Von Rittern, Bürgern und von Gottes Wort - Staats- und ...
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3 Deutsche<br />
24<br />
Bibel<br />
Nürnberg: Anton Koberger, 1483<br />
Hamburg, SUB: Inc. C/12 (früher Stadtbibliothek, PA IV)<br />
Provenienz: Johannes Geffcken 11<br />
Papier — 2 Bde. — 40 x 27,5 — 586 gez. Bll. — Schriftspiegel: 30,5 x 18,5 — 51 Zeilen —<br />
schwarze gedruckte Überschriften — elfzeilige Initialen in rot, blau <strong>und</strong> grün — rote <strong>und</strong> blaue Lombarden —<br />
109 handkolorierte Holzschnitte mit biblischen Szenen —<br />
Einband Holzdeckel Bd. 1 pergamentbezogen, Bd. 2: lederbezogen.<br />
Die Koberger-Bibel ist in der Chronologie die neunte gedruckte<br />
deutsche Bibel. Sie erlangte vor allem aufgr<strong>und</strong> ihrer<br />
Ausstattung mit 109 kolorierten, jeweils ein Drittel des<br />
Satzspiegels einnehmenden Holzschnitten einige Berühmtheit<br />
<strong>und</strong> gilt als die deutsche Bibel der Inkunabelzeit. Anton<br />
Koberger übernahm die Holzschnitte aus einer Kölner<br />
Offizin. Diese waren hier bereits 1478 für zwei glossierte<br />
Bibelausgaben in niederrheinischer <strong>und</strong> niedersächsischer<br />
Sprache verwendet worden. Die Holzschnitte wurden <strong>von</strong><br />
drei bis vier Formschneidern nach den Rissen eines Zeichners<br />
hergestellt, der nach den Zeichnungen eines niederrheinischen<br />
Meisters arbeitete <strong>und</strong> der als »Meister der Kölner<br />
Bibeln« bekannt ist. Koberger, welcher wohl die erfolgreichste<br />
Offizin der Frühdruckzeit betrieb, gehörte mit anderen<br />
Druckern <strong>und</strong> Verlegern zu einem Konsortium, welches<br />
die aufwendigen Kölner Bibeldrucke mitfinanzierte.<br />
Nach Abschluß der Druckarbeiten konnte er, wohl mit einem<br />
Optionsrecht ausgestattet, die Druckstöcke der Holzschnitte<br />
erwerben. Ein Vergleich der Kölner mit Kobergers<br />
Bibel zeigt, daß die Holzschnitte nur in der Kolorierung<br />
<strong>von</strong>einander abweichen, vereinzelt finden sich auch nichtkolorierte<br />
Exemplare.<br />
Die Holzschnitte illustrieren vor allem Szenen des Alten<br />
Testamentes auf eine erzählende Art <strong>und</strong> Weise, wobei zuweilen<br />
mehrere aufeinanderfolgende Geschehnisse in einem<br />
Bild zusammengefaßt werden. Die Darstellung der Figuren<br />
wirkt dynamisch, die meisten werden in der Bewegung erfaßt.<br />
Die nebenseitige Abbildung zeigt die Speisung der<br />
Israeliten in der Wüste, welche das Buch Exodus (im Kolumnentitel:<br />
Das Buch des Ausgangs) beschreibt (Ex 16). In<br />
der oberen Bildmitte sieht man Gottvater, <strong>von</strong> Wolken <strong>und</strong><br />
Blitzen umgeben, der das himmlische Manna, hier dargestellt<br />
als große weiße r<strong>und</strong>e Kugeln, vom Himmel sendet,<br />
wobei die dynamische Art der Darstellung annähernd eine<br />
Schleuderbewegung suggeriert. Darunter erblickt man die<br />
Israeliten, die das überreichliche, nahezu jeden freien Platz<br />
bedeckende Manna in Körben <strong>und</strong> in ihren Gewändern<br />
sammeln. Am linken Bildrand steht ein gehörnter Moses<br />
mit Stab, welcher die Szene gewissermaßen überwacht <strong>und</strong><br />
gleichzeitig den einzigen Ruhepol des Bildes darstellt. Vom<br />
rechten oberen Bildrand her sind einige Vögel in schnellem<br />
Abwärtsflug zu sehen, welche die Wachtelschar symbolisie-<br />
ren, die dem Volk Israel nach dem morgendlichen Mannaregen<br />
am folgenden Abend zur Nahrung gesandt wird. Die<br />
Szene vereint demnach verschiedene markante Zeitpunkte<br />
im Ablauf der Geschichte. Die Holzschnitte waren <strong>und</strong> sind<br />
noch immer begehrte Sammelobjekte, wie anhand des zweiten<br />
Bandes des ausgestellten Exemplars auf wenig schöne<br />
Weise deutlich wird: Hier wurde eine größere Anzahl der<br />
kolorierten Holzschnitte herausgeschnitten, eine Verstümmelung,<br />
die vielen mittelalterlichen Handschriften <strong>und</strong><br />
Drucken über die Jahrh<strong>und</strong>erte zugefügt wurde (vgl. auch<br />
Kat. Nr. 1).<br />
Als Textgr<strong>und</strong>lage für Kobergers Ausgabe diente die<br />
Zainer-Bibel (vgl. Kat. Nr. 2), deren Holzschnittinitialen<br />
ihrerseits die Illustrationen der Kölner Bibel beeinflußt hatten.<br />
<strong>Von</strong> den Kölner Bibeln übernahm Koberger auch verschiedene<br />
weitere Layoutvorgaben, wie z.B. die umfänglichen<br />
Kapitelüberschriften, die gleichzeitig kurze Inhaltsangaben<br />
bieten. Nicht übernommen wurde indes die Glossierung,<br />
wie im übrigen keine der hochdeutschen Bibeln eine<br />
Kommentierung aufweist. Koberger verfolgte jedoch die<br />
schon <strong>von</strong> Zainer vorgenommenen sprachlichen Modernisierungen<br />
weiter, korrigierte nochmals fehlerhafte Lesarten<br />
an der Vulgata <strong>und</strong> vermerkte dies auch am Ende des Textes<br />
in einer weitgehend <strong>von</strong> Zainer kopierten, jedoch seinen<br />
eigenen Zwecken angepaßten Schlußbemerkung. Hervorgehoben<br />
werden die Einführung einer neuen Interpunktion,<br />
die sorgfältige Korrektur am lateinischen Original – eine<br />
Rechtfertigung, die ihrerseits Licht auf die mittelalterlichen<br />
Bedingungen für die Rezeption der Bibel in der Volkssprache<br />
wirft – sowie die Beigabe <strong>von</strong> Überschriften <strong>und</strong> Illustrationen:<br />
Disz durchleuchtigist werck der gantzen heyligen geschrifft.<br />
genannt dy bibel fúr all ander vorgetrucket teutsch bibeln.<br />
lavterer. clarer. vnd warer nach rechter gemeyner teutsch. mit<br />
hohem vnd groszem vleysz. gegen dem lateynischen text<br />
gerechtvertigt. vnderschidlich punctiert. mit vberschrifften bey<br />
dem meysten teil der capitel vnd psalm. iren inhalt vnd vrsach<br />
anzaygende. Vnd mit schoenen figuren dy historien bedeutende.<br />
hat hier ein ende.<br />
Die Koberger-Bibel hat ein kleineres Format als die<br />
Zainer-Bibel, auch ist ihre zweibändige Anlage benutzerfre<strong>und</strong>licher.<br />
Koberger geht es nicht mehr in erster Linie