Verfahrenstechnik 6/2023
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PERSPEKTIVE<br />
PFAS THEMATIK NICHT<br />
UNTERSCHÄTZEN<br />
Viele unterschätzen die PFAS Thematik.<br />
Eigentlich sind alle FKM nicht PFAS frei.<br />
FKM und alle anderen fluorierten Elastomerwerkstoffe<br />
sind nach der im Verbotsvorschlag<br />
weit gefassten Definition per se PFAS.<br />
Wenn der von fünf europäischen Behörden bei der<br />
Europäische Chemikalienagentur (ECHA) eingereichte<br />
Vorschlag so umgesetzt würde, dann wären<br />
voraussichtlich ab 2026 Dichtungen aus FKM (und<br />
verwandte) nicht mehr erlaubt. Verboten werden soll die Herstellung,<br />
das Inverkehrbringen und die Nutzung. Dies bedeutet aber<br />
auch, dass man selbst aus dem nicht europäischen Ausland keine<br />
Dichtungen aus fluorierten Elastomeren mehr einsetzen dürfte.<br />
Manche Branchenspezialisten schätzen, dass dadurch in einigen<br />
Bereichen über 80 % der Produktion nicht mehr möglich wäre.<br />
Andererseits gibt es Stimmen, die die Aufforderungen dagegen<br />
vorzugehen als Panikmache bezeichnen.<br />
Hintergrund: Die Definition von PFAS wurde im Verbotsvorschlag<br />
auf alle Substanzen ausgedehnt, die in ihrem Molekülaufbau mindestens<br />
eine CF2 – oder CF3 – Gruppe enthalten. Der Ansatz der<br />
ECHA ist laut Meweo dabei fragwürdig. So gibt es wesentliche Kritikpunkte<br />
am Vorgehen, die von verschiedenen Branchenverbänden<br />
geteilt werden. Diese sind: 1. Die Behörden verlangen vom<br />
Anwendern zu erklären, warum ihre Produkte nützlich oder relevant<br />
sind und warum man sie nicht durch etwas anderes ersetzen<br />
kann. Dies ist eine Umkehr der Beweislast. 2. Der Zeitraum für eine<br />
Beweisführung ist mit sechs Monaten recht kurz. Und es werden<br />
große Anwenderkreise in den vorgefertigten Onlineabfragen<br />
nicht berücksichtigt. 3. Der Vorschlag in Englisch, gilt für alle 27<br />
EU Mitgliedsstaaten und umfasst über 1.500 Seiten. 4. Die Tatsache,<br />
dass PFAS Werkstoffe als unverwüstlich eingestuft werden,<br />
wird als Verbotskriterium herangezogen. Langlebig sind aber<br />
auch viele andere Materialien wie Glas, Beton oder Edelstahl.<br />
5. Zu guter Letzt soll eine Gruppe von mehr als 10.000 Chemikalien<br />
verboten werden, nur weil sie strukturelle Ähnlichkeiten mit<br />
anderen schädlichen Chemikalien haben.<br />
Für einige Fachleute steht außer Zweifel, dass ein Verbot von fluorierten<br />
Polymeren die europäische Industrie um Jahrzehnte zurückwerfen<br />
würde. Viele innovative Prozesse benötigen Hochleistungselastomere,<br />
besonders die Green Deal Bereiche Photovoltaik,<br />
Windkraft, Wasserstoffelektrolyse und Elektroantriebe.<br />
Gäbe es hierzu Alternativen, hätte der Kostendruck längst zum<br />
Ersatz dieser teuren Materialien geführt. Außerdem gelten nach<br />
verschiedenen Studien (und nach einer OECD Guideline) Fluorpolymere<br />
als Substances of Low Concern. Sie lösen sich weder in<br />
Wasser noch gelangen sie unbeabsichtigt in den Körper. Deshalb<br />
ist es verständlich, dass viele Anwender das Thema scheinbar gelassen<br />
angehen, es nicht ernst nehmen oder meinen, dass ein<br />
Verbot nicht kommen wird. Weil aber unterschiedliche Szenarien<br />
denkbar sind, versucht der Autor dieses Beitrags, Stephan Kletschke,<br />
Geschäftsführer von Meweo aus Bad Nauheim, nun, gemeinsam<br />
mit anderen Unternehmen, der ECHA die Supply<br />
Chain aufzuzeigen – vom Mischer über O-Ringen, Distributoren<br />
bis hin zu Herstellern von Pumpen und Armaturen.<br />
Bild: molekuul.be – stock.adobe.com<br />
www.meweo.de<br />
6 VERFAHRENSTECHNIK <strong>2023</strong>/06 www.verfahrenstechnik.de