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Prof. Dr. Christoph Degenhart RA Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin Der „Geschäftsführende Direktor“, der vom Gouverneursrat ernannt wird, unterliegt den Weisungen des Direktoriums und führt als gesetzlicher Vertreter des ESM die laufenden Geschäfte, Art. 7 Abs. 1, 4 und 5 ESM- Vertrag. Bestimmungen dahingehend, dass ihm bestimmte Geschäfte untersagt sind oder er hierfür der vorgehenden Zustimmung des Direktoriums bedarf, enthält der Vertrag nicht. Vertreter des IWF und anderer Organisationen können als Beobachter eingeladen werden, Art. 38 ESM-Vertrag, Erwägungsgrund 8. Parlamentarische Vertreter sind demgegenüber nicht beteiligt. Ihnen gegenüber besteht keine Berichts- oder Rechenschaftspflicht. Sie haben keine Kontrollfunktionen und sind auch nicht Beobachter als Beobachter zugelassen. Ohne an dieser Stelle einer verfassungsrechtlichen Bewertung vorgreifen zu wollen, kann doch festgestellt werden, dass sämtliche Leitungs- und Entscheidungsgremien durch Regierungen bzw. Vertreter der Exekutive besetzt sind. Nur über sie wird demokratische Legitimation und parlamentarische Kontrolle vermittelt. Und auch diese Kontrolle ist nach dem Vertrag schwach ausgeprägt: er begründet keine Weisungs- oder Aufsichtsrechte, weder für das Europäische Parlament, noch für die nationalen Parlamente. 3. Stammkapital Das Stammkapital des ESM beträgt nach Art. 8 Abs. 1 ESM-Vertrag 700 Mrd. Euro (Art. 8 Abs. 1; Anhang II). Nach Abs. 2 sind 80 Mrd. Euro sofort einzuzahlen; die restlichen von 620 Mrd. Euro sind „abrufbare Anteile“. Davon entfallen auf die Bundesrepublik Deutschland entsprechend dem Kapitalschlüssel der EZB nach Art. 11 Abs. 1 ESM-Vertrag i.V.m. Anhang I rund 27%; dies entspricht rund 190 Mrd. Euro, davon 22 Mrd. Euro „eingezahlt“ und 168 Mrd. Euro „abrufbar“. Bereits jetzt ist absehbar, dass einzelne der Unterzeichnerstaaten nicht in der Lage sein werden. Ihre Anteile zu bezahlen, und sich der Anteil Deutschlands am Stammkapital entsprechend erhöhen wird. Der Gouverneursrat kann „im gegenseitigen Einvernehmen“ „jederzeit“ mit „angemessener Frist“ die Einzahlung der abrufbaren Kapitalanteile verlangen, Art. 9 Abs. 1, Art. 5 Abs. 6 lit. c ESM- Vertrag. Ist zu erwarten, dass der ESM Zahlungsverpflichtungen gegen- 4
Prof. Dr. Christoph Degenhart RA Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin über Gläubigern nicht bedienen kann, kann der Geschäftsführende Direk- tor die Einzahlung der abrufbaren Kapitalanteile binnen sieben Tagen verlangen, Art. 9 Abs. 3. Der Gouverneursrat kann „im gegenseitigen Einvernehmen“ eine Veränderung der Höhe des Stammkapitals beschließen. Die Staaten müssen dem zustimmen, Art. 10 Abs. 1, Art. 5 Abs. 6 lit. d ESM-Vertrag. Zusätzlich zum Stammkapital wird ein Reservefonds eingerichtet, in den die Strafzahlungen fließen, die Euro-Staaten aufgrund übermäßiger Defizite oder makroökonomischer Ungleichgewichte zahlen müssen. Art. 24 ESM- Vertrag. Verluste des ESM werden zuerst aus dem Reservefonds beglichen, Art. 24 und 25 ESM-Vertrag. Das Darlehensvolumen von EFSF und ESM darf in der Summe gemäß Art. 39 ESM-Vertrag höchstens 500 Mrd. Euro betragen. Künftige ESM-Darlehen werden bevorzugt – jedoch nach IWF- Hilfen – bedient, so Erwägungsgrund Nr. 13 zum ESM-Vertrag. Ausweislich des Erwägungsgrundes Nr. 6 soll allerdings noch vor Inkrafttreten des ESM-Vertrags dieses Volumen „neu bewertet“ und, „falls angebracht“, durch den Gouverneursrat im „gegenseitigen Einvernehmen“ angepasst werden, Art. 10 Abs. 1, Art. 5 Abs. 6 lit. d ESM-Vertrag. Tatsächlich hat die Bundesrepublik bereits kurze Zeit nach Unterzeichnung des ESM- Vertrags einer Erweiterung des Volumens des ESM zugestimmt; sie soll dergestalt erfolgen, dass EFSF und ESM zunächst parallel laufen. Dies bedeutet ein deutlich höheres Haftungsrisiko der Bundesrepublik, als noch bei Vertragsunterzeichnung vorausgesetzt worden war. 5 Auch besteht die Möglichkeit, das tatsächliche Stammkapital im Wege einer „Hebelung“ über den Ausgabekurs zu erhöhen; hiernach bestimmt sich dann die anteilige Haftung der Staaten. Dazu s. nachstehend unter C.I.2.b) aa). Die Haftung der Mitgliedstaaten ist allerdings nach Art. 8 Abs. 5 ESM- Vertrag für jeden Staat begrenzt auf die Höhe des eigenen Anteils am 5 Süddeutsche Zeitung Nr. 75 vom 29. März 2012, S. 23: „Was kann der neue Euro-Schirm ?“. 5
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