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Ärzt*in für Wien 2023/11

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BRIEF DES PRÄSIDENTEN IN EIGENER SACHE<br />

Sehr geehrte Kollegin! Sehr geehrter Kollege!<br />

Problematische Reform<br />

► Es ist noch nicht allzu lange her, als die im Gesundheitswesen tätigen Berufsgruppen<br />

jene Leistungen angeboten haben, die sie am besten gelernt haben und deshalb am<br />

besten beherrschten. Im Vordergrund stand das Interesse der Patientinnen und Patienten,<br />

nicht das finanzielle Kalkül.<br />

Dass das heute leider nicht mehr so ist, das demonstriert uns die Apothekerkammer. Dauerthema<br />

bei ihrem Lobbyismus sind etwa die hartnäckigen Vorstöße, dass Apothekerinnen und<br />

Apotheker doch endlich impfen dürfen sollten. Obwohl sie das nicht gelernt haben, obwohl<br />

sie die vom Impfplan geforderten Leistungen nicht erbringen können, und obwohl bei den<br />

Impfangeboten keinerlei Angebotslücken bestehen, die von Apotheken geschlossen werden<br />

müssten. Bisher konnten wir diese Forderung erfolgreich abwehren.<br />

„Wir müssen jedenfalls auch<br />

künftig entschlossen dagegen<br />

auftreten, dass der Lobbyismus<br />

der Apothekerkammer zu<br />

weiteren Verschlechterungen in<br />

der Gesundheitsversorgung<br />

führt.“<br />

Veritable Fehlentwicklung<br />

Wir müssen jedenfalls auch künftig entschlossen dagegen auftreten, dass der Lobbyismus der<br />

Apothekerkammer zu weiteren Verschlechterungen in der Gesundheitsversorgung führt. Zur<br />

Erinnerung: Frühere Änderungen im Apothekengesetz hatten dazu geführt, dass im ländlichen<br />

Raum etwa hundert ärztliche Hausapotheken zusperren mussten.<br />

Aktuell hat der Gesundheitsminister leider zugelassen, dass der Lobbyismus der Apothekerkammer<br />

in der Novelle zum Apothekengesetz Spuren hinterlässt. Ein Kernpunkt ist die<br />

Möglichkeit, dass Apotheken ab 2024 Medikationsanalysen und einfache Gesundheitstests<br />

durchführen dürfen, etwa Blutdruck- oder Blutzuckermessungen, Analysen des Harns und<br />

anderer körpereigener Stoffe, sowie Venenmessungen. Das bedeutet alles andere als einen<br />

Schritt in die Richtung bessere Patientenversorgung.<br />

Anstatt die wohnortnahe ärztliche Versorgung zu stärken, soll künftig vieles an Apotheken<br />

ausgelagert werden. Dabei sollten aus medizinischer Sicht Tests und Messungen in<br />

einer Arztpraxis erfolgen. Ärztinnen und Ärzte können bei dieser Gelegenheit auch weitere<br />

gesundheitliche Aspekte berücksichtigen und geeignete Untersuchungen und Therapien<br />

durchführen oder verordnen.<br />

Positiv hingegen beurteile ich die geplante Ausweitung der Apotheken-Öffnungszeiten:<br />

Sie ist ein Beitrag zu einem besseren Service, insbesondere <strong>für</strong> Berufstätige, die nach ihrem<br />

Besuch bei der Ärztin oder beim Arzt noch eine geöffnete Apotheke vorfinden möchten.<br />

Eine veritable Fehlentwicklung ist, dass die Ausweitung des Angebotsspektrums von Apotheken<br />

um Leistungen, die bisher aus guten Gründen Ärztinnen und Ärzten vorbehalten sind,<br />

ohne jedes vorangegangene Gespräch mit der Ärztekammer durchgesetzt werden soll.<br />

Offenbar glaubt man, bei wichtigen Vorsorgemaßnahmen wie Testungen auf die ärztliche<br />

Expertise verzichten zu können. Qualifizierte Gesundheitspolitik schaut anders aus.<br />

Wir werden uns, das muss allen klar sein, diesen Fehlentwicklungen entgegenstellen.<br />

Herzliche Grüße<br />

Ihr Johannes Steinhart<br />

Foto: AEK <strong>Wien</strong><br />

Weitere standespolitische<br />

Themen ab Seite 9.<br />

<strong>11</strong>_<strong>2023</strong> <strong>Ärzt*in</strong> <strong>für</strong> <strong>Wien</strong> 3

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