Von Rittern, Bürgern und von Gottes Wort - Staats- und ...
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Deutsche Bibel<br />
Augsburg: Günther Zainer, um 1474<br />
Hamburg, SUB: cod. 42b in scrin.<br />
Provenienz: Johann Melchior Goeze 6<br />
Papier — 534 Bll. — 47 x 32,5 (Großfolio) — Schriftspiegel: 34 x 22–57 Zeilen — kolorierte Holzschnittinitialen über 15 Zeilen<br />
mit biblischen Szenen <strong>und</strong> Autorfiguren — siebenzeilige kolorierte Initialen mit Ranken- <strong>und</strong> Blattwerkornamentik —<br />
gedruckte rote Lombarden an Abschnittsanfängen, rote Überschriften <strong>und</strong> Strichelung — Drucktype: Gotico-Antiqua —<br />
moderner, reich verzierter lederbezogener Holzdeckeleinband — Goldschnitt.<br />
Übersetzungen vollständiger deutscher Bibeln wurden im<br />
Mittelalter vor der Erfindung des Buchdrucks nur recht selten<br />
angefertigt, da sie im allgemeinen nicht gebraucht wurden.<br />
Dies bestätigt vor allem die handschriftliche Überlieferung,<br />
die überwiegend Übersetzungen einzelner Bibelteile<br />
in liturgiebezogenen Rezeptionsformen bietet. 7 Dennoch<br />
sind vor Luthers Übersetzung insgesamt 14 hochdeutsche<br />
gedruckte Vollbibeln überliefert, die sich, wie nachgewiesen<br />
werden konnte, überwiegend im Besitz <strong>von</strong> Laien befanden.<br />
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Die erste erscheint 1466 bei Johannes Mentelin in Straßburg.<br />
Dieser Ausgabe liegt eine Übersetzung zugr<strong>und</strong>e, die,<br />
wie anhand sprachlicher Kriterien ermittelt wurde, bereits<br />
Mitte des 14. Jahrh<strong>und</strong>erts oder früher entstanden ist. Die<br />
Mentelin-Bibel <strong>und</strong> die Nachfolger, die ihre Übersetzung<br />
in verschiedenen Bearbeitungen übernehmen, bieten demnach<br />
einen Text, der am Ende des 15. Jahrh<strong>und</strong>erts veraltet<br />
<strong>und</strong> sprachlich unmodern, um nicht zu sagen: archaisch<br />
anmutete <strong>und</strong> teilweise auch unverständlich gewesen sein<br />
dürfte, nicht zuletzt auch aufgr<strong>und</strong> seiner eng an der lateinischen<br />
Sprache der Vorlage orientierten Übersetzungstypik,<br />
die den Regeln der deutschen Sprache nicht immer entspricht,<br />
indes auch nicht entsprechen soll. 9 Der Text wurde<br />
zwar immer wieder sprachlich modernisiert, jedoch nicht<br />
durch eine zielsprachenorientierte Übersetzung ersetzt. Es<br />
ist da<strong>von</strong> auszugehen, daß er ursprünglich nicht als Ersatz<br />
für den lateinischen Text gedacht war, sondern in erster Linie<br />
als Hilfsmittel zur Erschließung der lateinischen Vulgata<br />
diente. Die spartanische Ausstattung der Mentelin-Bibel,<br />
deren einzelne Exemplare überwiegend <strong>von</strong> lateink<strong>und</strong>igen<br />
Lesern eingerichtet <strong>und</strong> mit Marginalien versehen wurden,<br />
legt diesen Schluß zumindest nahe. Die Beantwortung der<br />
Frage, warum sie trotzdem in laikale Rezeptionskreise Eingang<br />
fand <strong>und</strong> welchen Zweck sie hier erfüllte, beschränkt<br />
sich bisher auf Vermutungen.<br />
Die Zainer-Bibel ist nach neueren Erkenntnissen die dritte<br />
(in der früheren Forschungsliteratur noch als vierte gezählte)<br />
hochdeutsche gedruckte Gesamtbibel. Als Vorlage<br />
diente auch hier der Text der Mentelin-Bibel. Günther<br />
Zainer, der vermutlich in Straßburg bei Mentelin gelernt<br />
hatte, unterzog die Übersetzung einer sprachlichen Überarbeitung,<br />
wobei er eine <strong>von</strong> der ursprünglichen Vorlage ab-<br />
weichende Vulgatafassung heranzog, um zweifelhafte Lesarten<br />
<strong>und</strong> Übersetzungsfehler zu redigieren. Auch sprachliche<br />
Modernisierungen <strong>und</strong> Ausdrucksvariationen sowie eine<br />
tendenzielle Anpassung des Dialekts an den Augsburger<br />
Sprachraum nahm er vor, hielt sich jedoch weiterhin demonstrativ<br />
eng an die lateinische Vorlage, schloß die deutsche<br />
Syntax zum Teil sogar noch enger an diese an. Demnach<br />
blieb der Text nach wie vor für Laien schwer verständlich.<br />
Zainer führt erhebliche Neuerungen in der typographischen<br />
<strong>und</strong> illustrativen Gestaltung ein. Er wählt zunächst<br />
ein größeres, repräsentatives Format (s.o.). Im Unterschied<br />
zur ersten gedruckten Bibel werden sämtliche Überleitungen<br />
zwischen Vorreden <strong>und</strong> einzelnen Büchern nicht mehr<br />
<strong>von</strong> Hand nachgetragen, sondern rot eingefärbt im selben<br />
Druckgang mit dem Text gesetzt. Auch die Initialen werden<br />
(im sog. Maiglöckchenalphabet) gedruckt <strong>und</strong> nicht<br />
mehr handschriftlich eingetragen. Die Ausgabe wird zudem<br />
mit 73 großen kolorierten Holzschnittinitialen ausgestattet<br />
<strong>und</strong> ist damit die erste deutsche illustrierte Bibel. 10 Die Initialen<br />
stehen jeweils am Beginn eines neuen Buches <strong>und</strong><br />
zeigen neben Autorfiguren entweder textbezogene biblische<br />
Szenen oder illustrieren theologische Kernaussagen des jeweiligen<br />
Textes. Die nebenstehende Abbildung zeigt den<br />
Beginn des Johannesevangeliums: In dem anuang waz das<br />
wort. Die motivisch zweigeteilte I-Initiale stellt links den<br />
Evangelisten Johannes dar, schreibend in einem ummauerten<br />
Garten sitzend, zu seinen Füßen das ihm zugeordnete<br />
Symbol des Adlers; rechts die heilige Dreifaltigkeit mit dem<br />
auferstandenen Christus zur Rechten des Vaters, der heilige<br />
Geist schwebt über ihren Köpfen. Die Illustration unterstreicht<br />
solchermaßen die Tendenz des Johannesevangeliums,<br />
die Göttlichkeit des Menschensohnes hervorzuheben.<br />
Auf dem Vorsatzblatt des Exemplars findet sich ein Register<br />
über alle biblischen Bücher mit entsprechenden Seitenzahlen.<br />
Die Blattzählung ist für das Alte Testament durchgehend<br />
<strong>und</strong> beginnt dann für das neue Testament <strong>von</strong> vorne.<br />
Zur Orientierung innerhalb des umfänglichen Bandes<br />
dienen deutsche Seitentitel am oberen Blattrand, die auf den<br />
jeweiligen Text verweisen. Bis auf den Initialschmuck <strong>und</strong><br />
die Holzschnitte ist die Ausstattung des Druckes sehr<br />
schlicht. Daß er nicht für die private <strong>und</strong> alltägliche Lektüre<br />
eingerichtet ist, dürfte vor allem anhand seines Umfangs