Von Bischof zu Bischof - Rotpunktverlag
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In 9 Tagen von Chur nach Como<br />
Das Traversiner Tobel queren wir auf einer Hängebrücke des innovativen<br />
Brückenbauers Jürg Conzett; eigentlich ist es eher eine Hängetreppe, über<br />
die wir <strong>zu</strong>r andern Seite des Tobels absteigen. Die Brücke wird wohl den Naturgewalten<br />
eher trotzen als die filigrane Vorgängerin, die von einer Rüfe<br />
weggerissen wurde.<br />
Später trifft die Via Spluga auf die alte Kantonsstraße, der sie ein kurzes<br />
Stück folgt, vorbei an einem Inforaum <strong>zu</strong>r Passgeschichte. Dann steigen wir<br />
wieder <strong>zu</strong>m jungen Rhein ab und überqueren ihn auf einer weiteren Conzett-Brücke.<br />
Via den Weiler Reischen kommen wir nach Zillis.<br />
Vielleicht ist das Dorfmuseum im Postgebäude offen, dann lohnt sich ein<br />
Rundgang. Auf keinen Fall verpassen darf man die phänomenale Bilderdecke<br />
in der Kirche Sankt Martin – Stoff genug für die nächsten paar Dutzend<br />
Träume.<br />
Wie weiter? Eilige halten sich an die kürzere Variante über Pigna (nach<br />
Pigna vorerst die Höhe halten und erst nach einem Kilometer nach Andeer<br />
absteigen). Eine halbe Stunde länger dauert der Spaziergang auf dem ausgeschilderten<br />
Weg via die Dörfer Donat und Clugin nach Andeer. Unterwegs<br />
weist uns eine Tafel auf die 1925 erbaute Valtschielbachbrücke von Robert<br />
Maillart hin. Mit der Brücke von Donat (kleiner Abstecher) erfand der<br />
Stahlbetonvirtuose »den versteiften Stabbogen« (wir Laien sind so klug als<br />
wie <strong>zu</strong>vor).<br />
Wir mögen die Abendspaziergänge in Andeer, wir mögen das Schlendern<br />
durch die Hintergassen, die Gärten hinter verwitternden Mauern, die Türen<br />
und Tore, die Graffiti an den ausladenden Häusern – ob im Frühsommer,<br />
wenn die Amseln gut trainiert ihren Herzschmerz besingen und der erste frische<br />
Heuduft in der Luft liegt, ob im Spätherbst, wenn die Vogelbeerbäume<br />
rote Beerendolden über die Mauern hängen lassen. (Wobei die A13 stets als<br />
Hintergrundmusik mitspielt.)<br />
Das Stattliche des Dorfes beeindruckt, das Angebot an Hotels ebenso.<br />
Ohne Zweifel Nummer eins ist das Fravi, Bad und Kurhaus und Scharnier<br />
zwischen Nord und Süd. Auf dem steinernen Bogen, der die Straße überspannt,<br />
steht Hotel Fravi für die, die von Norden kommen, Albergo Fravi<br />
für jene aus dem Süden. In den Zimmern haben wir dann Feng Shui für alle.<br />
Wer günstiger übernachten will, steigt vielleicht im Weißen Kreuz ab. Oder<br />
noch günstiger und spezieller im Hotel Rofflaschlucht (plus eine Stunde).<br />
6C Andeer–Monte Spluga 7 h<br />
Über den Pass<br />
Andeer 979m<br />
Rofla 1095m 1h00<br />
Splügen 1457m 4h15<br />
Monte Spluga 1905m 7h00<br />
Höhendifferenz Aufstieg 1350m, Abstieg 400m<br />
Unterwegs<br />
Rofla günstiges Hotel, Tel.081 6611197, www.rofflaschlucht.ch<br />
Sufers Hotel Seeblick, Tel.081 6641186<br />
Splügen ***Bodenhaus, DZF 100–170 Fr., Tel.081 6509090,<br />
www.hotel-bodenhaus.ch; Alte Herberge Weiß Kreuz, DZF 170–200 Fr.,<br />
Tel.081 6309130, www.weiss-kreuz.ch<br />
ÖV Postauto Andeer–Splügen; Bus Splügen–Monte Spluga bis 12. Oktober<br />
Monte Spluga<br />
Tisch und Bett **Posta (mit Enoteca), DZF 75–79 Euro, Tel.0343 54234,<br />
salafaustoenoteca@tiscalinet.it; allenfalls<br />
**Vittoria/Ca de la Montagna, DZF 68–86 Euro, Tel.0343 54250,<br />
www.passospluga.it<br />
Ein Steinbruch, eine Zentrale der Kraftwerke Hinterrhein, eine Felsengalerie<br />
<strong>zu</strong>m Roflafall, ein überflüssig gewordenes Stück Schweizer Armee als<br />
Museum – und alles dominierend die San-Bernardino-Autobahn A13. An<br />
alte Zeiten erinnert heute wenig. Als vor Jahren erste Projektskizzen die<br />
Wiederbelebung des historischen Passwegs über den Splügen <strong>zu</strong>r Diskussion<br />
stellten, schüttelte man ungläubig den Kopf. Wo soll ein Wanderweg denn<br />
hier noch Platz finden?<br />
Die Wegplaner haben ihre Aufgabe mehr als anständig gelöst. Sie konnten<br />
zwar die Autobahn nicht aus der Welt schaffen. Aber sie haben einen<br />
Weg eingerichtet, der eigenständig ist, mal auf schmalen Pfaden dem Hinterrhein<br />
folgt, über eine kühne neue Hängebrücke führt, in heiklen Passagen<br />
aber sehr wohl die vorhandene Infrastruktur benützt, an die Stützmauer der<br />
Straße gehängt oder auch mal über das Galeriedach führend.<br />
Nur einmal folgen wir heute nicht der Via Spluga: auf dem Kilometer vor<br />
dem Gasthaus Rofflaschlucht, den wir, das Rauf-Runter auf kürzester Strecke<br />
vermeidend, auf der alten Kantonsstraße gehen. Und uns dafür den Abstecher<br />
<strong>zu</strong>m Wasserfall in der Roflaschlucht nicht entgehen lassen. Gerne<br />
entrichten wir den kleinen Obolus und gedenken der Hotelierfamilie, die<br />
hier sieben Winter lang Tausende von Bohrlöchern in den Fels trieb. Der er-<br />
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