Von Bischof zu Bischof - Rotpunktverlag
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In 9 Tagen von Chur nach Como<br />
ins südliche Ausland drehen ließen, zeigten diese in Menaggio jeweils blühende<br />
Magnolien, waschende Frauen am See und Eisverkäufer mit einem<br />
fahrbaren Stand. Die Frauen waschen nicht mehr am See, aber die Magnolien<br />
blühen wie im Film, und Gelatistände sprießen allenthalben.<br />
Wenn uns der Sinn nach Gründerzeit-Feeling und verblichener Seeromantik<br />
steht, steigen wir im Bellavista ab, <strong>zu</strong>sammen mit Dutzenden comerseeseligen<br />
Briten. Im Gegensatz <strong>zu</strong> den beiden durchrenovierten Grand Hotels<br />
in ähnlicher Lage ist das Bellavista noch bezahlbar, und der See<br />
plätschert hier unter den Fenstern genau so schön. Günstiger logiert man an<br />
der Piazza im Corona garni oder in der Du-Lac-Dependance. Den Liebhabern<br />
von Vielleicht-ist-es-das-letzte-Mal-Herbergen empfehlen wir das Meneghet,<br />
ein einfaches Hotel mit einem verwunschenen Garten in einem alten<br />
Patrizierhaus (fünf Minuten am Weg von morgen hochgehen).<br />
Ein Fotogeschäft hat sein Schaufenster mit Aufnahmen vom letzten großen<br />
Schnee vollgestellt, an den oberitalienischen Seen kein alltägliches Ereignis<br />
und beliebtes Sujet für Neujahrskarten. Wir stöbern, natürlich auch<br />
dieses Mal vergeblich, nach den Postkarten, die, um 1900 in den Handel gekommen,<br />
Aufnahmen vom Comersees zeigen. Geknipst wurden sie von der<br />
englischen Winteralpinistin und St. Moritzianerin Elizabeth Main, die in jenen<br />
Jahren als eine der ersten Velofahrerinnen überhaupt bis nach Rom radelte.<br />
Der Prosecco von heute geht an die sportliche Britin.<br />
Am Lario kann man das ganze Jahr wandern, Ausnahmen vorbehalten (Menaggio, Januar 2007).<br />
Am Comersee spinnen auch Zürcher<br />
Ein schöner Maiensonntag im Jahre 1852. Die Gärten der Comersee-Villen blühen<br />
in ihrer ganzen Pracht, bestaunt von den vorbeigleitenden Reisenden auf dem<br />
Dampfschiff nach Como. An Bord ist auch Carl Abegg, Sohn des Küsnachter Seidenhändlers,<br />
Weinbauern und Gemeindeammanns Abegg. Der Sechzehnjährige<br />
ist auf dem Weg <strong>zu</strong> seiner Mailänder Lehrstelle in der Seidenspinnerei Fierz, ebenfalls<br />
eine Zürcher Familie.<br />
Ob der junge Abegg kurz nach Lenno <strong>zu</strong>r Villa Balbiano hinüberschaute, diesem<br />
herrschaftlichen Bau am Ufer zwischen der Halbinsel Lavedo und der kleinen Insel<br />
Comacina, wissen wir nicht. Vielleicht machte ihn ein zeitgenössischer Reiseführer<br />
auf die »schöne Villa Balbiano an der Mündung der aus wilder Schlucht mündenden<br />
Perlana« aufmerksam.<br />
Sicher ist, dass Carl Abegg nicht ahnt, dass er in ein paar Jahrzehnten Mitbesitzer<br />
dieser Villa sein und mit seiner Frau, einer geborenen Arter, im Zimmer des ver-<br />
Die Villa Balbiano zwischen Lenno und Osuccio, vom Schiff aus gesehen.<br />
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