Taxi Times DACH - 2. Quartal 2023
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ÖPNV-TAXI<br />
Lesen Sie dazu<br />
auch: Das ÖPNV-<br />
<strong>Taxi</strong> Freudenstadt<br />
hat im Landkreis<br />
Vechta einen Nach -<br />
ahmer gefunden.<br />
Positives Beispiel: ÖPNV-<strong>Taxi</strong> in Freudenstadt<br />
gewisse Flexibilität bei der Abfahrtszeit und beim Abfahrtsort<br />
gefordert, genau wie dies der Fall wäre, wenn ein Busfahrplan<br />
Abfahrtszeit und -ort bestimmen würde. Als Salär wird der ÖPNV-<br />
Fahrpreis zuzüglich einem geringen Zuschlag für die Individualbeförderung<br />
aufgerufen – mit dem einhergehenden Vorteil für den<br />
Kunden, dass man sein Ziel mit dem ÖPNV-<strong>Taxi</strong> direkt erreicht. So<br />
möglich, können auch Sammelfahrten organisiert werden, falls die<br />
eingehenden Fahrtwünsche sich kombinieren lassen, das ÖPNV-<br />
<strong>Taxi</strong> fährt aber auch für einzelne Fahrgäste.<br />
Im Prinzip wurde in Freudenstadt so die Idee eines zuverlässigen<br />
Flächen-ÖPNV einfach nur konsequent zu Ende gedacht. Man<br />
kann hier jedem Beförderungswunsch nachkommen, ohne neue<br />
Fahrzeuge anschaffen oder neue Mitarbeiter anstellen zu müssen.<br />
Der Charme des Konzeptes basiert letztendlich darauf, dass man<br />
dort keine neuen Fahrtbedürfnisse weckt, sondern lediglich die<br />
vorhandenen befriedigt. Die Fahrgäste können sich also auf ein<br />
jederzeit nutzbares ÖPNV-Angebot verlassen. Und der Linien-<br />
ÖPNV kann jederzeit selbst nach ausschließlich wirtschaftlichen<br />
Aspekten entscheiden, ob eine Linie aufrechterhalten werden soll<br />
oder ob ÖPNV-<strong>Taxi</strong>s diesen Service übernehmen sollen.<br />
VOM STATISCHEN ZUM DYNAMISCHEN LINIENNETZ<br />
Die Kommune kann so all ihren Bürgern eine Fahrgastbeförderung<br />
mit dem ÖPNV anbieten. Die <strong>Taxi</strong>unternehmer machen ihre Mehrkosten<br />
gegenüber dem ÖPNV-Fahrpreis beim Betreiber geltend und<br />
kommen so ebenfalls auf ihre Kosten. Hier ist dann natürlich nicht<br />
zwingend der <strong>Taxi</strong>tarif maßgeblich, der ja auf ein Gelegenheitsangebot<br />
zugeschnitten ist, sondern es müssen eventuell auch realitätsgerechte<br />
„Sondervereinbarungen“ verhandelt werden.<br />
Das Bestechende am ÖPNV-<strong>Taxi</strong> ist das Ergebnis: Es werden<br />
die für den Linien-ÖPNV bereitzustellenden Mittel genutzt, ohne<br />
dass zusätzliche Angebote entstehen und bezahlt werden müssen.<br />
Noch mal zur Erinnerung: Bisher gibt es im ländlichen Bereich<br />
Deutschlands nur ein statisches Liniennetz, welches abends, am<br />
Wochenende und erst recht in den Ferien völlig ausgedünnt ist.<br />
Daneben gibt es das Angebot des Gelegenheitsverkehrs mit <strong>Taxi</strong><br />
und Mietwagen. Die neue Idee eines Linien- und Gelegenheitsverkehrs<br />
(ÖPNV-<strong>Taxi</strong>) greift nun ineinander und der Fahrgast findet<br />
einen integrierten ÖPNV-Service vor, mit dem erstmals auch eine<br />
Flächenbedienung gewährleistet wird. Für den ÖPNV ist dies eine<br />
neue Dimension, weil so auch der Linien-ÖPNV attraktiver wird.<br />
Besonders erfreulich ist daher, dass die Idee sich fortpflanzt und<br />
ein Projekt ähnlicher Machart jetzt unter dem Namen ODI bei<br />
Moers am Rhein startet.<br />
Denkt man diesen Gedanken des ÖPNV-<strong>Taxi</strong>s zu Ende, ergeben<br />
sich auch im städtischen Umfeld weitere Optionen – zumindest<br />
in den Randgebieten der Metropolen. Auch hier gibt es viele<br />
ÖPNV-Linien, deren Wirtschaftlichkeit nicht gegeben sein kann.<br />
Linienbusse, die regelmäßig für nur zwei oder drei oder gar keinen<br />
Fahrgast verkehren, ließen sich aus kommunaler Sicht sogar<br />
erheblich günstiger mit <strong>Taxi</strong>s betreiben, und diese könnten solche<br />
Linien ebenfalls zeitgenau abklappern. Solange hier der Linien-<br />
ÖPNV weiterhin als Betreiber auftritt und die Aufträge sozusagen<br />
an die <strong>Taxi</strong>s delegiert, kann er auch selbst entscheiden, wann er<br />
die Linie eventuell wieder selber übernehmen möchte. So entsteht<br />
dann auch keinerlei Konkurrenz zwischen den Verkehrsformen,<br />
da die Hierarchie klar geregelt bleibt.<br />
Auch dieses Modell wird erfreulicherweise schon hier und da<br />
praktiziert, wie beispielsweise in Siegburg, wo man damit sehr<br />
gute Erfahrungen macht. Allerdings findet man nach wie vor bundesweit<br />
nach wie vor überwiegend Angebote, wo zusätzliche Fahrzeuge<br />
und Fahrer den Markt zusätzlich verdichten, egal ob auf<br />
dem flachen Land oder in den Mittelstädten. Entscheidend ist für<br />
das ÖPNV-<strong>Taxi</strong> daher wohl, dass zunächst die <strong>Taxi</strong>branche selbst<br />
diese Chancen erkennt und sie dann lokal vor allem als effizientes<br />
Sparmodell proklamiert, ohne sich durch gewerbeinternes<br />
Konkurrenzdenken ausbremsen zu lassen. In jedem Fall muss<br />
diese Idee wohl aus der Branche selbst kommen, weil weder Bürger<br />
noch Kommunen und Linien-ÖPNV bisher dieses Modell und<br />
seine Vorteile überhaupt kennen bzw. erkennen. Und überregionale<br />
On-Demand-Anbieter werden natürlich den Teufel tun und<br />
dieses Modell propagieren.<br />
Und so lassen sich die Entscheider vor Ort immer wieder von<br />
den professionellen Hochglanzpräsentationen überregionaler<br />
Fahrdienstprofis überzeugen, ohne die viel günstigere ÖPNV-<br />
<strong>Taxi</strong>-Option vor Ort wahrzunehmen. Dabei sind die Argumente<br />
für das ÖPNV-<strong>Taxi</strong> eigentlich doch einfach nur bestechend, denn<br />
mit dem ÖPNV-<strong>Taxi</strong> ist zuverlässiger ÖPNV auch in den Randzeiten<br />
möglich, ohne dass die Kosten bei den Verkehrsträgern und<br />
Kommunen steigen. <br />
rw<br />
FOTO: SWR-Mediathek<br />
14 <strong>2.</strong> QUARTAL <strong>2023</strong> TAXI