ÜSERS DORF BROGGE
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Coiffeur Relax, Bruggen: GLÜCKLICHER START!<br />
«Wer wagt, gewinnt», sagte ich mir immer wieder, als ich<br />
das Verkaufsinserat anfangs Oktober 2006 im St. Galler<br />
Tagblatt entdeckte: Ein langjähriger, hübscher Coiffeur-<br />
Salon für Damen und Herren in einem liebenswerten<br />
Quartier mit der gesamten Einrichtung, dem Wareninventar<br />
und dem Kundenstamm suchte eine neue Besitzerin!<br />
Dies aktivierte meine geheimsten Träume. Schon<br />
am Vormittag rief ich an und über die Mittagspause<br />
fuhr ich los an die Lehnstrasse 1 nach Bruggen, denn ich<br />
war sehr gespannt, wie sich das Geschäft präsentieren<br />
würde. Und ich war begeistert: 4 – 5 Plätze, gut und<br />
überschaubar eingerichtet, die notwendigen Geräte<br />
vorhanden, gute Produkte, eine ansprechende Lage und<br />
zahlreiche Parkplätze sowie die Bushaltestelle direkt vor<br />
dem Geschäft. Jetzt klopfte mein Herz richtig!<br />
Aber würde ich das wirklich schaffen? Zum ersten Mal<br />
selbständig die Verantwortung für ein eigenes Geschäft<br />
tragen und die Geschäftsführung von A bis Z bewältigen?<br />
Mein Magen meldete sich schon auf der Rückfahrt<br />
und liess mich den ganzen Nachmittag nicht mehr in<br />
Ruhe. – Am Abend zeigte ich meinem Lebenspartner<br />
das Inserat und schwärmte vom Coiffeur Relax in Bruggen.<br />
Ruhig meinte er, dass ich über alle fachlichen Voraussetzungen<br />
verfüge und wenn ich es mit der notwendigen<br />
Arbeitsfreude anpacke, richtig rechnen könne und tatkräftig<br />
mitarbeite, müsste einer tragfähigen Basis nichts<br />
im Wege stehen. Aber entscheiden müsse ich allein; danach<br />
werde er gerne wo nötig mithelfen und mich bei<br />
der kaufmännischen Arbeit unterstützen.<br />
Nun motivierte ich mich selbst: In der Tat konnte ich<br />
nach zwei Lehrabschlüssen im Herren- und Damenfach<br />
auf viele Jahre lehrreiche Erfahrungen in einem renommierten<br />
Geschäft im Zentrum von St. Gallen zurückblicken.<br />
Vor allem war ich stets von meinem Beruf begeistert. Ich<br />
interessierte mich auch für die neuen modischen Trends<br />
und meine Kunden schätzten meine genaue Arbeitsweise<br />
und den guten Haarschnitt. – Kurzum – mein Magen<br />
beruhigte sich wieder, meine Selbstsicherheit gewann<br />
Oberhand und ich entschloss mich, in die Kaufverhandlungen<br />
einzutreten.<br />
Nach drei intensiven Besprechungen über die Geschäftsaktiven,<br />
die Kosten und den Preis, etc. mit der Vorbesitzerin<br />
und dem Treuhänder im Oktober 2006 war alles<br />
geregelt und unterzeichnet. Nun stand ich in der Pfl icht!<br />
Mehr als mein eigenes Geld hatte ich damit investiert.<br />
Ein Zurück war unmöglich und bereits am 02. November<br />
2006 war für mich der Start in Bruggen.<br />
Firmennachrichten<br />
Ich nutzte die zwei verbleibenden Wochen, um mir über<br />
einige Grundsätze klar zu werden und ich wollte diese<br />
auch schriftlich als Memo festhalten. Wohl das Wichtigste<br />
ist für mich die gute, genaue Arbeitsweise nach den<br />
individuellen Kundenwünschen, damit es mir gelingt,<br />
die Kunden zu behalten und die Zahl auszubauen. Die<br />
Freundlichkeit, die Fröhlichkeit und die Sauberkeit möchte<br />
ich immer gewährleisten, damit sich die Kundschaft<br />
wohl fühlt. Etwas verwöhnen möchte ich sie auch: Einen<br />
wirklich feinen Kaffee mit Guezli, ein heisses Tüechli für<br />
Herren zum Schluss (wie im Flugzeug), stets frische Pfl anzen<br />
im Geschäft und immer wieder ein neues, schmuck<br />
dekoriertes Schaufenster sollen mein Standard sein. Nur<br />
die besten Produkte zum Waschen, als Festiger und zum<br />
Färben werde ich verwenden (und was auf der Flasche<br />
geschrieben steht, ist bei mir auch wirklich in der Flasche<br />
drin...). Sechs Tage pro Woche soll das Geschäft geöffnet<br />
sein. – Da bei diesen Öffnungszeiten mindestens<br />
eine Mitarbeiterin angestellt werden muss, formulierte<br />
ich auch die für mich wichtigen sozialen Ziele: Der Monatsfi<br />
xlohn soll einiges über dem Mindestlohn liegen,<br />
bei guten Sozialleistungen und Versicherungsschutz (in<br />
unserer Branche existieren oft noch schlechte Usanzen).<br />
Vertrauen, Offenheit und gegenseitige Hilfsbereitschaft<br />
im Team sind mir wichtig und unterstützen ein gutes<br />
Geschäftsklima. – Darauf basierend entwarf mein Lebenspartner<br />
dann das Budget mit den nötigen Soll-Tagesumsätzen<br />
(«…Au weia!»)<br />
Am 2. November ging es dann endlich los. Mit meiner<br />
Vorbesitzerin war vereinbart, dass sie noch einige Zeit<br />
mitarbeiten werde und mich individuell bei den Kunden<br />
vorstellt und einführt. Rasch merkte ich jedoch, wie<br />
schwer es ihr fi el, den Eigentumswechsel zu kommunizieren.<br />
Nach wenigen Tagen fi el sie ganz aus; vermutlich<br />
haben hierbei drei Jahre Alleinarbeit ohne genügend<br />
Ferien Spuren hinterlassen. Jedenfalls entstand für mich<br />
eine schwierige Situation. Ich arbeitete allein und immer<br />
wieder wurde ich gefragt, wer ich sei, und das Fehlen<br />
einer frühzeitigen, sauberen Information belastete den<br />
Übergang und mich sehr. Agieren statt Abwarten war<br />
nun dringend angesagt: So entwarf ich die Einladung<br />
für einen Kunden-Apéro auf den 04. Dezember 2006.<br />
An zwei Wochenenden schrieben wir die vielen Kundenadressen<br />
aus der Kartei ab. Noch nie habe ich so viele<br />
Briefmarken aufgeklebt! Beeindruckt und begeistert<br />
hat mich die spontane Hilfsbereitschaft meiner neuen<br />
Nachbarn und Kunden! Die lieben Ruth und Selahattin<br />
Yetiman vom Café Bijou nebenan (das ist das freundliche,<br />
schmucke Café an der Lehnstrasse 1, wo es die<br />
feinen, stets frischen Brötli und die reichhaltigen Mittagsmenüs<br />
gibt) stellten mir gratis ihr Lokal inkl. Bedie-<br />
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