12.12.2023 Aufrufe

Leichtathletik INFORMationen 04/2023

Inhalt: Die neue Redaktion + Herbst-Vorstandssitzung 2023 + Interview mit Dagmar Freitag + Vorgestellt: Die U20-Europameister*innen + Förderung I: Das 3-Säulen-Modell von Tristan Schwandke + Förderung II: Studienwahl in Deutschland + Förderung III: Leichtathletik-Förderung in Magdeburg + Projektbericht Gehen + Mehr Sachlichkeit, bitte! (Gastkommentar von Jürgen Mallow) + Sportpsyochlogie in der Leichtathletik

Inhalt: Die neue Redaktion + Herbst-Vorstandssitzung 2023 + Interview mit Dagmar Freitag + Vorgestellt: Die U20-Europameister*innen + Förderung I: Das 3-Säulen-Modell von Tristan Schwandke + Förderung II: Studienwahl in Deutschland + Förderung III: Leichtathletik-Förderung in Magdeburg + Projektbericht Gehen + Mehr Sachlichkeit, bitte! (Gastkommentar von Jürgen Mallow) + Sportpsyochlogie in der Leichtathletik

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Frage beantworten, welchen Spitzensport wir in Deutschland<br />

haben wollen, wird alles weiterhin Stückwerk bleiben. So wie<br />

in den vergangenen Jahren, in denen ich es live miterlebt und<br />

auch mit verantwortet habe.<br />

Der DLV hinkt in einigen Disziplinen der Weltspitze weit<br />

hinterher. Sollte man da nicht lieber die Fördermittel in<br />

den Vereins- oder Schulsport investieren – in der Hoffnung,<br />

dass dann das eine oder andere Talent den Weg zur Weltspitze<br />

findet?<br />

Der Bund ist weder für das eine noch das andere zuständig;<br />

wir haben hier aufgrund der föderalen Struktur unseres Landes<br />

eine klare Aufteilung zwischen den Bundesländern und<br />

dem Bund, was außer dem Schul- und Vereinssport auch für<br />

die Universitäten gilt. Wenn die Bundesländer allein in diesen<br />

drei Bereichen ihre Hausaufgaben machen würden, wäre im<br />

Bereich Talentfindung/-förderung und Duale Karriere bereits<br />

viel gewonnen. Starke Vereine, gute Sportstätten und eine Perspektive<br />

beim schwierigen Übergang vom Nachwuchs- in den<br />

Aktivenbereich sind die unverzichtbare Basis für einen erfolgreichen<br />

Spitzensport. Und an dieser Nahtstelle kommt dann die<br />

Förderung des Bundes ins Spiel.<br />

Im DLV beobachten wir, dass unsere Nachwuchsathletinnen<br />

und -athleten in den Klassen U18, U20 und U23 auf internationaler<br />

Ebene recht erfolgreich abschneiden, diese<br />

Erfolge aber bei den Männern und Frauen nicht wiederholen<br />

können. Wo liegen Ihrer Meinung die Ursachen?<br />

Ein ganz entscheidender Grund ist meiner Meinung nach, dass<br />

unsere jungen Athletinnen und Athleten längst nicht immer<br />

dort einen Studien- oder Ausbildungsplatz finden können,<br />

wo auch ihr Trainingsmittelpunkt ist. Von maßgeschneiderten<br />

Angeboten, die auf die speziellen Bedürfnisse junger Spitzenathleten<br />

und -athletinnen ausgerichtet sind, ganz zu schweigen.<br />

Es liegt also nicht immer nur an den Verbänden oder an den Athletinnen<br />

oder Athleten, die sich angeblich nicht mehr genügend<br />

quälen wollen. Es sind oftmals die Begleitumstände, die die jungen<br />

Leute dazu zwingen, sich viel zu früh vom Leistungssport zu<br />

verabschieden. Wie beispielsweise auch die Sorge, den Lebensunterhalt<br />

nicht (mehr) finanzieren zu können. Die Lebenswirklichkeit<br />

in unserer Gesellschaft geht ja an den Athleten und Athletinnen<br />

nicht vorbei. Und nicht alle können oder wollen in eine<br />

Sportfördergruppe bei der Bundeswehr, der Polizei oder dem<br />

Zoll. Und wenn wir schon so viel über Geld sprechen: Auch von<br />

den milliardenschweren Einnahmen des IOC steht den Athleten<br />

und Athletinnen aus meiner Sicht ein entsprechender Anteil zu.<br />

Denn sie sind das Herzstück der Marke „Olympische Spiele“.<br />

Bei uns haben sich in letzter Zeit einige Wertigkeiten verschoben.<br />

Das Streben nach absoluter Höchstleistung ist<br />

nicht mehr so gefragt wie früher. Ist Work-Life-Balance<br />

auch ein Problem für den Spitzensport?<br />

Das mag auch für den einen oder anderen im Sport zutreffen,<br />

aber wir sollten das keinesfalls verallgemeinern. Wer im Sport<br />

oder in einem anderen Bereich hochtalentiert ist, der will in der<br />

Regel auch wissen, wo seine persönlichen Grenzen liegen. Und<br />

das findet man nur mit Fleiß, Ehrgeiz, persönlichem Verzicht<br />

und hartem Training heraus.<br />

Startschuss beim Silvesterlauf in Iserlohn 2013<br />

Kritik wurde in letzter Zeit an der Teilreform der Bundesjugendspiele<br />

laut, bei denen in den Grundschulen die Leistungen<br />

der Kinder nicht mehr exakt mit Bandmaß oder der<br />

Stoppuhr gemessen werden. Befürchten Sie auch da eine<br />

Verabschiedung vom Leistungsgedanken?<br />

Diese Diskussion finde ich ziemlich überbewertet. Da macht<br />

einer wie Hans-Joachim Watzke für den Bereich Kinderfußball<br />

ein Fass auf, und das ganze Land regt sich auf. In der <strong>Leichtathletik</strong><br />

wird jetzt kritisiert, dass beim Weitsprung in der Grundschule<br />

nicht mehr die konkrete Weite gemessen wird, sondern<br />

in Zonen gesprungen wird. Auch nach dieser Änderung erhält<br />

jedes Kind eine Rückmeldung über seine Leistung und kann<br />

einordnen, ob es nun besser oder schlechter war als andere.<br />

Um nicht missverstanden zu werden: Persönlich habe ich überhaupt<br />

kein Problem damit, Leistungen auch bei Kindern konkret<br />

zu erfassen und auch zu werten. Die meisten Kinder wollen sich<br />

ohnehin messen, laufen auch in der Freizeit um die Wette. Aber<br />

die Welt geht nicht unter, wenn wir die Anfangsjahre im Sport<br />

etwas spielerischer und damit vielleicht auch kindgerechter<br />

gestalten. Gute Lehrer und Übungsleiter erkennen auch so,<br />

ob ein Kind sportlich wirklich talentiert ist, und können es entsprechend<br />

fördern.<br />

Im Schulsport fehlt es an ausgebildeten Lehrkräften, was<br />

natürlich ein großes Problem ist. Warum interessieren sich<br />

so wenige junge Leute für den Lehrberuf?<br />

Die Herausforderungen in der Schule haben sich gegenüber<br />

meiner Zeit als Lehrerin wesentlich verändert. Die vielen zusätzlichen<br />

Aufgaben halten möglicherweise junge Leute von diesem<br />

Beruf ab. Wir brauchen aber unbedingt junge und fachlich<br />

gut ausgebildete Sportlehrerinnen und -lehrer, die ihre<br />

Begeisterung für den Sport in unserer bewegungsarmen Zeit<br />

auch auf unsere Kinder und Jugendlichen übertragen. Davon<br />

würde auch die <strong>Leichtathletik</strong> profitieren, die in der Schule vor<br />

allem auch wieder den Stellenwert erhalten muss, den sie als<br />

olympische Kernsportart verdient.<br />

Interview/Text: Peter Middel<br />

Bilder: Dagmar Freitag<br />

<strong>Leichtathletik</strong> <strong>INFORMationen</strong> 8

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