rechtlichen und politischen Dimensionen der damaligen Lebenswelt. Die hier versammelten Beiträge, die zum überwiegenden Teil aus den Themenjahren der Reformationsdekade hervorgegangen sind, veranschaulichen das gestaltende und nachhaltig wirkende Potenzial der Reformation. Sie spannen einen weiten Bogen vom 16. bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts und eröffnen Perspektiven auf die frühe Verbreitung reformatorischer Inhalte, auf Formen von Frömmigkeit und katechetischer Unterweisung sowie auf rechtliche Neuordnung in politisch motivierten Religionsfriedensregelungen einerseits und kirchlich ausgerichteter Union andererseits.

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50 »Außerdem haben wir de<strong>in</strong>e B8cher nach Brabant geschickt ...«<br />

<strong>und</strong> <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit den vorhandenen Strömungen e<strong>in</strong> spezifisches theologisches<br />

Profil ausprägen. 2 <strong>Die</strong>s im E<strong>in</strong>zelnen abzuschreiten würde bedeuten,<br />

jeweils unterschiedliche <strong>Reformation</strong>sgeschichten zu schreiben, was an dieser<br />

Stelle natürlich nicht erfolgen kann. Aber auch wenn sich der europäische Raum<br />

mit se<strong>in</strong>en verschiedenen reformatorischen Ansätzen <strong>und</strong> Ausprägungen nicht<br />

vollständig ausleuchten lässt, so kann doch <strong>in</strong> der Betrachtung entscheidender<br />

Schnittstellen e<strong>in</strong> erster Überblick über die <strong>Reformation</strong>sgeschichte Europas<br />

<strong>in</strong> ihrer Vielfalt <strong>und</strong> ihren regionalen Besonderheiten entstehen. Dazu legt sich<br />

e<strong>in</strong> Zugang unter drei Perspektiven nahe, die zugleich verschiedene Entwicklungsstadien<br />

der <strong>Reformation</strong> ankl<strong>in</strong>gen lassen: Ausbreitung – Verfolgung <strong>und</strong><br />

Aneignung – Etablierung.<br />

<strong>Die</strong> Ausbreitung der <strong>Reformation</strong><br />

Dass die <strong>Reformation</strong> ke<strong>in</strong> »lokal begrenztes Ereignis« war, 3 zeigt sich alle<strong>in</strong><br />

schon daran, dass sich neben Wittenberg auch andere Zentren etablierten, die<br />

entscheidend zur Verbreitung reformatorischen Gedankengutes beitrugen. Zürich,<br />

Straßburg <strong>und</strong> mehr noch Genf entwickelten e<strong>in</strong>e erhebliche Strahlkraft <strong>in</strong><br />

alle Himmelsrichtungen Europas. Hier wirkten mit Huldrych Zw<strong>in</strong>gli <strong>und</strong> später<br />

He<strong>in</strong>richBull<strong>in</strong>ger, mit Mart<strong>in</strong> Bucer <strong>und</strong> Johann Sturm, mit Johannes Calv<strong>in</strong><br />

<strong>und</strong> Theodor Beza herausragende Gelehrte, die alle <strong>in</strong> der e<strong>in</strong>en oder anderen<br />

Weise mit der Theologie Luthers <strong>und</strong> des Wittenberger Reformatorennetzwerks<br />

<strong>in</strong> Berührung gekommen waren. Wenn dies nicht über persönliche Begegnungen<br />

geschah,wie etwa bei Mart<strong>in</strong> Bucer, der als Zuhörer an Luthers Heidelberger<br />

Disputation im April 1518 teilgenommen hatte, 4 dann über die Lektüre von<br />

Luthers reformatorischen Schriften, die z.T.<strong>in</strong>sozahlreichen Auflagen <strong>und</strong><br />

Nachdrucken publiziert wurden, 5 dass e<strong>in</strong> heutiger Autor nur davon träumen<br />

kann. Bestes Beispiel für diese Druckoffensive ist der Sermon von Ablass <strong>und</strong><br />

Gnade, der den Inhalt der für e<strong>in</strong>e Disputation unter Gelehrten konzipierten<br />

95 Thesen für das e<strong>in</strong>fache Volk aufbereitete <strong>und</strong> über den Umfang e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en<br />

Flugschrift nicht h<strong>in</strong>ausg<strong>in</strong>g. Der erste Druck erfolgte im März/April 1518<br />

bei Johann Rhau-Grunenberg <strong>in</strong> Wittenberg, dem ersten Drucker, der Luther-<br />

Schriften unter die Presse nahm. In dieser Offiz<strong>in</strong> wurden noch im selben Jahr<br />

(1518) drei weitere Ausgaben hergestellt, die während der Druckvorgänge kle<strong>in</strong>e<br />

2<br />

Vgl. <strong>Irene</strong> <strong>D<strong>in</strong>gel</strong>,<strong>Reformation</strong>.Zentren – Akteure – Ereignisse,Gött<strong>in</strong>gen 2016,251–276.<br />

3<br />

Vgl. die Verlautbarung zum Themenjahr 2016, o. Anm. 1.<br />

4<br />

Vgl. <strong>D<strong>in</strong>gel</strong>, <strong>Reformation</strong> (s. Anm. 2), 53.<br />

5<br />

Vgl. dazu Andrew Pettegree, Brand Luther. 1517, Pr<strong>in</strong>t<strong>in</strong>g and the Mak<strong>in</strong>g of the <strong>Reformation</strong>,<br />

New York 2015.

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