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30 Robert Kurz<br />

Dritten Welt als von denen des Staatssozialismus der »Zweiten Welt«<br />

ausgingen, bereits den Begriff des Weltsystems hervorgebracht. 7<br />

Dieser Begriff des Weltsystems blieb freilich, dem tatsächlichen<br />

Entwicklungsstand bis zum Beginn der 80er Jahre entsprechend, selber<br />

noch den Problemstellungen der nachholenden Modernisierung<br />

verhaftet. Ausgehend von den Varianten der Dependenztheorie 8 und<br />

den Theoremen des »ungleichen Tauschs« 9 bezog sich die Weltsystem-Theorie<br />

immer noch auf die Problemebene der »Unterentwicklung«,<br />

wobei als impliziter Maßstab (wie bei allen Entwicklungstheorien)<br />

die westlichen Kriterien einer kohärenten nationalökonomischen<br />

Warenproduktion auf hohem Konsumniveau dienten. Es ging also vor<br />

allem um das Entwicklungsgefälle und um die »Ungleichheit«<br />

innerhalb des warenproduzierenden Systems; und diese strukturelle<br />

Schranke für die historischen Nachzügler wurde im wesentlichen auf<br />

der Ebene der Zirkulation zwischen alten und neuen Nationalökonomien<br />

abgebildet, wobei der Begriff der »internationalen Arbeitsteilung«<br />

einen eher deskriptiven Stellenwert hatte.<br />

Die Weltsystem-Theorie stellt so einen Übergang dar, der erst<br />

Ende der 80er Jahre mit dem Zusammenbruch des Staatssozialismus<br />

abgeschlossen wurde. In dieser vergangenen Epoche waren die Entwicklungsstrategien<br />

und kritischen Interventionen, egal ob mehr an<br />

einer neuen (»gerechteren«) Weltwirtschaftsordnung orientiert oder<br />

mehr an einer (emanzipatorischen) Abkoppelung vom Weltmarkt, 10<br />

allesamt auf die Frage gerichtet, wie eine emanzipatorische Eigenständigkeit<br />

und ein menschenwürdiges Leben auf dem Boden des blind<br />

vorausgesetzten warenproduzierenden Systems in einer weitergehenden<br />

Entwicklungsperspektive erreichbar sein könnten. Die Tatsache,<br />

daß jede »Entwicklung« in diesem Sinne seit dem 17. Jahrhundert<br />

ihre Ambivalenz dadurch bewiesen hatte, daß immer die Massen<br />

mehr oder weniger diktatorisch den Systemkriterien der totalen Warenform<br />

und damit den Zumutungen der abstrakten Arbeit unterworfen<br />

wurden, und daß sich dies nicht nur in der nachholenden Modernisierung<br />

der Sowjetunion wiederholte, sondern auch in sämtlichen<br />

Varianten »nationaler Befreiung« der Dritten Welt, blieb weitgehend<br />

ausgeblendet. Auch die Weltsystem-Theorie verläßt das implizite warenförmige<br />

Paradigma nicht, aber ihr strukturalistischer Ansatz verweist<br />

bereits auf das Problem der subjektlosen Form, die zur Welt-<br />

Form wird; und daß diesem Ansatz gelegentlich »entwicklungspolitischer<br />

Pessimismus« (oder gar Nihilismus) vorgeworfen wurde, zeigt

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