männer* | II/23
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02/20<strong>23</strong><br />
Gesundheit | Sexualität | Wellbeing<br />
Panikattacke:<br />
Symptome und<br />
Behandlungsmöglichkeiten<br />
SPORT<br />
Sixpack<br />
Schwimmen<br />
Summer Body<br />
EREKTILE<br />
DYSFUNKTION<br />
Medikamente<br />
im Vergleich<br />
NEIN<br />
heißt Nein!<br />
Aber was heißt Ja?
Liebe Leser/innen,<br />
editorial<br />
/ INTRO<br />
endlich kann man die Zeit auch wieder draußen verbringen. Wir beschäftigen<br />
uns daher in dieser Ausgabe mit unterschiedlichen Aspekten des Sports wie<br />
Schwimmen, dem Supersatz oder Sixpacks. Dazu gehören auch Ernährungsthemen<br />
wie Proteine oder Fette sowie Informationen zum Body Mass Index.<br />
Zu den weniger erotischen, aber trotzdem wichtigen Themen gehören die<br />
verschiedenen Aspekte der Vorsorge rund um die Prostata oder die Vermeidung<br />
von Peniskrebs zum Beispiel durch neue Testmöglichkeiten. Außerdem<br />
Behandlungsmöglichkeiten der Penisarterie bei erektiler Dysfunktion. Natürlich<br />
kommen auch Beautythemen wie neue Lifting Techniken nicht zu kurz.<br />
Viel Spaß beim Lesen!<br />
Das männer* Team<br />
TEAM<br />
Das Team der männer* setzt sich aus<br />
festen und freien Mitarbeiter*innen zusammen,<br />
die wir hier kurz vorstellen.<br />
OLAF ALP<br />
hat sich seit vielen Jahren auf<br />
das Themengebiet Andrologie<br />
spezialisiert. Er ist Chefredakteur<br />
der männer* und Herausgeber<br />
des Magazins mate.<br />
MARCO BAST<br />
ist jüngst nach Berlin gezogen<br />
und macht sich derzeit in der<br />
Organisation als auch der<br />
Redaktion unentbehrlich.<br />
FELIX JUST<br />
steuert als Chefredakteur<br />
unseres Partnermagazins<br />
mate. vor allem Beiträge aus<br />
den Bereichen Lifestyle und<br />
Body bei.<br />
CHRISTIAN KNUTH<br />
ist einer der beiden Chefredakteure<br />
von www.maenner.<br />
media. Sein redaktioneller<br />
Schwerpunkt liegt bei sexueller<br />
Gesundheit und Politik.<br />
SUSAN KÜHNER<br />
gestaltet als Art Direktorin<br />
neben der männer* den<br />
Spartacus Traveler. Zudem<br />
layoutet sie das Frankfurter<br />
Stadtmagazin GAB.<br />
MARTIN LEWICKI<br />
ist als langjähriger freier<br />
Journalist in den Bereichen<br />
Gesundheit und Wellbeing tätig.<br />
Zu seinen Schwerpunkten<br />
zählen Ernährung und Fitness.<br />
JANN SCHWEITZER<br />
ist wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />
im Ausschuss für Familie, Senioren,<br />
Frauen und Jugend des Deutschen<br />
Bundestages und stellv. Bundesvorsitzender<br />
bei pro familia.<br />
DR. RAMONA PAULI<br />
ist Schwerpunktärztin im MVZ<br />
am Isartor und Herausgeberin<br />
der Fachzeitschrift HIV&more<br />
sowie der HIV-Infoseite<br />
www.hivandmore.de<br />
03
INTRO<br />
Inhalt<br />
/<br />
GESUNDHEIT<br />
08 Neuer Test gegen KREBS<br />
10 Prostatakrebs: PSA-Tests halbieren das Risiko<br />
12 Peniskrebs durch HP-Viren<br />
14 HIV Kann eine Diagnose etwas Gutes sein?<br />
18 Fakten, Tipps und Tricks<br />
22 Heilung durch Stammzellentherapie?<br />
24 Panikattacke:<br />
Symptome und Behandlungsmöglichkeiten<br />
30 Poppers – Gefahr für die Augen?<br />
32 WAS HEISST JA? Über sexuellen Konsens<br />
42 Schuld am Fremdgehen: Testosteron?<br />
44 Anal-Fisting<br />
46 Erektile Dysfunktion<br />
56 Penisarterie und ED<br />
SEXUALITÄT<br />
04<br />
2/20<strong>23</strong>
60 FADENLIFTING<br />
64 Ursache und Behandlung von Haarausfall<br />
68 HEALTHY @ WORK - Mentale Gesundheit am Arbeitsplatz<br />
70 Körperfettanteil - Messmethoden im Vergleich<br />
76 Sport SUPERSATZ-TRAINING<br />
78 Schwimmen - Gut für Körper und Geist<br />
80 Wie gesund sind 10.000 Schritte pro Tag?<br />
74 Get that SUMMER BODY now! In Nullkommanix zum Sixpack<br />
WELLBEING<br />
88 Was gehört in deine Sporttasche?<br />
90 Wie viel Wasser soll ich täglich trinken?<br />
92 Food Myths<br />
96 Macht FETT wirklich dick?<br />
98 Impressum<br />
05
GESUNDHEIT
FOTO: IVAN SAMKOV / PEXELS.COM
GESUNDHEIT<br />
/<br />
krebs<br />
NEUER TEST GEGEN<br />
50 ARTEN<br />
VON<br />
KREBS<br />
Krebs ist eine der tödlichsten Krankheiten, die es gibt,<br />
und je früher er diagnostiziert wird, desto besser sind<br />
die Überlebenschancen. In den letzten Jahren haben<br />
Fortschritte in der Technologie die Entwicklung von<br />
Tests ermöglicht, die in der Lage sind, Krebs in einem<br />
frühen Stadium zu erkennen, was die Behandlung und<br />
Heilungschancen erhöht.<br />
ICON: EVERYDAYICOONS / NOUN PROJECT<br />
Ein Beispiel für einen solchen Test ist der<br />
sogenannte „Krebsbluttest“, der von dem<br />
in den USA ansässigen Unternehmen Grail<br />
entwickelt wurde. Der Test ist in der Lage,<br />
50 verschiedene Arten von Krebs in einem<br />
frühen Stadium zu erkennen, indem er<br />
winzige Spuren von Tumor-DNA im Blut<br />
aufspürt. Das Unternehmen behauptet, dass<br />
der Test eine Genauigkeit von über 90 Prozent<br />
hat und nur 50 US-Dollar kosten wird.<br />
Die Idee hinter dem Test „Galleri“ ist, dass<br />
Krebszellen oft mutieren und ihre DNA im<br />
Blutkreislauf freisetzen, was als „flüssige<br />
Biopsie“ bezeichnet wird. Indem der Test<br />
nach diesen winzigen Spuren von Tumor-<br />
DNA sucht, kann er feststellen, ob Krebs in<br />
einem frühen Stadium vorliegt, bevor sich<br />
Symptome entwickeln oder die Krankheit<br />
sich ausbreitet.<br />
Der Test wurde in klinischen Studien getestet<br />
und hat vielversprechende Ergebnisse<br />
gezeigt. In einer Studie mit mehr als 6.000<br />
Teilnehmer*innen war der Test in der Lage,<br />
50 Prozent der Fälle von Darmkrebs, Brustkrebs<br />
und Lungenkrebs in einem frühen<br />
Stadium zu erkennen. Ein weiterer Vorteil<br />
des Krebsbluttests ist, dass er weniger<br />
invasiv ist als herkömmliche Methoden<br />
zur Krebsdiagnose. Traditionell wurden<br />
Biopsien verwendet, um Tumore zu identifizieren,<br />
aber diese können schmerzhaft sein<br />
und mit Komplikationen verbunden sein.<br />
Der Krebsbluttest hingegen erfordert nur<br />
eine Blutprobe und ist relativ schmerzfrei.<br />
Kritiker kritisieren die Ungenauigkeit des<br />
Tests mit einer Fehlerquote von 5 Prozent,<br />
da diese falsch-positiven Ergebnissen zu unnötigen<br />
Behandlungen und Kosten führen<br />
können. Bislang ist der Test nur in den USA<br />
als rezeptpflichtig zugelassen.<br />
08<br />
2/20<strong>23</strong>
Daniel Korup und Amon Ottersbach<br />
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Liesa Steffin Katharina Luley Dr. Frank Reißmann<br />
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GESUNDHEIT<br />
/<br />
krebs<br />
PSA-TESTS<br />
halbieren Krebsrisiko<br />
der Prostata<br />
Prostatakrebs ist die häufigste Krebsart bei Männern in<br />
Deutschland und weltweit. Laut der American Cancer Society<br />
werden jährlich etwa 248.530 neue Fälle von Prostatakrebs<br />
in den USA diagnostiziert. Die gute Nachricht ist, dass es<br />
Screening-Tests gibt, die zur Erkennung von Prostatakrebs<br />
eingesetzt werden können, bevor Symptome auftreten. Einer<br />
dieser Tests ist der Prostata-spezifische Antigen (PSA) Test.<br />
Der PSA-Test ist ein Bluttest, der darauf<br />
abzielt, das Vorhandensein von PSA im<br />
Blut zu messen. PSA ist ein Protein, das von<br />
der Prostata produziert wird und normalerweise<br />
in das Ejakulat ausgeschieden<br />
wird. Wenn die Prostata jedoch beschädigt<br />
oder entzündet ist, kann PSA in das Blut<br />
freigesetzt werden. Wenn ein erhöhter<br />
PSA-Spiegel im Blut gefunden wird, kann<br />
dies ein Hinweis auf das Vorhandensein von<br />
Prostatakrebs sein. Es ist jedoch wichtig zu<br />
beachten, dass ein erhöhter PSA-Spiegel<br />
auch auf andere Zustände wie eine gutartige<br />
Prostatavergrößerung oder eine Prostatitis<br />
hinweisen kann.<br />
Um eine PSA-Messung durchzuführen, wird<br />
eine Blutprobe entnommen und das PSA-<br />
Level im Labor analysiert. Der PSA-Test ist<br />
ein einfacher und schmerzfreier Test, der<br />
routinemäßig von einem Urologen durchgeführt<br />
wird. Die Kosten für den Test werden<br />
in der Regel von den meisten Krankenversicherungen<br />
übernommen.<br />
Die US Preventive Services Task Force<br />
empfiehlt, dass Männer im Alter von 55 bis<br />
69 Jahren regelmäßig auf Prostatakrebs mit<br />
dem PSA-Test gescreent werden sollten.<br />
Eine Studie aus Schweden zeigt, dass ein<br />
frühzeitiges PSA-Screening ab 55 Jahren<br />
10<br />
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das Risiko eines Todes an Prostatakrebs<br />
im Vergleich zum ersten PSA-<br />
Test im Alter von 60 Jahren halbiert.<br />
NACHTEILE<br />
Trotz der Vorteile des PSA-Tests gibt<br />
es jedoch auch Nachteile.<br />
Zum einen kann der Test falsch<br />
positive Ergebnisse liefern, was<br />
bedeutet, dass der Test aufgrund<br />
von Faktoren wie einer Infektion<br />
oder Entzündung der Prostata<br />
erhöhte PSA-Werte zeigt, obwohl<br />
kein Krebs vorhanden ist. Falsch<br />
positive Ergebnisse können zu<br />
unnötigen Biopsien und anderen<br />
invasiven Verfahren führen, die<br />
mit Risiken verbunden sind. Zum<br />
anderen kann der PSA-Test auch<br />
falsch negative Ergebnisse liefern,<br />
was bedeutet, dass der Test keinen<br />
erhöhten PSA-Wert zeigt, obwohl<br />
Krebs vorhanden ist. Falsch<br />
negative Ergebnisse können zu<br />
einer verzögerten Diagnose und<br />
Behandlung von Prostatakrebs<br />
führen, was die Prognose und<br />
Überlebenschancen des Patienten<br />
beeinträchtigen kann.<br />
Ein weiterer Nachteil des PSA-<br />
Tests ist, dass er nicht zwischen<br />
aggressivem und nicht-aggressivem<br />
Prostatakrebs unterscheiden<br />
kann. Einige Fälle von<br />
Prostatakrebs können langsam<br />
wachsen und sich möglicherweise<br />
nie auf andere Teile des<br />
Körpers ausbreiten oder lebensbedrohlich<br />
werden. In solchen<br />
Fällen kann eine Überwachung<br />
der PSA-Werte und eine Verzögerung<br />
der Behandlung eine<br />
sinnvolle Option sein. In anderen<br />
Fällen sind jedoch eine schnelle<br />
Diagnose und Behandlung erforderlich,<br />
um das Fortschreiten des<br />
Krebses zu stoppen.<br />
11<br />
Paradies_Apotheke_60x180.indd 1 28.03.22 14:22
GESUNDHEIT<br />
/<br />
krebs<br />
HP-VIREN<br />
ALS AUSLÖSER VON<br />
PEN SKREBS<br />
Peniskrebs ist eine seltene,<br />
aber gefährliche Krebsart,<br />
die oft in fortgeschrittenen<br />
Stadien diagnostiziert wird.<br />
Eine der Hauptursachen<br />
für Peniskrebs sind HPV-<br />
Infektionen, insbesondere der<br />
HPV-Typen 16 und 18. Diese<br />
Viren können das Wachstum<br />
von Zellen im Penis und anderen<br />
Körperregionen fördern,<br />
was zu einer unkontrollierten<br />
Zellvermehrung und letztendlich<br />
zur Entstehung von Krebs<br />
führen kann.<br />
sind die Ursache gutartiger Läsionen der Haut, der<br />
Schleimhäute im Genital- und Analbereich (Warzen) oder<br />
extragenital (Papillome im Mund) oder der Atemwege<br />
sind an der Entstehung von Krebsvorstufen<br />
und Krebserkrankungen<br />
verschiedener Organe beteiligt<br />
ILLU: ROB3000 / STOCK.ADOBE.COM<br />
WAS SIND HP-VIREN?<br />
HP-Viren sind eine Gruppe von Viren,<br />
die eng mit der Entstehung von Krebs in<br />
Verbindung stehen. Es gibt mehr als 100<br />
verschiedene Typen von HPV, von denen<br />
etwa 14 als „Hochrisikotypen“ bezeichnet<br />
werden. Die häufigsten Krebsarten,<br />
die durch HPV verursacht werden, sind<br />
Analkrebs, Mund- und Rachenkrebs sowie<br />
Peniskrebs.<br />
WIE WIRD PENISKREBS DURCH HPV<br />
VERURSACHT?<br />
Peniskrebs, der durch HPV verursacht<br />
wird, tritt in der Regel in den oberflächlichen<br />
Zellen der Haut oder Schleimhaut des<br />
Penis auf. HPV verursacht eine Veränderung<br />
in den Zellen, die sich dann unkontrolliert<br />
vermehren und sich zu einem<br />
bösartigen Tumor entwickeln können.<br />
12<br />
2/20<strong>23</strong>
WIE KANN MAN SICH MIT HPV<br />
ANSTECKEN?<br />
HPV wird durch sexuellen Kontakt übertragen,<br />
einschließlich Vaginal-, Anal- und<br />
Oralverkehr. Die meisten Menschen, die<br />
sexuell aktiv sind, haben irgendwann im<br />
Leben eine HPV-Infektion, aber die meisten<br />
Infektionen verschwinden von selbst<br />
und verursachen keine Symptome oder<br />
Probleme. In seltenen Fällen kann sich<br />
jedoch eine HPV-Infektion in eine Krebserkrankung<br />
entwickeln.<br />
WAS SIND DIE SYMPTOME VON<br />
PENISKREBS?<br />
In den frühen Stadien von Peniskrebs gibt es<br />
oft keine Symptome oder nur leichte Anzeichen,<br />
die leicht übersehen werden können.<br />
Zu den häufigsten Symptomen gehören:<br />
Veränderungen in der Hautfarbe<br />
oder -textur des Penis<br />
Ein Knoten oder eine Verhärtung<br />
auf dem Penis<br />
Eine Verengung oder Verhärtung<br />
der Vorhaut<br />
Blutungen, Schmerzen oder Juckreiz<br />
im Bereich des Penis<br />
WIE KANN MAN PENISKREBS<br />
VORBEUGEN?<br />
Eine der besten Möglichkeiten, Peniskrebs<br />
vorzubeugen, besteht darin, eine HPV-Infektion<br />
zu vermeiden oder zu behandeln,<br />
bevor sie zu Krebs führen kann. Hier sind<br />
einige Tipps, die dazu beitragen können:<br />
Verwendung eines Kondoms<br />
Begrenzung der Anzahl der Sexualpartner<br />
Regelmäßige STI-Tests inkl. HPV<br />
HPV-Impfung<br />
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KANN EINE HIV-DIAGNOSE<br />
GESUNDHEIT<br />
/<br />
hiv<br />
Veränderung als Chance<br />
ETWAS GUTES SEIN<br />
Seit Jahren ergeben sich den Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI)<br />
zufolge deutliche Verschiebungen in den HIV-Diagnosen. 1 Dabei wird<br />
sichtbar: immer weniger Männer, die Sex mit Männern (MSM) haben,<br />
infizieren sich mit HIV.<br />
Ein Hauptgrund dafür ist die erfolgreiche<br />
Einführung der Prä-Expositionsprophylaxe<br />
(PrEP) in Deutschland<br />
als Möglichkeit des medikamentösen<br />
Schutzes vor einer HIV-Infektion.<br />
Ihre Akzeptanz unter MSM ist der<br />
vielleicht größte Erfolg der HIV-<br />
Prävention seit 20 Jahren.<br />
Kombiniert man das mit den Fortschritten<br />
der modernen HIV-Therapien<br />
und der Tatsache, dass HIV<br />
bei nicht-nachweisbarer Viruslast<br />
selbst bei Sex ohne Kondom nicht<br />
übertragen werden kann 2,3 , versteht<br />
man besser, warum jüngere MSM<br />
vielleicht ganz zu Recht einen völlig<br />
anderen Umgang mit HIV haben, als<br />
ihre Vorväter. Denn Männer die Sex<br />
mit Männern haben sind heutzutage<br />
meist gut über die Möglichkeiten sich<br />
zu schützen informiert.<br />
Im Gegensatz dazu steigen die positiven<br />
Diagnosen bei heterosexuellen<br />
Menschen deutlich an. Beispielsweise<br />
wird den meisten heterosexuellen<br />
Frauen selbst bei Vorliegen von<br />
Erkrankungen, die auf eine Schwächung<br />
des Immunsystems hinweisen,<br />
von den wenigsten Ärzt*innen ein<br />
HIV-Test angeboten.<br />
DER MOMENT DER WAHRHEIT:<br />
UND JETZT?<br />
Ist dieser dann doch mal gemacht,<br />
ein positives Testergebnis da und der<br />
erste Schock überwunden, ergeben<br />
sich nicht nur für Frauen, sondern für<br />
alle mit der Diagnose „HIV-positiv“<br />
konfrontierten Menschen die gleichen<br />
14<br />
2/20<strong>23</strong>
NP-DE-HVU-ADVR-<strong>23</strong>0009<br />
15
GESUNDHEIT<br />
/<br />
hiv<br />
Fragen. Diejenige, die man einem anderen<br />
Menschen und sich selbst jetzt am häufigsten<br />
stellen würden: Wie geht es weiter?<br />
EXPLIZIT NICHT: BEI WEM HAST DU DICH<br />
INFIZIERT? Das ist eine völlig andere Frage,<br />
die einen auch nicht wirklich weiterbringt.<br />
Denn es geht nicht um Schuldzuweisungen,<br />
sondern darum, sich das eigene Leben<br />
anzusehen und die nötigen Veränderungen<br />
herbeizuführen, die dazu beitragen nun<br />
auch mit HIV gut weiterzuleben.<br />
HIV ALS TEIL DES LEBENS<br />
AKZEPTIEREN<br />
Den positiven HIV-Status anzunehmen und<br />
als selbstverständlichen Teil in das eigene<br />
Leben zu integrieren, trägt zu einem guten<br />
Leben bei. Das klingt zunächst erstmal einfacher,<br />
als es für viele Menschen ist. Aber:<br />
Über 95 Prozent aller Menschen, die in<br />
Deutschland mit HIV leben, sind laut RKI<br />
unter HIV-Therapie und die meisten von<br />
ihnen sind dabei unter der Nachweisgrenze.<br />
1 Das heißt, sie können HIV selbst bei<br />
ungeschütztem Sex nicht mehr übertragen<br />
und zudem ein normales Leben bei guter<br />
körperlicher Gesundheit führen.<br />
HERAUSFORDERUNGEN ABSEITS DER<br />
KÖRPERLICHEN GESUNDHEIT<br />
Die größten Herausforderungen sind vor<br />
allem Stigma und Diskriminierung, nicht<br />
HIV an sich. 70 Prozent aller Menschen mit<br />
HIV in Deutschland finden es laut einer<br />
Umfrage der Deutschen Aidshilfe (DAH)<br />
deswegen schwierig, offen über ihren<br />
Status zu sprechen. 4 Allerdings wäre genau<br />
das sehr vorteilhaft: Denn Menschen, die<br />
die Chance haben, mit HIV in ihrem Leben<br />
offen umzugehen, schaffen es auch, HIV<br />
als Teil ihres Lebens zu akzeptieren und<br />
haben meist eine höhere Therapietreue<br />
sowie eine bessere mentale Gesundheit.<br />
Aber, wo findet man Gesprächspartner*innen,<br />
mit denen man offen reden kann?<br />
Hier können die Selbsthilfeorganisationen<br />
weiterhelfen: In fast jeder mittelgroßen<br />
deutschen Stadt gibt es Aids-Hilfen, die allen<br />
- vom Jungpositiven bis zur 70-jährigen<br />
Rentnerin - Angebote zur Unterstützung<br />
machen können. Die Gemeinschaften,<br />
die man hier finden kann, sind eine gute<br />
Möglichkeit, das eigene Leben jetzt neu zu<br />
gestalten, von anderen einen entspannten<br />
Umgang mit HIV zu lernen und das positive<br />
Testergebnis vielleicht auch als Chance<br />
auf einen Neustart zu begreifen.<br />
16<br />
2/20<strong>23</strong>
WIE MACHE ICH DAS BESTE AUS<br />
MEINER SITUATION?<br />
Fragen, die einem ein/e gute/r Psychotherapeut*in<br />
stellen würde, kann man sich<br />
auch erstmal allein beantworten, oder im<br />
Gespräch mit anderen positiven Menschen:<br />
Was in meinem Leben trägt dazu<br />
bei, dass ich mich wegen meiner<br />
HIV-Infektion nicht schlecht fühle,<br />
sondern gibt mir ein gutes Gefühl?<br />
Wie kann ich lernen, mit der<br />
Angst vor Stigma und Diskriminierung<br />
besser umzugehen?<br />
Was trägt zu meiner geistigen und<br />
körperlichen Gesundheit bei?<br />
Mit wem fühle ich mich verbunden?<br />
Wie gehe ich gelassener und<br />
stressfreier durch mein Leben?<br />
All diese Dinge gilt es zu stärken. Nicht nur<br />
wegen HIV, sondern weil angstfreie, zufriedene<br />
und medizinisch gut versorgte Menschen<br />
auch glücklichere Menschen sind.<br />
Dieses Glück kann ganz unterschiedlich<br />
aussehen: Einer 65-Jährigen gerade positiv<br />
getesteten Frau erschließt sich vielleicht<br />
noch einmal ein ganz neuer Freundeskreis,<br />
ein 20-Jähriger Großstadtschwuler merkt<br />
vielleicht, dass es noch andere Formen von<br />
Spaß gibt, als auszugehen. Ein beruflich gestresster<br />
Mittvierziger, traut sich vielleicht<br />
endlich sich selbst die Frage zu stellen, ob<br />
ihn sein Beruf wirklich erfüllt.<br />
HIV ALS CHANCE ZUM WACHSTUM<br />
Ohne Zweifel: Ein positiver HIV-Test ist<br />
ein Wendepunkt in jedem Leben. Er muss<br />
aber kein Wendepunkt zu etwas Schlechtem<br />
sein, sondern kann auch als Chance<br />
begriffen werden, das eigene Leben so zu<br />
verändern, dass die Diagnose der Motor für<br />
eine neue, im wahrsten Sinne des Wortes<br />
positive Lebenseinstellung ist.<br />
Denn das Leben mit HIV ist für einen<br />
Menschen, der heute im Jahr 20<strong>23</strong> die Diagnose<br />
„HIV-positiv“ erhält, zumindest aus<br />
medizinischer Sicht kein großes Problem<br />
mehr. Es gibt heutzutage eine große Vielfalt<br />
an Möglichkeiten in der Behandlung<br />
von HIV: Unterschiedliche Substanzen,<br />
verschiedene Wirkweisen der Medikamente<br />
sowie mehrere Applikationsformen<br />
– neben den Tabletten auch noch Spritzen<br />
oder Infusionen. Bei der Auswahl aus den<br />
verschiedenen Therapiemöglichkeiten befindet<br />
man sich heutzutage in der glücklichen<br />
Situation, dass man diese gemeinsam<br />
mit dem/r Ärzt*in passend zum eigenen<br />
Leben auswählen kann und sich dabei keine<br />
Gedanken mehr über die Wirksamkeit<br />
moderner Therapien machen muss.<br />
Die gesundheitliche Versorgung in<br />
Deutschland ist hervorragend. Es kann<br />
einem mit HIV richtig gut gehen. Dabei<br />
helfen vor allem der Kontakt mit anderen<br />
positiven Menschen, ein achtsamer Umgang<br />
mit sich selbst und anderen, und die<br />
Erkenntnis, dass einen HIV nicht definiert,<br />
sondern inzwischen nur eine von vielen<br />
anderen chronischen Erkrankungen ist.<br />
Weitere Informationen zum Leben mit<br />
HIV sowie persönliche Geschichten von<br />
HIV-positiven Menschen findest du unter<br />
www.livlife.de<br />
Sponsored by ViiV Healthcare<br />
1<br />
RKI Epidemiologisches Bulletin 47/2022<br />
2<br />
Eisinger RW et al. JAMA 2019 Feb 5; 321(5): 451–452.<br />
3<br />
Leitlinien der European AIDS Clinical Society (EACS), Version 11.1, Stand Oktober 2022.<br />
4<br />
Deutsche Aidshilfe, „positive stimmen 2.0“, Umfrage zu HIV-bezogener Diskriminierung.<br />
17
GESUNDHEIT<br />
/<br />
hiv<br />
FAKTEN, TIPPS<br />
& TRICKS<br />
zum Umgang<br />
mit einer<br />
HIV-Infektion<br />
ILLUSTRATIONEN: WWW.THENOUNPROJECT.COM<br />
70% 75%<br />
ALLER<br />
MENSCHEN<br />
MIT HIV LEIDEN<br />
AN SCHLAFSTÖRUNGEN<br />
Besonders kurz nach einem<br />
positiven Testergebnis leiden<br />
viele HIV-Patienten an Schlaflosigkeit.<br />
Sie machen sich Sorgen<br />
oder sind gestresst. Dagegen<br />
hilft, was anderen Schlaflosen<br />
auch hilft: Gesund essen, viel<br />
Bewegung und sich die Infektion<br />
von der Seele reden. Jemand, der<br />
satt, ausgepowert und mit seinen<br />
Sorgen nicht alleine ist, schläft<br />
besser. Lassen sich die Symptome<br />
dadurch nicht beseitigen, hilft<br />
ein Gespräch mit deinem Arzt:<br />
Einige HIV-Medikamente können<br />
Schlafprobleme verursachen.<br />
Vielleicht gibt es Alternativen zu<br />
deiner Therapie, die du besser<br />
verträgst.<br />
Zum Weiterlesen:<br />
Matthew Walker „Das<br />
große Buch vom Schlaf“<br />
ALLER POSITIVEN SIND NICHT<br />
ÜBERALL OFFEN POSITIV<br />
Kein Wunder, sagen in der Studie<br />
„Positive Stimmen 2.0“ doch auch 50<br />
Prozent aller Positiven, dass Vorurteile<br />
gegenüber HIV ihr Leben beeinträchtigen.<br />
Die Diskriminierung durch<br />
nicht HIV-positive Menschen ist ein<br />
echtes Problem und basiert größtenteils<br />
auf Unwissen. Dem kann man<br />
abhelfen, indem man sich selbst gut<br />
informiert und die richtigen Fakten<br />
über HIV parat hat, wenn man sie<br />
braucht. Das können, und sollten, wie<br />
bei jeder Form von Diskriminierung<br />
auch und besonders Negative tun.<br />
Mehr Wissen macht schön!<br />
Zum Weiterlesen:<br />
www.hiv-diskriminierung.de<br />
18<br />
2/20<strong>23</strong>
7%<br />
33%<br />
ALLER HIV-POSITIVEN HABEN ANGST, IHRE<br />
SEXUALPARTNER ANZUSTECKEN<br />
Dafür gibt es überhaupt keinen Grund! 96 Prozent<br />
aller HIV-positiv getesteten Menschen in Deutschland<br />
bekommen eine HIV-Therapie, die bei über<br />
90 Prozent dieser Patienten dazu führt, dass sie unter<br />
der Nachweisgrenze sind. HIV also nicht mehr weitergeben<br />
können. Auch beim Sex nicht. Nicht nachweisbar<br />
= nicht übertragbar. Ist einfach so, auch wenn<br />
das nur knapp ein Viertel aller Deutschen weiß. Wer<br />
andere oder sich selbst zusätzlich schützen will, kann<br />
auf Kondome zurückgreifen. Und für Negative bezahlen<br />
die deutschen Krankenkassen die PrEP jetzt seit<br />
mehreren Jahren. Einem freudvollen und angstfreien<br />
Sexualleben steht also auch für Positive eigentlich<br />
nichts im Wege.<br />
ALLER HIV-POSITIVEN SPRECHEN NIE OFFEN ÜBER<br />
IHRE INFEKTION, 13 PROZENT TUN DAS IMMER<br />
Alle anderen liegen irgendwo dazwischen. Allerdings passen<br />
87 Prozent aller Positiven sehr genau auf, wem sie von ihrer<br />
Infektion erzählen. Und das ist ein echtes Problem. Denn Dinge,<br />
die man versteckt führen zu Stress und einem Gefühl des Ausgegrenztseins. Dagegen<br />
hilft der Kontakt mit anderen HIV-positiven Menschen, mit denen man offen sprechen<br />
kann. Und Zeit. Je länger man positiv ist, desto einfacher wird es, darüber zu sprechen.<br />
Hier ein paar Serientipps<br />
für den selbstverständlichen Umgang mit HIV-Positiven:<br />
„How to get away with murder“,„Looking“, „Pose“<br />
75%<br />
ALLER MENSCHEN, DIE EINE HIV-THERAPIE<br />
BEKOMMEN, HABEN MEHR SPASS AM SEX<br />
Der Grund dafür ist die Erkenntnis, dass sie unter Therapie,<br />
unter der Nachweisgrenze sind, HIV nicht weitergeben<br />
können. Das führt zu einer großen Entspannung in<br />
den Betten und an allen anderen Orten, an denen Menschen<br />
mit HIV Sex haben. Und angstfreier Sex ist besser,<br />
abenteuerlicher und befriedigender. Guter Sex ist wichtig<br />
für das allgemeine Wohlbefinden und das Selbstwertgefühl<br />
aller Beteiligten.<br />
19
GESUNDHEIT<br />
/<br />
hiv<br />
97%<br />
ALLER DEUTSCHEN HIV-POSITIVEN<br />
KENNEN ANDERE POSITIVE<br />
Jedenfalls die, die in „Positive Stimmen 2.0“<br />
befragt worden sind. Das ist eine sehr gute<br />
Nachricht. Denn das Zusammengehörigkeitsgefühl<br />
unter HIV-Positiven ist ein wichtiger<br />
Baustein für die mentale Gesundheit dieser<br />
Gruppe. Es befördert offenen Austausch und<br />
ein Gefühl von Gemeinschaft.<br />
Zum Weiterlesen:<br />
www.hiv-diskriminierung.de/<br />
ueber-das-projekt<br />
3 VON 4<br />
SPORT? JA, BITTE!<br />
HIV-Positive können und sollten<br />
Sport treiben. Sie können jede<br />
Sportart betreiben, aber besonders<br />
geeignet sind Schwimmen,<br />
moderates Laufen oder Yoga. Und<br />
das nicht nur, weil die aerobisch<br />
besonders gut sind und für<br />
mentale Ausgeglichenheit sorgen,<br />
sondern weil sie Muskeln und<br />
Gelenke nicht so belasten. Denn<br />
HIV-Positive werden immer älter<br />
und sollten Sport betreiben, der<br />
sie nicht kaputt macht, sondern<br />
gesünder.<br />
Zum Weiterlesen:<br />
Wanda Badwal: Yoga: Die 108<br />
wichtigsten Übungen und<br />
ihre ganzheitliche Wirkung<br />
HIV-PATIENTEN LEIDEN IRGENDWANN AN EINER<br />
SEELISCHEN STÖRUNG<br />
Das liegt nicht direkt ursächlich in der HIV-Infektion,<br />
sondern steht oft im Zusammenhang mit Diskriminierungserfahrungen,<br />
die die Infizierten machen. Depressionen und<br />
Angstzustände sind ein häufiges Resultat. Redet offen mit<br />
euren Ärzten über eure mentale Gesundheit. Denn ihr seid<br />
mit euren Problemen nicht allein. Inzwischen gibt es bewährte<br />
Therapieformen und Beratung dazu, die euch gezielt bei<br />
genau euren Problemen helfen kann. Eine Verhaltens- oder<br />
Psychotherapie kann hier weiterhelfen, oft nützt aber schon<br />
ein offenes Gespräch wirkt hier oft Wunder.<br />
20<br />
2/20<strong>23</strong>
GESUNDHEIT<br />
/<br />
hiv<br />
Autor: Christian Knuth<br />
HIV-HEILUNG<br />
NEUES AUS DER STAMMZELLENTHERAPIE<br />
Nach den sogenannten „Berliner -“ und dem<br />
„Londoner Patienten“ ist mit dem „Düsseldorfer<br />
Patienten“ ein weiterer Mensch für von HIV<br />
geheilt erklärt worden. Darüber berichten die<br />
Ärzte im Fachblatt „Nature Medicine“.<br />
DER DÜSSELDORFER PATIENT<br />
Modell eines CCR5-Rezeptor (gelb,<br />
basierend auf PDB 4MBS) in Zellmembran (grau, modelliert)<br />
Dem Bericht nach, wurde bei dem seit 2008<br />
HIV-positiv diagnostizierten männlichen<br />
Patienten im Jahr 2011 zusätzlich eine Leukämie<br />
festgestellt. Die oft lebensbedrohliche<br />
Blutkrebserkrankung wird nach erfolglosen<br />
Chemotherapien als medizinisch letzte<br />
Option mit einer Stammzellentherapie behandelt.<br />
Einem sehr riskanten Verfahren,<br />
das mit einer hohen Rate von Komplikationen<br />
und sogar Todesfällen verbunden sein<br />
kann. Das Immunsystem des Patienten wird<br />
mit einer Chemotherapie möglichst vollständig<br />
zerstört, um dann mittels der Verabreichung<br />
von Rückenmarkspenden anderer<br />
Menschen wieder neu aufgebaut zu werden.<br />
Erstmals erfolgreich wurde 2007 beim<br />
„Berlin Patienten“ Timothy Ray Brown,<br />
die Stammzelltransplantation von einem<br />
Spender mit einer seltenen CCR5-Genmutation<br />
(„CCR5-Delta32“) durchgeführt, die ihn<br />
gegen HIV resistent machte. Statistisch gesehen<br />
besitzt einer von 100 Menschen diese<br />
Genvariante. Nach der Transplantation war<br />
Brown frei von HIV und lebte bis zu seinem<br />
Tod im Jahr 2020 ohne Anzeichen von HIV.<br />
Dieses Verfahren wurde laut „Nature<br />
Medicine“ nun auch beim Düsseldorfer<br />
Patienten angewendet. Sechs Jahre nach<br />
der Transplantation wurden die HIV-Medikamente<br />
abgesetzt, nach einigen weiteren<br />
Jahren und regelmäßigen Untersuchungen<br />
erklärten die Forscher*innen in Düsseldorf<br />
den Mann im Winter 20<strong>23</strong> für geheilt.<br />
SCHLUSSFOLGERUNGEN<br />
Von insgesamt rund 50 dokumentierten Versuchen<br />
mit dieser Therapie sind nur drei als<br />
erfolgreich publiziert worden. Bei den meisten<br />
Patient*innen kehrten entweder Krebs<br />
oder HIV oder beides zurück. Dennoch<br />
erhofft sich das Düsseldorfer Team aus der<br />
Studie zu ihrem Patienten Rückschlüsse auf<br />
Möglichkeiten, in Zukunft auch Menschen<br />
ohne Krebs mit veränderten Stammzellen<br />
gegen HIV behandeln zu können.<br />
ILLUSTRATION: THOMAS SPLETTSTOESSER (WWW.SCISTYLE.COM), BY-SA 3.0, WIKIMEDIA.ORG/W/INDEX.PHP?CURID=29444178<br />
22<br />
2/20<strong>23</strong>
Bastian tobt sich gerne modisch aus und<br />
hat mit George seine Muse gefunden.<br />
DU BIST<br />
EINMALIG<br />
UND VERDIENST EINE MASS-<br />
GESCHNEIDERTE HIV-THERAPIE<br />
NP-DE-HVU-ADVT-220007<br />
Ob Pille, Spritze oder<br />
Infusion – sprich mit<br />
deinem/r Ärzt*in über<br />
eine Therapie, die zu<br />
dir passt.<br />
Mehr zum Leben mit HIV unter livlife.de
GESUNDHEIT / psyche<br />
FOTO: SHVETS PRODUCTION / PEXELS.COM<br />
24<br />
2/20<strong>23</strong>
PANIKATTACKE:<br />
SYMPTOME UND<br />
BEHANDLUNGS-<br />
MÖGLICHKEITEN<br />
Eine Panikattacke ist eine plötzliche Welle von überwältigender<br />
Angst und Furcht, die eine Reihe von schweren<br />
psychosomatischen Reaktionen auslöst.<br />
Aus klinischer Sicht bezeichnen Panikattacken in der<br />
Regel ein Erlebnis intensiver Angst oder Unbehagen,<br />
bei dem vier oder mehr der folgenden Symptome auftreten:<br />
Herzklopfen oder erhöhte Herzfrequenz<br />
Schwitzen, Zittern/Schütteln, Schüttelfrost oder<br />
Hitzewallungen<br />
Das Gefühl, erstickt zu werden oder Atemnot zu<br />
haben<br />
Ersticken<br />
Schmerzen/Unbehagen in der Brust<br />
Übelkeit oder Unterleibsschmerzen und/oder<br />
Unwohlsein<br />
Schwindelgefühl, Benommenheit oder Ohnmacht<br />
Das Gefühl, dass die Dinge um dich herum<br />
unwirklich sind oder du dich von dir selbst<br />
losgelöst fühlst<br />
Das Gefühl, dass du die Kontrolle verlierst oder<br />
verrückt wirst<br />
Angst vor dem Sterben<br />
Taubheit oder Kribbeln in den Extremitäten<br />
Obwohl die S3-Leitlinien besagen, dass vier oder mehr<br />
der oben genannten Symptome auftreten müssen,<br />
kann eine Person manchmal eine Panikattacke haben,<br />
die von drei oder weniger der oben genannten Symp-<br />
25
GESUNDHEIT<br />
/<br />
psyche<br />
tome begleitet wird. Dies wird manchmal<br />
auch als Panikattacke mit begrenzten<br />
Symptomen bezeichnet.<br />
Panikattacken sind eigentlich ziemlich<br />
häufig. Tatsächlich erleben bis zu 12 Prozent<br />
der Menschen irgendwann in ihrem<br />
Leben eine Panikattacke.<br />
Von Panikattacken sind in der Regel mehr<br />
Frauen als Männer betroffen und sie beginnen<br />
oft im späten Teenageralter oder im<br />
frühen Erwachsenenalter.<br />
PANIKATTACKEN MIT UND OHNE<br />
KONKRETE AUSLÖSER<br />
Manche Panikattacken treten bei bekannten<br />
Auslösern auf; andere Panikattacken<br />
scheinbar wie aus dem Nichts. Auslöser<br />
einer Panikattacke können beispielsweise<br />
ein sehr beängstigendes Erlebnis oder<br />
Gedanke sein. Jemand, der zum Beispiel<br />
Angst vor öffentlichen Reden hat, kann<br />
eine Panikattacke bekommen, wenn er vor<br />
einem Publikum steht.<br />
Eine Panikattacke ohne konkreten Auslöser<br />
(man spricht hier auch von einer spontanen<br />
oder unerwarteten Panikattacke)<br />
tritt „aus heiterem Himmel“ auf und ist das<br />
Hauptmerkmal von Panikstörungen.<br />
RISIKOFAKTOREN<br />
Hier sind einige Faktoren, die das Risiko,<br />
eine Panikattacke zu bekommen, erhöhen<br />
können:<br />
Panikattacken oder eine Panikstörung<br />
in der Familie<br />
Großer Lebensstress, z. B. der Tod<br />
oder eine schwere Krankheit eines<br />
geliebten Menschen<br />
Ein traumatisches Ereignis, wie ein<br />
sexueller Übergriff, körperlicher oder<br />
sexueller Missbrauch in der Kindheit<br />
oder ein schwerer Unfall<br />
Große Veränderungen in deinem<br />
Leben, wie z. B. eine Scheidung, die<br />
Geburt eines Kindes<br />
Rauchen oder übermäßiger Koffeinkonsum<br />
BEHANDLUNG<br />
Die wichtigsten Behandlungsmöglichkeiten<br />
sind – schulmedizinisch – Psychotherapie<br />
und Medikamente. Es gibt aber<br />
noch viele weitere effektive Techniken zur<br />
Selbsthilfe, die u.a. in dem Blog „Mein Weg<br />
aus der Angst“ (www.meinwegausderangst.de)<br />
vorgestellt werden.<br />
Welchen Weg du wählst, hängt zum Teil<br />
von deinen Vorlieben, deiner Vorgeschichte,<br />
dem Schweregrad deiner Panikattacken<br />
und davon ab, ob du Zugang zu Therapeuten<br />
hast, die in der Behandlung von Panikattacken<br />
geschult sind.<br />
Psychotherapie wird auch als Gesprächstherapie<br />
bezeichnet und ist oft die erste<br />
Wahl bei der Behandlung von Panikattacken.<br />
Sie kann dir helfen, mehr über<br />
Panikattacken zu erfahren und zu lernen,<br />
wie du mit ihnen umgehen kannst.<br />
Kognitive Verhaltenstherapie<br />
Eine Form der Psychotherapie, die kognitive<br />
Verhaltenstherapie, kann dir helfen<br />
zu lernen, dass Paniksymptome nicht gefährlich<br />
sind. Auch Medikamente können<br />
helfen, die mit Panikattacken verbundenen<br />
Symptome zu reduzieren. Mehrere Arten<br />
von Medikamenten haben sich bei der<br />
Behandlung der Symptome als wirksam<br />
erwiesen, darunter selektive Serotonin-<br />
Wiederaufnahmehemmer (SSRI), Serotonin-<br />
und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer<br />
(SNRI). Es kann mehrere Wochen<br />
dauern, bis sich deine Symptome nach<br />
der ersten Einnahme eines Medikaments<br />
verbessern.<br />
Doch Vorsicht: Benzodiazepine machen<br />
bei regelmäßiger Einnahme innerhalb von<br />
wenigen Wochen abhängig. Und auch Antidepressiva<br />
sind leider in der Praxis nicht<br />
einfach abzusetzen. Hier ist viel Geduld<br />
und Zeit erforderlich.<br />
26<br />
2/20<strong>23</strong>
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SEXUALITÄT<br />
FOTO: FXQUADRO/FREEPIK.COM
SEXUALITÄT<br />
/<br />
drogen<br />
Autor: Christian Knuth<br />
POPPERS<br />
Die unsichtbare Gefahr für die Augen?<br />
Poppers ist eine Droge, die oft von Männern beim Sex, aber auch im Rahmen von Technopartys<br />
auf der Tanzfläche benutzt wird. Wirkstoffe sind dabei Amylnitrit, Isopropylnitrit,<br />
Cyclohexylnitrit (und früher Isobutylnitrit) oder Mischungen daraus. Sie werden als flüchtige<br />
Flüssigkeit in kleinen Fläschchen verkauft. Obwohl Poppers oft als harmlos angesehen<br />
wird, kann der Gebrauch der ätzenden Flüssigkeit tatsächlich schwerwiegende Auswirkungen<br />
auf die Gesundheit haben.<br />
WIE WIRKT POPPERS?<br />
Poppers wirkt als Vasodilatator und erweitert<br />
die Blutgefäße. Dadurch kann es zu<br />
einer schnellen Senkung des Blutdrucks<br />
führen und den Herzschlag erhöhen. Auch<br />
eine Erweiterung der Pupillen ist möglich,<br />
was zu einer erhöhten Lichtempfindlichkeit<br />
und verschwommenem Sehen führen<br />
kann. Poppers kann eine erhöhte Empfindlichkeit<br />
und ein gesteigertes sexuelles<br />
Verlangen hervorrufen, was die Nutzung<br />
zur sexuellen Stimulans erklärt.<br />
AUGENSCHÄDEN DURCH POPPERS<br />
Poppers mit Isobutylnitrit kann schwerwiegende<br />
Auswirkungen auf die Augen haben,<br />
eine bleibende Schädigung der Netzhaut ist<br />
bei diesem Wirkstoff nicht ausgeschlossen.<br />
Die genaue Ursache von Poppers-bedingten<br />
Augenschäden ist noch nicht vollständig<br />
verstanden, bzw. die Studienlage unzureichend.<br />
Es wird jedoch angenommen,<br />
30<br />
2/20<strong>23</strong>
dass auch die neuen Wirkstoffe in Poppers<br />
oxidativen Stress und Entzündungen in der<br />
Netzhaut verursachen können. Symptome<br />
von Poppers-bedingten Augenschäden können<br />
verschwommenes Sehen, Blendung,<br />
Farbveränderungen und dunkle Flecken im<br />
zentralen Sichtfeld umfassen. In einigen<br />
Fällen soll es sogar zu einem plötzlichen<br />
Verlust des Sehvermögens gekommen sein.<br />
ICON: ZACH BOGART / NOUN PROJECT, FOTO: RAWPIXEL.COM / FREEPIK.COM<br />
WAS KANNST DU TUN, UM DEINE<br />
AUGEN ZU SCHÜTZEN?<br />
Wenn du Poppers verwendest, solltest<br />
du deine Augen regelmäßig untersuchen<br />
lassen, um mögliche Schäden frühzeitig<br />
zu erkennen. Wenn du Symptome wie<br />
verschwommenes Sehen, Blendung oder<br />
dunkle Flecken im Sichtfeld bemerkst,<br />
solltest du einen Augenarzt aufsuchen. Es<br />
gibt auch Maßnahmen, die du während<br />
des Gebrauchs ergreifen kannst, um deine<br />
Augen zu schützen. Eine – zugegeben nicht<br />
ganz alltagssextaugliche – Möglichkeit besteht<br />
darin, eine Schutzbrille zu tragen, um<br />
deine Augen vor Blendung und Lichtempfindlichkeit<br />
zu schützen. Selbstverständlich<br />
solltest du Poppers nicht direkt in die<br />
Augen sprühen oder tropfen, da dies fast<br />
sicher zu einer sofortigen Schädigung der<br />
Netzhaut führen kann.<br />
WARNUNG<br />
Der Mischkonsum von Poppers und anderen blutdruckbeeinflussenden Substanzen<br />
wie Potenzmitteln (Viagra, Cialis, usw.), Alkohol und (Meth-)-Amphetamin kann<br />
lebensgefährlich sein! Bei Kontakt mit der Haut verunreinigte Stelle gründlich<br />
waschen, bei Verschlucken umgehend den Notarzt alarmieren.<br />
31
SEXUALITÄT<br />
/<br />
sexueller konsens<br />
FOTO: NICKS / WWW.ISTOCKPHOTO.COM<br />
32<br />
2/20<strong>23</strong>
Autor: Jann Schweitzer<br />
WAS HEISST<br />
JA?<br />
Im Grunde scheint es ganz einfach: Nein heißt Nein. Sexueller<br />
Konsens geht mit aktiver Zustimmung einher, sexuellen Handlungen<br />
zu einem bestimmten Zeitpunkt gemeinsam nachzugehen.<br />
Beim Konsens geht es darum, sich im Vorfeld darüber zu<br />
verständigen, was Lust macht und nicht davon auszugehen, dass<br />
schon alles so passt, was beim Sex passiert.<br />
33
SEXUALITÄT<br />
/<br />
sexueller konsens<br />
Bei dieser Aushandlung geht es auch<br />
darum, seine persönlichen Grenzen<br />
artikulieren zu können und die Grenzen<br />
meiner Partner zu respektieren. In aktuellen<br />
feministischen Debatten wird dieses<br />
Aushandlungs- und Zustimmungskonzept<br />
als Teil der Prävention sexueller Gewalt<br />
diskutiert. Da wir als sexuelle Subjekte<br />
aber nicht immer wissen, was wir wollen,<br />
unsere Grenzen nicht immer klar sind und<br />
unsere Vorlieben darüber hinaus auch<br />
Veränderungen unterliegen, zeigt sich,<br />
dass ein “Ja heißt Ja”-Prinzip auch an seine<br />
Grenzen kommt, wenn es um die Prävention<br />
sexueller Gewalt geht.<br />
DAS SCHWEIGEN BRECHEN<br />
Dass es mit Zustimmung und Konsens<br />
doch nicht so einfach ist, zeigt sich in den<br />
letzten Jahren am Beispiel der #MeToo-<br />
Bewegung und der Aufdeckung sexueller<br />
Übergriffe in der Filmbranche. Diese<br />
Bewegung machte es 2017 möglich, um<br />
über Sexismus und sexuelle Gewalt als tiefsitzendes<br />
gesellschaftliches Problem patriarchaler<br />
Herrschaft zu diskutieren und<br />
dabei auch Fragen zu sexuellem Konsens<br />
zu verhandeln. Im Jahr 2022 fällt allerdings<br />
auf, dass diese Fragen bei schwulen und<br />
bisexuellen Männern kaum medial oder<br />
wissenschaftlich diskutiert wurden und<br />
das, obwohl gerade in diesem gesellschaftlichen<br />
Klima, die Chancen gutstehen, das<br />
bisherige Schweigen gegenüber nicht-heterosexuellen<br />
Opfern sexueller Gewalt zu<br />
brechen und ernst zu nehmen.<br />
Die Frage nach dem fehlenden Diskurs zu<br />
sexueller Gewalt bei schwulen und bisexuellen<br />
Männern lässt sich allerdings nicht<br />
so einfach beantworten: Es ist einerseits<br />
gut möglich, dass schwule und bisexuelle<br />
Männer von weitaus weniger sexuellen<br />
Übergriffen betroffen sind als Frauen. Eine<br />
Studie aus Großbritannien verrät aber, dass<br />
62 Prozent der befragten schwulen Männer<br />
bereits gegen ihren Willen auf Partys berührt<br />
wurden. Andererseits zeigen uns<br />
Studien seit den 1970ern oder Filme, dass<br />
Männer für schwulen Sex wie an öffentliche<br />
Klappen schon vor Jahrzenten auf non-verbale<br />
Codes angewiesen waren, um sich<br />
vor heterosexuell-männlicher Gewalt zu<br />
„Da wir als sexuelle Subjekte aber nicht<br />
immer wissen, was wir wollen, unsere<br />
Grenzen nicht immer klar sind und<br />
unsere Vorlieben darüber hinaus auch<br />
Veränderungen unterliegen, zeigt sich,<br />
dass ein „Ja heißt Ja”- Prinzip auch an<br />
seine Grenzen kommt...“<br />
34<br />
2/20<strong>23</strong>
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SEXUALITÄT<br />
/<br />
sexueller konsens<br />
FOTO: FREEPIK.COM<br />
schützen und sich mit dem Gegenüber zu<br />
versichern, das Gleiche zu wollen. Konsens<br />
könnte also schon biographisch ein größerer<br />
Teil sexueller Sozialisation schwuler und<br />
bisexueller Männer gegenüber heterosexuellen<br />
Männern und Frauen darstellen.<br />
DIE SACHE MIT DEM KONSENS<br />
Das Ausbleiben einer breiten Debatte<br />
zeigt, dass es sich um ein kompliziertes<br />
Spannungsfeld handelt und dass Konsens<br />
in unterschiedlichen Kontexten schwuler<br />
Subkultur unterschiedlich funktioniert und<br />
ausgehandelt wird. Die Sache wird noch<br />
komplizierter, wenn es um Substanzkonsum<br />
im Rahmen von Sexualkontakten geht<br />
und in welchem Rauschzustand schwule<br />
und bisexuelle Männer noch in der Lage<br />
sind, ihre Wünsche zu artikulieren.<br />
Wie also wird mit diesem komplexen<br />
Zusammenspiel in den Communitys<br />
umgegangen?<br />
Obwohl seit Jahren ein Aussterben schwuler<br />
Sex Orte in ganz Deutschland beobachtet<br />
werden kann, sind es vor allem schwule<br />
Saunen, die sich vergleichsweise gut am<br />
Leben halten. Dabei ist es erstaunlich zu<br />
beobachten, auf welche Arten und Weisen<br />
dort versucht wird, Nähe und Kontakt<br />
herzustellen. Konsens und Interesse wird<br />
dabei in den meisten Fällen non-verbal<br />
signalisiert und ausgehandelt. Etwa durch<br />
die Erwiderung einer Berührung beim Vorbeigehen<br />
in der Dampfsauna, einer kurzen<br />
36<br />
2/20<strong>23</strong>
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SEXUALITÄT<br />
/<br />
sexueller konsens<br />
FOTO: ARTHUR HIDDEN / FREEPIK.COM<br />
„Wenn du im<br />
Sling liegst,<br />
ist das eine<br />
ausdrückliche<br />
Erlaubnis, dass<br />
alles mit dir<br />
gemacht<br />
werden darf?“<br />
Berührung am Fuß im Whirlpool oder<br />
eines interessierten Blicks beim Schwitzen<br />
in der Sauna. Ein Kopfschütteln oder ein<br />
Nicken reicht dabei oftmals aus, um zu<br />
wissen, wie die nächsten Minuten für die<br />
involvierten Saunagäste verlaufen werden.<br />
UNGEWOLLTE BERÜHRUNGEN<br />
Nicht so eindeutig ist es hingegen in Bars.<br />
Hier lässt sich durchaus kontrovers diskutieren,<br />
ob es sich, im Gegenteil zu Darkrooms<br />
oder Saunen, um Orte sexueller<br />
Freizügigkeit handelt. Obwohl es in Bars<br />
oftmals keinen Rückzugsort für Sexualkontakte<br />
gibt, sind sie für viele schwule und<br />
bisexuelle Besucher sexuell aufgeladene<br />
Orte und so können ungewollte Berührungen<br />
schnell zu einer Grenzüberschreitung<br />
werden. Diese Uneindeutigkeit des Raums<br />
eröffnet allerdings auch die Möglichkeit,<br />
mit dem eigenen Unbehagen umzugehen<br />
und zu lernen, wo die eigenen Grenzen<br />
liegen, wie sie sich verändern und wie sie<br />
verteidigt werden können.<br />
Im Darkroom wird es mit dem Konsens<br />
nochmal schwieriger. Ist das Betreten allein<br />
schon Zustimmung für jeden sexuellen Kontakt?<br />
Können sich zwei oder mehrere Männer,<br />
die sich kaum sehen können, überhaupt<br />
einigen? Wenn du im Sling liegst, ist das eine<br />
eindrückliche Erlaubnis, dass alles mit dir<br />
gemacht werden darf? Auf diese Fragen gibt<br />
es kein eindeutiges Ja oder Nein. Gestellt<br />
und diskutiert werden müssen Sie dennoch.<br />
Auch vor dem Hintergrund von Substanzkonsum,<br />
der sich unter schwulen Männern<br />
nach wie vor großer Beliebtheit erfreut.<br />
ZUSTIMMUNG, DIE VERSCHWIMMT<br />
In einer bisher einzigartigen Studie aus<br />
Großbritannien von Adam Bourne aus<br />
dem Jahr 2015 wurden schwule und bisexuelle<br />
Männer unter anderem zu ihrem<br />
38<br />
2/20<strong>23</strong>
NP-DE-HVU-ADVT-220002 04.2022<br />
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39
SEXUALITÄT<br />
/<br />
sexueller konsens<br />
Substanzkonsum und sexuellem Konsens<br />
befragt. In dieser Studie gaben drei von 30<br />
befragten Männer an, dass sie Opfer von<br />
nicht-konsensuellem Sex geworden sind.<br />
So berichten sie unter anderem darüber,<br />
das Bewusstsein durch eine Überdosierung<br />
von GHB verloren zu haben, um danach<br />
festzustellen, dass sie anal penetriert<br />
worden sind. Die Penetration, die unter<br />
diesen Umständen stattgefunden hat, war<br />
nicht konsensuell, dennoch zögerten die<br />
befragten Männer, dies als sexuellen Übergriff<br />
oder Vergewaltigung zu bezeichnen,<br />
obwohl sie die Erfahrung als beunruhigend<br />
empfanden. Darüber hinaus erwähnten<br />
andere Männer im Rahmen der Studie,<br />
dass sie die Frage nach sexuellem Konsens<br />
in vielen Situationen nicht eindeutig<br />
beantwortet konnten. Viele Teilnehmer<br />
waren der Meinung, dass die Bereitschaft<br />
zur Zustimmung zum Sex auf mehrtägigen<br />
Sex Partys verschwimmen kann.<br />
Beim Betreten sexueller schwuler Räume,<br />
seien es Darkrooms, Saunen oder (Cruising-)Bars,<br />
akzeptieren wir, dass sexuelles<br />
Verhalten eine sehr willkommene Option<br />
ist und jeder die Freiheit hat, daran teilzunehmen.<br />
Je nach Setting muss eine<br />
ungewollte Berührung nicht immer einen<br />
sexuellen Übergriff darstellen. Nein zu<br />
sagen oder es anders zu kommunizieren,<br />
muss aber immer eine Möglichkeit sein.<br />
Darüber hinaus muss es schwulen und<br />
bisexuellen Männern aber auch gelingen,<br />
sensibel dafür zu sein, dass mein Gegenüber<br />
auch mal nicht in der Lage ist, Nein<br />
zu sagen. Zum Beispiel dann, wenn Substanzen<br />
konsumiert wurden.<br />
und Awareness-Konzepte in heterosexuellen<br />
und queer-feministischen Kontexten<br />
existieren. Dass sich aber das Prinzip von<br />
Konsens und Zustimmung als Teil eines<br />
Awareness-Konzeptes zur Prävention<br />
sexueller Gewalt nicht als hinreichend erweist,<br />
zeigen die hier beschriebenen unterschiedlichen<br />
Settings und Orte schwuler<br />
Subkultur in der sich die schwulen und<br />
bisexuellen Männer nicht ausschließlich<br />
als autonome und rational handelnde<br />
Subjekte bewegen, die zu jeder Zeit wissen<br />
sollen, was sie wollen und das auch noch<br />
kommunizieren können sollen. Rona<br />
Torenz plädiert in ihrem Buch „Ja heißt Ja?<br />
Feministische Debatten um einvernehmlichen<br />
Sex“ hingegen für eine fehlerfreundlichere<br />
Sexualkultur und einen<br />
realistischen Umgang mit Ambivalenzen<br />
und Grenzüberschreitungen die sie als Teil<br />
der Sexualität und als „Multidimensionalität<br />
des Wollens“ beschreibt. Zur Prävention<br />
sexueller Gewalt und Übergriffe fordert sie<br />
deshalb weniger Konsensmoral, dafür aber<br />
die konsequente Sichtbarmachung und<br />
Bekämpfung von Machtungleichheiten mit<br />
dem Ziel der Befähigung zur Reflexion der<br />
Subjekte. Eine Forderung, die sich vor dem<br />
Hintergrund diverser Sex Orte schwuler<br />
Subkultur, als besonders vielversprechend<br />
für einen Diskurs um sexuelle Gewalt bei<br />
schwulen und bisexuellen Männern erweisen<br />
könnte.<br />
Dieser Beitrag ist Teil des sexpositiven<br />
Blogprojektes „Mein schwuler Sex“ der<br />
Deutschen Aidshilfe. Mehr davon auf:<br />
www.maenner.media/sex<br />
DER NOTWENDIGE DISKURS<br />
Der Diskurs um sexuelle Gewalt und die<br />
Prävention sexueller Übergriffe in schwulen<br />
Räumen steht bis heute aus und das<br />
obwohl bereits zahlreiche Publikationen<br />
40<br />
2/20<strong>23</strong>
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SEXUALITÄT<br />
/<br />
testosteron<br />
Autor: Martin Lewicki<br />
Ist ein hoher<br />
TESTOSTERON-<br />
SPIEGEL<br />
Schuld am Fremdgehen?<br />
Eine große britische Studie liefert neue Erkenntnisse über<br />
das Sexualverhalten von Männern. Im Mittelpunkt steht<br />
der Einfluss von Testosteron. So tendieren Männer mit<br />
hohem Testosteron-Level offenbar eher zum Fremdgehen.<br />
FOTO: EMILIANO VITTORIOSI / UNSPLASH.COM<br />
Testosteron ist nicht nur als das männliche<br />
Sexualhormon bekannt, sondern auch recht<br />
unrühmlich als Anabolikum. Etliche Sportler<br />
haben mit dem Hormon gedopt, um ihre<br />
körperliche Leistung zu steigern. Insofern<br />
ist Testosteron ein viel diskutiertes Hormon,<br />
das jedoch zu jedem Menschen dazugehört.<br />
Nun hat eine britische Studie neue Erkenntnisse<br />
darüber gewonnen, wie der Testosteron-Level<br />
die Sexualität sowohl bei Männern<br />
als auch bei Frauen beeinflusst.<br />
Das männliche Sexualhormon wird hauptsächlich<br />
in den Hoden und teilweise in<br />
den Nebennieren produziert. Es leitet bei<br />
Jungs die Pubertät ein, sorgt für eine tiefere<br />
42<br />
2/20<strong>23</strong>
„So haben Männer in Beziehungen<br />
tendenziell einen niedrigeren<br />
Testosteron-Level als Single-Männer.“<br />
Stimme und die Körperbehaarung. Neben<br />
dem Sexualtrieb steuert es das Knochenund<br />
Muskelwachstum sowie die Fettverteilung<br />
im Körper. Mit etwa 20 Jahren ist der<br />
Testosteronspiegel des Mannes am höchsten<br />
und sink im Regelfall langsam im Laufe des<br />
Lebens ab.<br />
Auch Frauen produzieren Testosteron, allerdings<br />
in wesentlich geringeren Mengen. Das<br />
geschieht in den Eierstöcken und ebenfalls<br />
in den Nebennieren. Die Gesamtmenge des<br />
Testosterons beträgt etwa ein Sechstel dessen,<br />
was ein Mann im Durchschnitt aufweist.<br />
Bei Frauen beeinflusst es die Fruchtbarkeit<br />
sowie das Knochen- und Muskelwachstum.<br />
STUDIE UNTERSUCHT EINFLUSS<br />
VON TESTOSTERON AUF<br />
SEXUALVERHALTEN<br />
In einer britischen Studie aus dem Jahr 2021<br />
zum Sexualverhalten von Männern und<br />
Frauen, die im „The Journal of Sex Research“<br />
erschien, haben 3722 Menschen teilgenommen.<br />
Davon waren 1599 Männer und 21<strong>23</strong><br />
Frauen im Alter zwischen 18 und 74 Jahren.<br />
Ihr Testosteron-Level wurde erstmals mittels<br />
eines neuartigen Verfahrens aus Speichelproben<br />
bestimmt. Anschließend mussten<br />
die Probanden Fragen zu ihrem Sexualverhalten<br />
beantworten, beispielsweise wie viele<br />
Partner sie in den letzten Jahren hatten, ob<br />
sie erst kürzlich Sex hatten und wie oft sie<br />
masturbieren. Die Antworten wurden in Verbindung<br />
mit dem ermittelten Hormonspiegel<br />
der jeweiligen Probanden gesetzt.<br />
Die erste große Erkenntnis der Studie: Männer,<br />
die einen höheren Testosteron-Level<br />
aufwiesen, hatten in den letzten fünf Jahren<br />
mit größerer Wahrscheinlichkeit mehr als<br />
nur einen Sexualpartner zur gleichen Zeit.<br />
Ein Hinweis darauf, dass ein hoher Testosteronspiegel<br />
Männer eher dazu verleiten<br />
könnte, fremdzugehen. Zudem hatten diese<br />
Probanden kurz vor der Befragung den<br />
letzten Sexualverkehr gehabt, was ihnen<br />
grundsätzlich eine höhere sexuelle Aktivität<br />
bescheinigt.<br />
Zusätzlich verweisen die Autoren auch auf<br />
andere Studien, die zeigen, dass Männer<br />
in verschiedenen Lebensumständen einen<br />
unterschiedlich hohen Testosteronspiegel<br />
aufweisen. So haben Männer in Beziehungen<br />
tendenziell einen niedrigeren Testosteron-<br />
Level als Single-Männer. Auch Väter weisen<br />
weniger Testosteron auf als kinderlose Männer.<br />
Als Grund dafür wird die Challenge-Theorie<br />
angeführt, die besagt, dass Single-Männer<br />
durch den höheren Testosteronspiegel<br />
motivierter sind, Sexualpartner zu suchen<br />
und häufiger Sexualpartner wechseln.<br />
Bei Frauen führte ein hoher Testosteronspiegel<br />
zu einer anderen Erkenntnis: Sie<br />
masturbierten häufiger. Zudem hatten jene<br />
Frauen mit einer größeren Wahrscheinlichkeit<br />
schon mal die Erfahrung einer<br />
gleichgeschlechtlichen Beziehung gehabt.<br />
Die starke Verknüpfung zwischen einem höheren<br />
Testosteron-Level und der weiblichen<br />
Sexualität überraschte die Studienautoren.<br />
Denn bislang assoziierte man Testosteron<br />
mit dem sexuellen Verlangen von Männern.<br />
Nun müsse man weiterforschen, um den<br />
Zusammenhang zwischen Testosteron und<br />
dem sexuellen Verlangen von Frauen besser<br />
zu verstehen.<br />
43
SEXUALITÄT<br />
/<br />
advertorial<br />
ANAL-FISTING<br />
WIE DU’S RICHTIG<br />
(GEIL) MACHST<br />
FISTING – Der Faustfick. Immer noch ein großes Tabuthema - obwohl es<br />
Bestandteil so mancher Sexfantasie ist. Wenn du dich mal ausprobieren<br />
möchtest, sind hier unsere Tipps für sicheres und geiles Fisting:<br />
1.<br />
ACHTE AUF DEINE HÄNDE!<br />
Um den Fistee nicht zu verletzen,<br />
solltest du als Fister deine Fingernägel kurz<br />
schneiden und glatt feilen, als auch jeglichen<br />
Schmuck ablegen. Trage als aktiver<br />
Part immer Latexhandschuhe: Da es leicht<br />
zu Verletzungen im Analkanal oder Darm<br />
kommen kann, steigt das Infektionsrisiko<br />
für beide. Trage also auch an deinen Händen<br />
entsprechenden Schutz. Verwende für<br />
jeden neuen Partner immer einen neuen<br />
Handschuh.<br />
LANGSAM VORTASTEN<br />
Auch wenn Fisting die anale Penetration<br />
mit der Faust bezeichnet, solltet<br />
ihr es am Anfang ruhig angehen. Dringe<br />
als aktiver Part zunächst mit einem oder<br />
zwei Fingern in den Anus ein – natürlich<br />
mit ausreichend Gleitgel! Wenn das angenehm<br />
ist, könnt ihr weitere Finger hinzunehmen,<br />
dann irgendwann die gestreckte<br />
Hand und schließlich die Faust einführen.<br />
Wichtig ist eine offene und ehrlich<br />
Kommunikation – vor und während des<br />
Fistings. Und behaltet immer einen klaren<br />
Kopf: Manche Fistees verwenden Poppers<br />
oder Narkosemittel, um das Schmerzempfinden<br />
herabzusetzen. Jedoch kann der<br />
Aktive dadurch die Kontrolle verlieren und<br />
den Passiven verletzen. Dafür bemerkt der<br />
Passive eventuell nicht einmal, wenn er<br />
verletzt wird.<br />
NACHSPIEL<br />
Wenn ihr nach dem Fisting noch<br />
Sex haben wollt, empfiehlt sich eine kurze<br />
Pause einzulegen. Die anale Muskulatur<br />
benötigt etwas Zeit, um sich wieder zu ent-<br />
44<br />
2/20<strong>23</strong>
spannen und zusammenzuziehen –<br />
ansonsten spürt ihr beim Penetrieren<br />
kaum Reibung. Außerdem solltet ihr auf<br />
jeden Fall ein Kondom verwenden, denn<br />
beim Fisting kann es schnell zu Verletzungen<br />
kommen.<br />
UND DAS WICHTIGSTE ZUM SCHLUSS:<br />
VERWENDE (DAS RICHTIGE)<br />
GLEITMITTEL<br />
Das ist ein wirklich wichtiger<br />
Punkt und kann nicht oft genug betont<br />
werden: Für jeglichen Analsex brauchst du<br />
einfach ein gutes Gleitmittel, um Schmerzen<br />
und Verletzungen zu vermeiden. Achte<br />
auf Qualität und investiere in ein medizinisches<br />
Gleitgel. Vermeintliche Ersatzprodukte,<br />
wie Pflanzenfett, sind nicht<br />
geeignet, um in den Körper eingeführt zu<br />
werden, sind nicht Kondom kompatibel<br />
und somit nicht sicher.<br />
Mehr Inspiration für dein Liebesleben<br />
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www.pjurlove.com/blog<br />
45
SEXUALITÄT<br />
/<br />
erektile dysfunktion<br />
Autorin: Dr. Ramona Pauli<br />
EREKTILE<br />
DYSFUNK-<br />
TION<br />
Die Häufigkeit einer erektilen Dysfunktion<br />
nimmt mit dem Alter zu. Doch auch Alkohol<br />
und Drogen können die Erektionsfähigkeit<br />
beeinträchtigen. Zur Behandlung stehen<br />
verschiedene Medikamente mit unterschiedlicher<br />
Wirkweise und Nebenwirkungsprofil<br />
zur Verfügung.<br />
46<br />
2/20<strong>23</strong>
FOTO: MAGICMINE/ ISTOCKPHOTO.COM<br />
47
SEXUALITÄT<br />
/<br />
erektile dysfunktion<br />
FOTO: RPSYCHO / ISTOCKPHOTO.COM<br />
Als das „blaue Wunder für den Mann“<br />
wurde 1998 die Zulassung von Viagra® (Sildenafil)<br />
gefeiert. 2003 wurden die Nachfolger<br />
Levitra (Vardenafil), Cialis (Tadalafil)<br />
und Spedra (Avanafil) auf den Markt<br />
gebracht. Seit 2013 gibt es PDE 5-Hemmer<br />
generisch, was diese Medikamente für<br />
jedermann erschwinglich macht. Weniger<br />
verbreitet ist die SKAT (Schwellkörperautoinjektion),<br />
was teils an der invasiven<br />
Applikationsweise, teils an den höheren<br />
Kosten liegt. Es gibt allerdings auch günstigere<br />
individuelle SKAT-Mischungen, die<br />
in bestimmten Bereichen der MSM-Kultur<br />
beliebt sind.<br />
DEFINITION<br />
Eine chronische Erektionsschwäche<br />
(erektile Dysfunktion, ED) ist definiert als<br />
fortwährende Unfähigkeit, eine penile<br />
Erektion, die für einen befriedigenden Geschlechtsverkehr<br />
ausreicht, zu erreichen<br />
oder aufrechtzuerhalten.<br />
RISIKOFAKTOREN<br />
Grundsätzlich können alle Erkrankungen<br />
und Faktoren, die zu Gefäß- und Nervenschäden<br />
führen, das Entstehen einer<br />
erektilen Dysfunktion begünstigen, insbesondere<br />
Diabetes mellitus, Hypertonie<br />
und Rauchen. Seltener sind hormonelle<br />
Störungen, neurologische Erkrankungen<br />
und psychiatrische Erkrankungen. Von<br />
diesen organischen Ursachen der ED sind<br />
psychogene Störungen abzugrenzen. Überforderung<br />
oder geringes Selbstwertgefühl<br />
führen zur Überaktivität des Sympathikus,<br />
was die Erektion beeinträchtigen kann. Die<br />
psychische Konzentration auf die Erektion<br />
kann somit auch ursächlich an der Entstehung<br />
der Dysfunktion beteiligt sein, wobei<br />
meist jüngere Männer betroffen sind.<br />
48<br />
2/20<strong>23</strong>
Uwe Michael Bänsch<br />
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49
SEXUALITÄT<br />
/<br />
erektile dysfunktion<br />
DIAGNOSTIK<br />
Die Diagnostik der erektilen Dysfunktion<br />
liegt heute primär in der Hand der Urologen.<br />
Der Neurologe wird bei Bedarf konsiliarisch<br />
hinzugezogen. Die neurologische<br />
Diagnostik soll neurogene und/oder psychogene<br />
Ursachen der erektilen Dysfunktion<br />
identifizieren bzw. ausschließen. Bei<br />
der Frage nach einer neurogenen Ursache<br />
sind Anamnese und klinischer Befund<br />
in den meisten Fällen ausreichend. Das<br />
EMG des M. sphincter ani externus kann<br />
als Screening-Methode bei der Frage nach<br />
einer neurogenen erektilen Dysfunktion<br />
angesehen werden. Die Neurographie<br />
sowie die SSEP des N. pudendus und die<br />
penile sympathische Hautantwort werden<br />
nur bei gezielten Fragestellungen oder<br />
auffälligen Befunden eingesetzt. Elektrophysiologische<br />
Untersuchungen spielen<br />
eine geringe Rolle.<br />
PDE 5-HEMMER<br />
Phosphodiesterase 5-Hemmer (PDE 5-<br />
Hemmer) entfalten ihre Wirkung nur,<br />
wenn die nach sexueller Stimulation<br />
im Gehirn ausgelösten stimulierenden<br />
Nervenimpulse am Zielorgan, dem Penis<br />
ankommen und dort ungestört weiterverarbeitet<br />
werden können. Derzeit sind vier<br />
PDE 5-Hemmer zugelassen. Diese haben<br />
vergleichbare Wirkeffekte, unterscheiden<br />
sich aber bezüglich Pharmakokinetik<br />
(Tab. 1). Die häufigsten Nebenwirkungen<br />
sind Kopfschmerzen, Gesichtsrötung,<br />
Magenbeschwerden, Rhinitis, abnorme<br />
visuelle Wahrnehmungen (z.B. blaue<br />
Schleier im Gesichtsfeld, erhöhte Lichtempfindlichkeit),<br />
Herabsetzung des<br />
Reaktionsvermögens, Schwindelgefühle,<br />
Rücken- und Muskelschmerzen, Dauererektion<br />
(Priapismus). Es wurden bereits<br />
Fälle von nichtarteriitischer anteriorer<br />
ischämischer Optikusneuropathie beobachtet.<br />
Dies führt in seltenen Fällen<br />
zu Einbußen der Sehfähigkeit oder zur<br />
Erblindung. Dies führte 2006 zur entsprechenden<br />
Änderung der Fachinformation<br />
für Sildenafil. Neuerdings liegen auch<br />
Hinweise vor auf plötzlich auftretende<br />
Hörstörungen vor.<br />
Gegenanzeigen<br />
• nicht arteriitische anteriore ischämische<br />
Optikusneuropathie (NAION)<br />
• schwere Leberinsuffizienz<br />
• Hypotonie (Blutdruck
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SEXUALITÄT<br />
/<br />
erektile dysfunktion<br />
Besondere Vorsicht bei<br />
• Kardiovaskulären Risikofaktoren<br />
• Sichelzellenanämie, Leukämie,<br />
früherer Priapismus<br />
• Gleichzeitige Anwendung von blutdrucksenkenden<br />
Mitteln (z.B. Alfa-<br />
1-Blocker), Nitraten und verwandten<br />
Wirkstoffen (Medikamente zur Behandlung<br />
der Angina pectoris, Poppers)<br />
• Gleichzeitige Anwendung von<br />
Ritonavir<br />
• Penisanomalien Erfahrung mit<br />
Dauererektionen (Priapismus)<br />
MUSE<br />
Bei MUSE (Medical Urethral System for<br />
Erection) wird Alprostadil in Form einer kleinen<br />
Tablette transurethral appliziert. Diese<br />
Therapieform ist vor allem für Patienten mit<br />
unzureichender Wirkung von PDE 5-Hemmern<br />
und Angst vor der Schwellkörper-<br />
Selbstinjektion hilfreich. Kontraindikationen<br />
sind neben anatomischer Penisdeformation<br />
wie bei den PDE 5-Hemmern alle Zustände,<br />
die für das Auftreten eines Priapismus<br />
prädisponieren, sowie für Männer, für die<br />
sexuelle Aktivität nicht ratsam ist. Nebenwirkungen<br />
sind vor allem lokales Brennen und<br />
Spannungsgefühl, Harnwegsinfekte.<br />
SKAT<br />
Die Indikation für die Schwellkörperautoinjektion<br />
(SKAT) besteht bei Patienten mit<br />
unzureichender Wirksamkeit der oralen Therapie<br />
oder Kontraindikation für PDE 5-Hemmer.<br />
Eingesetzt werden das Prostaglandin<br />
Alprostadil, das Opiumalkaloid Papaverin<br />
und der Alpha-Blocker Phentolamin. Als<br />
Fertigspritze ist Alprostadil (z.B. Fertigspritze<br />
Caverject®) erhältlich. Die anderen Substanzen<br />
sind als individuelle Verordnung einzeln<br />
oder kombiniert erhältlich. Die Erektion<br />
setzt meist innerhalb von 8-10 Minuten<br />
nach der Injektion ein und sollte etwa 1<br />
Stunde dauern.<br />
Kontraindiziert ist die SKAT bei Penisdeformationen,<br />
Risikofaktoren für Priapismus<br />
und für Patienten, bei den sexuelle Aktivität<br />
nicht ratsam ist. Häufige Nebenwirkungen<br />
sind Schmerzen im Penis. Hämatome<br />
sind meist Folge einer zu oberflächlichen<br />
Injektion. Es können penile fibrotische<br />
Veränderungen wie Knötchen und Plaques<br />
auftreten. Die Wahrscheinlichkeit einen<br />
Priapismus zu erleiden wird mit 1-4% angegeben.<br />
Insbesondere bei Überdosierung<br />
sowie Anwendung in Kombination mit<br />
Alkohol, Drogen, PDE 5-Hemmern kann es<br />
zu einer verlängerten Erektion (bis zu<br />
3 Stunden) oder Priapismus (länger als<br />
3-4 Stunden) kommen. Mehrfache Injektionen<br />
an einem Tag erhöhen die Gefahr des<br />
Priapismus erheblich. Eine Toleranzentwicklung<br />
ist möglich.<br />
Individuelle SKAT-Rezeptur<br />
Die individuelle SKAT-Rezeptur stellt für<br />
Männer mit erektiler Dysfunktion, die<br />
auf PDE 5-Hemmer oder Fertigspritzen<br />
mit Alprostadil mono nicht ausreichend<br />
reagieren, eine bezahlbare Möglichkeit zur<br />
Behandlung dar. Die ärztliche Verordnung<br />
muss im Original der Apotheke vorliegen,<br />
es sind die wirksamen Bestandteile nach<br />
Art und Menge sowie das Gesamtgewicht/<br />
Gesamtzahl zu benennen.<br />
Einsteigerset<br />
Die SKAT-Rezeptur enthält Alprostadil,<br />
Phentolamin und Papaverin in unterschiedlichen<br />
Dosierungen und muss individuell<br />
verordnet werden. Mit den Einstellungssets<br />
duomix/trimix kann einerseits die richtige<br />
Rezeptur und deren Dosis gefunden und der<br />
richtige Umgang geübt werden. Die indi-<br />
52<br />
2/20<strong>23</strong>
Diversität bei MSD<br />
und im Gesundheitswesen<br />
https://m.msd.de/queeremedizin<br />
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81673 München<br />
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SEXUALITÄT<br />
/<br />
erektile dysfunktion<br />
viduelle Dosierung wird über eine stufenweise<br />
Dosissteigerung (Dosisfindungs- bzw.<br />
Titrationsphase ca. 30 Minuten) gefunden.<br />
Ein Einstieg erfolgt immer sehr niedrig mit<br />
0,1 ml, um einen Priapismus auszuschließen.<br />
Nach 10 Minuten wird das Ergebnis<br />
beurteilt und ggf. in die gegenüberliegende<br />
Schwellkörperseite weitere 0,1 ml (0,05 ml<br />
bei psychogenen Ursachen) injiziert. Nach<br />
10 Minuten wird der Erfolg beurteilt und<br />
ggf. letztmalig gegenüber weitere 0,1/0,05<br />
ml injiziert. Wenn keine befriedigende<br />
Erektion erzielt wurde, wird nach mindestens<br />
einem Pausentag die Testreihe mit der<br />
Gesamtmenge des ersten Tages als Starteinheit,<br />
fortgesetzt.<br />
Die in der Arztpraxis gefundene Dosis ist<br />
für zuhause häufig etwas zu hoch. Der<br />
Grund liegt in der intensiveren Stimulation<br />
zuhause. Manche Apotheken beispielsweise<br />
bieten verschiedene Einstellungssets. Diese<br />
werden nur an eine Arztpraxis verschickt,<br />
es ist deshalb keine ärztliche Verordnung<br />
erforderlich. Die Beauftragung erfolgt durch<br />
die Praxis oder den Patienten schriftlich.<br />
Die Rechnung wird regelmäßig auf den<br />
Patienten erstellt. Zusätzlich werden Spritzen,<br />
Kanülen, MiniSpike, Alkoholtupfer,<br />
Anwenderinformationen, Bestellkarten,<br />
Freikuverts und Rezeptur-Text-Etiketten<br />
mitgeliefert.<br />
VAKUUMTHERAPIE BEI ED<br />
Ein Plastikzylinder wird über den Penis gestülpt<br />
und an der Basis abgedichtet. Durch<br />
den Aufbau eines Unterdrucks mit einer<br />
Handpumpe entsteht durch passive Füllung<br />
eine Erektion im Penis. Die Erektion wird<br />
durch die Applikation eines Gummirings an<br />
der Penisbasis nach Entfernen des Plastikzylinders<br />
gehalten. Der Therapieerfolg kann<br />
durch Kombination mit Sildenafil oder<br />
MUSE gebessert werden.<br />
CHIRURGISCHE EINGRIFFE<br />
Chirurgische Eingriffe wie die Ligatur der<br />
dorsalen Penisvenen oder die arterielle<br />
penile Revaskularisation ist definierten Gefäßkonstellationen<br />
wie die isolierte venöse<br />
Insuffizienz bei arterieller Suffizienz oder<br />
arterielle Insuffizienz bei jungen Patienten<br />
vorbehalten.<br />
ENDOVASKULÄRE EMBOLISATION<br />
Die endovaskuläre Embolisationstherapie<br />
bei Männern mit ED aufgrund venookklusiver<br />
Dysfunktion ist eine sichere<br />
und effektive therapeutische Option mit<br />
niedriger Komplikationsrate und hohem<br />
klinischen Erfolg.<br />
PRIAPISMUS<br />
Der Priapismus ist eine seit mindestens<br />
zwei Stunden bestehende Dauererektion,<br />
welche ohne sexuelle Erregung besteht<br />
und mit Gefahr der Schwellkörperischämie<br />
einhergeht. Der Druck im Schwellkörper<br />
liegt über dem diastolischen Druck<br />
(80-120 mmHg), eine Durchblutung kann<br />
nicht mehr stattfinden. Durch die dreifach<br />
höhere fibrinolytische Aktivität im Corpus<br />
cavernosum entstehen auch nach langer<br />
Ischämiezeit keine Thromben. Nach über<br />
zwölf Stunden Krankheitsverlauf beginnt<br />
der irreversible ischämische Schaden<br />
an den Schwellkörpern mit fibrotischer<br />
Abheilung.<br />
Zu differenzieren ist ein nichtischämischer<br />
Priapismus („high flow“), gekennzeichnet<br />
durch eine weniger pralle und nicht<br />
schmerzhafte Erektion durch vermehrten<br />
arteriellen Einstrom, kompensiert durch<br />
suffizienten venösen Abstrom. Die Gefahr<br />
eines ischämischen Schadens am Schwellkörper<br />
besteht hier nicht.<br />
54<br />
2/20<strong>23</strong>
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55
SEXUALITÄT<br />
/<br />
erektile dysfunktion<br />
PENISARTERIE<br />
und erektile Dysfunktion<br />
ICON: GAN KHOON LAY / THENOUNPROJECT.COM<br />
Nachdem uns Dr. Ramona Pauli auf den vorherigen<br />
Seiten über die zahlreichen Behandlungsmöglichkeiten<br />
einer erektilen Dysfunktion (ED) aufgeklärt hat,<br />
schauen wir uns in diesem Beitrag eine ihrer möglichen<br />
Ursache genauer an: die Verengung der Penisarterie.<br />
Die Penisarterie ist die Arterie, die Blut<br />
in den Penis transportiert und somit die<br />
Erektion ermöglicht. Eine Verengung<br />
dieser Arterie kann dazu führen, dass nicht<br />
genügend Blut in den Penis gelangt, um<br />
eine Erektion aufrechtzuerhalten.<br />
URSACHEN<br />
Die Verengung der Penisarterie kann<br />
durch verschiedene Faktoren verursacht<br />
werden, einschließlich körperlicher Ursachen<br />
wie Atherosklerose und Diabetes<br />
sowie psychischer Auslöser wie Stress und<br />
Angstzustände.<br />
Atherosklerose ist eine Erkrankung, bei<br />
der sich Plaque in den Arterien aufbaut,<br />
was zu Verengungen und Verstopfungen<br />
führen kann. Dies kann auch die Penisarterie<br />
betreffen und zu einer Beeinträchtigung<br />
der Blutversorgung des Penis führen.<br />
Diabetes kann ebenfalls zu Verengungen<br />
der Arterien führen, da ein hoher Blutzuckerspiegel<br />
Schäden an den Arterienwänden<br />
verursachen kann.<br />
Eine Verengung der Penisarterie kann<br />
auch das Ergebnis von Verletzungen oder<br />
Operationen (z. B. am Penis oder im Beckenbereich)<br />
sein.<br />
DIAGNOSE<br />
Um eine Verengung der Penisarterie als<br />
Ursache für eine erektile Dysfunktion zu<br />
diagnostizieren, kann ein Arzt körperliche<br />
Untersuchungen und verschiedene Tests<br />
durchführen, einschließlich einer Doppler-<br />
Ultraschalluntersuchung, um den Blutfluss<br />
im Penis zu messen. Weitere Tests können<br />
56<br />
2/20<strong>23</strong>
Bluttests, Urinanalysen und psychologische<br />
Bewertungen umfassen.<br />
BEHANDLUNG<br />
Wenn eine Verengung der Penisarterie<br />
diagnostiziert wird, gibt es verschiedene<br />
Behandlungsmöglichkeiten.<br />
Eine Möglichkeit ist die Verwendung<br />
von Medikamenten wie PDE-5-Hemmer<br />
(Viagra, etc.), die helfen können,<br />
die Blutgefäße im Penis zu erweitern<br />
und so den Blutfluss zu verbessern.<br />
Eine andere Option ist eine Operation,<br />
bei der die Arterie repariert<br />
oder ersetzt wird.<br />
Ganz neu ist die Therapie mit einem<br />
Ballonkatheter und einem Immunsuppressivum.<br />
Um verschlossene<br />
Blutgefäße wieder zu öffnen, werden<br />
Katheter eingesetzt, an deren Spitze<br />
sich ein Ballon befindet. Dehnt man<br />
diesen Ballon aus, wird die Gefäßverengung<br />
aufgedehnt. Das Blutgefäß ist<br />
somit wieder geöffnet. Bisher bleibt<br />
der Ballonkatheter aber nicht dauerhaft<br />
in der Penisarterie, sondern<br />
wird sofort nach der Behandlung<br />
wieder entfernt. In der Folge besteht<br />
das Risiko, dass sich das Blutgefäß<br />
wieder verschließt. Mit dem neuen<br />
medikamentenbeschichteten Ballonkatheter<br />
soll nun eine dauerhafte<br />
Öffnung der Penisarterie ermöglicht<br />
werden. Beim Aufblasen des Ballons<br />
wird nicht nur die Penisarterie aufgedehnt,<br />
sondern auch das Immunsuppressivum<br />
Sirolimus in die<br />
verengte Gefäßwand gedrückt. Das<br />
Medikament wird dann langsam vom<br />
Gewebe absorbiert. Es dringt auch<br />
in die tieferen Gefäßschichten. Dort<br />
verhindert es, dass sich die glatten<br />
Muskelzellen des Gefäßes teilen, die<br />
ansonsten nach der Ballonaufdehnung<br />
anfangen zu wachsen und das<br />
Blutgefäß erneut einengen.<br />
PRAXISTEAM<br />
FRIEDRICHSHAIN<br />
Reise- &<br />
Tauchmedizin<br />
Mpox<br />
Impfung<br />
Hepatitis<br />
B & C<br />
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Diagnose &<br />
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57
WELLBEING<br />
FOTO: FREEPIK.COM
WELLBEING<br />
/<br />
beauty<br />
Autor: Philipp Müller<br />
Altes Foto<br />
PULL,<br />
MATE!<br />
Vom U zum V per Fadenlifting<br />
Die Schwerkraft, ich hasse sie. Unentwegt zieht<br />
sie alles herunter, neulich sogar meine Stimmung.<br />
Wieso? Ich hatte ein altes Foto in der Hand. Wie<br />
jung und frisch ich damals noch aussah! Es sind<br />
leider nicht nur graue Haare und Falten, die das<br />
Altern zeigen. Gerade Falten gelten zwar als DAS<br />
Sinnbild in puncto Aging, aber ich habe gar keine.<br />
Was ist es also? Es kommt mir vor, als wäre in den<br />
letzten Jahren im Gesicht eine Bewegung<br />
des „Herabsinkens“ eingetreten, die mir<br />
beim Blick auf das Foto die Laune verdirbt.<br />
FOTO: LIPIKSTOCKMEDIA / FREEPIK.COM<br />
60<br />
2/20<strong>23</strong>
Tatsächlich verändert sich das Gesicht im<br />
Laufe des Lebens durch die Schwerkraft. Diese<br />
zieht unser Antlitz förmlich nach unten,<br />
jede Minute und jede Sekunde – selbst jetzt,<br />
wenn du diesen Artikel liest. Sie zieht und<br />
zieht und zieht, und das immer schwächer<br />
werdende Bindegewebe unserer Haut gibt<br />
irgendwann nach.<br />
Bedauerlicherweise verlangsamt die Haut<br />
ihre Fähigkeit zur Regeneration. Und das ist<br />
folgenreich. Kollagen- und Elastinschäden<br />
werden immer langsamer repariert. Die Haut<br />
altert. Dies zeigt sich in Form von Falten oder<br />
eben in Form von Erschlaffung. Im Gesicht<br />
macht sich das vor allem am Hals, der sogenannten<br />
Jawline (Kieferpartie), an der Nasolabialfalte<br />
sowie um die Augen bemerkbar.<br />
Die Gesichtsform wandelt sich von einem<br />
jugendlichen „V“ hin zu einem alten „U“. Du<br />
kannst dir hierzu auch Folgendes vorstellen:<br />
Das Gesicht verhält sich wie eine Wachsmaske,<br />
die stetig zu viel Hitze abbekommt<br />
und ganz langsam vom Schädel nach unten<br />
gleitet – zuungunsten meiner Laune. Aber damit<br />
reicht es mir jetzt. Ich habe beschlossen,<br />
das nicht weiter hinzunehmen! Im Tauziehen<br />
mit der Schwerkraft werde ich die Seile nicht<br />
einfach im Felde liegen lassen, nein, ich ziehe<br />
mit viel Schwung in die entgegengesetzte<br />
Richtung. Allerdings nicht an Seilen, sondern<br />
an Fäden. Was sich ein bisschen anhört, wie<br />
einem Cartoon entsprungen, ist in Wirklichkeit<br />
eine längst etablierte Behandlungsmethode<br />
in der ästhetischen Medizin und<br />
erfreut sich weltweit großer Beliebtheit.<br />
Ich habe mich zu diesem Unterfangen mit<br />
der Beautyexpertin Dr. med. Delia Letizia<br />
Francia getroffen. Sie ist nicht nur Fachärztin<br />
für plastische Chirurgie, sondern zudem<br />
eine der wenigen Expertinnen für Männerästhetik<br />
& Aging Prevention. Bei ihr habe ich<br />
meine Augenbrauen „Fadenliften“ lassen,<br />
denn immer deutlicher manifestierten sich<br />
in den letzten Jahren Schlupflider. Der Blick<br />
wirkte müde und schwer, oft auch bedrückt,<br />
traurig und stumpf. Klassischerweise hätte<br />
ich das Problem irgendwann, wenn die<br />
Zeichen des Alterns noch deutlicher sind,<br />
mittels eines konventionellen Liftings beheben<br />
lassen können. Alternativ und minimalinvasiv<br />
geht es per Fadenlifting.<br />
Bei dieser Methode werden PDO-Fäden<br />
(Fäden aus Polydioxanon, das auch für<br />
chirurgische Nähte verwendet wird) in die<br />
Haut eingebracht und das Gewebe nach oben<br />
Vorher<br />
Direkt nach der OP<br />
Nachher<br />
61
WELLBEING<br />
/<br />
beauty<br />
gezogen. Die Fäden verfügen über kleine<br />
Widerhaken, die sich in der Haut festsetzen<br />
und so den „Lift“ ermöglichen.<br />
Bekanntlich werden solche Eingriffe noch<br />
vor dem Sommer durchgeführt. Also habe<br />
ich mich zu Beginn des neuen Jahres mit<br />
Dr. Francia getroffen. Die Behandlung beginnt<br />
damit, dass das Gesicht vermessen und<br />
die optimale Position der Augenbrauen nach<br />
Erkenntnissen der ästhetischen Forschung<br />
bestimmt wird. Nach Dr. Francias Aussage<br />
gibt es nämlich ganz genaue Proportionen,<br />
die nachweislich als schön empfunden werden.<br />
Und an diese optimale Position sollen<br />
die Augenbrauen jetzt hin. Der Eingriff selbst<br />
ist mit der richtigen Betäubung nahezu<br />
schmerzfrei und dauert circa 45 Minuten.<br />
Lediglich vier kleine Stiche sind rechts wie<br />
links nötig, um die 2 x 2 Fäden in die Haut<br />
einzuführen. Sie verlaufen dann von der<br />
Augenbraue über die Stirn nach oben in<br />
den Haaransatz. Durch die Widerhaken<br />
im unteren Teil des Fadens, der jetzt durch<br />
meine Augenbrauen verläuft, kann die ganze<br />
Augenbraue durch Ziehen am Faden wie bei<br />
einer Marionette angehoben werden. Die<br />
Fäden treten im Haaransatz wieder aus der<br />
Haut heraus, werden dort gerafft, befestigt,<br />
verknotet und abgeschnitten, dann werden<br />
die Einstichstellen verschlossen.<br />
Direkt im Anschluss an die Behandlung<br />
wirken die Augenbrauen recht hoch,<br />
allerdings gibt das Ergebnis im Laufe des<br />
14-tägigen Heilungsvorgangs noch deutlich<br />
nach. Prinzipiell ist man nach zwei Tagen<br />
wieder gesellschaftsfähig.<br />
Nach der Behandlung fängt der für den verjüngenden<br />
Effekt eigentlich wichtige Prozess<br />
an: Die Fäden lösen sich innerhalb von<br />
sechs Wochen in der Haut auf und hinterlassen<br />
einen Kanal. Dieser Fadenkanal wird<br />
von der Haut mit Narbengewebe aufgefüllt.<br />
Narbengewebe ist fester und widerstandsfähiger<br />
als die normale Haut selbst. Die<br />
vernarbten Tunnel sind gefüllt mit brandneuen,<br />
starken Kollagenfasern und wirken<br />
wie Stützpfeiler.<br />
Die Wirkung eines Fadenliftings hält je nach<br />
Lebensweise zwischen anderthalb und zwei<br />
Jahre, gegebenenfalls auch etwas länger.<br />
Das Verfahren wird mittlerweile an vielen<br />
verschiedenen Stellen des Gesichtes und<br />
Körpers angewendet, um erschlaffte Haut<br />
zu stärken und ihr ihre Spannkraft zurückzugeben.<br />
Die Methode ist in den letzten<br />
Jahren zu einer regelrechten Trendbehandlung<br />
in der ästhetischen Medizin geworden,<br />
gerade um die ersten Zeichen der Alterung<br />
auf minimalinvasive Weise zu bekämpfen.<br />
MENS DREAM - NOT MAINSTREAM<br />
Frau Dr. Delia Letizia Francia ist seit 2016 Fachärztin für Plastische<br />
und Ästhetische Chirurgie mit Zusatztitel für Hand – und<br />
Mikrochirurgie. Während ihrer 13-jährigen internationalen<br />
Laufbahn hat sie zahlreiche Fachartikel und Buchbeiträge verfasst.<br />
Sie entwickelte eigene OP-Techniken zur Hautregeneration<br />
(ACRT) und arbeitete zuletzt in der renommierten Fachabteilung<br />
für Transgenderchirurgie an der Berliner Elisabeth-Klinik. Ihre<br />
Facharztpraxis für Männerästhetik gewinnt durch TV-Formate<br />
wie „Beautiful – die Schönmacher“ stetig an Zulauf.<br />
dr-delia-francia.com<br />
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2/20<strong>23</strong>
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Ursachen<br />
& Behandlung<br />
Haare finden sich beim Menschen fast an der gesamten Köperoberfläche. Nur auf<br />
den Lippen, den Handflächen, der Fußsohle und an einigen Abschnitten der Genitalien<br />
fehlt es. Haarverlust wird für viele Männer (und Frauen) zum Dilemma, wenn das<br />
Kopfhaar betroffen ist.<br />
64<br />
2/20<strong>23</strong>
URSACHEN<br />
Störungen in der Haarbiologie sind<br />
zumeist die Ursache dafür. Diese Störungen<br />
können durch genetische Ursachen,<br />
Entzündungen, Hormonschwankungen,<br />
Umwelteinflüsse ausgelöst werden. Der daraus<br />
resultierende Haarverlust geht meist<br />
einher mit einem Verlust an Selbstsicherheit<br />
und der Suche nach einer Behandlung,<br />
die diesen Zustand bessert.<br />
Auffällig werden Störungen des Haarwachstums<br />
meist, wenn das Haar dünner wird,<br />
also der Haarschaft an Kaliber verliert. Die<br />
Dichte des Haares nimmt dann ab. Für das<br />
Haarwachstum sind die Haarfollikel (Haarwurzel)<br />
verantwortlich. Es kann als „Miniorgan“<br />
verstanden werden, das eine große Bedeutung<br />
für die Ästhetik von Männern und<br />
Frauen hat. Diese Haarfollikel durchlaufen<br />
einen Zyklus, der aus 3 Phasen besteht:<br />
die anagene Phase<br />
(Wachstumsphase)<br />
die katagene Phase<br />
(Übergangsphase)<br />
die telogene Phase (Ruhephase).<br />
10 – 30 Phasen kann jeder Follikel in seiner<br />
Lebenszeit durchlaufen. Die meisten Follikel<br />
befinden sich in der Wachstumsphase. In ihr<br />
werden die Haare länger und dicker, nach<br />
dem sie in der Kopfhaut gebildet werden.<br />
Die Dauer dieser Phase kann unterschiedlich<br />
lang andauern (in der Regel 2 – 6 Jahre).<br />
Das Wachstum wird durch Hormone und<br />
Zytokine beeinflusst und ist dadurch unter<br />
anderem abhängig von Alter und Ernährung.<br />
Der männliche Haarausfall ist wissenschaftlich<br />
sehr gut untersucht. Dihydrotestosteron<br />
ist als Hauptursache identifiziert worden.<br />
Es wird über Kapillaren in die Haarfollikel<br />
transportiert. Eine Sonderform der Alopezie<br />
stellt die Alopecia areata dar. Dabei kommt<br />
es zu einem Haarausfall an einer bestimmten<br />
Lokalisation, die scharf begrenzt ist.<br />
Meist handelt es sich dabei um eine Autoimmunreaktion<br />
auf die eigenen Haarfollikel.<br />
Eine weitere Ursache kann aber auch<br />
pyscho-emotionaler Stress sein.<br />
Altern ist eine weitere Ursache für Haarverlust.<br />
Funktion und Reservekapazitäten<br />
der Haarfollikel nehmen zunehmend ab.<br />
Die Anzahl der Follikel verringert sich. Das<br />
verbleibende Haar ist dünner und wächst<br />
langsamer. Altern erkennt man am ehesten<br />
am Verlust der ursprünglichen Haarfarbe<br />
– das Haar wird grau. Die Melanozytenfunktion<br />
nimmt ab und dadurch wird die<br />
Haarpigmentierung verringert.<br />
BEHANDLUNG<br />
Um den Haarausfall einzuschätzen, ist<br />
eine sorgfältige Anamnese und körperliche<br />
Untersuchung notwendig. Sie kann durch<br />
Blutuntersuchungen (Schilddrüsenwerte,<br />
Hormone, Autoantikörper, Vitamine, Spurenelemente)<br />
und Biopsien ergänzt werden.<br />
Auch die Einnahme bestimmter Medikamente<br />
oder Drogen kann Hinweise auf die<br />
Ursache geben. Pilzbefall oder Parasiten der<br />
Kopfhaut sollten als Ursache ebenfalls ausgeschlossen<br />
werden. Nicht zu unterschätzen<br />
sind Operationen an der behaarten<br />
Kopfhaut, die durch Vernarbung zu einem<br />
Haarverlust führt.<br />
Die Behandlung des Haarausfalls richtet<br />
sich nach der Ursache. Es gibt verschiedene<br />
Ansätze. Sie reichen von einer medikamentösen<br />
Therapie bis hin zur operativen<br />
Haartransplantation.<br />
Am weitesten verbreitet ist sicherlich die<br />
medikamentöse Therapie mit Finasterid.<br />
Dieses Medikament reduziert den Dihydrotestosteronspiegel<br />
im Blut und in der<br />
Kopfhaut. 1 mg des Medikamentes wird<br />
täglich eingenommen. Als Nebenwirkung<br />
sind Leberschäden, Libidoverlust und<br />
Bluthochdruck bekannt. Außerdem können<br />
die PSA-Werte (Prostata specicfic Antigene),<br />
die beim Prostatakrebs Screening<br />
gemessen werden, reduziert werden, was<br />
65
WELLBEING<br />
/<br />
advertorial<br />
FOTO: FREEPIK.COM<br />
im schlimmsten Fall die frühe Erkennung<br />
eines Prostatakarzinoms verhindert. Eine<br />
weitere mögliche Nebenwirkung von Finasterid<br />
ist eine verringerte Spermineanzahl.<br />
Eine sehr populäre Form der Therapie<br />
stellt die lokale Applikation mit Minoxidil<br />
dar. Die Lösung oder den Schaum gibt<br />
es in verschiedenen Konzentrationen im<br />
Handel. Ursprünglich handelte es sich um<br />
ein Medikament, dass bei Bluthochdruck<br />
eingesetzt wurde. Patienten beobachteten<br />
während der Anwendung ein gesteigertes<br />
Haarwachstum an vormals kahlen Lokalisationen.<br />
Es bewirkt eine lokalisierte<br />
Gefäßerweiterung an den angewendeten<br />
Stellen und öffnet Kaliumkanäle an den<br />
Haarfollikeln. Die Anzahl der Follikel in der<br />
Wachstumsphase nimmt zu. Die Zellen werden<br />
stabiler. Die Anwendung muss täglich<br />
und dauerhaft erfolgen. An unbeabsichtigt<br />
behandelten Stellen wird ebenfalls Haarwachstum<br />
beobachtet, welches durchaus<br />
störend sein kann. Ein weiterer negativer<br />
Effekt kann ein Juckreiz der Kopfhaut sein.<br />
Die Behandlung mit körpereigenem Plasma<br />
(PRP) stellt eine sehr natürliche Behandlungsform<br />
dar. Das Plasma wird durch Blutentnahme<br />
beim Patienten gewonnen. In einer<br />
speziellen Spritze und einer Zentrifuge<br />
wird hochkonzentriertes Plasma gewonnen<br />
und anschließend in die Kopfhaut injiziert.<br />
Die Kopfhaut kann vorher örtlich betäubt<br />
werden. Das Plasma enthält Thrombozyten<br />
(Blutplättchen), die eine erhöhte Vaskularisation,<br />
also eine bessere Blutzufuhr der<br />
Haarfollikel, bewirken. Dadurch werden sie<br />
kräftiger. Obwohl es keine randomisierten<br />
Studien über die Frequenz und Dauer der<br />
Anwendung gibt, wird eine Therapie alle<br />
4 – 8 Wochen über ein halbes Jahr empfohlen.<br />
Im Anschluss kann die Frequenz<br />
auf halbjährlich/jährlich reduziert werden.<br />
Außer der Blutentnahme und der Injektion<br />
in die Kopfhaut, die schmerzhaft sein kann,<br />
sind keine Nebenwirkungen bekannt.<br />
Als wohl invasivste Form der Behandlung<br />
kann die Haartransplantation angesehen<br />
werden. Sie hat sich in den letzten Jahren<br />
entwickelt und die Ergebnisse sind häufig<br />
sehr gut. Je nach Status werden aus einer<br />
behaarten Region Haarfollikel gewonnen,<br />
aufgearbeitet und anschließend in die<br />
betroffenen Stellen transplantiert. Das<br />
Verfahren dauert einige Stunden und wird<br />
in Lokalanästhesie durchgeführt. Es kann<br />
auch wiederholt werden. Eine Nachbehandlung<br />
mit Plasma oder Minoxidil wird<br />
empfohlen, um die transplantierten Follikel<br />
besser mit Blut zu versorgen.<br />
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66<br />
2/20<strong>23</strong>
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WELLBEING<br />
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mental health<br />
HEALTHY<br />
WORK<br />
@<br />
FOTO: FREEPIK.COM<br />
Für viele Menschen ist die Arbeit Quelle von Sicherheit,<br />
Zufriedenheit und im besten Falle Selbstentfaltung. Der eigene<br />
Beruf oder Job dient der Identitätsfindung und -bestätigung<br />
und bringt Struktur in den Alltag. Er versorgt uns mit sozialen<br />
Kontakten und belohnt uns in finanzieller Hinsicht. Menschen<br />
ohne festen Arbeitsplatz fühlen sich oft einsam und nutzlos.<br />
Das gilt für Männer noch mehr als für Frauen. Aber auch das<br />
Gegenteil kann der Fall sein, wenn die Arbeit zur Last und zur<br />
Falle für unsere mentale Gesundheit wird.<br />
In einer britischen Studie des Men’s<br />
Health Forum gaben über 30 Prozent<br />
der Männer an, unter ständigem Stress<br />
zu stehen. Knapp 10 Prozent sprachen<br />
dabei von extremen Stressgefühlen.<br />
Ein Sechstel aller Männer leidet unter<br />
einer psychischen Erkrankung. Mehr als<br />
8 Prozent sind alkoholabhängig. Einen Zusammenhang<br />
zwischen den Bedingungen<br />
am Arbeitsplatz und mentaler Gesundheit<br />
sowie Suchterkrankungen stellt die<br />
Plattform zwar nicht her, bleibt aber zu<br />
vermuten. In Deutschland lassen sich<br />
rund 12,5 Prozent aller Krankheitstage auf<br />
psychische Störungen oder Erkrankungen<br />
zurückführen. Kombiniert mit einer drei<br />
Mal höheren Suizidrate von Männern<br />
gegenüber Frauen zeichnet sich ein recht<br />
düsteres Bild ab. Mit einigen einfachen<br />
Übungen lassen sich alltägliche Belastungen<br />
im Berufsalltag allerdings reduzieren.<br />
TEAMWORK<br />
Ein gut funktionierendes Team erhöht<br />
nicht nur die Leistungsfähigkeit eines<br />
Unternehmens, sondern sorgt gleichzeitig<br />
für ein reduziertes Stresslevel bei ALLEN<br />
Mitarbeitern. Eine hohe Anzahl sozialer<br />
Kontakte während der Arbeit umgeht Gefühle<br />
von „Ich muss das alles alleine schaffen“<br />
und wirkt sich positiv auf das Befinden<br />
selbst nach Feierabend aus.<br />
Außerdem gilt auf der Arbeit zumindest in<br />
Sachen Stressbekämpfung:<br />
REDEN IST GOLD!<br />
Eine Quasselstrippe im Büro mag niemand,<br />
ABER: Wer öfter mal vom eigenen<br />
Schreibtisch aufsteht und die Unterhaltung<br />
mit den Kollegen sucht, wird nicht<br />
nur Neues über die Menschen erfahren,<br />
mit denen er jeden Tag viele Stunden im<br />
68<br />
2/20<strong>23</strong>
Autor: Felix Just<br />
So förderst du<br />
mentale Gesundheit<br />
am Arbeitsplatz<br />
gleichen Raum verbringt, er hat überdies<br />
die Gelegenheit, Druck und Ängsten Luft<br />
zu machen. Apropos Luft …<br />
EINATMEN, AUSATMEN<br />
Es mag für den einen oder anderen wohl<br />
recht esoterisch anmuten, aber Atemübungen<br />
sind einer der effektivsten Wege, mit<br />
Stress kurzfristig umzugehen. Während<br />
das Herz beim Einatmen Fahrt aufnimmt,<br />
verlangsamt es sich beim Ausatmen. Einfach<br />
drei Minuten lang für ein bis zwei<br />
Sekunden einatmen und für fünf bis sechs<br />
Sekunden ausatmen, um aufkommende<br />
Nervosität in den Griff zu bekommen.<br />
UMWEGE GEHEN<br />
Diesen Tipp meinen wir sowohl sprichwörtlich<br />
als auch buchstäblich. Häufig haben<br />
wir zwischen Arbeit, Sport (übrigens auch<br />
ein nachhaltiger Stresskiller!) und Freunden<br />
kaum Zeit, um das Erlebte zu reflektieren.<br />
Daher empfiehlt es sich, öfter mal einen<br />
Umweg zu gehen, nach Hause zu spazieren<br />
(oder mit dem Fahrrad zu fahren), statt das<br />
Auto oder die öffentlichen Verkehrsmittel<br />
zu nehmen, um den Gedanken freien Lauf<br />
zu lassen. Darüber hinaus können mentale<br />
Belastungen mitunter durch simple,<br />
wenn auch ungewöhnliche, Gewohnheiten<br />
minimiert werden: Jo-Jo spielen, Malen in<br />
der Mittagspause oder den Lunch in der<br />
Kaffeeküche selbst zubereiten … all das<br />
sind kleine Rituale, die du in deinen Alltag<br />
einbauen kannst, um Ablenkung und damit<br />
Gelassenheit zu schaffen.<br />
Noch mehr Tipps für Angestellte und<br />
Führungskräfte findest du auf der Website<br />
der Initiative Neue Qualität der Arbeit:<br />
www.psyga.info<br />
69
WELLBEING<br />
/<br />
body<br />
MESSMETHODEN<br />
IM VERGLEICH<br />
So wird der Körperfettanteil<br />
richtig bestimmt<br />
Das Gewicht sagt wenig über unser Aussehen aus. Ein Mann kann bei einer Körpergröße<br />
von 1,85 Metern und 90 Kilogramm Gewicht ein Muskelberg sein – oder ein Moppel.<br />
Entscheidend für den optischen Eindruck ist der Körperfettanteil. Doch wie bestimmt<br />
man diesen? Vor allem zwei Methoden sind aufschlussreich und praktikabel, haben<br />
jedoch unterschiedliche Vor- und Nachteile.<br />
70<br />
2/20<strong>23</strong>
Autor: Martin Lewicki<br />
Den Körperfettanteil zuverlässig zu messen<br />
ist gar nicht so einfach. Das liegt hauptsächlich<br />
daran, dass Fett nicht nur von außen<br />
sicht- und messbar ist, sondern auch Organe<br />
umschließt und sich somit in unserem Körper<br />
gut verstecken kann. Man spricht hier<br />
von viszeralem Fett. Außerdem verteilt sich<br />
das Fett genetisch bedingt bei jedem Menschen<br />
anders. Die einen sammeln es eher an<br />
den Hüften, die anderen am Bauch oder am<br />
Hintern an. Besonders ungesund gilt Bauchfett,<br />
da es sogar die Hormonproduktion<br />
beeinflusst. Speck an den Hüften oder am<br />
Hintern ist hingegen weniger gefährlich.<br />
Insofern ist es schwierig, generell zu<br />
sagen, welcher Körperfettanteil als gesund<br />
gilt. Schließlich kann auch ein schlanker<br />
Mann einen normalen Körperfettanteil<br />
haben, aber ausgerechnet am Bauch<br />
ungesundes Viszeralfett ansammeln. Deswegen<br />
ist die Spannweite groß, wenn es<br />
darum geht, welcher Körperfettanteil noch<br />
als gesund gilt. Zur Einstufung werden oft<br />
Referenzwerte herangezogen, die in einer<br />
Studie aus dem Jahr 2000 an der US-amerikanischen<br />
Columbia-Universität mit 1600<br />
erwachsenen Probanden ermittelt wurden.<br />
Die Werte für Männer lauten:<br />
20 – 39 Jahre alt: 8 – 20 Prozent Körperfett<br />
40 – 59 Jahre alt: 11 – 22 Prozent Körperfett<br />
60 – 78 Jahre alt: 13 – 25 Prozent Körperfett<br />
ILLU: PIKISUPERSTAR / FREEPIK.COM<br />
DIE GENAUSTEN METHODEN SIND<br />
AM AUFWENDIGSTEN<br />
Um den Körperfettanteil zu bestimmen,<br />
gibt es sehr unterschiedliche Analyseverfahren.<br />
Ausgerechnet die genauste<br />
Methode ist am kompliziertesten und kann<br />
nicht zu Hause vorgenommen werden.<br />
Dabei handelt es sich um die sogenannte<br />
Hydrodensitometrie. Hierbei wird durch<br />
Unterwasserverdrängung die Dichte des<br />
Fettgewebes bestimmt. Dabei können der<br />
Fett- und Muskelanteil über das Verhältnis<br />
von Körpermasse zu Körpervolumen<br />
71
WELLBEING<br />
/<br />
body<br />
errechnet werden. Diese Methode ist zwar<br />
sehr genau, aber auch aufwendig und kann<br />
nur unter Laborbedingungen in einem<br />
Wassertank durchgeführt werden.<br />
Sehr genau lässt sich Körperfett auch mittels<br />
MRT (Magnetresonanztomografie) messen<br />
– das Verfahren gilt aufgrund seiner hohen<br />
Zuverlässigkeit sogar als wissenschaftlicher<br />
Goldstandard. Die Kosten sind allerdings<br />
erheblich: Je nach Gerät kann eine Stunde<br />
Messzeit zwischen 400 und 2000 Euro liegen.<br />
Die Auswertung der Daten ist nur durch<br />
Experten möglich. Deutlich einfacher und<br />
günstiger geht es mit zwei Messverfahren,<br />
dich sich auch zu Hause praktizieren lassen:<br />
die Bioelektrische Impedanzanalyse (BIA)<br />
sowie die Calipometrie. Allerdings haben<br />
beide ihre Vor- und Nachteile, wie wir im<br />
Folgenden näher darstellen.<br />
BIOELEKTRISCHE IMPEDANZANALYSE<br />
- MESSUNG PER KÖRPERFETTWAAGE<br />
Besonders praktisch sind Körperfettwaagen,<br />
denn sie versprechen eine schnelle<br />
Messung. Dabei wird über die Fußsohlen<br />
ein leichter Stromimpuls durch den Körper<br />
geschickt. Diese Methode bezeichnet man<br />
als bioelektrische Impedanzanalyse (BIA).<br />
Da Fett und Wasser einen unterschiedlichen<br />
Widerstand haben, errechnet die<br />
Waage anhand eines Algorithmus, welchen<br />
Anteil die jeweiligen Massen im Körper<br />
haben. Zudem besitzt Muskelgewebe einen<br />
geringeren Widerstand als Fettgewebe und<br />
ist damit ein guter elektrischer Leiter.<br />
Das Problem: Da die Elektroden meistens<br />
an den Füßen sitzen, vermessen sie lediglich<br />
den Unterleib. Zwar kann man auch<br />
aus diesem Ergebnis auf den gesamten<br />
Körper schließen, jedoch ist dieser Wert<br />
relativ ungenau. Wesentlich verlässlicher<br />
sind Fettanalysewaagen, die zusätzlich<br />
über Elektroden an den Händen die Stromimpulse<br />
leiten. So wird auch der Oberkörper<br />
in die Messung miteinbezogen.<br />
Dennoch gibt es einen weiteren Störfaktor:<br />
Die Fett-Wasser-Zusammensetzung des<br />
Körpers ändert sich im Laufe des Tages.<br />
Um zuverlässige Werte zu erhalten, sollte<br />
man deswegen immer zur gleichen Uhrzeit<br />
und unter ähnlichen Bedingungen messen.<br />
Idealerweise morgens, nüchtern nach dem<br />
Aufstehen, bevor man Nahrung und Getränke<br />
zu sich nimmt und mit einer leeren<br />
Blase. Hände und Füße sollten trocken und<br />
nicht eingecremt sein. Verfälschte Werte<br />
bekommt man hingegen, wenn man direkt<br />
nach dem Sport misst oder der Körper<br />
durch Alkoholkonsum dehydriert ist.<br />
CALIPOMETRIE - KÖRPERFETTANTEIL<br />
MIT DEM CALIPER MESSEN<br />
Genauer, aber etwas aufwendiger ist die<br />
Messung des Körperfetts mit der Calipometrie-Methode.<br />
Dabei benutzt man ein<br />
zangenartiges Hautfaltenmessgerät, den<br />
sogenannten Caliper, um das Unterhautgewebe<br />
zu bestimmen. Das funktioniert<br />
folgendermaßen: An mindestens drei vorgegebenen<br />
Körperstellen (Bauch, Bizeps,<br />
Oberschenkel) wird mit Daumen und<br />
Zeigefinger ein Hautabschnitt von drei bis<br />
fünf Zentimetern gegriffen und zu einer<br />
Falte zusammengedrückt. Diese wird dann<br />
mit dem Caliper gemessen. Anschließend<br />
werden die Werte in ein Online-Tool oder<br />
eine Smartphone-App eingegeben und daraus<br />
dann der Körperfettanteil errechnet.<br />
Als Herausforderung gilt eine möglichst<br />
genaue Vorgehensweise bei der Messung.<br />
So sollte man immer an derselben Stelle<br />
eine gleich große Hautfläche greifen, um<br />
genaue Vergleichswerte zu erzielen. Bei<br />
der Drei-Falten-Methode mit Messpunkten<br />
am Bauch, Bizeps und Oberschenkel ist<br />
es noch möglich, selbst eine Messung am<br />
eigenen Körper durchzuführen. Je mehr<br />
72<br />
2/20<strong>23</strong>
PrEP<br />
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73
WELLBEING<br />
/<br />
body<br />
FOTO: ANDREYPOPOV / WWW.ISTOCKPHOTO.COM<br />
Körperfettmessung mit dem Caliper<br />
Messpunkte dazukommen (Vier-, Fünf-,<br />
Sieben- oder Neun-Falten-Methode), die<br />
auch im Schulterblattbereich, am Trizeps<br />
und Rücken liegen können, benötigt man<br />
die Hilfe einer zweiten Person. Dem Caliper<br />
liegt meistens eine genaue Gebrauchsanweisung<br />
mit den exakten Messpunkten bei.<br />
Allerdings schwanken auch hier die Ergebnisse<br />
und sind von einer korrekten<br />
Messung abhängig. Auch eine nachlassende<br />
Elastizität des Fettgewebes im Alter, die<br />
Dicke der Haut sowie hohes Übergewicht<br />
können die Werte negativ beeinflussen.<br />
Wer sichergehen will, der kann solch eine<br />
Messung beim Sportarzt durchführen lassen.<br />
Für den Gebrauch zu Hause sprechen<br />
die günstigen Anschaffungskosten, denn<br />
ein Caliper ist schon für unter zehn Euro<br />
erhältlich. Gute Fettmesswaagen sind hingegen<br />
ab rund 70 Euro erhältlich.<br />
DIE „OPTISCHE“ MESSMETHODE<br />
Letztendlich liefern sowohl die Bioelektrische<br />
Impedanzanalyse mithilfe der Körperfettwaage<br />
als auch die Faltenmessung mit<br />
dem Caliper lediglich Orientierungswerte,<br />
aber keinen absolut verlässlichen Wert.<br />
Ob man nun als Mann zehn oder 20 Prozent<br />
Körperfettanteil hat, ist es für die Gesundheit<br />
wenig entscheidend, denn beide<br />
Werte liegen im gesunden Bereich. Stattdessen<br />
lässt sich der Körperfettanteil auch<br />
optisch und haptisch einfach beurteilen.<br />
Sobald die Bauchmuskeln zum Vorschein<br />
kommen und man sie gut abtasten kann,<br />
ist es ein verlässlicher Indikator für einen<br />
sehr geringen Körperfettanteil. Ein Sixpack<br />
wird bei trainierten Männern meist<br />
ab rund 12 Prozent und weniger sichtbar.<br />
Übertreiben sollte man es jedoch nicht,<br />
denn zu wenig Körperfett ist ebenfalls<br />
ungesund. Es kann den Hormonhaushalt<br />
stören, das Immunsystem schwächen und<br />
erhöht die Kälteempfindlichkeit. Für Männer<br />
gelten etwa zehn Prozent Körperfettanteil<br />
als eine gesunde Untergrenze.<br />
74<br />
2/20<strong>23</strong>
AUSGABE 1<br />
M ä r z<br />
20<strong>23</strong><br />
Von Experten für Experten<br />
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Interview DoxyPEP und Impfung<br />
Erektile Dysfunktion<br />
Kutane Diphtherie<br />
PrEP – heute, morgen<br />
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Psychologie des<br />
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WELLBEING/ sport<br />
Autor: Martin Lewicki<br />
Besseres Muskelwachstum mit dem<br />
SUPERSATZ-<br />
TRAINING<br />
Mit sogenannten Supersätzen<br />
kann man sein Muskelwachstum<br />
beschleunigen, gleichzeitig<br />
viel Zeit beim Training<br />
sparen und auch noch die<br />
Fettverbrennung ankurbeln.<br />
Doch wie genau funktioniert es<br />
und welche Trainingsvarianten<br />
gibt es? Wir klären die Fragen.<br />
FOTO: FREEPIK.COM<br />
Supersätze gelten als eine Art Wunderwaffe<br />
unter Kraftsportlern, denn sie regen<br />
durch die erhöhte Trainingsintensität das<br />
Muskelwachstum deutlich an. Das Weglassen<br />
von Pausen beim Supersatz-Training<br />
spart zudem Zeit. Und weil der Stoffwechsel<br />
auf Hochtouren läuft, wird die Fettverbrennung<br />
angekurbelt. Das zeigt eine<br />
amerikanische Studie der „University of<br />
New England“, wonach der Kalorienumsatz<br />
noch 24 Stunden nach dem Training<br />
bei den Probanden signifikant erhöht war.<br />
Selbst für Cardio-Muffel sind Supersätze<br />
eine gute Alternative.<br />
SO FUNKTIONIERT DAS<br />
SUPERSATZ-TRAINING<br />
Bei einem normalen Fitness-Workout<br />
besteht eine Übung beispielsweise aus<br />
drei Sätzen à zwölf Wiederholungen.<br />
Dazwischen macht man meistens eine<br />
etwa ein- bis zweiminütige Pause, bis man<br />
76<br />
2/20<strong>23</strong>
wieder fit für den nächsten Satz ist. Beim<br />
Supersatz-Training hingegen wird nach<br />
jedem Satz einer Übung ein weiterer Satz<br />
sofort im Anschluss ohne Pause ausgeführt.<br />
Allerdings nicht die gleiche Übung,<br />
sondern eine gänzlich andere.<br />
Und hier gibt es drei verschiedene<br />
Varianten, wie man Supersätze in sein<br />
Training einbauen kann.<br />
1. VARIANTE:<br />
Gleiche Muskelgruppen trainieren<br />
Bei dieser Supersatz-Variante (auch<br />
Verbundsatz genannt) werden zwei<br />
verschiedene Übungen für die gleiche<br />
Muskelpartie nacheinander ausgeführt.<br />
Beispielsweise das Bankdrücken (mit viel<br />
Gewicht) und sofort danach Butterflys<br />
(mit wenig Gewicht), um die Brustmuskulatur<br />
zu trainieren. Der Vorteil dieser<br />
Variante: Der Muskel wird maximal und<br />
aus verschiedenen Richtungen trainiert<br />
und erschöpft. Das führt zu einer stärkeren<br />
Stimulation und somit schnellerem<br />
Muskelwachstum. Besonders Kraftsportler,<br />
die stagnieren und ein Trainingsplateau<br />
erreicht haben, können mit dieser<br />
Methode neues Wachstum anregen.<br />
2. VARIANTE:<br />
Antagonistische Muskeln trainieren<br />
Bei dieser Supersatz-Variante trainiert<br />
man die exakt entgegengesetzten Muskelpartien.<br />
Diese Gegenspieler nennt man<br />
Antagonisten. So zum Beispiel den Bizeps<br />
und anschließend den Trizeps. Der Vorteil<br />
dieser Variante: Sie führt zu einem sehr<br />
ausgeglichenen Training des Körpers,<br />
da einzelne Muskeln nicht vernachlässigt<br />
werden. Während etwa der Bizeps<br />
trainiert wird, dehnt sich der Trizeps und<br />
andersrum genauso. Außerdem ist die<br />
Gefahr eines Übertrainings geringer, da<br />
einzelne Muskelpartien nicht so stark erschöpft<br />
werden wie bei der ersten Variante<br />
mit gleichen Muskelgruppen. Dadurch<br />
lassen sich kürzere Pausen zwischen den<br />
Sätzen einbauen und der Stoffwechsel<br />
nochmals erhöhen. Und weil man unterschiedliche<br />
Muskeln ohne eine Pause<br />
trainiert, verkürzt die gesamte Trainingsdauer<br />
deutlich.<br />
3. VARIANTE:<br />
Ganzkörpertraining<br />
Bei dieser Variante trainiert man zwei<br />
gänzlich verschiedene Körperpartien<br />
hintereinander ohne Pause. Also zum<br />
Beispiel die Beine und danach gleich den<br />
Bauch oder die Arme. Der Vorteil hierbei:<br />
In erste Linie Zeitersparnis. So kann<br />
man ein Ganzkörpertraining in einer<br />
Trainingseinheit absolvieren. Reduziert<br />
man dabei zusätzlich die Pausen zwischen<br />
den Sätzen auf ein Minimum, regt man<br />
seinen Stoffwechsel am stärksten an. Beispielsweise<br />
lässt sich ein Übungspaar wie<br />
Beine und Bauch dreimal hintereinander<br />
ohne Pause ausführen. Erst danach gönnt<br />
man sich eine Pause vor dem nächsten<br />
Übungspaar.<br />
DARAUF SOLLTE MAN BEIM<br />
SUPERSATZ-TRAINING ACHTEN<br />
Insbesondere bei der ersten Variante sollte<br />
man Übungen ausführen, die man gut<br />
und sicher beherrscht. Denn bei der maximalen<br />
Erschöpfung des Muskels können<br />
sich schnell Fehler und Verletzungen einschleichen.<br />
Auch sollte man diese Variante<br />
nicht zu oft anwenden, da sich sonst der<br />
Körper an den Supersatz gewöhnt und der<br />
Wachstumsreiz wird schwächer.<br />
Bei den Varianten 2 und 3 sollte man beachten,<br />
dass die verkürzten Pausen den<br />
Körper stark auslaugen können. Deswegen<br />
sind hinterher ein bis zwei Tage Erholung<br />
empfehlenswert, damit es nicht zu<br />
einem Übertraining und einer anhaltenden<br />
Erschöpfung kommt. Auf keinen Fall<br />
darf man an zwei aufeinanderfolgenden<br />
Tagen dieselben Muskeln trainieren.<br />
77
WELLBEING<br />
/<br />
sport<br />
Autor: Felix Just<br />
JUST KEEP<br />
Deshalb ist Schwimmen<br />
Circa neun Millionen Menschen in Deutschland gehen jeden Monat mindestens einmal<br />
schwimmen. Knapp über eine Million Hobbysportler treibt es sogar mehrmals die Woche in die<br />
Schwimm- und Freizeitbäder der Republik. Von denen gibt es übrigens in Europa nirgendwo<br />
sonst so viele wie bei uns*. Warum Schwimmen so gesund ist? Hier sagen wir’s dir!<br />
EINER FÜR ALLE<br />
Kaum eine andere Sportart beansprucht den<br />
Körper so ganzheitlich wie das Schwimmen.<br />
Arme, Beine, aber auch die Körpermitte<br />
sowie der Rücken werden gestärkt.<br />
ALLE FÜR EINEN<br />
Schwimmen ist für alle da. Egal welche<br />
Altersgruppe oder welches Fitnesslevel, bei<br />
dieser Sportart bedarf es außer der Fähigkeit,<br />
sich über Wasser zu halten, keiner<br />
besonderen Talente.<br />
HERZ & LUNGE<br />
Zwei Organe, die ganz besonders vom<br />
Schwimmen profitieren, sind unser Herz<br />
und unsere Lungen. Die Herzmuskulatur<br />
wird trainiert und das Lungenvolumen vergrößert.<br />
Die Gefahr, an einem Herzinfarkt<br />
oder Schlaganfall zu sterben, wird drastisch<br />
reduziert.<br />
SCHMERZFREI<br />
Der Universalcharakter des<br />
Schwimmens macht sich besonders<br />
bei Personen mit Vorerkrankungen<br />
und chronischen Schmerzen bemerkbar.<br />
Durch den Auftrieb im Wasser<br />
verringert sich die Belastung der<br />
Gelenke durch das eigene Gewicht<br />
um etwa 90 Prozent. Gelenke<br />
werden geschont und<br />
neuen Verletzungen<br />
wird vorgebeugt.<br />
ICON: ADRIEN COQUET_/ THENOUNPROJECT.COM<br />
78<br />
2/20<strong>23</strong>
SWIMMING<br />
so gut für Körper und Geist<br />
SCHWIMMEN MACHT ...<br />
... SCHLAU<br />
Unterschiedliche Studien haben ergeben,<br />
dass das Schwimmen unsere<br />
kognitiven Fähigkeiten steigern kann.<br />
Im Besonderen sollen sich unser<br />
visuelles Auffassungsvermögen sowie<br />
unser Kurz- und Langzeitgedächtnis<br />
verbessern.<br />
... GLÜCKLICH<br />
Ähnlich wie beim Joggen schüttet der<br />
Körper beim Schwimmen Endorphine und<br />
Serotonin aus. Schwimmer leiden deshalb<br />
weniger häufig an Depressionen und Angststörungen.<br />
... MÜDE<br />
Wer sich regelmäßig körperlich verausgabt,<br />
schläft besser. Studien haben gezeigt, dass<br />
Menschen, die eine wöchentliche Workout-<br />
Routine verfolgen, bis zu 30 Prozent zufriedener<br />
mit der Qualität ihres Schlafes sind.<br />
... SCHLANK<br />
Weil Schwimmen so viele Muskelgruppen<br />
gleichzeitig trainiert, ist es nicht nur ein<br />
wunderbarer Weg, um abzunehmen, es<br />
spart darüber hinaus auch richtig Zeit. Eine<br />
Stunde Schwimmen verbrennt etwa doppelt<br />
so viele Kalorien wie eine Stunde Walking.<br />
*Laut dem Deutschen Schwimm-Verband gibt es im europaweiten Vergleich nirgends mehr Bäder mit 50-Meter-Becken als<br />
in Deutschland. Insgesamt stehen der Öffentlichkeit über 6.000 Schwimmhallen und Freibäder zur Verfügung.<br />
79
WELLBEING<br />
/<br />
sport<br />
Autor: Martin Lewicki<br />
10.000<br />
SCHRITTE PRO TAG<br />
Wie gesund sind sie wirklich?<br />
Sich möglichst jeden Tag viel zu bewegen ist wichtig für Körper und Geist. Eine weitverbreitete<br />
Faustregel lautet: Mindestens 10.000 Schritte sollte man täglich zurücklegen.<br />
Doch wie schafft man das? Und lässt sich damit auch Sport ersetzen?<br />
Diese Zahl hat sich fest in unsere Köpfe<br />
eingebrannt: 10.000 Schritte pro Tag. Dies<br />
empfiehlt nicht nur die Weltgesundheitsorganisation<br />
WHO, sondern so ziemlich<br />
jeder Fitness-Tracker am Handgelenk sowie<br />
etliche Gesundheits-Apps in unseren Smartphones.<br />
Denn Bewegung im Allgemeinen<br />
und das Gehen im Speziellen haben viele<br />
positive Effekte auf unsere Gesundheit und<br />
das Wohlbefinden, wie zahlreiche Studien<br />
belegen. Doch reichen die berühmten 10.000<br />
Schritte aus, um selbst Sport zu ersetzen?<br />
Und sind womöglich schon weniger Schritte<br />
ausreichend, um gesundheitlich zu profitieren?<br />
Wir sind den Fragen nachgegangen.<br />
Die Empfehlung der 10.000 Schritte<br />
geht auf eine Werbeaktion im Japan der<br />
1960er-Jahre zurück. Eine Firma namens<br />
Yamasa hatte damals den sogenannten<br />
„manpo-kei“ auf den Markt gebracht.<br />
Übersetzt bedeutet der Name so viel wie<br />
„10.000-Schritte-Zähler“, was das Gadget<br />
tatsächlich auch war. Der Wert von 10.000<br />
Schritten beruhte auf einer Annahme.<br />
Eine Untersuchung hatte damals ergeben,<br />
dass Japaner im Schnitt täglich zwischen<br />
3500 und 5000 Schritten zurücklegten. Also<br />
ist man davon ausgegangen, dass 10.000<br />
Schritte das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />
reduzieren würden. Im Laufe<br />
der Jahrzehnte wurden die 10.000 Schritte<br />
zu einem Referenzwert und brannten sich<br />
in das Bewusstsein vieler Menschen ein.<br />
Mittlerweile wurde der Nutzen aber auch<br />
wissenschaftlich untersucht.<br />
80<br />
2/20<strong>23</strong>
FOTO: DROBOTDEAN / FREEPIK.COM<br />
DAS SAGEN AKTUELLE STUDIEN DAZU<br />
Es gibt etliche Studien, die dem Gehen<br />
eine positive Wirkung auf die Gesundheit<br />
bescheinigen. So ergab eine japanische<br />
Untersuchung aus dem Jahr 2016 mit 490<br />
Probanden, dass Personen, die 10.000<br />
Schritte zurücklegten, eine bessere Schlafqualität<br />
aufwiesen. Andere Studien legen<br />
nahe, dass 10.000 und mehr Schritte das<br />
Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />
reduzieren und sich positiv auf den Blutdruck<br />
auswirken können. Insgesamt zeigt<br />
sich allerdings, dass die magische Zahl von<br />
10.000 Schritten nur ein Richtwert ist. Verschiedene<br />
Forschungsergebnisse belegen<br />
nämlich, dass positive Effekte bereits bei<br />
weniger Schritten täglich möglich sind.<br />
Eine US-Studie aus dem Jahr 2019 mit<br />
rund 16.700 älteren Frauen (im Schnitt<br />
72 Jahre alt) hat gezeigt, dass bereits<br />
4400 Schritte täglich das Risiko für einen<br />
vorzeitigen Tod reduzierten. Eine andere<br />
Studie aus den USA mit über 4800 geschlechtsverschiedenen<br />
Probanden und<br />
einem Durchschnittsalter von 57 Jahren<br />
ergab, dass 8000 Schritte im Vergleich zu<br />
4000 Schritten pro Tag das Sterberisiko<br />
signifikant reduzierten.<br />
Diese und weitere Studien liefern damit<br />
deutliche Hinweise dafür, dass bereits<br />
ab 4.000 Schritten täglich die positiven<br />
Auswirkungen auf die Gesundheit steigen.<br />
Dabei ist ein steigender Effekt zu beobachten,<br />
der besonders stark zwischen 8.000<br />
und 12.000 Schritten pro Tag ausfällt.<br />
81
WELLBEING<br />
/<br />
sport<br />
„Einfaches Gehen kann je nach<br />
zurückgelegter Strecke sogar eine<br />
Trainingseinheit ersetzen.“<br />
SO VIELE SCHRITTE ERSETZEN<br />
SPORTLICHE AKTIVITÄT<br />
Viele Menschen glauben, man müsste sich<br />
ins Fitnessstudio prügeln, zum Joggen<br />
zwingen oder andere schweißtreibende<br />
Sportarten ausüben, um gesund zu bleiben.<br />
Doch sportliche Aktivitäten lassen sich<br />
nicht immer einfach in den Alltag integrieren.<br />
Und Sport bereitet generell nicht<br />
jedem Spaß. Die ständige Selbstmotivation<br />
und das schlechte Gefühl, wenn man es mit<br />
dem Sport schleifen lässt, können sogar zu<br />
Stresserzeugern werden.<br />
Es gibt aber eine gute Nachricht: Einfaches<br />
Gehen kann je nach zurückgelegter Strecke<br />
sogar eine Trainingseinheit ersetzen. So entsprechen<br />
rund 7.500 Schritte einer Stunde<br />
langsamen Radfahrens. Mit 12.500 Schritten<br />
lässt sich eine Stunde leichten Joggens<br />
ersetzen. Somit ist jeder zusätzliche Schritt<br />
wertvoll und lässt sich meist einfacher<br />
im Alltag umsetzen als eine Trainingseinheit.<br />
Die empfohlenen 10.000 Schritte<br />
entsprechen übrigens rund 6,5 Kilometern<br />
Strecken, was abhängig von der Schrittlänge<br />
mehr oder weniger sein kann.<br />
Das Sammeln der Schritte klappt im Alltag<br />
mit ein paar einfachen Tipps. Wenn<br />
möglich, sollte man auf das Auto verzichten<br />
und lieber öffentliche Verkehrsmittel<br />
nutzen. Noch besser ist es, auf ein Fahrrad<br />
umzusteigen. Im Internet gibt es Umrechnungshelfer,<br />
wie man die zurückgelegte<br />
Fahrradstrecke in Schritte konvertiert.<br />
Alternativ bieten einige Fitness-Tracker<br />
und Smartwatches eine integrierte Umrechnungsfunktion.<br />
Wer der Arbeitsweg weder zu Fuß noch<br />
per Fahrrad zurücklegen möchte, der sollte<br />
einfach mal eine oder zwei Stationen<br />
früher aus dem Bus oder der Bahn aussteigen<br />
und den Rest des Weges laufen.<br />
Das sorgt morgens für einen Energiekick<br />
und hilft Abend nach der Arbeit beim<br />
Stressabbau. Besonders empfehlenswert<br />
ist es, sich in der Mittagspause einen kleinen<br />
Verdauungsspaziergang zu gönnen<br />
- oder nach ein paar Stunden am Schreibtisch<br />
einfach mal um den Häuserblock<br />
zu gehen. Und natürlich sollte man so oft<br />
es geht Treppen steigen, anstatt Fahrstühle<br />
und Rolltreppen zu nutzen. All das<br />
summiert sich am Ende des Tages zu einer<br />
gesunden Schrittbilanz. So schafft jeder<br />
die empfohlenen 10.000 Schritte.<br />
Im Endeffekt ist es gesünder, sich jeden<br />
Tag viel zu bewegen, anstatt viel zu sitzen<br />
und lediglich zwei Mal die Woche zu joggen<br />
oder ins Fitnessstudio zu gehen. Dennoch:<br />
Speziell im höheren Alter ist es wichtig,<br />
regelmäßig Kraftsport oder andere kräftigende<br />
Aktivitäten auszuüben, um dem<br />
fortschreitenden Muskelabbau entgegenzuwirken.<br />
Denn zum Muskelerhalt sowie<br />
Muskelaufbau braucht es Widerstandstraining.<br />
Und das können die 10.000 Schritte<br />
am Tag nicht leisten.<br />
82<br />
2/20<strong>23</strong>
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WELLBEING / sport<br />
Autor: Felix Just<br />
GET THAT<br />
SUMMER BODY<br />
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7 Tipps für den Nullkommanix-Sixpack<br />
Der Sommer ist da und mit ihm lange Tage am See und jede Menge Sixpacks.<br />
Du willst selber angeben, hast im Winter aber mehr gefuttert als gepumpt? Mit<br />
diesen fünf Regeln baust du die Plauze ab und Muskeln im Nullkommanix auf.<br />
HUNGERN BRINGT NICHTS<br />
Wer auf Diät geht, signalisiert dem Körper,<br />
dass Nahrung knapp ist. Dessen biologische<br />
Programmierung setzt dann auf<br />
Speichern und nicht auf Verbrennen.<br />
Ergo: Alles, was du dem Körper zuführst<br />
und er nicht unbedingt benötigt, wird in<br />
Form von Fettreserven gebunkert – vor<br />
allem rund um den Bauch. Deshalb lieber<br />
mit rund 2.000 Kalorien haushalten und<br />
dafür das Verhältnis der Nahrungsgruppen<br />
anpassen. Das heißt, Lebensmittel mit<br />
besonders viel Proteingehalt hochfahren<br />
und Kohlenhydrate sowie Fett drosseln.<br />
Wir empfehlen ein Verhältnis von 2 : 1 : 1<br />
(Protein : Kohlenhydrate : Fett).<br />
HEAVY METAL<br />
Statt leichter Gewichte und vieler<br />
Wiederholungen setzt du für den kurzfristigen<br />
Gewichtsverlust und Muskelaufbau<br />
auf die ganz Großen im Gym. Heißt:<br />
Lieber öfter mit der Langhantel und<br />
schweren Kalibern trainieren als mit Kabelmaschine<br />
und Kurzhantel. So nimmst<br />
du a) mehr Muskelgruppen in Anspruch<br />
und reizt b) den Muskel sicher bis zur<br />
Erschöpfung aus. Gleichzeitig verbrennt<br />
ein Körper mit mehr Muskelmasse mehr<br />
Energie selbst im Ruhezustand. Dein Post-<br />
Workout-Workout macht sich damit quasi<br />
wie von alleine.<br />
84<br />
2/20<strong>23</strong>
85<br />
FOTO: HALAYALEX / FREEPIK.COM
WELLBEING / sport<br />
PLAN, PREP, EAT<br />
Für den perfekten Beach Body reicht es<br />
nicht, auf Süßigkeiten, Alkohol und stark<br />
verarbeitete Lebensmittel zu verzichten –<br />
aber auch das sollte Teil deiner Bodyshaping-Routine<br />
sein. Mindestens genauso<br />
wichtig ist es, dem Körper möglichst<br />
ausgeglichen über den Tag verteilt Energie<br />
zuzuführen, im besten Fall immer zur<br />
gleichen Stunde. Es lohnt sich also, einen<br />
Reminder einzustellen, der dich erinnert,<br />
wenn es Zeit für den nächsten Snack ist.<br />
Idealerweise bereitest du deine Mahlzeiten<br />
schon am Abend vor, damit du gar nicht<br />
erst in die Versuchung kommst, dir schnell<br />
mal beim Dönerimbiss um die Ecke einen<br />
Kebab zu besorgen. Und ganz wichtig: Niemals<br />
das Frühstück weglassen, denn dieses<br />
bringt deinen Metabolismus in Gang und<br />
hilft dir dabei, mehr Kalorien über den Tag<br />
zu verbrennen.<br />
MIX IT UP!<br />
Nichts regt das Muskelwachstum mehr<br />
an als neue Reize. Wer über Wochen den<br />
exakt gleichen Trainingsplan mit den exakt<br />
gleichen Übungen verfolgt, wird früher<br />
oder später auf einem Plateau landen. Egal<br />
wie sehr du dich dann anstrengst, es regt<br />
sich nichts. Hol dir Inspiration von Fitness-<br />
Influencern oder Magazinen wie unserem<br />
und überrasch dich selbst und deinen Körper<br />
mit neuen Workouts und Übungen.<br />
TEAMWORK MAKES THE<br />
DREAM WORK<br />
Der Mensch ist ein Herdentier oder mindestens<br />
ein „Gruppentier“. Wir suchen<br />
uns Freunde und Freundeskreise, die uns<br />
selbst ähnlich sind, und adaptieren und<br />
imitieren deren Verhaltensweisen. Finde<br />
also eine Handvoll Jungs, die genau wie du<br />
einen konsequenten Trainings- und Ernährungsplan<br />
verfolgen. Auch ein gesunder<br />
Wettbewerb untereinander hilft dir dabei,<br />
deine „Body Goals“ zu erreichen.<br />
STILLSTAND IST DER TOD DES<br />
BEACH BODYS<br />
Ja, der Körper braucht auch Ruhephasen,<br />
um sich nach fordernden Trainingseinheiten<br />
zu erholen. Das bedeutet aber nicht,<br />
dass du zu Hause auf dem Sofa lümmeln<br />
darfst. Besser: An Tagen, die du nicht für<br />
das Krafttraining nutzt, einfach mal für<br />
eine Stunde spazieren gehen oder in der<br />
Schwimmhalle entspannt deine Bahnen<br />
ziehen. Das balanciert deinen Kalorienverbrauch<br />
auch dann aus, wenn du mal nicht<br />
pumpen gehst. Außerdem produziert dein<br />
Körper so auch an Ruhetagen die Hormone,<br />
die du benötigst, um deine Muskeln<br />
effektiv zu regenerieren. Oder versuch’s<br />
doch mal mit Yoga, denn häufig kommt<br />
die Beweglichkeit in Phasen intensiver<br />
Trainingseinheiten zu kurz.<br />
DER SCHLAF DER GERECHTEN<br />
(UND FITTEN)<br />
Nichts ist für deine Trainingsziele abträglicher<br />
als schlechter Schlaf, denn wer zu<br />
wenig schläft, riskiert die Ausschüttung<br />
von Hormonen, die für ein gesteigertes<br />
Hungergefühl verantwortlich sind. Studien<br />
haben gezeigt, dass Menschen, die über<br />
einen längeren Zeitraum weniger als<br />
sieben Stunden in der Nacht schlafen, mit<br />
einer Gewichtszunahme von bis zu 25 Prozent<br />
oder mehr rechnen müssen!<br />
86<br />
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www.männer.media<br />
immer aktuell<br />
informiert
WELLBEING<br />
/<br />
sport<br />
Autor: Felix Just<br />
GYM BAG<br />
ESSENTIALS<br />
Was unbedingt in deine Sporttasche gehört<br />
So eine Sporttasche, oder „Gym Bag“, transportiert im besten Falle alle Essentials für dein Workout.<br />
Viele Hobbysportler und Athleten packen die Tasche schon am Vorabend, um a) Zeit am Morgen zu<br />
sparen und b) am nächsten Tag eine Ausrede weniger zu haben, das Fitnessstudio zu skippen. Aber<br />
was gehört eigentlich in eine perfekt gepackte Gym Bag?<br />
BASICS<br />
In jede gut sortierte Sporttasche gehören<br />
neben Kopfhörern und Co. ein frisches<br />
Baumwollhandtuch, um deinen Schweiß<br />
aufzufangen, sowie eine Wasserflasche,<br />
am besten aus Edelstahl, da diese leicht<br />
und stabil ist und gleichzeitig Getränke<br />
länger warm oder kalt hält<br />
als eine Flasche aus Kunststoff.<br />
Außerdem solltest du immer den<br />
ein oder anderen Energieriegel<br />
dabeihaben, um die Muskeln während<br />
und nach dem Training mit<br />
Energie zu versorgen.<br />
TECH-<br />
EQUIPMENT<br />
Viele Sportler trainieren am effektivsten,<br />
wenn sie beim Workout Musik hören. Es<br />
empfehlen sich kabellose Kopfhörer, da<br />
sich diese nicht in den Gewichten oder<br />
den Maschinen im Fitnessstudio verfangen.<br />
Sie sollten schweiß- und erschütterungsresistent<br />
sein und sich im Ohr<br />
angenehm anfühlen. – Außerdem lohnt es<br />
sich, in ein Gerät zu investieren, das deine<br />
Fortschritte misst und dokumentiert.<br />
88<br />
2/20<strong>23</strong>
LIEBES TAGEBUCH …<br />
Erste Erfolge im Gym sind relativ leicht zu erzielen. Wer vorher nicht oder<br />
nur sehr wenig trainiert hat, kann innerhalb weniger Monate sichtbare<br />
Veränderungen wahrnehmen. Ab etwa drei Monaten konsequenten Trainings<br />
werden die Steps kleiner und die Progression verlangsamt sich. Viele<br />
Sportler landen dann auf ihrem ersten Erfolgsplateau. Immer dann wird<br />
es wichtig, sich in einem kleinen Gym-Tagebuch Notizen über Fortschritte,<br />
Gewichte und Wiederholungen zu machen. Sie helfen dir dabei, dich zu verbessern,<br />
auch wenn im Spiegel scheinbar nichts passiert.<br />
FOTO: FREEPIK.COM, ICONS: THENOUNPROJECT.COM<br />
TOPS &<br />
BOTTOMS<br />
Die richtige Workout-<br />
Gear ist mindestens genauso wichtig<br />
wie das passende Schuhwerk. Das<br />
Oberteil sollte atmungsaktiv und<br />
idealerweise wasserabweisend*<br />
sein, besonders im Sommer, wenn<br />
du viel schwitzt. Entzündungen auf<br />
der Haut und Überhitzung werden<br />
somit vorgebeugt. Deine Shorts oder<br />
Hose sollte über einen hohen Stretch-<br />
Anteil verfügen, damit du beispielsweise<br />
Squats oder Laufübungen ungehindert<br />
durchführen kannst. Stell sicher,<br />
dass die Hose Taschen hat, damit du<br />
deine Membership-Card und dein Telefon<br />
bequem mit dir führen kannst.<br />
(*Das gilt auch und im Speziellen für<br />
deine Unterwäsche.)<br />
SCHUHWERK<br />
Siebenmeilenstiefel oder belastbare<br />
Boots? Das kommt darauf an, wie und<br />
wo du trainierst. Konzentriert sich dein<br />
Workout auf Cardio-Einheiten und Ausdauerdisziplinen,<br />
dann sind Laufschuhe<br />
die richtige Wahl. Hebst du schwere<br />
Gewichte, benötigst du sogenannte<br />
Gewichtheberschuhe, die deine Gelenke<br />
auf andere Weise entlasten als Joggingschuhe.<br />
Und dann gibt es natürlich noch<br />
solche Schuhe für spezielle Sportarten<br />
wie Fußball, Klettern oder Wandern.<br />
Wechsele zwischen zwei Paar Schuhen,<br />
damit diese zwischendurch gut trocknen<br />
können. So vermeidest du unangenehme<br />
Gerüche und Fußpilz. Laufschuhe sollten<br />
übrigens alle zwei Jahre neu gekauft werden,<br />
weil sie bei häufigem Gebrauch ihre<br />
Stoßdämpferwirkung verlieren.<br />
DIE PERFEKTE SPORTTASCHE<br />
Und wie sieht die Sporttasche selbst aus? Die richtige Größe ist der wichtigste<br />
Faktor beim Kauf, denn ist sie zu klein, passen nicht alle Items<br />
hinein oder werden zerdrückt und gehen schneller kaputt. Ist sie zu<br />
groß, wird der Transport behäbig und unkomfortabel. Der Tragegurt sollte<br />
breit genug sein, damit dir die Tasche nicht in die Schulter schneidet.<br />
Das Material muss wetterfest und das Innenleben durch kleinere Pockets<br />
besser zu organisieren sein.<br />
89
WELLBEING<br />
/<br />
ernährung<br />
WIE VIEL<br />
WASSER<br />
SOLL MAN<br />
ZU SICH<br />
NEHMEN?<br />
Wasser – Die Quelle des Lebens, jeder braucht es, keiner kann ohne. Auch wenn die<br />
Nahrungsaufnahme, verschiedene Diäten und Lebensstile Fokus zahlreicher Diskussionen<br />
sind, so ist das Essen nicht das Wichtigste für den Menschen. Der menschliche<br />
Organismus besteht aus bis zu 60 Prozent Wasser, somit ist es kein Wunder, dass<br />
niemand länger als drei Tage ohne zu trinken überlebt.<br />
FOTO: RAWPIXEL.COM / FREEPIK.COM<br />
Ein jeder wird vermutlich schon einmal<br />
die Erfahrung gemacht haben, entweder<br />
zu wenig oder zu viel Wasser getrunken<br />
zu haben, die Folgen können ganz unterschiedlich<br />
sein. Der Körper scheidet Wasser<br />
nicht nur durch Urinieren aus dem Körper<br />
aus, es wird oft auch unterschätzt, wie viel<br />
Flüssigkeit beim Schwitzen durch die Haut<br />
ausgeschieden wird. In einem Land wie<br />
Deutschland, dessen Bevölkerung glücklicherweise<br />
nicht mit akutem Wassermangel<br />
leben muss, stellt sich die Frage: Wie viel<br />
soll man denn nun trinken?<br />
EIN MYTHOS UNTER DIE LUPE<br />
GENOMMEN<br />
Die zwei-Liter-Regel wird jedem Menschen<br />
schon einmal als Ratschlag erteilt<br />
worden sein. Es dürfte Einige interessieren,<br />
dass diese Regel keine wissenschaftliche<br />
oder medizinische Grundlage hat<br />
und somit als standardisierte Empfehlung<br />
nutzlos ist, so Forscher Yosuke Yamada<br />
vom National Institute of Biomedical<br />
Innovation gegenüber dem britischen<br />
„Guardian”.<br />
90<br />
2/20<strong>23</strong>
Gemeinsam mit nicht weniger als<br />
90 Kolleg*innen wurden im Fachblatt<br />
„Science” akribische Analysen des Wasserumsatzes<br />
von insgesamt 5604 Menschen<br />
aus <strong>23</strong> Ländern vorgelegt. Mit einer Altersspanne<br />
der Teilnehmenden von acht Tagen<br />
bis hin zu 96 Jahren wurde hier die Bevölkerung<br />
in ihrer Ganzheit abgedeckt. Da<br />
das System „Wasser rein vs. Wasser raus”<br />
so einfach nicht funktioniert, wurden<br />
die zahlreichen Lebensumstände, die die<br />
Flüssigkeitszufuhr eines Individuums beeinflussen<br />
und regulieren in die Gleichung<br />
mit aufgenommen. Hier konnte somit<br />
unter Berücksichtigung wichtiger Variablen<br />
wie sportlicher Aktivität, Schwangerschaft<br />
und sozioökonomischer Status sowie<br />
Umweltfaktoren wie Umgebungstemperatur<br />
und Luftfeuchtigkeit des jeweiligen<br />
Wohnorts, ein umfangreiches Ergebnis<br />
geschlossen werden.<br />
Dazu wurde den Proband*innen ein<br />
Glas Wasser mit dem Isotop Deuterium<br />
verabreicht, um erkennen zu können,<br />
ab wann dieser Stoff wieder aus dem<br />
System vollends ausgeschieden wurde.<br />
Die Dauer dieses zirkulären Ablaufes ließ<br />
direkte Rückschlüsse auf den individuellen<br />
Wasserumsatz ziehen. Die Gleichung<br />
beschreibt somit den theoretischen<br />
Wasserumsatz eines Menschen unter Berücksichtigung<br />
der anfangs beschriebenen<br />
Variablen.<br />
Die Studienergebnisse beschreiben, dass<br />
aktive Menschen mit einem energetischen<br />
Lebensstil einen höheren Wasserbedarf<br />
aufwiesen als inaktive Menschen mit<br />
einem Bürojob. Im Alter wird der Bedarf<br />
immer niedriger, schwangere Frauen wießen<br />
dafür einen höheren Bedarf auf. Den<br />
Rekordwert der Proband*innen halten vorrangig<br />
Leistungssportler*innen mit einem<br />
Wasserumsatz von mehr als zehn Litern.<br />
Nun darf man sich zurecht fragen, wie<br />
ein Mensch zehn Liter Flüssigkeit zu sich<br />
nehmen kann. Gar nicht! Ein großer Prozentsatz<br />
der Flüssigkeitszufuhr kann über<br />
die Nahrungsaufnahme erfolgen, doch<br />
auch das hängt von der Ernährung des<br />
Individuums ab: „Wer nur Brot und Eier<br />
mit Speck isst, nimmt nicht viel Wasser aus<br />
Lebensmitteln auf”, so Experte Yamada<br />
gegenüber dem Guardian: „Aber wenn<br />
man sich von Fleisch, Gemüse, Fisch,<br />
Pasta und Reis ernährt, können ungefähr<br />
50 Prozent des Wasserbedarfs übers Essen<br />
gedeckt werden”.<br />
WAS RATEN FORSCHER*INNEN<br />
DENN NUN ALS PERFEKTEN<br />
WASSERBEDARF?<br />
Ein perfekter Wasserbedarf lässt sich nicht<br />
pauschal für jeden Menschen festlegen.<br />
John Spearman, ein Kollege Yamadas,<br />
beschreibt gegenüber dem SPIEGEL, dass<br />
es nicht gesundheitsschädigend sei, mehr<br />
als zwei Liter täglich zu sich zu nehmen.<br />
Allerdings sei der Bedarf variabel und von<br />
vielen Faktoren abhängig. Eine konkrete<br />
Aussage über die Menge lässt sich somit<br />
nicht finden, jedoch macht es hier Sinn<br />
auf seinen Körper zu hören. Dehydration<br />
verursacht im Körper eine Vielzahl an<br />
Problemen, von Kopfschmerzen, über<br />
Durst und Hauttrockenheit bis hin zu<br />
Konzentrationsmangel. Da das Blut bei<br />
Wassermangel langsamer fließt, wird somit<br />
auch die Nährstoff- und Sauerstoffversorgung<br />
eingeschränkt. Um einen funktionierenden<br />
Körperhaushalt zu gewährleisten,<br />
sollte somit über diverse Wege genügend<br />
Flüssigkeit zu sich genommen werden.<br />
Wer sich nun sorgt, zu viel zu trinken, der<br />
kann wieder aufatmen. Forscher einer<br />
Studie der Monash-Universität in Melbourne<br />
fanden heraus, dass der Körper bei<br />
erreichtem Wasserbedarf ein Stoppsignal<br />
in Form von erschwertem Schlucken aussendet.<br />
Wie immer gilt es, alles in Maßen<br />
zu sich zu nehmen und auf die negativen<br />
oder positiven Zeichen des eigenen Körpers<br />
zu hören.<br />
91
WELLBEING<br />
/<br />
ernährung<br />
Autor: Felix Just<br />
FOOD<br />
MYTHS<br />
Um die Ernährung ranken sich seit jeher Mythen und vor allem<br />
jede Menge Spinnereien. Das gilt vor allem dann, wenn es ums Abnehmen<br />
oder den Muskelaufbau geht. Wie light ist „light“? Macht<br />
Proteinpulver wirklich schöner? Und ist Schokolade ein Muskel-<br />
Killer oder -Builder? Hier verraten wir es dir!<br />
L I G H T<br />
ICONS: FREEPIK.COM, FOTO: TOPNTP26 / FREEPIK.COM<br />
LIGHT PRODUKTE<br />
Bereits in den 1970er-Jahren strömten die<br />
ersten „Light“-Produkte auf den Markt. In<br />
den darauf folgenden Dekaden und durch<br />
das von TV und Social Media propagierte<br />
Schönheitsideal eines schlanken Körpers<br />
wurden es immer mehr. Heute gibt es von<br />
so ziemlich jedem Genussmittel – vom<br />
Softdrink bis hin zum Müsliriegel – eine<br />
Variante, die besonders mager sein soll. Tatsächlich<br />
ist die Bezeichnung als Light-Pro-<br />
92<br />
2/20<strong>23</strong>
dukt gesetzlich nicht definiert, allerdings<br />
gibt es verwandte Begriffe, die bestimmte<br />
Standards erfüllen müssen. So dürfen<br />
„energiearme“ Lebensmittel nicht mehr als<br />
40 kcal/100 g enthalten, „fettarme“ Produkte<br />
nicht mehr als 3 g Fett pro 100 g. Bei den<br />
„zuckerarmen“ Produkten dürfen bei festen<br />
Lebensmitteln nicht mehr als 5 g Zucker<br />
pro 100 g drin sein, bei Flüssigkeiten nicht<br />
mehr als 1,5 g pro 100 ml. Wichtig für deine<br />
Ernährung und deinen Hüftumfang ist aber<br />
in erster Linie der Kaloriengehalt eines Lebensmittels.<br />
Dieser ist bei herkömmlichen<br />
Produkten häufig sogar geringer als bei der<br />
Light-Variante. Deshalb lohnt es sich, den<br />
Kaloriengehalt pro 100 g in der Nährwertkennzeichnung<br />
zu studieren. Gleichzeitig<br />
enthalten vermeintliche Abnehmprodukte<br />
viele Ersatzstoffe, die für den Körper nicht<br />
gut sind. Dies gilt im Besonderen für Fette,<br />
die als Geschmacksträger dienen. Fehlen<br />
diese, werden sie oft durch Glutamat, Hefeextrakt<br />
oder Lactate substituiert. Bei vielen<br />
Menschen lösen diese Zusatzstoffe Kopfschmerzen,<br />
Übelkeit oder sogar Durchfall<br />
und allergische Reaktionen aus. Hinzu<br />
kommt das Gefühl, sich und seinem Körper<br />
mit Light-Lebensmitteln etwas Gutes zu<br />
tun, weshalb wir oft größere Mengen dieser<br />
Produkte zu uns nehmen, als wir sollten.<br />
Fazit: Wer abnehmen will, sollte die<br />
Finger von Light- und Zero-Editionen<br />
lassen und dafür den Kaloriengehalt<br />
seiner Mahlzeiten reduzieren.<br />
FOTO: RACOOL STUDIO / FREEPIK.COM<br />
MUSKELN WOLLEN PROTEIN<br />
Ja, das stimmt, aber: Nicht alle Proteinquellen<br />
sind gleichermaßen potent. So<br />
existiert neben dem reinen Proteingehalt<br />
eines Lebensmittels auch der biologische<br />
Proteinwert oder die Wertigkeit. Diese<br />
gibt an, wie gut ein Nahrungseiweiß vom<br />
Körper in eigenes Protein umgewandelt<br />
werden kann. Viele Fleischsorten und besonders<br />
solche, die nicht vom Bio-Bauern<br />
stammen – oder jene, die stark verarbeitet<br />
wurden wie beispielsweise Würste –, haben<br />
eine biologische Wertigkeit von gerade<br />
einmal 60 auf einer Skala von 0 bis 100.<br />
Ganz oben auf dem Podest landen übrigens<br />
Bio-Eier mit einem Topwert von 94. Natürlich<br />
ist Fleisch, das nicht aus Massentierhaltung<br />
stammt, sehr teuer und deshalb<br />
nicht für jeden erschwinglich. Dann kannst<br />
93
WELLBEING<br />
/<br />
ernährung<br />
du auf Protein aus pflanzlichen Quellen<br />
umsteigen wie Bohnen, Linsen, Nüsse<br />
oder Soja.<br />
Neben Eiweiß braucht der Körper selbstverständlich<br />
auch Kohlenhydrate. Ernährungswissenschaftler<br />
gehen von einem Verhältnis<br />
von 3 : 1 (Kohlenhydrate : Proteine)<br />
aus. Entscheidend ist ähnlich wie bei den<br />
proteinreichen Lebensmitteln die Qualität<br />
dieser Kohlenhydrate. Je besser die „Carbs“,<br />
desto besser können sie mit den Eiweißen<br />
zusammenarbeiten, um Muskelmasse aufzubauen.<br />
Obst enthält neben der Fructose,<br />
also den Kohlenhydraten, auch Vitamine,<br />
Mineralien und Antioxidantien, die für<br />
den Körper und speziell das Nervensystem<br />
genauso wichtig sind.<br />
Schokolade macht dick: Stimmt und stimmt<br />
nicht. In Maßen konsumiert kann dunkle<br />
Schokolade mit mindestens 80 Prozent<br />
Kakaogehalt den Muskelaufbau sogar<br />
fördern. Das liegt daran, dass Schokolade<br />
in seiner Basis ein pflanzliches Produkt ist.<br />
Die Kakaopflanze ist reich an Flavonoiden,<br />
und zwar solchen, die bei gesunden Personen<br />
eine Insulinsensibilität auslöst. Das<br />
heißt nichts anderes, als dass der Körper<br />
Kohlenhydrate effektiver verarbeitet. Nach<br />
einem Training mit schweren Gewichten<br />
wollen sich die Muskeln möglichst schnell<br />
regenerieren, weshalb ein Riegel aus dunkler<br />
Schokolade zum Proteinshake absolut<br />
Sinn macht.<br />
Fazit: Bei den Proteinquellen auf die Herkunft<br />
achten und im Zweifel auf pflanzliches<br />
Protein zurückgreifen. Nach dem<br />
Training solltest du dem Körper vor allem<br />
die richtigen Kohlenhydrate zuführen.<br />
PROTEINPULVER<br />
MACHT SCHÖNER<br />
Tatsächlich trägt Whey Protein oder<br />
Molkenprotein in einem beachtlichen<br />
Maße zum Muskelaufbau bei. Experten<br />
raten dazu, direkt nach dem Workout<br />
einen Shake zu trinken, damit die Muskeln<br />
sich rasch erholen und mit dem Aufbau<br />
von mehr Masse beginnen. Whey Protein<br />
regt die Blutzirkulation an und versorgt<br />
dich so noch besser mit anderen Nährstoffen<br />
und Sauerstoff. Es kann aber noch<br />
viel mehr: Die Antioxidantien im Whey<br />
Protein verbessern das Hautbild, während<br />
das Extra an Eiweiß und die enthaltenen<br />
Aminosäuren dem Körper helfen, Wunden<br />
schneller heilen zu können. Selbst deine<br />
Haare und Kopfhaut profitieren von dem<br />
Pro an Protein. Du kannst das Eiweißpulver<br />
sogar als Shampoo verwenden, wenn du<br />
mal keines zur Hand hast. Whey Protein<br />
führt der Kopfhaut Nährstoffe zu, macht<br />
das Haar geschmeidiger und bekämpft<br />
dank seiner säurehaltigen Eigenschaften<br />
sogar Schuppen.<br />
Fazit: Molkenprotein ist für den Körper die<br />
beste Option, den Muskel nach dem Training<br />
zu versorgen, und verfügt darüber<br />
hinaus über jede Menge weitere positive<br />
Eigenschaften. Menschen mit Laktoseintoleranz<br />
greifen zur veganen Alternative.<br />
ILLU: VECTORJUICE / FREEPIK.COM<br />
94<br />
2/20<strong>23</strong>
In jeder<br />
Stadt<br />
zu Hause<br />
Übernachten bei queeren<br />
Gastgebern in über 70 Ländern!<br />
AB 29 €<br />
PRO NACHT<br />
FOTO: ISTOCKPHOTO.COM/ PEOPLEIMAGES<br />
Seit 20 Jahren in der Community bekannt unter ebab
WELLBEING / ernährung<br />
Autor: Martin Lewicki<br />
MACHT<br />
FETT<br />
WIRKLICH<br />
DICK?<br />
Etliche Studien haben gezeigt, dass Speisefette wichtig und gesund sind,<br />
sofern man die richtigen verzehrt. Aber stimmt es wirklich, dass man von<br />
zu viel Fett zunimmt, oder sind andere Faktoren dafür verantwortlich?<br />
Wir haben uns die wissenschaftlichen Erkenntnisse dazu angeschaut.<br />
FOTO: HENGYAO TANG / UNSPLASH.COM<br />
In den letzten Jahrzehnten wurde der<br />
Lebensmittelmarkt mit fettarmen Light-<br />
Produkten geradezu überschwemmt. Dabei<br />
werden sie meist als kalorienreduzierte<br />
Schlankmacher verkauft, denn in unseren<br />
Köpfen hält sich immer noch die vermeintlich<br />
plausible Annahme: Fett macht fett. Die<br />
Diätindustrie konnte diesen Zusammenhang<br />
für sich nutzen und leicht verständlich<br />
Abnehmwilligen fettreduzierte Lebensmittel<br />
verkaufen. Doch was sagt eigentlich<br />
die Wissenschaft dazu? Gibt es einen<br />
Zusammenhang zwischen dem Verzehr von<br />
Speisefetten und Übergewicht?<br />
Zunächst muss man festhalten: Speisefette<br />
sind nicht grundsätzlich schlecht.<br />
Allerdings ist Fett nicht gleich Fett. Es wird<br />
unterschieden zwischen gesättigten und<br />
ungesättigten Fetten, die man früher gerne<br />
mit den Labeln „gesund“ beziehungsweise<br />
„ungesund“ versah. Diese Unterscheidung<br />
ist mittlerweile wissenschaftlich revidiert.<br />
Beide Fettarten, die in unterschiedlicher<br />
Gewichtung in Lebensmitteln vorkommen,<br />
braucht der Mensch täglich für Stoffwechselprozesse<br />
im Körper. So sind sie<br />
zur Aufnahme der fettlöslichen Vitamine<br />
A, D, E und K erforderlich, sorgen für ein<br />
natürliches Sättigungsgefühl, werden für<br />
die Funktion von Hormonen und Enzymen<br />
benötigt und verringern Schwankungen im<br />
Blutzuckerspiegel.<br />
FETTREDUZIERTE DIÄT UNGEEIGNET<br />
ZUM LANGFRISTIGEN ABNEHMEN<br />
Wer sich vorgenommen hat, mit einer fettreduzierten<br />
Diät abzunehmen, wird höchstwahrscheinlich<br />
scheitern – zumindest<br />
langfristig. Denn fettarme Light-Produkte<br />
sättigen schlechter. Das führt bei vielen<br />
Menschen zu einem ständigen Hungergefühl.<br />
Während beispielsweise ein Joghurt<br />
96 2/20<strong>23</strong>
mit 3,5 Prozent Fettanteil ein guter Sattmacher<br />
ist, wird man nach einem Joghurt mit<br />
nur 0,1 Prozent Fett ganz sicher nicht satt.<br />
Der Grund dafür: Lebensmittel mit einem<br />
hohen Fettanteil verlängern die Verweildauer<br />
der Nahrung im Magen und halten somit<br />
länger satt. Außerdem ist unsere Fettaufnahme<br />
natürlich begrenzt und äußert sich<br />
durch Übelkeit, wenn wir zu fettreich essen.<br />
Bei Kohlenhydraten ist das beispielsweise<br />
nicht der Fall, weshalb man viel eher über<br />
den Hunger hinaus isst.<br />
Dass man bei einer Diät besser auf eine Reduktion<br />
von Kohlenhydraten statt Fett setzen<br />
sollte, bestätigt eine Studie aus dem Jahr 2018<br />
der amerikanischen „Tulane University“ in<br />
New Orleans. Die Wissenschaftler hatten 148<br />
übergewichtige Männer und Frauen unter 50<br />
Jahren rekrutiert, die einen BMI von knapp<br />
über 35 hatten und um die 100 Kilogramm<br />
wogen. Vorerkrankungen, wie etwa Diabetes<br />
oder Herz-Kreislauf-Probleme, lagen nicht<br />
vor. Die Hälfte der Teilnehmer ernährte sich<br />
nach dem Low-Carb-Prinzip und reduzierte<br />
die Aufnahme von Kohlenhydraten auf maximal<br />
40 Gramm pro Tag. Die andere Hälfte<br />
hingegen setzte auf Low Fat und nahm nicht<br />
mehr als 30 Prozent der täglichen Kalorien<br />
in Form von Fetten zu sich. Ansonsten gab<br />
es keine weiteren Ernährungsregeln, selbst<br />
die Anzahl der Gesamtkalorienmenge wurde<br />
nicht eingeschränkt.<br />
Die beiden Gruppen wurden ein Jahr lang<br />
von den Wissenschaftlern beobachtet.<br />
Am Ende stellten die Forscher fest: Die<br />
Low-Carb-Gruppe mit stark reduzierten<br />
Kohlenhydraten war deutlich erfolgreicher<br />
beim Abnehmen als die Low-Fat-Gruppe<br />
mit fettarmer Ernährung. Sie nahmen im<br />
Schnitt 5,3 Kilogramm ab, währen die Teilnehmer<br />
der Low-Fat-Gruppe nur rund 1,8<br />
Kilogramm abnahmen.<br />
WEISSMEHL UND ZUCKER SIND DIE<br />
WAHREN DICKMACHER<br />
Der eigentliche Grund für eine Gewichtszunahme<br />
ist ein anderer, wie eine Auswertung<br />
von über 50 Ernährungsstudien aus dem<br />
Jahr 2012 in der Fachzeitschrift „Food and<br />
Nutrition Research“ zeigt. Dabei hat man<br />
nur Studien herangezogen, die ab dem Jahr<br />
2000 durchgeführt wurden. Bei der Analyse<br />
der Daten fanden die Forscher heraus, dass<br />
ein erhöhter Verzehr von Ballaststoffen<br />
und fettreichen Nüssen kaum zu einer<br />
Gewichtszunahme führt, während ein<br />
hoher Fleischverzehr die Gewichtszunahme<br />
begünstigt. Ebenso wurden Anhaltspunkte<br />
dafür gefunden, dass Vollkornprodukte,<br />
Haferflocken und fette Milcherzeugnisse<br />
vor einer Gewichtszunahme schützen.<br />
Zudem bewahren Ballaststoffe und Früchte<br />
vor einer Zunahme an der Taille.<br />
Andererseits wurde ein Zusammenhang<br />
zwischen starkem Verzehr von Weißmehlprodukten<br />
und Süßigkeiten (wie<br />
z. B. Desserts) und einer Gewichtszunahme<br />
festgestellt. Außerdem sorgte ein hoher<br />
Konsum dieser einfachen Kohlenhydrate<br />
für einen größeren Bauchumfang. Der<br />
Grund für Übergewicht ist offensichtlich<br />
nicht ein hoher Fettverzehr, sondern eine<br />
hohe Aufnahme von Zucker und Weißmehl.<br />
Das Fazit der Forscher lautet: Wer sich vor<br />
einer Gewichtszunahme dauerhaft schützen<br />
möchte, sollte auf eine ballaststoffreiche<br />
Kost sowie Milcherzeugnisse setzen und<br />
stattdessen auf Weißmehl, Fleisch und<br />
Zucker weitgehend verzichten.<br />
Eine weitere Ernährungsempfehlung veröffentlichte<br />
die renommierte „Harvard T.H.<br />
Chan School of Public Health“. Laut dieser<br />
komme es aus wissenschaftlicher Sicht<br />
nicht so sehr auf die Fettmenge an, sondern<br />
vielmehr auf die Fettarten, die wir verzehren.<br />
Fetter Fisch (z. B. Lachs, Makrele oder<br />
Hering), Avocados, Nüsse und kalt gepresste<br />
Pflanzenöle (wie Olivenöl) sind gesunde<br />
Fette. Als ungesund werden dagegen raffinierte<br />
Pflanzenfette/-öle sowie versteckte<br />
Fette in stark verarbeiteten Nahrungsmitteln<br />
eingestuft. Denn die Kombination von<br />
ungesunden Fetten in Fertiggerichten mit<br />
Zucker und Weißmehl macht sie zu wahren<br />
Dick- und Krankmachern.<br />
97
Gesundheit | Sexualität | Wellbeing<br />
IMPRESSUM<br />
CHEFREDAKTEUR:<br />
Olaf Alp (V.i.S.d.P.)<br />
HERAUSGEBER:<br />
PINK Verlagsgesellschaft mbH<br />
Degnerstr. 9b, 13053 Berlin,<br />
Tel: 030 4431980, Fax: 030 44319877<br />
GESCHÄFTSFÜHRER: Christian Fischer<br />
REDAKTION:<br />
Olaf Alp, Marco Bast, Felix Just, Christian Knuth,<br />
Martin Lewicki, Philipp Müller, Martin Naujoks<br />
GRAFIK: Susan Kühner<br />
COVER: Kirsti D/peopleimages.com /<br />
stock.adobe.com<br />
ANZEIGEN:<br />
Christian Fischer: christian.fischer@blu.fm<br />
Olaf Alp: olaf.alp@blumediengruppe.de<br />
Martin Naujoks:<br />
martin.naujoks@blumediengruppe.de<br />
Charles Lohrum: c.lohrum@rik-magazin.de<br />
Jimmy Blum: jimmy.blum@hinnerk.de<br />
Sabine Lux: sabine.lux@gab-magazin.de<br />
VERWALTUNG: Sonja Ohnesorge<br />
DRUCKEREI:<br />
Möller Pro Media GmbH<br />
Zeppelinstr. 6, 16356 Ahrensfelde<br />
VERTRIEB:<br />
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auf deren sexuelle Identität. Wir freuen uns<br />
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verantwortlich. Bei Gewinnspielen ist der<br />
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ist Berlin.<br />
02/20<strong>23</strong><br />
WIR FREUEN UNS AUF DIE<br />
NÄCHSTEN AUSGABEN:<br />
AUSGABE 3/<strong>23</strong><br />
Druckunterlagenschluss: 15.08.<strong>23</strong><br />
Auslage: September/Oktober/November<br />
AUSGABE 4/<strong>23</strong><br />
Druckunterlagenschluss: 10.11.<strong>23</strong><br />
Auslage: Dezember/Januar/Februar<br />
Panikattacke:<br />
Symptome und<br />
Behandlungsmöglichkeiten<br />
SPORT<br />
Sixpack<br />
Schwimmen<br />
Summer Body<br />
EREKTILE<br />
DYSFUNKTION<br />
Medikamente<br />
im Vergleich<br />
NEIN<br />
heißt Nein!<br />
Aber was heißt Ja?<br />
98 2/20<strong>23</strong>
Wir sind da<br />
für Euch!<br />
Dr. med. Thomas Buhk<br />
Dr. med. Stefan Fenske<br />
Dr. med. Guido Schäfer<br />
Grindelallee 35<br />
20146 Hamburg<br />
Dr. med. Axel Adam<br />
Stefan Hansen<br />
Prof. Dr. med. Christian Hoffmann<br />
Dr. med. Michael Sabranski<br />
Dr. med. Carl Knud Schewe<br />
Glockengießerwall 1<br />
20095 Hamburg<br />
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Dr. med. Hauke Walter<br />
Lübecker Straße 10<br />
39576 Stendal