SMZ Liebenau Info Dez_2008
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<strong>SMZ</strong> AKTUELL !<br />
SEXUALITÄT IM<br />
ALTER ?<br />
Was bedeutet eigentlich „alt“? Und ab wann wird<br />
man von der Gesellschaft gleichsam von Außen betrachtet<br />
und sitzt im „Käfig der Alten“?<br />
Diese Themen hängen zwar nicht unmittelbar mit<br />
Sexualität zusammen, sie verweisen jedoch darauf,<br />
dass auch emotionale und sexuelle Bedürfnisse nur<br />
im Kontext gesellschaftlicher Definitionen und Zuschreibungen<br />
gelebt werden können.<br />
Tabuthema Alterssexualität<br />
Eine dieser Zuschreibungen erfolgt durch<br />
die Tabuisierung der „Alterssexualität“. Der<br />
alte Körper wird in der Werbung nur selten<br />
gezeigt, Kinofi lme porträtieren bei romantischen<br />
Szenen meist jugendliche Gestalten,<br />
und Alter wird immer im Zusammenhang<br />
mit Problemen genannt. Man redet ständig<br />
von der „Überalterung“, etwas ist „veraltet“,<br />
alte Menschen werden dement, senil, pfl e-<br />
gebedürftig. Der „lebendige, lustvolle alte<br />
Mensch“, so Gustav Mittelbach (<strong>SMZ</strong>) wird<br />
von der Öffentlichkeit nicht thematisiert.<br />
Sexualität wird mit Jugendlichkeit, Vitalität,<br />
Schönheit in Verbindung gebracht, aber<br />
sicher nicht mit Pfl ege. Umso spannender<br />
daher die Auseinandersetzung mit einer<br />
Thematik, die viele Tabubereiche berührt:<br />
die Sexualität alter Menschen in Betreuungseinrichtungen.<br />
Mag. Christine Jessner widmete sich dieser<br />
Materie in ihrer Diplomarbeit und referierte<br />
darüber am Montag, den 24. November im<br />
<strong>SMZ</strong>. Die humorvolle und kompetente Moderation<br />
der Veranstaltung übernahm die<br />
Sexualtherapeutin des <strong>SMZ</strong>, Dr. Ulrike Körbitz.<br />
Sowohl Pfl egende als auch Pfl egepersonen<br />
sollten quasi asexuelle Wesen sein,<br />
keine erotischen Bedürfnisse zeigen, keine<br />
Scham, keinen Ekel und keine Lust empfi n-<br />
den. Viele Pfl egepersonen fühlen sich von<br />
sexuellen Bedürfnissen, Aussagen oder<br />
Handlungen der Gepfl egten überfordert und<br />
wissen nicht, wie sie darauf reagieren können<br />
oder sollen.<br />
Der Pfl egeberuf als intimster Beruf gehe<br />
weit über eine Dienstleistung hinaus (so<br />
Erich Grond) und müsse daher auch mehr<br />
Wertschätzung erfahren. In den Teambesprechungen<br />
des Pfl egepersonals werde<br />
meist über allgemeine Dinge wie Dienstpläne<br />
gesprochen; sensible und intime<br />
Themen hätten in diesem Rahmen keinen<br />
Platz. Jessner fordert daher bereits in der<br />
Pfl egeausbildung mehr theoretisches Hintergrundwissen<br />
über Sexualität im Alter und<br />
auch vermehrt Einzelsupervisionen für Pfl e-<br />
gekräfte.<br />
Sexualität oder Zärtlichkeit?<br />
Frau Jessner und ihre Kollegin, Mag. Horkava,<br />
untersuchten in ihrer Diplomarbeit zwei<br />
öffentliche und zwei private Institutionen in<br />
Graz. Einige Ergebnisse:<br />
Das Ausleben sexueller Bedürfnisse in<br />
Institutionen wird durch drei Faktoren erschwert:<br />
Erstens sind 80-90% der Bewohner Frauen,<br />
zweitens leben die wenigen Männer sehr<br />
zurückgezogen und nehmen an den Aktivitäten<br />
in der Institution kaum teil. Drittens,<br />
und besonders schwerwiegend, sind die<br />
Zimmer selten versperrbar, worunter das Intimleben<br />
natürlich leidet. „Vor allem Frauen<br />
18 <strong>SMZ</strong> INFO DEZEMBER <strong>2008</strong>