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Hintergrund<br />
Argumentationsaustausch tauchte<br />
erstmals die Ankündigung von<br />
Mosley auf, man könne die Formel<br />
1 ja auch außerhalb von Europa<br />
ausdehnen, wenn die EU die bislang<br />
praktizierte Vermarktung weiter in<br />
Zweifel ziehe.<br />
Mitten in diesen Konflikt platzten<br />
unbewiesene Gerüchte, nach denen<br />
Ecclestone Eisele dazu bewegen<br />
wollte, seine Beschwerde in Brüssel<br />
zurückzunehmen – indem er dem<br />
Heidelberger angeboten habe, ihn an<br />
der Produktion und den Einnahmen<br />
eines neuen internationalen Pay-per-<br />
View-<strong>Motor</strong>sportmagazins namens<br />
„<strong>Motor</strong>Mania” des französischen<br />
Senders „Canal plus” zu beteiligen.<br />
Es kam zu keiner Einigung.<br />
Der Rechtsstreit zwischen<br />
Ecclestone, der FIA und der EU<br />
zog immer größere Kreise. Mosley<br />
suchte den Schulterschluss mit<br />
dem Internationalen Olympischen<br />
Kommitee (IOC), um gemeinsam<br />
bei der EU für eine Lockerung<br />
der Wettbewerbsregeln für<br />
internationale <strong>Sport</strong>veranstaltungen<br />
zu vorzusprechen. Auch Ecclestone<br />
beantragte 1997 eine Ausnahme<br />
von den Wettbewerbsregeln – für<br />
seinen FOH-Börsengang. Um<br />
darüber entscheiden zu können,<br />
wollten die Bürokraten Einsicht in<br />
die Verträge erlangen. Ecclestone<br />
musste sie ihnen gewähren. Damit<br />
lieferte er den Wettbewerbshütern<br />
Munition: Sie fanden in den<br />
Unterlagen einige Hinweise, die<br />
sie als klare Monopolstellung und<br />
-ausnutzung interpretierten. Die<br />
Akteneinsicht hatte eine Reihe von<br />
53/60<br />
EU-Abmahnungen an die FIA und<br />
an ISC zur Folge. Die FIA reagierte<br />
mit einer forschen Antwort. Damit<br />
war der Streit endgültig so weit<br />
eskaliert, dass an einen FOH-<br />
Börsengang nicht mehr zu denken<br />
war. Der Ruf des gesamten FIA/<br />
FOCA/FOH-Gebildes war viel zu<br />
sehr beschädigt.<br />
EU widerspricht FIA<br />
Am 30. Juni 1999 lieferte<br />
die EU endlich den lange<br />
erwarteten Abschlussbericht der<br />
Untersuchungen. 185 Seiten.<br />
Kernaussage: FIA, FOA und<br />
ISC haben in vier Bereichen<br />
wesentlich gegen das Europäische<br />
Kartellrecht verstoßen, sodass sie<br />
mit erheblichen Strafen rechnen<br />
könnten. Die EU bemängelte<br />
auch: Die 1995 eingeführten<br />
Fernsehrechte-Zentralisierung<br />
für alle internationalen Serien sei<br />
nicht rechtens, da die FIA nicht die<br />
Exklusivrechte in Anspruch nehmen<br />
dürfe. Die EU verlangte, dass vor<br />
allem die Verträge und Absprachen,<br />
in denen es um Fernsehrechte<br />
und -sendeanstalten gehe, neu<br />
verfasst werden müssten. Die FIA<br />
wehrte sich solange, bis van Mierts<br />
Nachfolger Mario Monti das Amt<br />
übernahm. Mosley machte im Zuge<br />
der Verhandlungen immer mehr<br />
Zugeständnisse. Im Vorfeld einer<br />
für den 10. Mai 2000 angesetzten<br />
dreitägigen mündlichen Anhörung<br />
unterbreitete er schließlich den für<br />
die Zukunft von ISC entscheidenden<br />
Vorschlag: Ecclestone solle seinen<br />
kommerziellen Einfluss nur mehr<br />
auf die Formel 1 beschränken. Die<br />
umstrittene und heftig kritisierte<br />
SPORT MOTOR NEWS GER 01/2012<br />
Firma ISC werde verkauft, um<br />
künftige Irritationen zu vermeiden.<br />
Anfang April 2000 ging der Verkauf<br />
über die Bühne. David Richards<br />
übernahm ISC. Der nie bestätigte<br />
Kaufpreis soll bei 30 Millionen<br />
englischen Pfund gelegen haben.<br />
Damit war einer der größten<br />
Stolpersteine aus dem Weg: Die<br />
Verquickung von kommerziellen<br />
und sportrechtlichen Interessen bei<br />
der Ausrichtung von unabhängigen<br />
offiziellen Meisterschaften.<br />
„ Für Richards<br />
war der<br />
Erwerb von<br />
ISC der letzte<br />
Schritt zum<br />
Ausbau der<br />
Rallye-WM<br />
Für Richards war der Erwerb von<br />
ISC der letzte Schritt zum Ausbau<br />
der Rallye-WM. Der Engländer<br />
hatte bereits früh eine Reform<br />
angeschoben, nach der die WM-<br />
Läufe mediengerechter und weniger<br />
auf die spezifischen Bedürfnisse<br />
der Aktiven zugeschnitten werden<br />
sollten. Seine Argumentation: Ohne<br />
Berichterstattung lassen sich keine<br />
neuen und größeren Werbepartner<br />
oder neue Teilnehmer finden,<br />
und die WM kann nie die nächst<br />
höhere Stufe in der öffentlichen<br />
Wahrnehmung erklimmen.<br />
Richards ging dabei einen sehr<br />
ähnlichen wie der frühe Ecclestone:<br />
Genau wie „Mr. E” über seine Rolle<br />
als Brabham-Teamchef, sicherte<br />
sich Richards Einfluss über die