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24 Robert Kurz<br />

zurichtenden neuen Ordnung die theoretische Feier des Chaos zur<br />

diskursiven Mode wurde. Das Prinzip der Selbstähnlichkeit und die<br />

Theorie der Fraktale, Grundelemente der Chaostheorie, 1 wie sie auch<br />

philosophisch und sozial- bzw. gesellschaftstheoretisch inzwischen<br />

eifrig herangezogen werden, verweisen in ihrem mathematischen und<br />

naturwissenschaftlichen Zuschnitt auf den Zustand einer Gesellschaft,<br />

die sich gerade in Gestalt der Weltgesellschaft, die sie jetzt unwiderruflich<br />

geworden ist, als steuerlose Naturwüchsigkeit (Chaos) nicht<br />

nur begreift, sondern dies auch wirklich ist.<br />

Die westliche Ordnung ist das Chaos, und das Chaos wird als Ordnung<br />

erkannt; was dies aber im Unterschied zur physikalischen und<br />

biologischen Natur für die menschliche Gesellschaft bedeutet, das<br />

kann auch die Struktur des Zerfalls in die Barbarei sein. Denn hier<br />

taucht ein theoretischer Ordnungsbegriff auf, der mit dem subjektiven<br />

(aufklärerischen) nichts mehr zu tun hat. Hatten Strukturalismus und<br />

Systemtheorie seit den 60er Jahren die Subjektlosigkeit als Meta-<br />

Problem der Moderne noch im Sinne der systemischen Selbstregulation<br />

positiv und quasi mechanisch bestimmt, so bringt die gesellschaftswissenschaftlich<br />

reformulierte Chaostheorie als affirmative<br />

(marktwirtschaftliche) ein negatives und gefährliches Moment hinzu.<br />

Möglicherweise kann die Chaostheorie auch anders und kritisch reformuliert<br />

werden; davon ist bis jetzt aber kaum etwas zu sehen. In<br />

einem affirmativen Bezug zum globalen Marktsystem wird sie jedenfalls<br />

Teil des theoretischen und sozialen Zynismus.<br />

Dabei enthüllt sich ein grundsätzliches Problem, das den vom Westen<br />

ausgehenden Modernisierungsprozeß schon immer begleitet hat,<br />

heute aber erstmals eine absolute Grenze zu markieren scheint; gerade<br />

weil die Logik des Westens den nicht mehr überschreitbaren globalen<br />

Raum nunmehr als ganzen durchdringt und eindimensional ausrichtet.<br />

Dieses Problem ist das Verhältnis von bürgerlichem Subjekt der Moderne<br />

einerseits und blinder Fetisch-Objektivität der kapitalistischen<br />

Produktionsweise andererseits. Im Marxschen Begriff der Fetisch-<br />

Konstitution liegt die Erkenntnis, daß das bürgerliche Subjekt seiner<br />

eigenen Form nach (als Ware-Geld-Subjekt) gar nicht zu jener selbstbewußten<br />

Mündigkeit gelangen kann, die von den Aufklärungsideologen<br />

beschworen worden ist. Der in die warenförmige Vergesellschaftung<br />

eingeschlossene und sich stufenweise bis zum Rechts- und<br />

Staatsfetisch entfaltende Fetischismus konstituiert, obwohl durch<br />

menschliche Handlungen in die Welt gebracht und von menschlichen

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