Zu den Perspektiven des wissenschaftlichen Nachwuchses

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Über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren hat die Carnegie Foundation for the Advancement of Teaching die Herausforderungen analysiert, vor denen man auch in den Vereinigten Staaten im Hinblick auf die Ausbildung der Studierenden sowie die Förderung von Promovierenden und Postdocs steht: Die sich verändernde demografische Zusammensetzung der Studierendenschaft, neue Formen des Wettbewerbs, rückläufige öffentliche Finanzierung und nicht zuletzt hohe Abbrecherquoten, zu denen der Projektleiter George E. Walker bemerkte: „ One half of today’s doctoral stu- dents drop out and many who do persist find that they are ill-prepared for the work they choose, it’s time that all doctoral programs face fundamental questions about purpose, vision and quality.“ Als Bildungsziel für die Ausbildung von Doktoranden entwickelte die Projektgruppe der Carnegie Foundation das Leitbild des „Steward of the Discipline“. Ein „Steward“ sollte mit Abschluss der Promotion in der Lage sein, sowohl die Entwicklung seines Faches umfassend zu überblicken als auch kreativ neues Wissen hervorzubringen, neue Ideen anderer Forscherteams kritisch zu validieren und vor allem auf verantwortungsvolle Weise unser Verständnis des jeweiligen Forschungsfeldes durch Pub- lizieren, Unterrichten und Anwenden bereichern. „Steward of the Discipline“ bedeutet also mehr als das bloße Ansammeln nützlicher Methoden und Kenntnisse. Mit ande- ren Worten: Ein Steward sollte mit hohem Engagement, unbestrittener Qualität und mit großer Integrität sein Forschungsfeld vertreten können und zugleich für inter- und transdisziplinäre Problemstellungen offen sein. Für Lee Shulman, den damaligen Präsidenten der Carnegie Foundation, lief die gesamte Initiative auf folgenden Schluss hinaus: „The doctoral programs attempt to discover the ‚sweet spot‘ between conservation and change by teaching skepticism and respect for earlier traditions and courses while encouraging strikingly new ideas and courageous leaps forward.” II. Deutsche Nachwuchsförderung im internationalen Vergleich Angesichts der eingangs zitierten, rasant angestiegenen Zahlen von Doktoranden, Postdocs und wissenschaftlichen Mitarbeiter(innen) und der sich damit zugleich verengenden Aussichten auf eine permanente Beschäftigung im deutschen Wissen- schaftssystem erscheint vielen nach wie vor ein Blick in Richtung USA wie der in “Das gelobte Land”. Bei näherem Hinsehen zeigt sich allerdings, dass sich auch die 6
weltweit bewunderten amerikanischen Universitäten zunehmend in einer Krise befin- den. Die Präsidentin der in der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise stark gebeutelten Harvard University hat im September 2009 in der New York Times festgestellt: „American Universities have long struggled to meet almost irreconcilable demands: to be practical as well as transcendent; to assist immediate national needs and to pur- sue knowledge for its own sake to both add value and question values.“ (Drew Gilpin Faust: The University’s Crisis of Purpose. In “The New York Times”, 6.9.2009.) Rund ein Jahr später stellte ein Autor des Wirtschaftsmagazins „The Economist“ die Frage „Will America’s universities go the way of its car companies?“ und verwies auf folgende Entwicklungen, wie sie mittlerweile übrigens auch in Großbritannien festzu- stellen sind: Die Studiengebühren und Verwaltungskosten sind in dramatische Höhen angestiegen. Die Studienabbrecherzahlen schnellen ebenfalls in die Höhe. Die universitäre Lehre wird auf Kosten der Forschung vernachlässigt. Der Wettbewerb zwischen den Hochschulen konzentriert sich auf den Einkauf von Star-Professorinnen und -Professoren sowie den Ausbau der Universitätsgebäude und Parkanlagen. Rund 4.000 Corporate Universities weltweit stellten vor allem im Bereich der Weiter- bildung eine zusätzliche Herausforderung dar. Das Fazit des Artikels lautet: „America’s universities lost their way badly in the era of easy money. If they do not find it again, they may go the way of GM.” (Declining by degree. Will America’s universities go the way of its car companies?, in: “The Economist”, 2.9.2010.) Mögen die angelsächsischen Universitäten auch in vielerlei Hinsicht große Schwie- rigkeiten haben, etwa ihre Doktorandinnen und Doktoranden zum Abschluss zu bringen, so können wir uns jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass sie – vor allem in der Postdocphase – immer noch in der Spitze die kreativen Potenziale besser zu nutzen wissen als andere Einrichtungen in der Welt. Ein ganz wesentlicher Aspekt ist dabei die Kombination von hervorragenden Infrastrukturen in den einzelnen Hochschulen mit privatem Mäzenatentum und der Förderung durch auf Spitzenforschung fokussierte, private Stiftungen. Für die USA ist hier etwa das Howard Hughes Medical Institute zu nennen, dessen erfolgreiche „Investigatorprogramme“ durch individuelle Förderung herausragender Forscherpersönlichkeiten und die Bereitschaft, besonders risikoreiche Projekte zu unterstützen, als eine Art Benchmark für moderne biomedizinische Forschung gelten kann. Das Vorgehen von Howard Hughes Medical Institute beruht auf der Überzeugung „that scientists of exceptional talent and imagi- 7
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