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KLASSIK Kunst und Politik Das Musiktheaterkollektiv Hauen und Stechen bringt John Adams Minimal-Music- Klassiker „Nixon in China“ auf die Bühne der Deutschen Oper – und durchbricht dabei die vierte Wand und viele Konventionen Text: Ronald Klein Seit zwölf Jahren mischen Julia Lwowski (o. li.) und Franziska Kronfoth (u. re.) mit Hauen und Stechen die Musiktheaterszene auf Das von den Opernregisseurinnen Julia Lwowski und Franziska Kronfoth 2012 ins Leben gerufene Kollektiv Hauen und Stechen wirkt wie eine Frischzellenkur für das Musikthea ter: Genre- und Gattungsgrenzen wurden lustvoll gesprengt sowie überholte Rollenklischees seziert. Im Juni widmen sich nun Lwowski und Kronfoth einem zeitgenössischen Werk: Der US-amerikanische Komponist John Adams schrieb 1987 die Partitur zu „Nixon in China“ (Libretto: Alice Goodman). Die Oper thematisiert ein reales Ereignis: den ersten Besuch eines US-amerikanischen Präsidenten in der Volksrepublik China im Jahr 1972. Die Inszenierung versucht, mehrere hochaktuelle Ebenen miteinander zu verbinden, die mit der Kraft der Bilder einhergehen: Wie wird Politik inszeniert? Und welche Politik steckt hinter der Inszenierung? Vordergründig hat die Fabel des Werks etwas mit der Situa tion in dem kommunistischen Land zu tun. „Aber eigentlich sagt es viel mehr über die USA aus“, betont Lwowski. „Es kommt vermeintlich kritisch daher, aber es ist ein sehr patrio tisches Stück.“ Treibende Kraft der Kulturrevolution Richard Nixon und seine Frau Pat besuchten gemeinsam Mao Zedong und dessen Gattin Jiang Qing. Die ehemalige Schauspielerin war eine treibende Kraft der Kulturevolution zwischen 1966 und 1976. Das Paradox, Kunst der Politik unterzuordnen, bildet in der Hauen & Stechen-Inszenierung einen spannenden Subtext. Zugleich hebt Kronfoth hervor, dass der Raum, der Adams den weiblichen Figuren einräume, außergewöhnlich wirke. „Als wir damals anfingen, Theater und Oper zu machen, ging es auch darum, männliche Projektionen auf weibliche Figuren zu brechen, ihnen eine neue Perspektive zu geben“, sagt die Regisseurin. Lwowski ergänzt: „Dass sich Jiang Qing derart von der Macht korrumpieren ließ, ist nicht geschlechtsinhärent. Das passiert Männern und Frauen gleichermaßen.“ Während sich beide Präsidentenpaare am Ende nostalgisch in der Vergangenheit verlieren, fragt Zhou Enlai, ein Mitstreiter Maos, am Ende der Oper: „How much of what we did was good?“ Es scheint, dass er ausspricht, was die Eliten hätten reflektieren sollen. Eine Frage, die auch heute enorme Relevanz besitzt. Deutsche Oper Bismarckstr. 35, Charlottenburg, Premiere: 22.6., 18 Uhr. weitere Termine bis 12.7., 20–136 €, deutscheoperberlin.de Foto: Hauen und Stechen 10 tip Berlin Bühne Frühjahr 2024
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