akzent GB Mai '24
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48 SEERAUM<br />
DER STOLLEN IN ZAHLEN<br />
Die Dimensionen des Projektes sind erstaunlich.<br />
Hier ein paar Zahlen zur Größe der Anlage:<br />
Stollenbreite: ca. 2–25 m, Höhe: ca. 2–10 m,<br />
Gesamtlänge: 3,6 km (heute zugänglich). Insgesamt<br />
hat der Stollen eine Länge von etwa<br />
4,3 km. Davon können mit dem Auto 2,5 km<br />
und mit dem LKW 1,5 km befahren werden. Es<br />
gab einen großen Haupt- und 17 Querstollen<br />
mit etwa acht Haupt- und Nebeneingängen.<br />
Eine geplante Stromversorgung über einen<br />
versteckten Zugang im Wald wurde nicht<br />
mehr realisiert.<br />
sichtbar zu machen. Da es sich nicht gerade um kleine<br />
Bauteile handelte, die man dort herstellen wollte, musste<br />
ein geeigneter Ort gefunden werden, der leicht zu bearbeiten<br />
war und perfekt versteckt lag. Hier bot sich<br />
Überlingen an.<br />
Ein Vorteil der Lage war unter anderem die Nähe zur<br />
Schweiz. Davon profitierte auch die nördliche Seite des Sees.<br />
Bombenangriffe und Überwachungsflüge fanden zwar statt,<br />
das Versteck zu bombardieren, war aber aufgrund der Verdunkelung<br />
von Konstanz deutlich schwieriger. Man wollte<br />
nicht versehentlich in Konflikt mit der Schweiz geraten.<br />
Wichtigster Grund für die Wahl des Standorts war sicherlich<br />
der weiche Molassefels oder Sandstein, wie er auch genannt<br />
wird, denn dieser sollte den Druck von Bomben absorbieren<br />
und bot zudem ein schnelles Vorankommen<br />
beim Bau einer unterirdischen Anlage. Es war schließlich<br />
keine Zeit bei der Errichtung dieses Bauwerkes zu verlieren.<br />
Ferner konnte der Aushub kurzerhand in den See geschüttet<br />
werden. Davon zeugen heute noch Loren im Stollen<br />
sowie auf dem einstigen Campingplatz, der der Landesgartenschau<br />
im Jahre 2021 weichen musste. Durch die<br />
Bahngleise konnte man Rohmaterial für den Bau des Stollens<br />
schnell zu- und ausbringen und die Fertigprodukte<br />
rasch abtransportieren. Immerhin waren damals um die<br />
100.000 qm Produktionsfläche geplant.<br />
Dunkles Kapitel der Stadtgeschichte<br />
Gebaut haben den Stollen etwa 800 Häftlinge aus dem Konzentrationslager<br />
Dachau in Bayern. Die Zwangsarbeiter<br />
wurden im Herbst 1944 aus Dachau nach Überlingen gebracht,<br />
wo sie in einem eigens dafür errichteten Lager mit<br />
Baracken – etwas unterhalb des heutigen Krankenhauses<br />
– untergebracht waren. Jeden Morgen wurden die Insassen<br />
des Lagers, von Wach-Personal und Wachhunden geleitet,<br />
durch die Straßen von Überlingen zum Stollen geführt.<br />
Es gibt hierzu noch lebendige Beschreibungen davon,<br />
wie der allmorgendliche Tross die Stadt hinunterlaufen<br />
und abends denselben Weg zurück antreten musste.<br />
© Hubert Domin