tipBerlin Bühnenvorschau Frühjahr/Sommer 2024
20 Jahre Neuer Circus im Chamäleon Theater, 30 Jahre Performancekollektiv Gob Squad, 100 Jahre Theater am Kurfürstendamm – allerhand Jubiläen ganz unterschiedlicher Art gilt es in diesem Jahr zu feiern. Und natürlich hält die Spielzeit auch wieder spannende Premieren, Festivals und Irritationen bereit, etwa wenn das Musiktheaterkollektiv glanz&krawall an den Säulen der Hochkultur sägt.
20 Jahre Neuer Circus im Chamäleon Theater, 30 Jahre Performancekollektiv Gob Squad, 100 Jahre Theater am Kurfürstendamm – allerhand Jubiläen ganz unterschiedlicher Art gilt es in diesem Jahr zu feiern. Und natürlich hält die Spielzeit auch wieder spannende Premieren, Festivals und Irritationen bereit, etwa wenn das Musiktheaterkollektiv glanz&krawall an den Säulen der Hochkultur sägt.
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BÜHNE<br />
Teuflisch gut!<br />
Das Musiktheater-Kollektiv glanz&krawall montiert Motive aus Michael<br />
Bulgakows Roman „Der Meister und Margarita” mit Franz von Suppès<br />
Operette „Der Teufel auf Erden”<br />
Text: Ronald Klein<br />
Regisseurin Marielle Sterra<br />
und Dramaturg sowie Performer<br />
Dennis Depta alias<br />
glanz&krawall bereichern mit ihrer<br />
eklektischen und anarchistischen<br />
Ästhetik seit mehr als zehn Jahren den<br />
Musiktheater-Betrieb. Ihre Produktionen<br />
sind häufig auf ungewöhnliche<br />
Orte abgestimmt – so fanden die<br />
sommerlichen Festivals „Berlin is not<br />
…“ mit Richard-Wagner- und Alban-<br />
Berg-Bezügen unter anderem in den<br />
Rummelsburger BLO-Ateliers, im<br />
Strandbad Plötzensee und zuletzt auf<br />
der Trabrennbahn Karlshorst statt. Die<br />
Premiere von „Stadt der Teufel“ erfolgt<br />
für glanz&krawall eher ungewöhnlich<br />
indoor auf einer Bühne. Das kiezbezogene,<br />
unprätentiöse Volkstheater-Konzept<br />
des Heimathafens Neukölln passe<br />
jedoch perfekt zum egalitären Ansatz<br />
von glanz&krawall, betont Sterra.<br />
Bestehende Ordnungen hinterfragen<br />
Im vergangenen Jahr nahm sich das<br />
Kollektiv mit „Cats of Berlin“ erstmalig<br />
eines Musicals an. Die Auseinandersetzung<br />
nun mit der Operette bedeutet<br />
für die beiden ebenfalls ein Novum. Im<br />
19. Jahrhundert galt die Operette als<br />
verspielte Gattung, als „kleine Oper“.<br />
„Ihre Entstehungsgeschichte und Blütezeit<br />
ist eng mit einem Tanz auf dem<br />
Vulkan verknüpft“, erläutert Depta. „Sie<br />
war immer besonders stark, wenn eine<br />
Weltordnung drohte unterzugehen –<br />
und dann wird dazu noch einmal im<br />
¾-Takt getanzt. Mit welcher Leichtigkeit<br />
die Operette die bestehende<br />
Ordnung infrage stellt, ist uns sympathisch.<br />
Mit glanz&krawall sägen wir<br />
auch an den Pfeilern der Hochkultur.“<br />
Franz von Suppè, der als Mitbegründer<br />
der Wiener Operette gilt, verfasste<br />
mit „Der Teufel auf Erden“ (1878) ein<br />
Foto: Peter van Heesen<br />
6 tip Berlin Bühne <strong>Frühjahr</strong> <strong>2024</strong>