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GASTBEITRAG<br />
Das Lager als wertvoller<br />
Part der Supply Chain<br />
Im Herbst vor 25 Jahren, zur international führenden Kunststoffmesse „K<br />
1998“, weihte Brückner Maschinenbau am Standort Siegsdorf ein Technologiezentrum<br />
ein. Darin sollten die bereits genutzten Laboranlagen ebenso untergebracht<br />
werden, wie eine völlig neuartige Pilotanlage, auf der Folien erstmals<br />
simultan mit Hilfe von Linearmotoren verstreckt werden konnten. Diese Technologie<br />
ist einzigartig, da diese Maschine ca. 350 sogenannte Antriebsachsen<br />
enthält gegenüber 3-5 Antriebsachsen in modernen Fertigungsmaschinen.<br />
Ein Lager bewegt sich immer<br />
in einem Spannungsfeld<br />
zwischen einem dynamischen<br />
Prozess mit vielen Prozessvarianten<br />
und vielen Bedürfnissen,<br />
um die Waren zum jeweils richtigen<br />
Zeitpunkt bereitzustellen. Verzögerungen<br />
wirken sich im Folgeprozess<br />
aus und je stärker eine Supply Chain<br />
verzahnt sein soll, desto wichtiger<br />
ist es, dass die benötigten Komponenten<br />
für die einzelnen Schritte im<br />
Lager wie geplant zur Verfügung<br />
stehen. Die Prozesse müssen also einerseits<br />
robust bleiben. Andererseits<br />
muss die dafür genutzte IT-Lösung<br />
für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen<br />
einfach bedienbar sein.<br />
Abläufe abbilden<br />
Eine Lagerverwaltungsplattform<br />
muss also hochkomplexe, durchgängige<br />
Abläufe abbilden. Darüber<br />
hinaus sollten auch die Unterstützungsprozesse<br />
integriert werden,<br />
um bedarfsgerecht das Sortiment<br />
über Einkauf und Zulauf zu steuern.<br />
Dazu gehören auch Inventur und<br />
Nachschubsteuerung. Im Optimalfall<br />
haben diese Prozesse keinen<br />
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Einfluss auf das operative Business:<br />
Das Inventarisieren passiert also im<br />
Betrieb und Nachschübe werden so<br />
kalkuliert, dass der Durchlauf gesichert<br />
ist.<br />
Im Lager gilt: Zeit ist Geld<br />
Ebenso kommt es auf die strukturierte<br />
Einlagerung an, um bei der<br />
Kommissionierung das Optimum zu<br />
erreichen. Sind schnelldrehende Waren<br />
zum Beispiel falsch eingelagert,<br />
braucht es bei jedem Pick deutlich<br />
mehr Zeit. Um einen möglichst effizienten<br />
Pick-Prozess zu erreichen,<br />
helfen klassische statische Kriterien,<br />
Vergleichswerte aus der Vergangenheit,<br />
aber auch zunehmend intelligente<br />
Algorithmen, die auf Machine<br />
Learning basieren, dabei festzulegen,<br />
wo welches Material eingelagert<br />
wird.<br />
Durchgängige Prozesse<br />
Besonders wichtig sind die Einbindung<br />
von Materialflusssystemen<br />
und komplexen Hochregallagersystemen<br />
in durchgängige Prozesse.<br />
Durch eine direkte Integration gelingt<br />
die Vernetzung bis hinunter<br />
auf die Antriebs- und Prozessebene.<br />
So kann deutlich flexibler auf veränderte<br />
Auftragslagen, Ausnahmen<br />
und neue Strategien reagiert werden<br />
– beispielsweise, indem in betriebsschwachen<br />
Zeiten Lageroptimierungen<br />
vorgenommen werden. Darüber<br />
hinaus ermöglicht die direkte<br />
Integration eine Verschlankung der<br />
Systemlandschaft, indem zwischengelagerte<br />
Systeme entfallen.<br />
IoT und RFID setzen<br />
neue Transparenzstandards<br />
Wenn das Lager einen höheren<br />
Wertbeitrag leisten soll, ist Kostensenkung<br />
durch Optimierung von<br />
Platz und Durchlaufzeiten das Gebot<br />
der Stunde. Dafür ist die Integration<br />
von Live- und Zulaufdaten entscheidend:<br />
Wo befindet sich der LKW,<br />
der Ware bringen oder abholen soll,<br />
aktuell? Wo sind die Kisten, die verladen<br />
werden sollen, ohne dass der<br />
LKW warten muss? Jede Bewegung,<br />
die zu langsam funktioniert, kostet<br />
Geld. IoT-Technologie ermöglicht<br />
heute Echtzeittransparenz. Durch eine<br />
bessere Lagerplanung lassen sich<br />
Einsparungen im Bereich von 30<br />
bis 50 Prozent bei der Ausführung<br />
erzielen, abhängig vom jeweiligen<br />
Szenario.<br />
Vernetzung<br />
Vernetzung ist grundsätzlich ein<br />
wichtiger Aspekt für die Lageroptimierung:<br />
Besonders eignet sich<br />
dafür RFID-Technologie, da die<br />
Transponder mittlerweile deutlich<br />
günstiger geworden sind. Wird die<br />
Technologie durchgängig und sauber<br />
genutzt, dann lässt sich das Arbeitsmanagement<br />
erheblich flexibilisieren.<br />
Aufträge werden dann automatisiert<br />
an verschiedenste Handhelds<br />
verteilt, sodass die Mitarbeitenden<br />
gleich loslegen können, statt auf<br />
Papierunterlagen zu warten. RFID<br />
macht manuelle Eingriffe obsolet,<br />
sorgt für mehr Effizienz und durch<br />
das lückenlose Tracking gehen weniger<br />
Waren verloren. Zugleich kann<br />
das System mit den Echtzeitdaten<br />
auf bestimmte Zustände sehr rasch<br />
Autor: Mathias Kraus<br />
automatisiert reagieren – schneller<br />
als ein Mensch: So lässt sich beispielsweise<br />
erkennen, dass eine sehr<br />
hohe Auslastung in einem Teil des<br />
Lagers herrscht, um dafür Personal<br />
aus einem anderen Bereich herüberzuziehen.<br />
Nachhaltigkeit und neue<br />
Mehrwert-Services im Lager<br />
Je besser das Lager organisiert<br />
ist, desto eher sind Unternehmen in<br />
der Lage, Aufträge und Transporte<br />
kostensparend zusammenzufassen<br />
und können so Ladefenster, Verladekapazitäten<br />
und Transportaufwendungen<br />
einsparen. Indem Aufträge<br />
so zusammengefasst werden, dass<br />
der LKW geschickt aufgefüllt wird<br />
(Tendering), kann eine Ersparnis<br />
von 30 bis 40 Prozent der Frachtkosten<br />
erzielt werden. Vor allem aber<br />
lässt sich hier ein Schritt zu deutlich<br />
mehr Nachhaltigkeit gehen – ein<br />
Thema, das in den nächsten Jahren<br />
weiter an Relevanz gewinnen wird.<br />
Digitalisierung<br />
Durch die Digitalisierung gelingt<br />
es zudem, das Lagermanagement<br />
zum Enabler für Folgeprozesse<br />
weiterzuentwickeln und Mehrwerte<br />
zu bieten. Typische Value Added<br />
Services sind zum Beispiel Veredelungs-<br />
und Montagetätigkeiten auf<br />
dem Werksgelände oder direkt im<br />
Lager. Einige Unternehmen nutzen<br />
Cobots, um einfache Assemblierungsaufgaben<br />
im Logistikumfeld<br />
vorzunehmen. Auch die exakte Dokumentation<br />
von Packvorschriften<br />
oder Rückverfolgbarkeit, deren Bedeutung<br />
in den letzten Jahren massiv<br />
zugenommen hat, helfen Unternehmen<br />
dabei, ihr Service-Level gegenüber<br />
ihren Kunden zu erhöhen – eine<br />
klassische Win-Win-Situation.<br />
Autor: Matthias Kraus, Consulting<br />
Director SAP EWM bei<br />
der leogistics GmbH<br />
(www.leogistics.com)