altlandkreis - Das Magazin für den westlichen Pfaffenwinkel - Ausgabe September/Oktober 2023
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heim gibt es ein Pflegeheim und<br />
Betreutes Wohnen, das früher an<br />
der Friedhofsstraße lag, was natürlich<br />
alles andere als glücklich<br />
war. Heute befindet es sich an<br />
der Jakob-Steigenberger-Straße,<br />
benannt nach dem Gründer des<br />
Stadtmuseums. In bei<strong>den</strong> Fällen<br />
konnte ich erfolgreich Stellung<br />
dazu beziehen.<br />
Jürgen Erhard: Da ich schwerpunktmäßig<br />
<strong>für</strong> Denkmalschutz<br />
und Baukultur zuständig bin, ist<br />
in meinem Fall das Miteinbin<strong>den</strong><br />
aufgrund der Bauleitplanung klar<br />
geregelt – wenn eine Gemeinde<br />
einen Bebauungsplan aufstellt<br />
oder eine Flächennutzungsplanänderung<br />
vornimmt, muss<br />
ich dazu Stellung nehmen. <strong>Das</strong><br />
läuft in der Regel schriftlich ab,<br />
indem ich Unterlagen zugeschickt<br />
bekomme und dann rund einen<br />
Monat Zeit habe, darauf zu reagieren.<br />
Eine weitere Verpflichtung <strong>für</strong><br />
mich sind Tagfahrten.<br />
Tagfahrten?<br />
Jürgen Erhard: Ein bis zwei Mal im<br />
Monat bin ich mit Dr. Thomas Hermann<br />
vom Bayerischen Landesamt<br />
<strong>für</strong> Denkmalpflege hier bei uns im<br />
Landkreis unterwegs. Er begleitet<br />
Sanierungen und Umbauarbeiten<br />
von <strong>den</strong>kmalgeschützten Gebäu<strong>den</strong>.<br />
Darüber hinaus, rund vier<br />
Mal im Jahr, kommt Dr. Detlef<br />
Knipping zu uns in <strong>den</strong> Landkreis –<br />
er ist der Mann, der Denkmäler<br />
zertifiziert. Auch da darf ich mit<br />
dabei sein und meine Ideen und<br />
Anregungen kundtun.<br />
Wie viel Gewicht haben diese Anregungen?<br />
Jürgen Erhard: Der Kreisheimatpfleger<br />
darf seine Meinung kundtun,<br />
aber nichts verbindlich erlauben<br />
oder verbieten. Da<strong>für</strong> sind<br />
letztlich Landratsamt, Stadt- und<br />
Gemeinderäte sowie die Untere<br />
Denkmalschutzbehörde zuständig,<br />
mit <strong>den</strong>en die Zusammenarbeit<br />
ganz hervorragend funktioniert.<br />
Klaus Gast: Umso wichtiger sind<br />
Stellungnahmen unsererseits, bevor<br />
ein Projekt umgesetzt wird –<br />
nur so können Anregungen im<br />
Sinne des Kulturerhalts rechtzeitig<br />
miteinbezogen wer<strong>den</strong>.<br />
Klingt in jedem Falle nach viel Arbeit.<br />
Wie viele Stun<strong>den</strong> fallen auf<br />
dieses Ehrenamt zurück?<br />
Jürgen Erhard: Die Trennschärfe<br />
zwischen diesem Ehrenamt,<br />
Hobbys und beruflichen Tätigkeiten<br />
ist oft nicht vorhan<strong>den</strong>, weshalb<br />
eine exakte Stun<strong>den</strong>angabe<br />
kaum möglich ist. Pro Woche<br />
habe ich zwei Bauleitplanungen.<br />
Diese Tagfahrten gehen oft über<br />
zwölf Stun<strong>den</strong> am Stück. Wenn<br />
man dann noch berücksichtigt,<br />
dass wir im Landkreis Weilheim-<br />
Schongau 1 300 Einzel<strong>den</strong>kmäler,<br />
18 Ensembles und mehr als 300<br />
Bo<strong>den</strong><strong>den</strong>kmäler haben, läppert<br />
sich aber schon einiges an Stun<strong>den</strong><br />
zusammen.<br />
Klaus Gast: Hinzu kommen zahlreiche<br />
Museen, rührige Vereine<br />
und Kulturveranstaltungen aller<br />
Art, zu <strong>den</strong>en wiederum verstärkt<br />
ich eingela<strong>den</strong> werde als Zuständiger<br />
<strong>für</strong> Geschichte und Kultur. Oft<br />
wünschen sich Veranstalter Grußworte<br />
oder Re<strong>den</strong>. Außerdem ist<br />
meine Meinung beinahe täglich<br />
zu bestimmten Themen gefragt,<br />
weshalb ich auch telefonisch oder<br />
digital gut erreichbar sein sollte.<br />
Langweilig wird dir in diesem Ehrenamt<br />
also nicht. Und es funktioniert<br />
auch nur, wenn du es lebst,<br />
gerne rausgehst und dich unter<br />
Leute mischt.<br />
Für eine überschaubare Aufwandsentschädigung<br />
von 250 Euro im Monat.<br />
Was sagen Frau und Kinder zu<br />
diesem „sportlichen“ Programm?<br />
Klaus Gast: Wenn ich am Sonntag<br />
an der Orgel sitze, spiele ich<br />
auf dem Instrument, das mein<br />
Ur-Ur-Ur-Großvater damals nach<br />
Deutenhausen brachte, als Polling<br />
1803 säkularisiert wurde, und auf<br />
dem er selbst jahrzehntelang musizierte.<br />
Ich war auch viele Jahre<br />
bei der Marnbacher Feuerwehr,<br />
die wiederum mein Ur-Ur-Großonkel<br />
gegründet hatte. Insofern<br />
war und ist es nicht nur <strong>für</strong> mich,<br />
sondern auch <strong>für</strong> meine Frau und<br />
unsere drei Kinder eine Bereicherung,<br />
in die quasi eigene Familiengeschichte<br />
einzutauchen.<br />
Jürgen Erhard: Da ich in unserer<br />
Beziehung der Hausmann und <strong>für</strong>s<br />
Kochen zuständig bin, ist zwischen<br />
mir und meiner Frau alles gut, solange<br />
das Mittagessen pünktlich<br />
auf dem Tisch steht. Momentan<br />
gibt’s viel Gemüse aus dem eigenen<br />
Garten. Aber im Ernst: Meine<br />
Frau unterstützt mich, wo sie<br />
kann, und hat als Mathematikerin<br />
und Physikerin zu vielen Dingen<br />
ganz andere Zugangsweisen.<br />
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