Taxi Times DACH - 2. Quartal 2023
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GENEHMIGUNGSBEHÖRDEN<br />
DAS GUTACHTEN<br />
DER WISSENSCHAFT<br />
Aus vier mach fünf: Zusätzlich zu den<br />
juristischen Gutachten wird es auch<br />
eine wissenschaftliche Einschätzung<br />
geben. Autor wird ein renommierter<br />
Jura-Professor sein.<br />
Als Termin für die Vorstellung des Gutachtens war der<br />
13. Juni genannt worden. An diesem Tag hatte der Jenaer<br />
Jura-Professor Prof. Dr. Matthias Knauff die Ergebnisse<br />
seiner Untersuchung vorgestellt. Er war als Referent bei einem<br />
zweitätigen Symposium in Hamburg aufgetreten, das gemeinsam<br />
vom <strong>Taxi</strong>-Bundesverband BVTM und dem Deutschen Städtetag<br />
veranstaltet worden war.<br />
Professor Knauff ist seit 2013 Lehrstuhlinhaber in Jena, seit<br />
2016 Richter am Thüringer Oberlandesgericht und seit diesem Jahr<br />
als Mitglied des wissenschaftlichen Beirats beim Bundesminister<br />
für Digitales und Verkehr berufen. In seinem Lehrstuhl betreibt er<br />
unter anderem die Forschungsstelle Verkehrsmarktrecht, die die<br />
Jenaer Gespräche zum ÖPNV sowie die Leipziger Gespräche zum<br />
Verkehrsmarktrecht organisiert.<br />
Prof. Knauff waren dort auch noch<br />
zahlreiche weitere Experten vertreten:<br />
Rechtsanwalt Dr. Hubertus<br />
Baumeister von der Kanzlei BBG<br />
und Partner berät seit 1996 im<br />
Schwerpunkt die Aufgabenträger<br />
im ÖPNV sowie ihre kommunalen<br />
Verkehrsunternehmen, unter anderem<br />
zum Thema Tarifstrukturen.<br />
Er referierte zum Thema Festpreise<br />
und Tarifkorridore. Über ihre<br />
Prof. Dr. Matthias Knauff praktischen Erfahrungen zu diesem<br />
Thema konnten die Dipl.-lng.<br />
Angelika Xaver von der Stadt Wien<br />
sowie Mag. Christian Holzhauser, Spartenobmann der Wirtschaftskammer<br />
Wien, Einblicke geben.<br />
Auch aus einer Problematik, mit der bereits mehrere Genehmigungsbehörden<br />
in Deutschland konfrontiert sind oder waren, hatte<br />
der Bundesverband ein Thema für das Symposium gemacht: Wie<br />
vertragen sich Festpreise mit dem Eichrecht? „Ein White-Paper<br />
des Bundesverbands – ,<strong>Taxi</strong>-Festpreise und Eichrecht‘ – liegt vor“,<br />
teilt der BVTM dazu im Vorfeld mit. In dem Papier werden die<br />
rechtlichen Fragestellungen untersucht und es wird ein<br />
konkretes Beispiel formuliert, wie eine<br />
eichrechtskonforme und überprüfbare<br />
Festpreis-Regelung in der <strong>Taxi</strong>tarifordnung<br />
aussehen kann. <br />
jh<br />
STÄDTE LERNEN VON STÄDTEN<br />
Das Hamburger Symposium stand unter dem Motto „Städte lernen<br />
von Städten: PBefG-Instrumente sicher in der Praxis anwenden“.<br />
Teilgenommen hatten mehr als 85 Sachgebietsleiter und Mitarbeiter<br />
von Genehmigungsbehörden aus ganz Deutschland. Neben<br />
Hinweis: Die Veranstaltung fand erst<br />
nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe<br />
statt. Berichte dazu sind auf der Website<br />
von <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> zu finden (siehe nebenstehender<br />
QR-Code)<br />
Hamburger<br />
Symposium der<br />
Genehmigungsbebörden<br />
HINTERTÜR EUROPA<br />
Ein aktuelles Urteil des Europäischen<br />
Gerichtshofs (EuGH) hat die von der<br />
katalonischen Regierung erlassenen<br />
strengen Mietwagenregeln gekippt. Das<br />
Urteil könnte auch für Deutschland zum<br />
Bumerang werden.<br />
Das oberste Gericht Europas entschied Anfang Juni über<br />
die Klagen mehrerer Fahrdienstleister, unter anderem<br />
auch des Plattformvermittlers Uber. Sie hatten die strengen<br />
Regelungen beanstandet, mit denen in Barcelona der Mietwagenverkehr<br />
(Private Hire Vehicles, PHV) eingeschränkt wurde. So<br />
wurde dort beispielsweise die Zahl der PHV auf ein Dreißigstel der<br />
Lizenzen begrenzt, die für <strong>Taxi</strong>s ausgegeben sind. Alle PHV-Dienste<br />
mussten zudem eine zusätzliche Lizenz für Barcelona erwerben.<br />
RÜCKSCHLAG FÜR BARCELONA<br />
Der EuGH bewertete eine solche Regelung als Verstoß gegen die<br />
Niederlassungsfreiheit und widersprach zudem der Argumentation<br />
der Stadt, wonach sie durch die Regelung ihre Ziele zum<br />
Umweltschutz und zur Verkehrsverringerung<br />
leichter erreiche.<br />
Eine solche gesetzliche Vorschrift,<br />
so der EuGH, stehe in keinem Verhältnis<br />
zu den Zielen der Stadt.<br />
Aus Sicht der Richter könne die<br />
Stadt weniger strenge Maßnahmen<br />
ergreifen, um ihre Ziele durchzusetzen,<br />
indem man beispielsweise<br />
niedrigere Grenzwerte für den CO₂-<br />
Ausstoß festlege.<br />
Eine deutliche Abfuhr erteilte das<br />
Gericht auch den Hoffnungen des<br />
<strong>Taxi</strong>gewerbes, dass solche strengen<br />
Regelungen zum Schutz des <strong>Taxi</strong>gewerbes definiert werden können.<br />
Der EuGH stellte dazu fest, dass „das Ziel, die wirtschaftliche Lebensfähigkeit<br />
der <strong>Taxi</strong>dienste zu gewährleisten, (...) keinen zwingenden<br />
Grund des Allgemeininteresses darstellen kann“.<br />
Aufgrund dieser Einschätzung könnte das Urteil Auswirkungen<br />
auf andere europäische Länder haben. In Deutschland beispielsweise<br />
wird genau diese Argumentation von der Uber-Seite bei den<br />
Beurteilungen des § 51a (Festlegung eines Mindesttarifs für Mietwagen)<br />
ins Feld geführt. In der deutschen <strong>Taxi</strong>-Gesetzgebung ist<br />
das <strong>Taxi</strong> allerdings als „wichtiges Gemeinschaftsgut“ definiert. Das<br />
aktuelle EuGH-Urteil könnte also die (von Uber und Bolt gelenkte)<br />
Mietwagenfraktion dazu ermutigen, gegen eine Festsetzung von<br />
Mindesttarifen ebenfalls auf EU-Ebene zu prozessieren. jh<br />
FOTOS: Privat, Pexels / George Becker<br />
10 <strong>2.</strong> QUARTAL <strong>2023</strong> TAXI