Dokument 1.pdf
Dokument 1.pdf
Dokument 1.pdf
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
44 Christoph Türcke<br />
Zuverlässigkeit der in der Regel doch in den kapitalistischen Betrieb<br />
Eingegliederten. Diese Masse ist schwankend, organisatorisch ist mit<br />
ihr wenig anzufangen. […] Der kapitalistische Produktionsprozeß hat<br />
es also mit sich gebracht, das Interesse am Sozialismus und die zu<br />
seiner Durchführung notwendigen menschlichen Eigenschaften zu<br />
trennen.« Das »drückt sich im gegenwärtigen Deutschland in der Existenz<br />
zweier Arbeiterparteien und außerdem durch das Fluktuieren<br />
großer Schichten von Erwerbslosen zwischen kommunistischer und<br />
nationalsozialistischer Partei aus.« Entsprechend »finden sich bei den<br />
linken Intellektuellen, angefangen von den politischen Funktionären<br />
bis zu den Theoretikern der Arbeiterbewegung, die beiden Momente<br />
der dialektischen Methode: Tatsachenerkenntnis und Klarheit über das<br />
Grundsätzliche, isoliert und zerstreut. […] Die einen erkennen zwar<br />
die bestehende Gesellschaft als schlecht, aber es fehlen ihnen die<br />
Kenntnisse, um die Revolution praktisch und theoretisch vorzubereiten.<br />
Die anderen könnten vielleicht diese Kenntnisse produzieren, aber<br />
sie ermangeln der fundamentalen Erfahrung von der dringenden<br />
Notwendigkeit der Änderung.« 2<br />
Mit andern Worten: Es ist dem Kapitalismus weitgehend gelungen,<br />
auch die widerspenstigen unter seinen Kindern nach seinem Bilde zu<br />
gestalten. Daß er die Produktivkräfte der modernen Industrie nicht nur<br />
entfesselt, sondern zugleich in eine soziale Konstellation gespannt hat,<br />
die die Menschen, statt sie zu einem Maximum an Selbstentfaltung zu<br />
befreien, zu Anhängseln einer von ihnen selbst in Gang gehaltenen<br />
Maschinerie macht und sie zwanghaft mit unerhörtem Reichtum<br />
zugleich ein nie gekanntes Ausmaß an Armut und Elend produzieren<br />
läßt, war bekannt. Nun aber stellte sich heraus, daß auch das gesamte<br />
Potential der psychisch-geistigen Produktiv- und Widerstandskräfte in<br />
den Bann dieser sozialen Konstellation geraten war. Die Gesetzmäßigkeit<br />
der Wirtschaftskrise, die in regelmäßigen Abständen den aufgehäuften<br />
Warenreichtum, weil er unverkäuflich geworden ist, Konkurs,<br />
Massenentlassung und -arbeitslosigkeit mit all ihren Begleiterscheinungen<br />
erzeugen läßt, hatte auch das Innere der Menschen erfaßt,<br />
deren Widerstandskräfte brach- und lahmgelegt wie unverkäufliche<br />
Waren und dafür gesorgt, daß der Reichtum an aufklärerisch-wissenschaftlichen<br />
Errungenschaften den Massen ebensowenig zugute<br />
kam wie der an materiellen. Daß die gesellschaftlichen Produktivkräfte<br />
dazu tendieren, in Destruktivkräfte umzuschlagen, wenn die