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Jacob Thiessen: Einleitung in das Neue Testament (Leseprobe)

Die neutestamentliche Einleitungswissenschaft beschäftigt sich mit der Entstehungsgeschichte der 27 Bücher des Neuen Testaments. Infolge der Aufklärung und der »rein historischen Auslegung« – die Gottes Handeln in der Geschichte methodisch ausschließt – werden diese vor allem im deutschsprachigen Raum weitgehend spät datiert und damit ihrem historischen Kontext im Leben Jesu und der Apostel entfremdet. Diese Spätdatierung wird in dem vorliegenden Buch hinterfragt. Dabei spielen u. a. jüdische und altkirchliche Quellentexte sowie intertextuelle Studien eine größere Rolle, als das oft der Fall ist. Dadurch soll die Grundlage zu einem breiteren Verständnis der biblischen Botschaft vermittelt werden. Das Buch ist so konzipiert, dass es auch für »Anfänger der Theologie« verständlich ist.

Die neutestamentliche Einleitungswissenschaft beschäftigt sich mit der Entstehungsgeschichte der 27 Bücher des Neuen Testaments. Infolge der Aufklärung und der »rein historischen Auslegung« – die Gottes Handeln in der Geschichte methodisch ausschließt – werden diese vor allem im deutschsprachigen Raum weitgehend spät datiert und damit ihrem historischen Kontext im Leben Jesu und der Apostel entfremdet. Diese Spätdatierung wird in dem vorliegenden Buch hinterfragt. Dabei spielen u. a. jüdische und altkirchliche Quellentexte sowie intertextuelle Studien eine größere Rolle, als das oft der Fall ist. Dadurch soll die Grundlage zu einem breiteren Verständnis der biblischen Botschaft vermittelt werden. Das Buch ist so konzipiert, dass es auch für »Anfänger der Theologie« verständlich ist.

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4.1 ALLGEMEINE EINFÜHRUNG IN DIE PAULUSBRIEFE 151<br />

der 2. Person Plural, wobei immer wieder sichtbar wird, <strong>das</strong>s konkrete<br />

Personen angesprochen werden (so z. B. <strong>in</strong> Hebr 5,11 f.; 10,32 und 12,4).<br />

Auch schließt der Hebräerbrief im Stil e<strong>in</strong>es Briefs ab (vgl. z. B. Hebr<br />

13,22: διὰ βραχέων ἐπέστειλα ὑμῖν = „In Kürze habe ich euch <strong>in</strong> Briefform<br />

geschrieben“). Der 2. Petrusbrief beg<strong>in</strong>nt im Stil e<strong>in</strong>es Briefs, doch<br />

es fehlt der H<strong>in</strong>weis auf die Empfänger, und es gibt ke<strong>in</strong>e persönlichen<br />

Anmerkungen und ke<strong>in</strong>en Abschiedsgruß. Wie wir aber <strong>in</strong>direkt aus<br />

2Petr 3,1 erfahren, s<strong>in</strong>d die Empfänger offenbar die selben wie beim<br />

1. Petrusbrief, und auch der 2. Petrusbrief wird an dieser Stelle als „Brief“<br />

(ἐπιστολή) bezeichnet. Wir sehen also, <strong>das</strong>s auch die Schriften, die teilweise<br />

eher e<strong>in</strong>er „theologischen Abhandlung“ gleichen, aus e<strong>in</strong>em be -<br />

stimmten Anlass und an e<strong>in</strong>e bestimmte Personengruppe geschrieben<br />

wurden. Grund für die Abfassung gab es entweder beim Autor oder/und<br />

bei den Empfängern.<br />

Nach Schnelle s<strong>in</strong>d für die paul<strong>in</strong>ischen Briefe aus der Vielzahl möglicher<br />

antiker Briefgattungen „der Freundschaftsbrief und der philosophische<br />

Brief von Bedeutung“ (<strong>E<strong>in</strong>leitung</strong>, S. 55). Doch ist es problematisch,<br />

die Paulusbriefe nach den antiken Briefen allgeme<strong>in</strong> zu klassifizieren.<br />

Genau genommen gibt es ke<strong>in</strong>en re<strong>in</strong>en „Freundschaftsbrief“ bei<br />

Paulus. Lediglich der Philemonbrief könnte als „Privatbrief“ betrachtet<br />

werden, wobei Phlm 2 andeutet, <strong>das</strong>s die „Hausgeme<strong>in</strong>de“ ebenfalls angesprochen<br />

wird. Die Pastoralbriefe (die oft nicht Paulus zugeschrieben<br />

werden) s<strong>in</strong>d zwar an e<strong>in</strong>zelne Personen gerichtet, stellen aber ke<strong>in</strong>e<br />

„Privatbriefe“ dar, abgesehen davon, <strong>das</strong>s der 2. Timotheusbrief e<strong>in</strong>en<br />

recht persönlichen Charakter hat. Andererseits haben die Briefe zwar<br />

öffentlichen Charakter, aber sie s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> ihrem Inhalt und <strong>in</strong> ihrer Form<br />

doch stark durch <strong>das</strong> Evangelium von Jesus Christus geprägt und können<br />

nicht e<strong>in</strong>fach z. B. mit den philosophischen Briefen verglichen werden.<br />

Die Paulusbriefe werden von Mitarbeitern überbracht. Das war<br />

üblich. Cicero beklagt sich, <strong>das</strong>s e<strong>in</strong> Brief zurückgekommen sei und er<br />

ihn nochmals habe schicken lassen müssen (Att 2,12,4; 2,13,1) oder <strong>das</strong>s<br />

e<strong>in</strong> Sklave e<strong>in</strong>en Brief erst nach 40 Tagen ausgehändigt habe (Fam 8,12,4).<br />

Briefe dürften demnach oft lange unterwegs gewesen oder gar nicht<br />

angekommen se<strong>in</strong> (vgl. Fam 2,10,1; 2,131,1). 74 Auch wenn z. B. der „Tränenbrief“<br />

des Paulus an die Geme<strong>in</strong>de von Kor<strong>in</strong>th (vgl. 2Kor 2,3.12 f.;<br />

74 Vgl. dazu auch Schuol, Paulus, S. 151–154.

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