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Katharina Greschat: Kirchengeschichte I: Von der Alten Kirche bis zum Hochmittelalter (Leseprobe)

Der Band bringt in elf Kapiteln das Grundwissen im Fach Kirchengeschichte bis zum Hochmittelalter in einem Umfang näher, wie es Inhalt eines Studiums der Evangelischen Theologie sein sollte. Dabei wird ein großer Bogen vom 2. bis zum 13. Jahrhundert, also von den Anfängen der nachapostolischen Zeit bis zu den einflussreichen Lehrsystemen der Scholastik, gespannt. Auch wenn das schon lange her ist, so bleibt dies für das europäische Christentum nach wie vor – und zum Teil auch in überraschender Weise – dennoch prägend. Dabei steht in diesem Lehrbuch nicht die Vermittlung einer Überfülle an Namen, Daten und Fakten im Vordergrund. Es kommt hier vielmehr darauf an, Zusammenhänge zu verstehen, und zu entdecken, dass auch die Beschäftigung mit der Kirchengeschichte einen Beitrag zur konstruktiven Auseinandersetzung mit der Vielfalt des Christlichen in einer globalisierten Welt leisten kann.

Der Band bringt in elf Kapiteln das Grundwissen im Fach Kirchengeschichte bis zum Hochmittelalter in einem Umfang näher, wie es Inhalt eines Studiums der Evangelischen Theologie sein sollte. Dabei wird ein großer Bogen vom 2. bis zum 13. Jahrhundert, also von den Anfängen der nachapostolischen Zeit bis zu den einflussreichen Lehrsystemen der Scholastik, gespannt. Auch wenn das schon lange her ist, so bleibt dies für das europäische Christentum nach wie vor – und zum Teil auch in überraschender Weise – dennoch prägend. Dabei steht in diesem Lehrbuch nicht die Vermittlung einer Überfülle an Namen, Daten und Fakten im Vordergrund. Es kommt hier vielmehr darauf an, Zusammenhänge zu verstehen, und zu entdecken, dass auch die Beschäftigung mit der Kirchengeschichte einen Beitrag zur konstruktiven Auseinandersetzung mit der Vielfalt des Christlichen in einer globalisierten Welt leisten kann.

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3. PROFILBILDUNGEN DES VORKONSTANTINISCHEN CHRISTENTUMS<br />

Dass hier <strong>der</strong> wahre Hl. Geist am Werk ist, zeigt sich für Tertullian gerade<br />

auch an <strong>der</strong> Strenge, mit <strong>der</strong> sich <strong>der</strong> Paraklet auch in <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong><br />

Buße vom Handeln <strong>der</strong> »<strong>Kirche</strong>« abgrenzt.<br />

»Die <strong>Kirche</strong> kann die Sünde vergeben, aber ich will es nicht tun, damit nicht<br />

auch noch an<strong>der</strong>e sündigen.« 79<br />

Wen Tertullian hier mit <strong>der</strong> »<strong>Kirche</strong>« genau gemeint hat, ist nicht ganz<br />

klar. <strong>Von</strong> <strong>der</strong> karthagischen Gemeinde, die er im Unterschied zur Geistkirche<br />

als Psychikerkirche (Seelenkirche) bezeichnete, hat er sich jedoch<br />

nicht formal getrennt, auch wenn er sich von einigen ihrer Ansichten in<br />

aller Deutlichkeit abgrenzte. Angesichts <strong>der</strong> schwierigen Quellenlage<br />

lässt sich nicht entscheiden, in welchem Verhältnis Tertullian und möglicherweise<br />

seine Anhänger zur Gemeinde von Karthago gestanden<br />

haben.<br />

3.2.2 GNOSTISCHE MODELLE<br />

Analog zu <strong>der</strong> bereits ausführlich dargestellten Konzeption <strong>der</strong> Bewahrung<br />

des Ursprünglichen von Jesus Christus über die Apostel <strong>bis</strong> hin zu<br />

den Apostelschülern wollten einige Vertreter <strong>der</strong> Proto-Orthodoxie<br />

auch eine sich immer stärker zersplitternde Linie wahrnehmen, die von<br />

Simon Magus aus Samaria (Apg 8) als erstem Häretiker über dessen<br />

Nachfolger und Schüler reichte (Justin). Damit stellte Justin neben die<br />

apostolische Sukzession eine Sukzession <strong>der</strong> Pseudo-Apostel und damit<br />

eine Sukzession <strong>der</strong> Häresie. Aus diesem Grunde rechnete Justin und<br />

nach ihm an<strong>der</strong>e Schriftsteller <strong>der</strong> Proto-Orthodoxie die von ihm als<br />

»Häretiker« Ausgeson<strong>der</strong>ten nicht zu den Christen, son<strong>der</strong>n gab ihnen<br />

stattdessen Namen, die auf den Urheber o<strong>der</strong> die Urheberin ihrer Lehre<br />

verwiesen. 80 Daher sind diese Bezeichnungen von Häretikergruppen<br />

mit Vorsicht zu genießen.<br />

Programmatisch entfaltete Irenäus von Lyon (um 180) diese Sichtweise<br />

in seinem Werk Entlarvung und Wi<strong>der</strong>legung <strong>der</strong> fälschlich sogenannten<br />

Gnosis (Adversus Haereses). Für ihn steht die Häresie von Be -<br />

ginn an neben und in Konkurrenz zur Rechtgläubigkeit. In polemischer<br />

Weise beschreibt Irenäus eine Reihe von Denkern und Denksystemen,<br />

79 Tert. de pud. 21.<br />

80 Vgl. dazu auch Clemens Scholten, Die Funktion <strong>der</strong> Häresienabwehr in <strong>der</strong> <strong>Alten</strong><br />

<strong>Kirche</strong>, Vigiliae Christianae 66 (2012), 229–268.

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