SMZ Liebenau Info Jun_2008
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Selbsthilfeverein<br />
Adelinde Gugerbauer vom Selbsthilfeverein<br />
hpe (Hilfe für Angehörige psychisch Erkrankter)<br />
berichtete kurz über den Verein hpe,<br />
der bereits 1978 in Wien gegründet worden<br />
war. Angehörige hatten sich damals vor<br />
dem psychiatrischen Krankenhaus Steinhof<br />
aufgebaut, um gegen die menschenunwürdige<br />
Behandlung psychisch Kranker zu protestieren.<br />
Gugerbauer kann als Angehörige<br />
eine lange Geschichte über den Umgang<br />
mit psychisch Kranken erzählen: Ihr Bruder<br />
ist während des Zweiten Weltkrieges am<br />
Steinhof gelandet:<br />
„Er ist am Steinhof gestorben (also euthanasiert)<br />
worden.“<br />
Bei der Schwester Gugerbauers war eine<br />
Schizophrenie diagnostiziert worden und<br />
man bot der Familie an, eine Lobotomie<br />
(Durchtrennung von Nervenbahnen im Gehirn)<br />
durchzuführen. Da die Erziehungsberechtigte<br />
diese Methode verweigerte,<br />
wurde sie schließlich mit Elektroschocks<br />
behandelt. Die Ursache für die psychische<br />
Krankheit dürfte jedoch hormonell bedingt<br />
gewesen sein, da die Krankheitssymptome<br />
mit den Schwangerschaften verschwanden<br />
und nach einer späteren Gebärmutterentfernung<br />
wieder auftraten.<br />
Aus dem Publikum meldete sich in diesem<br />
Zusammenhang eine Vertreterin von femica<br />
(Selbsthilfegruppe für Frauen nach gynäkologischen<br />
Operationen): „Bei schweren<br />
Depressionen in Folge gynäkologischer<br />
Operationen kann hormonell geholfen werden,<br />
die Hormone ersetzen jedoch nicht das<br />
Organ.“<br />
Sowohl das Publikum, als auch die Podiumsteilnehmer<br />
waren sich einig, dass starke<br />
soziale Netze für Betroffene und Angehörige<br />
unerlässlich wären, auch sei die Arbeitssituation<br />
von entscheidender Bedeutung für die<br />
Bewältigung einer psychischen Erkrankung:<br />
„Arbeit ist ein ganz wichtiger Faktor, um wieder<br />
zurückzufinden!“<br />
Von Seiten des Publikums wurde die Ärzteschaft<br />
gefordert, „endlich eine Medizin auf<br />
Augenhöhe“ zu betreiben. Ein Betroffener<br />
meinte dazu:<br />
„Man erwartet sich vom Arzt eine Auseinandersetzung<br />
mit dem Patienten.<br />
Stattdessen bekommt man eine Menge<br />
an Medikamenten verschrieben, mit dem<br />
Kommentar »Wenn es Ihnen schlecht<br />
wird, kommen Sie wieder!“.<br />
Inge Zelinka-Roitner<br />
<strong>SMZ</strong> INFO JUNI <strong>2008</strong><br />
23