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Burgblatt_2024_02_01-44_red

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AUS DEM FRÄNKISCHEN TAGBLATT<br />

Hilpoltstein im Jahre 1929<br />

2. Quartal<br />

von Peter Hagenmaier<br />

überarbeitet von Helmut Reiter<br />

Die Artikelserie Hilpoltstein im Spiegel<br />

des „Fränkisches Tagblatt“, eine sehr<br />

gute Informationsquelle über das Geschehen<br />

vergangener Epochen, wurde<br />

von P. Hagenmaier für die Jahre 1918<br />

bis 1936 verfasst. Im Hilpoltsteiner<br />

<strong>Burgblatt</strong> wurden bisher nur die Jahre<br />

bis 1926 veröffentlicht. Die weiteren<br />

Jahre werden jetzt, nach seinem Tod,<br />

in sehr gekürzter Form wieder im <strong>Burgblatt</strong><br />

erscheinen. Einzelheiten der Zeitungsberichte<br />

wie auch Hagenmaiers<br />

Artikelserie können im Hilpoltsteiner<br />

Stadtarchiv eingesehen werden.<br />

Abkürzungen für fränkisches Tagblatt FT, für Hilpoltstein HIP.<br />

Der Ausflugsverkehr auf der G<strong>red</strong>l war außergewöhnlich<br />

stark. Am Ostermon tag war<br />

der letzte Abendzug von G<strong>red</strong>ing aus so<br />

überfüllt, dass ab HIP Fahrgäs te im leeren<br />

Gepäck- und Bahnpostwagen transportiert<br />

werden mussten.<br />

Am 3. 4. informiert das FT über die Abschaffung<br />

der Wohnungszwangswirt schaft in Gemeinden<br />

unter 5.000 Einwohnern. Die Aufhebung<br />

der Wohnungs mangelvorschriften<br />

muss jedoch von der Aufsichtsbehörde genehmigt<br />

werden.<br />

In der Ausgabe vom 4. 4. weist das FT auf die<br />

am 7. 4. In Eysölden im Gasthaus „Zum Bären“<br />

stattfindende Versammlung der NSDAP<br />

hin. Parteigenosse Karl Minnameyer spricht<br />

über das Thema „Des deutschen Bauern Totentanz“<br />

Der katholische Gesellenverein HIP konnte<br />

am vergangenen Sonntag mit seinem Theaterstück<br />

„Der Meineidbauer“ von Anzengruber<br />

einen großen Erfolg feiern. Weil nicht<br />

alle Interessenten eine Karte bekommen<br />

konnten, wird das Stück am kommenden<br />

Sonntag wiederholt.<br />

Der Retter Nobiles, der russische Flieger<br />

Tuchnowski ist in Friedrichshafen eingetroffen.<br />

Die Besichtigung des Luftschiffs „Graf<br />

Zeppelin“ beeindruckte ihn sehr. In fließend<br />

Deutsch bedankte er sich für die freundliche<br />

Aufnahme und die gewährte Gastfreundschaft.<br />

Die Entlastung des Arbeitsmarktes schreitet<br />

fort. Ende März ist im Reich die Zahl der Arbeitslosen<br />

auf 1.885.000 gesunken, wovon<br />

1.456.000 auf die Arbeitslosenversicherung<br />

und 428.000 auf die Sonderfürsorge entfielen.<br />

In Spalt wurde die neue Jugendherberge<br />

im ehemaligen Knabenschulhaus in<br />

der Stiftsgasse eröffnet. Die Schwabacher<br />

Naturfreunde haben letzten Sonntag die<br />

Schlafräume mit Schlafsäcken versehen und<br />

gleich benützt.<br />

In der Bronzewarenfabrik Grimm in Eckersmühlen<br />

kam es heute Nacht zu einer großen<br />

Aluminiumstaubexplosion. Bei Schichtwechsel<br />

um 3 Uhr brach ein loka ler Brand aus, der<br />

drei Explosionen nacheinander auslöste und<br />

Wände einstür zen ließ. Die Explosionen waren<br />

noch in Roth zu hören. Zu Personenschäden<br />

kam es gottlob nicht.<br />

Das Luftschiff „Graf Zeppelin“ ist wieder<br />

Richtung Süden unterwegs. Die letzten<br />

Funkmeldungen besagen, dass man über<br />

der Meerenge von Gibraltar Europa verlassen<br />

habe und über Tanger die für Afrika bestimmten<br />

Postsäcke abgewor fen habe.<br />

Die im Winter zum Schutze von Flussbauwerken<br />

vorgenommenen Eisspren gungen<br />

zeigen jetzt ihre negativen Wirkungen. Der<br />

Fischbestand in den Gewäs sern wurde derartig<br />

stark geschädigt, dass man um einen<br />

künstlichen Besatz nicht mehr herumkommt.<br />

Über das am 25. 4. in der Bleistiftfabrik Staedtler<br />

stattgefundene Explosions unglück,<br />

bei dem 9 Arbeiterinnen ums Leben kamen<br />

und 10 weitere Personen verletzt wurden,<br />

werden jetzt Einzelheiten bekannt. Der Auslöser<br />

der Katastrophe war wahrscheinlich ein<br />

Kurzschluss in einer Bohrma schine, der den<br />

hochexplosiven Lack entzündet hat.<br />

Aus Pappenheim wird gemeldet, dass die<br />

Altmühlregulierung in wenigen Mo naten<br />

abgeschlossen werden kann. Auf gesamter<br />

Flusslänge wurde das Fluss bett um einen<br />

Meter vertieft und die Flusslänge durch Begradigung<br />

um 10 km verkürzt.<br />

Am 1. Mai trafen sich im Gasthaus „Zur<br />

Post“ eine größere Anzahl Interes senten,<br />

die die in HIP herrschende Wohnungsnot<br />

verringern wollen. 30 Genossen traten der<br />

Genossen schaft sofort bei.<br />

Die Sanitätskolonne HIP wird vom Redakteur<br />

stark kritisiert. Das gesamte Team besuchte<br />

mit dem Sanitätswagen den Ärztetag in<br />

Weißenburg, während eine aus Tandl kommende<br />

Radfahrerin am steilen Solarer Berg<br />

stürzte und sich einen Oberschenkelbruch<br />

zuzog. Die Verletzte musste mit dem Auto<br />

der Firma Häckl ins Bezirkskrankenhaus gebracht<br />

werden.<br />

Das Arbeitsamt Weißenburg errichtet im Rathaus<br />

eine Nebenstelle für HIP. Für die dafür<br />

notwendigen Renovierungsarbeiten der ehemaligen<br />

Posträume sind Kostenvoranschläge<br />

einzuholen. In der Stadtratssitzung vom 31.<br />

5. wurde der Bau eines Wohnhauses an der<br />

Rother Straße genehmigt. Lange wurde über<br />

die Auflagen für ein neues Baugelände das<br />

für den weiteren Wohnungsbau bestimmt ist<br />

diskutiert. Der Holzgarten oder auch das Gelände<br />

hinter dem Siechenhaus an der Rother<br />

Straße würden sich dafür eignen, von der<br />

Stadt wurden hier bereits zwei Tagwerk angekauft.<br />

Bürgermeister Hussendörfer sucht<br />

für die Gemeinde Ruppmannsburg einen zuverlässigen<br />

Gänsehirten.<br />

Das FT schildert eine von HIP ausgehende<br />

Wallfahrt nach Altötting. Am „Dreifaltigkeitssamstag“<br />

fuhr ein Bus mit 38 Personen<br />

zum schönen Gnadenort Altötting.<br />

Am 12. erinnert das FT daran, dass vor 80<br />

Jahren Bayern als erster deutscher Staat<br />

Briefmarken eingeführt hat. Die Generalverwaltung<br />

für Post und Eisen bahn bestimmten<br />

als Einführungs-termin der Markenfrankierung<br />

den 1.11.1849. In der Stadtratssitzung<br />

vom 14. wurde beschlossen, als künftiges<br />

Baugelände den stadteigenen Grundbesitz<br />

am Holzgarten zu nutzen. Das Alternativgelände<br />

hinterm Siechenhaus an der Rother<br />

Straße ist damit vom Tisch. In der Stadtratssitzung<br />

vom 24. wurde der Beschluss gefasst,<br />

der Baugenossen schaft beizutreten.<br />

Die Stadt wird 5 Anteile á 150 RM zeichnen<br />

und ihr im Holzgarten ein Baugrundstück<br />

zum Preis von 10 RM für das Dezimal zur<br />

Verfügung stellen. Ein erfreulicheres Thema<br />

bietet Weißenburg mit der Eröffnung seines<br />

Wald theaters das der Schönheit der Luisenburg<br />

in Wunsiedel nicht nachsteht.<br />

Die Gründung einer Wohnungsbaugenossenschaft<br />

hat mit Sicherheit in der Bevölkerung<br />

zu Diskussionen geführt. Die fast<br />

täglichen Meldungen über Fahrrad-, Motorrad-<br />

und Kraftfahrzeugun fälle, sowie die<br />

häufigen Wirtshausraufereien und Messerstechereien<br />

gingen in der Wahrnehmung<br />

vermutlich unter. Die Verabschiedung der<br />

zahlreichen Aus wanderer hat vermutlich nur<br />

interessiert, wenn sie aus dem namentlich<br />

bekannten Umfeld kamen.<br />

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