2 Das Beratungsangebot als Grundlage der explorativen Studie - WZB
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6 Fazit<br />
6.1 Ehrenamtliche Arbeit <strong>als</strong> alternative Weiterbildung<br />
Für Erwerbslose, die selbsthilfefähig sind, bietet ehrenamtliche Arbeit in Organisationen<br />
ein Feld, in dem sie ihre vorhandenen Kompetenzen teilweise aufrechterhalten<br />
können und neue Fähigkeiten erproben können. Sie ist eine alternative Lernmöglichkeit<br />
in <strong>der</strong> breiten Palette <strong>der</strong> verschiedenen Bildungswege. Die Möglichkeit<br />
des unverbindlichen Versuchs bietet eine leichte Einstiegsmöglichkeit für Erwerbslose<br />
an, die das Vertrauen in ihre beruflichen Kompetenzen nach einer längeren<br />
Ausstiegsphase verloren haben. Eine ehrenamtliche Arbeit kann in <strong>der</strong> Regel je<strong>der</strong>zeit<br />
freiwillig unterbrochen werden, was bei einer klassischen Qualifizierungs- o<strong>der</strong><br />
Beschäftigungsmaßnahme nicht ohne finanzielle Nachteile (Sperre <strong>der</strong> Bezüge) <strong>der</strong><br />
Fall ist. Die Möglichkeit des längerfristigen Suchens („Trial and Error“) nach <strong>der</strong><br />
passenden ehrenamtlichen Aktivität baut den Erfolgsdruck ab, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> klassischen<br />
Weiterbildung o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Erwerbsarbeit herrscht. Allerdings stellt die Benutzung<br />
des Ehrenamtes <strong>als</strong> alternative Weiterbildung durch erwerbslose Ehrenamtler die<br />
Organisationen vor neue Probleme (Notwendigkeit einer zielgerichteten Begleitung/Betreuung,<br />
Umgang mit ihrem kurzfristigen Engagement), die hier nicht näher<br />
erforscht wurden. Aufgrund dieser Probleme ist es sehr fragwürdig, ob <strong>der</strong> gezielte<br />
Einsatz von erwerbslosen Ehrenamtlern dabei helfen könnte, die Kürzung <strong>der</strong> öffentlichen<br />
Budgets von sozialen Organisationen wirksam auszugleichen.<br />
6.2 Informelle Arbeit <strong>als</strong> alternative Weiterbildung<br />
Wenn die interviewten Erwerbslosen sich nicht in einer Organisation ehrenamtlich<br />
engagieren, liegt es meist daran, dass sie an<strong>der</strong>e informellen Aufgaben im privaten<br />
o<strong>der</strong> nachbarschaftlichen Bereich erfüllen. Dazu zählen u.a. die Bewältigung von<br />
eigenen Krankheiten o<strong>der</strong> psychischen Störungen, die Pflege von Beziehungen zu<br />
Verwandten o<strong>der</strong> Freunden, Trauerarbeit, religiöse, philosophische o<strong>der</strong> künstlerische<br />
Aktivitäten. Diese informellen Aktivitäten beschreiben die interviewten Erwerbslose<br />
<strong>als</strong> ein Feld, in dem sie wichtige Kompetenzen erhalten und entwickeln<br />
können, die ihnen auch für zukünftige berufliche Aktivitäten nützlich sein können.<br />
Diese Meinung vertritt auch die amerikanische Frauenärztin und Autorin Christiane<br />
Northrup (1994): „Wenn Sie Ihr Myom heilen, o<strong>der</strong> wenn Sie sich an den sexuellen<br />
Missbrauch erinnern, den Sie <strong>als</strong> Kind erlebt haben, leisten Sie politische Arbeit. Es<br />
ist so erfrischend, die Heilung unseres Körpers <strong>als</strong> politische Tätigkeit anzusehen.<br />
(...) Brauchen Sie sechs Wochen Urlaub, um nach einer Unterleibsoperation wie<strong>der</strong><br />
gesund zu werden? Betrachten Sie das <strong>als</strong> politische Frage. Und wenn Sie daraus<br />
etwas gelernt haben, versuchen Sie, ob Sie in Zukunft die neugewonnene Energie<br />
Ihres Körpers in Arbeit hineinlenken können, die positiv und lebensbejahend ist.“<br />
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