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Christoph Tödter: Hoffnung auf Vollendung (Leseprobe)

Über Jahrhunderte hinweg gehörte die Seele im christlichen Europa untrennbar zum Selbstbild des Menschen. Heute ist sie wenigstens für eine wissenschaftliche Beschreibung des Menschseins kaum mehr relevant. An ihre Stelle treten Bewusstsein und Selbst, Geist und Denken, Identität und Person oder Erleben und Existenz. Aber die religiöse Innerlichkeit des Psalters zeigt, dass eine solche konzeptionelle Beschreibung dennoch den Seelenbegriff aufnehmen kann, auch wenn er kein quellensprachliches Korrelat hat. Wovon die Psalmen handeln und was sich im Seelebegriff abbildet, ist weder der Grund für Leben noch für Unsterblichkeit, sondern eine ehrfürchtige Betrachtung der zwischen Schuld und Widerfahrnis erlebten Gegenwart des individuellen Daseins vor Gott in seiner Hoffnung auf Vollendung.

Über Jahrhunderte hinweg gehörte die Seele im christlichen Europa untrennbar zum Selbstbild des Menschen. Heute ist sie wenigstens für eine wissenschaftliche Beschreibung des Menschseins kaum mehr relevant. An ihre Stelle treten Bewusstsein und Selbst, Geist und Denken, Identität und Person oder Erleben und Existenz. Aber die religiöse Innerlichkeit des Psalters zeigt, dass eine solche konzeptionelle Beschreibung dennoch den Seelenbegriff aufnehmen kann, auch wenn er kein quellensprachliches Korrelat hat. Wovon die Psalmen handeln und was sich im Seelebegriff abbildet, ist weder der Grund für Leben noch für Unsterblichkeit, sondern eine ehrfürchtige Betrachtung der zwischen Schuld und Widerfahrnis erlebten Gegenwart des individuellen Daseins vor Gott in seiner Hoffnung auf Vollendung.

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26<br />

1 Hinführung zum Thema<br />

Exegese. 21 Sie verständigt sich über die eigenen Verstehensvoraussetzungen und<br />

fragt von hier aus nach der anthropologischen Hermeneutik antiker Schriftzeugnisse.<br />

Dieser Anforderung erwächst die Struktur dieser Studie.<br />

21<br />

»Aber die Zeit scheint noch nicht da zu sein, wo der Dogmatiker sich darum mit gutem<br />

Gewissen und Vertrauen <strong>auf</strong> die Ergebnisse seiner alt- und neutestamentlichen Kollegen<br />

beziehen können wird, weil es dann vielleicht <strong>auf</strong> beiden Seiten wieder klar sein wird: der<br />

Dogmatiker hat auch exegetische, aber der Exeget hat auch dogmatische Verantwortung! Solange<br />

so viele Exegeten ihren Teil dieser gemeinsamen Lektion noch nicht besser gelernt<br />

oder jedenfalls noch nicht besser in Übung gesetzt haben, solange es Manche von ihnen<br />

noch für einen Ruhm zu halten scheinen, hinsichtlich der dogmatischen Voraussetzungen<br />

und Konsequenzen ihrer Aufstellungen möglichst unbefangen, weil ahnungslos in die<br />

Landschaft hineinzureden, bleibt dem Dogmatiker nichts übrig, als sich seinen ›Schriftbeweis‹<br />

--- seinerseits in der ganzen Gefährdung des Nichtfachmanns --- selber zu erarbeiten.«<br />

--- Barth, KD III/2, VII (Herv. d.Vf.).

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