26.09.2023 Aufrufe

Katharina Greschat: Kirchengeschichte I: Von der Alten Kirche bis zum Hochmittelalter (Leseprobe)

Der Band bringt in elf Kapiteln das Grundwissen im Fach Kirchengeschichte bis zum Hochmittelalter in einem Umfang näher, wie es Inhalt eines Studiums der Evangelischen Theologie sein sollte. Dabei wird ein großer Bogen vom 2. bis zum 13. Jahrhundert, also von den Anfängen der nachapostolischen Zeit bis zu den einflussreichen Lehrsystemen der Scholastik, gespannt. Auch wenn das schon lange her ist, so bleibt dies für das europäische Christentum nach wie vor – und zum Teil auch in überraschender Weise – dennoch prägend. Dabei steht in diesem Lehrbuch nicht die Vermittlung einer Überfülle an Namen, Daten und Fakten im Vordergrund. Es kommt hier vielmehr darauf an, Zusammenhänge zu verstehen, und zu entdecken, dass auch die Beschäftigung mit der Kirchengeschichte einen Beitrag zur konstruktiven Auseinandersetzung mit der Vielfalt des Christlichen in einer globalisierten Welt leisten kann.

Der Band bringt in elf Kapiteln das Grundwissen im Fach Kirchengeschichte bis zum Hochmittelalter in einem Umfang näher, wie es Inhalt eines Studiums der Evangelischen Theologie sein sollte. Dabei wird ein großer Bogen vom 2. bis zum 13. Jahrhundert, also von den Anfängen der nachapostolischen Zeit bis zu den einflussreichen Lehrsystemen der Scholastik, gespannt. Auch wenn das schon lange her ist, so bleibt dies für das europäische Christentum nach wie vor – und zum Teil auch in überraschender Weise – dennoch prägend. Dabei steht in diesem Lehrbuch nicht die Vermittlung einer Überfülle an Namen, Daten und Fakten im Vordergrund. Es kommt hier vielmehr darauf an, Zusammenhänge zu verstehen, und zu entdecken, dass auch die Beschäftigung mit der Kirchengeschichte einen Beitrag zur konstruktiven Auseinandersetzung mit der Vielfalt des Christlichen in einer globalisierten Welt leisten kann.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

1.2 EIN KURZER BLICK IN DIE ÜBERLIEFERTEN TEXTE 5<br />

»Als nämlich <strong>der</strong> Herr von jemandem gefragt wurde, wann sein Reich kommen<br />

werde, sagte er: »›Wenn die zwei eines sein werden und das Äußere wie das In -<br />

nere und das Männliche wie das Weibliche, we<strong>der</strong> männlich noch weiblich.‹« 27<br />

Ein solches Herrenwort ist in den kanonischen Evangelien nicht überliefert.<br />

28 Diese Art von Herrenworten, die sich in keinem <strong>der</strong> später als<br />

kanonisch angesehenen Texten finden, bezeichnet man als Agrapha. Der<br />

Verfasser <strong>der</strong> Predigt schärft abschließend seinen Adressaten noch einmal<br />

mit großem Nachdruck ein, an das künftige Gericht zu denken.<br />

1.2.4 BRIEFE DES IGNATIUS VON ANTIOCHIEN<br />

Nach traditioneller Ansicht (Euseb h.e. III,36,15) war Ignatius <strong>der</strong><br />

dritte Bischof von Antiochien, wurde unter Kaiser Trajan am Anfang<br />

des 2. Jahrhun<strong>der</strong>s verhaftet und schrieb auf dem Weg <strong>zum</strong> Martyrium<br />

in Rom sieben Gefangenschaftsbriefe an die Gemeinden von Ephesus,<br />

Magnesia, Tralles, Rom, Philadelphia und Smyrna sowie einen Brief an<br />

den Bischof Polycarp von Smyrna.<br />

Allerdings gibt es auch erhebliche Zweifel an dieser Darstellung<br />

samt <strong>der</strong> Datierung: Aufgrund <strong>der</strong> Gestaltung des Bischofsamtes (Stärkung<br />

des Monepiskopats) und <strong>der</strong> in den Briefen beschriebenen Christologie<br />

hat man vermutet, dass <strong>der</strong> Verfasser von Noët von Smyrna geprägt<br />

war und sich mit dem Valentinianismus auseinan<strong>der</strong>setzte, weshalb<br />

sein Werk erst im letzten Drittel des 2. Jahrhun<strong>der</strong>ts geschrieben sein<br />

könne. 29 Außerdem formuliert dieser Ignatius eine dezidierte Theologie<br />

des Martyriums, wenn er schreibt, dass ihn in Rom <strong>der</strong> Tod um<br />

seines Glaubens willen als Nachahmer seines Herrn Jesus Christus er -<br />

wartet.<br />

»Ich schreibe an alle <strong>Kirche</strong>n und teile allen mit, dass ich gerne für Gott sterbe,<br />

wenn ihr es nicht verhin<strong>der</strong>t. Ich flehe zu euch, dass euer Wohlwollen mir<br />

keine Schwierigkeit bereite. Lasst mich eine Speise <strong>der</strong> wilden Tiere werden;<br />

durch sie ist es mir möglich, zu Gott zu kommen. Brotkorn Gottes bin ich, und<br />

durch die Zähne <strong>der</strong> Tiere werde ich gemahlen, damit ich als reines Brot Christi<br />

erfunden werde.« 30<br />

27 2Clem 12,2.<br />

28 Ein ganz ähnliches Agraphon überliefert Clemens von Alexandrien strom. III,93,1.<br />

29 Vgl. dazu beson<strong>der</strong>s Reinhard M. Hübner, Thesen zur Echtheit und Datierung <strong>der</strong><br />

sieben Briefe des Ignatius von Antiochien, ZAC 1 (1997), 44–72.<br />

30 Ign. Röm. 4,1.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!