Christkatholisch_2023-14
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4 Thema<br />
<strong>Christkatholisch</strong> <strong>14</strong>/<strong>2023</strong><br />
Pfarrerin Kaufmann<br />
hat sich schon vor<br />
ihrem Studium<br />
dafür eingesetzt,<br />
dass in der Kirche<br />
Neues entstehen<br />
kann und unsere<br />
Traditionen sinnvoll<br />
belebt werden.<br />
Dabei sieht sie es<br />
als eine besondere<br />
Aufgabe des<br />
Bistums an, aus<br />
den verschiedenen<br />
Regionen der<br />
Schweiz zu sammeln<br />
und zusammenzubringen.<br />
Foto: Reto<br />
Camenisch<br />
«Ein wichtiger Aspekt<br />
in meinem Leben ist,<br />
dass ich immer eine<br />
Grenzgängerin war.»<br />
Anna Maria Kaufmann<br />
Du standest zwischen Pfarrhaus<br />
und Jugendkravallen: War das ein<br />
Balanceakt?<br />
Ein wichtiger Aspekt in meinem Leben<br />
ist, dass ich immer irgendwo eine<br />
Grenzgängerin war: Zwischen Stadt<br />
und Land, zwischen deutsch und französisch,<br />
Geistlichen und Laien, Männerdomänen<br />
und Frauendomänen. Ich<br />
bin von der Stadt aufs Land gezogen<br />
und habe die landwirtschaftliche Schule<br />
in Cernier im Kanton Neuenburg mit<br />
Diplom abgeschlossen. Dann arbeitete<br />
ich noch auf einem anderen Hof und<br />
habe 1985 François, meinen christkatholischen<br />
Mann, geheiratet. Wir bewirtschafteten<br />
gemeinsam den Hof Le<br />
Bas – Monsieur in La Cibourg im Kanton<br />
Neuenburg, das zur politischen Gemeinde<br />
und Kirchgemeinde La-Chauxde-Fonds<br />
gehört. Etwa 10 Jahre haben<br />
wir den Milchwirtschaftsbetrieb geführt<br />
und dazu sind wir mit 3 Kindern<br />
eine Familie geworden.<br />
Was ist nach diesen 10 Jahren<br />
passiert?<br />
François hat den Bio- Betrieb weitergeführt<br />
und er «buret» noch heute, jetzt,<br />
indem er das Jungvieh eines Nachbarn<br />
aufzieht und Bio-Getreide kultiviert. Es<br />
ist wie die «Alp», aber das ganze Jahr. Ich<br />
meinerseits hatte in La-Chaux-de-Fonds<br />
begonnen, daneben als Katechetin zu<br />
arbeiten. 1995 fing ich dann in Bern das<br />
Theologie-Studium an. Bis dann war es<br />
noch ein längerer Weg. Zunächst machte<br />
ich eine Ausbildung als Katechetin, womit<br />
der «Appetit nach Seelsorge» wuchs.<br />
Ich wusste, dass ich mich in der Kirche<br />
mehr engagieren wollte.<br />
Gab es zum kirchlichen Engagement<br />
einen Grund?<br />
Ich hatte in der Kirche gute Erfahrungen<br />
gemacht. Das offene Pfarrhaus meiner<br />
Eltern hat mich geprägt. Ich war auch<br />
stolz, christkatholisch zu sein. Nun kam<br />
der Aspekt dazu, dass ich von all dem<br />
Positiven, das mir geschenkt wurde, wieder<br />
etwas zurückgeben wollte.<br />
Wie kam es zur Priesterweihe?<br />
Nach einem Altkatholikenkongress (in<br />
Delft) gab es ein Berufungserlebnis, das<br />
einer längeren Krise ein Ende setzte. Ich<br />
bin zuerst zu Bischof Hans Gerny gegangen,<br />
und der sagte vorerst, dass jede und<br />
jeder Theologie studieren könne, was<br />
aber noch nichts über ein Engagement in<br />
der Kirche besage. Als ich 1995 zu studieren<br />
begonnen habe, war Frauenordination<br />
noch längstens nicht beschlossene<br />
Sache. Aber für mich war es innerlich<br />
klar. Das Studium hat mich dann 10<br />
Jahre gekostet.<br />
Warum 10 Jahre? Geht das Theologiestudium<br />
so lange?<br />
Von unseren drei Kindern war der<br />
jüngste grad in die Schule gekommen,<br />
so dass ich nicht vollzeitlich studieren<br />
konnte. Dann kam ein Vikariat von<br />
damals einem Jahr – 6 Monate in Möhlin<br />
und 6 Monate in Biel. Während<br />
meiner Ausbildung wurde die Frauenordination<br />
beschlossen, wobei es natürlich<br />
schon lange Diakoninnen gab.<br />
Schon mit 26 Jahren bin ich Delegierte<br />
an der Synode geworden und kenne<br />
«den Laden synodemässig schon sehr<br />
lang». Das Thema «Frauenpriestertum»<br />
hatte mich zunächst gar nicht besonders<br />
interessiert, obwohl mein Vater<br />
sehr engagiert dafür war. Berufung und<br />
das Miterleben des Entscheidungsprozesses<br />
der Synode änderten das dann.<br />
Nach der zweiten Lesung an der Nationalsynode<br />
1999 ist die Frauenordination<br />
beschlossen worden. Im Jahr 2000<br />
ist dann Denise Wyss als erste Frau zur<br />
Priesterin geweiht worden. Ich bin 2004<br />
in Rheinfelden zur Diakonin und 2005<br />
in La Chaux-de-Fonds durch Bischof<br />
Fritz-René Müller zur Priesterin geweiht<br />
worden. Das war für die Romandie<br />
etwas wirklich Neues. In La Chauxde-Fonds<br />
war meine erste Pfarrstelle<br />
und ich blieb 8 Jahre dort. Bischof Fritz-<br />
René Müller setzte sich dafür ein, dass<br />
ich diese Stelle erhalten habe, denn<br />
nicht alle Gemeindemitglieder waren<br />
für eine Frau als Pfarrerin.<br />
Was ist für Dich das christkatholische<br />
Milieu?<br />
Dazu mache ich eine Klammer, die<br />
zeigt, wie «Fügungen» so sein können.<br />
Mein Vater ist in Österreich auf einem<br />
Gutshof aufgewachsen. Der Grossvater,<br />
der Schweizer und auch christkatholisch<br />
war, amtete dort als Verwalter. Sie<br />
sind in die Schweiz zurückgekommen<br />
mit dem Ziel, einen Bauernhof zu kaufen<br />
und sich in der Schweiz zu etablieren.<br />
Mein Vater ist zur landwirtschaftli-