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Jacob Thiessen: Einleitung in das Neue Testament (Leseprobe)

Die neutestamentliche Einleitungswissenschaft beschäftigt sich mit der Entstehungsgeschichte der 27 Bücher des Neuen Testaments. Infolge der Aufklärung und der »rein historischen Auslegung« – die Gottes Handeln in der Geschichte methodisch ausschließt – werden diese vor allem im deutschsprachigen Raum weitgehend spät datiert und damit ihrem historischen Kontext im Leben Jesu und der Apostel entfremdet. Diese Spätdatierung wird in dem vorliegenden Buch hinterfragt. Dabei spielen u. a. jüdische und altkirchliche Quellentexte sowie intertextuelle Studien eine größere Rolle, als das oft der Fall ist. Dadurch soll die Grundlage zu einem breiteren Verständnis der biblischen Botschaft vermittelt werden. Das Buch ist so konzipiert, dass es auch für »Anfänger der Theologie« verständlich ist.

Die neutestamentliche Einleitungswissenschaft beschäftigt sich mit der Entstehungsgeschichte der 27 Bücher des Neuen Testaments. Infolge der Aufklärung und der »rein historischen Auslegung« – die Gottes Handeln in der Geschichte methodisch ausschließt – werden diese vor allem im deutschsprachigen Raum weitgehend spät datiert und damit ihrem historischen Kontext im Leben Jesu und der Apostel entfremdet. Diese Spätdatierung wird in dem vorliegenden Buch hinterfragt. Dabei spielen u. a. jüdische und altkirchliche Quellentexte sowie intertextuelle Studien eine größere Rolle, als das oft der Fall ist. Dadurch soll die Grundlage zu einem breiteren Verständnis der biblischen Botschaft vermittelt werden. Das Buch ist so konzipiert, dass es auch für »Anfänger der Theologie« verständlich ist.

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3.6 ABFASSUNGSORT UND -ZEIT 135<br />

geschehen ist, spricht e<strong>in</strong>deutig für die Abfassung durch e<strong>in</strong>en Augenzeugen.<br />

Es ist erstaunlich, wie Zmijewski feststellen kann, <strong>das</strong>s der Verfasser<br />

der Apostelgeschichte „ke<strong>in</strong>e Kenntnis der Paulusbriefe“ zeige,<br />

und gleichzeitig annehmen kann, die Apostelgeschichte sei zwischen 80<br />

und 90 n. Chr. oder am Anfang der neunziger Jahre geschrieben worden<br />

(Apostelgeschichte, S. 13 und 15). Es dürfte höchst unwahrsche<strong>in</strong>lich se<strong>in</strong>,<br />

<strong>das</strong>s um diese Zeit e<strong>in</strong> Verfasser, <strong>in</strong> dessen Werk der Apostel Paulus die<br />

zentrale Persönlichkeit darstellt, ke<strong>in</strong>e Kenntnis von dessen Briefen<br />

haben sollte. Auch <strong>das</strong> völlige Schweigen über den Märtyrertod des Paulus<br />

ca. 66/67 n. Chr. und die Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 n. Chr.<br />

lässt sich nicht anders erklären, als <strong>das</strong>s Lukas se<strong>in</strong> Werk vor dieser Zeit<br />

vollendet hatte.<br />

Zudem spricht die wahrsche<strong>in</strong>liche Datierung für die Abfassung<br />

durch e<strong>in</strong>en Zeitgenossen des Paulus, wie im Folgenden dargelegt wird.<br />

3.6 ABFASSUNGSORT UND -ZEIT<br />

Gründe, die für e<strong>in</strong>e späte Datierung sprechen sollen, s<strong>in</strong>d u. a. die folgenden:<br />

Nach der Zweiquellentheorie ist <strong>das</strong> Lukasevangelium jünger<br />

als <strong>das</strong> Markusevangelium, <strong>das</strong> oft ca. 70 n. Chr. datiert wird. Dementsprechend<br />

müssten <strong>das</strong> Lukasevangelium und die Apostelgeschichte<br />

noch später abgefasst worden se<strong>in</strong>.<br />

Die „Geme<strong>in</strong>deverfassung“, also die Erwähnung von Ältesten (Apg<br />

14,23; 20,17 f.; vgl. 1Tim 5,1 f.17.19; Tit 1,5) und Diakonen (Apg 6,1–6), soll auf<br />

die „zweite Generation“ h<strong>in</strong>deuten. Allerd<strong>in</strong>gs werden z. B. bereits <strong>in</strong><br />

Phil 1,1 ausdrücklich sowohl die „Aufseher“ (ἐπίσκοποι) – welche augensche<strong>in</strong>lich<br />

mit den Ältesten identisch s<strong>in</strong>d (vgl. Apg 20,28; 1Tim 3,2;<br />

Tit 1,7) – als auch die Diakone erwähnt. Andererseits ersche<strong>in</strong>t der Begriff<br />

„Diakon“ <strong>in</strong> Apg 6,1ff. nicht. Und wie z. B. 1Thess 5,12 zeigt, gab es <strong>in</strong> den<br />

Geme<strong>in</strong>den, die Paulus gegründet hat, offensichtlich schon früh e<strong>in</strong> Leitungsteam.<br />

Zu beachten ist dabei, <strong>das</strong>s die „Aufseher“ <strong>in</strong> der Apostelgeschichte<br />

des Lukas mit den „Ältesten“ (πρεσβύτεροι) identisch s<strong>in</strong>d (vgl.<br />

Apg 20,17.28), während Ignatius um 108 n. Chr. von e<strong>in</strong>em Aufseher<br />

(„Bischof“) an der Spitze des Ältestenrats ausgeht. 61<br />

61 Vgl. dazu <strong>Thiessen</strong>, Paulus als Lehrer, S. 236 ff.

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