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hat das kf gefordert, es sei - Schweizerischer Gewerbeverband sgv

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Schweizerische Gewerbezeitung – 14. September 2012 FINANZEN 21<br />

Die Schweizerische Nationalbank kann durchaus in die Rolle der «Retterin» schlüpfen, tut di<strong>es</strong> aber nur im äussersten Notfall.<br />

hoch und nach wie vor deutlich<br />

niedriger. Neben der MWSt erhebt<br />

der Bund Einkommenssteuern (28,5<br />

Prozent der Steuereinnahmen 2010)<br />

sowie weitere Konsum- und Kapitalertragssteuern<br />

(etwa auf Benzin und<br />

Tabak sowie Verrechnungssteuer).<br />

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Die EU verfügt bisher bekanntermassen<br />

nicht über ein zentral<strong>es</strong> B<strong>es</strong>teuerungssystem.<br />

Nationale Inter<strong>es</strong>sen<br />

Ist di<strong>es</strong>e Art von Transfermechanismen<br />

in der EU vorstellbar? Die Antwort<br />

ist wahrscheinlich nein. In<br />

«marxistischer» Terminologie g<strong>es</strong>prochen<br />

sind die diversen Sozialversicherungssysteme<br />

<strong>das</strong> R<strong>es</strong>ultat von<br />

Au<strong>sei</strong>nandersetzungen zwischen «Arbeit»<br />

und «Kapital» in den letzten<br />

hundert oder mehr Jahren. In der<br />

Schweiz wie auch in anderen Industrieländern<br />

entwickelten sich die entsprechenden<br />

Inter<strong>es</strong>sensgruppen und<br />

die politischen Parteien, die deren<br />

Anliegen vertraten, ausnahmslos im<br />

Kontext nationaler politischer Systeme.<br />

Es scheint eher unwahrscheinlich,<br />

<strong>das</strong>s sich sogar in der eng integrierten<br />

EU derartige Inter<strong>es</strong>sensgruppen<br />

grenzüberschreitend bilden<br />

würden. Ein Beispiel: Gewerkschaften<br />

würden sich tendenziell wohl<br />

eher auf die Seite ihrer nationalen<br />

Industrievertreter schlagen, wenn <strong>es</strong><br />

darum geht, die Stellung der «heimischen»<br />

Unternehmen gegen die internationale<br />

Konkurrenz zu verteidigen.<br />

Dementsprechend war länderübergreifenden<br />

Gewerkschaften nur<br />

selten Erfolg b<strong>es</strong>chieden. Es scheint<br />

auch unwahrscheinlich, <strong>das</strong>s sich Inter<strong>es</strong>sensgruppen,<br />

wie z.B. Pensionierte,<br />

auf internationaler Ebene zusammenschli<strong>es</strong>sen<br />

würden. Daher<br />

sind Systeme zur Umverteilung von<br />

Einkommen bisher fast ausnahmslos<br />

nationaler Natur. Zu di<strong>es</strong>er Regel gibt<br />

<strong>es</strong> nur wenige Ausnahmen. In der EU<br />

ist eine davon die Gemeinsame<br />

Agrarpolitik (GAP), in deren Rahmen<br />

die europäischen Konsumenten einen<br />

Einkommensausgleich zwischen diversen<br />

nationalen Agrarsektoren finanzieren.<br />

Konsumenten scheinen<br />

eine zu breit g<strong>es</strong>treute Lobby zu <strong>sei</strong>n,<br />

als <strong>das</strong>s sie den vereinten Lobbying-<br />

Anstrengungen nationaler Agrarbranchen<br />

und ihrer politischen Vertreter<br />

entgegentreten könnten.<br />

Kontrollen und Schuldenbremse<br />

Wohlfahrtsstaatliche Transfermechanismen<br />

führen in der Regel zu Defi-<br />

ziten, weil <strong>es</strong> für Politiker viel einfacher<br />

ist, ihre Popularität mit Zahlungen<br />

an ihre Wählenden statt mit der<br />

Erhöhung derer Steuern zu steigern.<br />

Wie diszipliniert die Schweiz also ihre<br />

Fiskalpolitik? Mit Blick auf die<br />

Kantone und Gemeinden könnte ei-<br />

ner der Faktoren effektiv in den fehlenden<br />

staatlichen Garantien b<strong>es</strong>tehen<br />

– genau so, wie die Nichtbeistandsklausel<br />

in der Eurozone die<br />

Regierungen der Mitgliedländer hätte<br />

disziplinieren sollen. Doch di<strong>es</strong><br />

scheint auch in der Schweiz nicht<br />

auszureichen, w<strong>es</strong>halb weitere Kon-<br />

Die meisten Kantonalbanken erfreuen sich nach wie vor einer vollumfänglichen Staatsgarantie.<br />

trollen in <strong>das</strong> System integriert wurden.<br />

In Bezug auf die vorstehend b<strong>es</strong>chriebenen<br />

Ausgleichszahlungen<br />

sind die Kantone keinen spezifischen<br />

g<strong>es</strong>etzlichen Anforderungen zur Korrektur<br />

von Defiziten unterworfen. Es<br />

wurden jedoch Hindernisse eingebaut:<br />

Die Transfers basieren nämlich<br />

nicht auf den tatsächlichen Einnahmen<br />

(oder Ausgaben) der Kantone,<br />

sondern auf ihren potenziellen Einnahmen.<br />

Mit anderen Worten: Wenn<br />

ein Kanton die Steuern zugunsten<br />

<strong>sei</strong>ner Bürger senken würde, erhielte<br />

er keine höheren Ausgleichszahlungen<br />

zur Kompensation der tieferen<br />

Einnahmen, weil <strong>das</strong> Einnahmenpotenzial<br />

unverändert bliebe.<br />

Schwer abbaubare Defizite<br />

Trotz derartiger Mechanismen, die<br />

zur Haushaltsdisziplin anhalten sollen,<br />

haben die meisten Kantone die<br />

eine oder andere Form einer «goldenen<br />

Regel» oder «Schuldenbremse»<br />

eingeführt, die bei übermässigen Defiziten<br />

automatische Ausgabenkürzungen<br />

auslöst. 2003 wurde di<strong>es</strong>er<br />

Mechanismus nach einem entsprechenden<br />

Referendum auch auf Bund<strong>es</strong>ebene<br />

eingeführt. Gemäss goldener<br />

Regel müssen sich die Ausgaben<br />

und Einnahmen der Bund<strong>es</strong>regierung<br />

über einen ganzen Konjunkturzyklus<br />

hinweg die Waage halten,<br />

d.h. Defizite, die während Wirtschaftsabschwüngen<br />

oder Rez<strong>es</strong>sionen<br />

anfallen, müssen in Phasen<br />

mit expandierender Wirtschaft wieder<br />

kompensiert werden. Allerdings<br />

gilt die Schuldenbremse nicht für die<br />

Sozial- und Krankenversicherungsausgaben.<br />

Die Schuldenbremse <strong>hat</strong><br />

die Staatsausgaben und damit die<br />

Verschuldung tatsächlich b<strong>es</strong>chränkt,<br />

aber die «ausserbilanziellen»<br />

Sozialversicherungsausgaben<br />

sind wieder g<strong>es</strong>tiegen, nachdem Ende<br />

der 1990er-Jahre einmalige Massnahmen<br />

zur Schuldenreduktion ergriffen<br />

worden waren. Es werden<br />

unpopuläre Reformen erforderlich<br />

<strong>sei</strong>n, um den Aufwärtstrend di<strong>es</strong>er<br />

Schulden zu brechen.<br />

Hilft die direkte Demokratie?<br />

Einige Bewunderer der Schweiz sind<br />

der Ansicht, <strong>das</strong>s die direktdemokratische<br />

Kontrolle der öffentlichen Finanzen<br />

letztlich der Schlüssel zur<br />

Wahrung der Haushaltsdisziplin ist.<br />

Es ist tatsächlich so, <strong>das</strong>s für substanzielle<br />

Änderungen der Bund<strong>es</strong>steuerg<strong>es</strong>etze<br />

ein Referendum erforderlich<br />

ist. Di<strong>es</strong> ist wahrscheinlich einer der<br />

Gründe für die nach wie vor vergleichsweise<br />

tiefen B<strong>es</strong>teuerungsniveaus<br />

in der Schweiz. Niedrigere Steuereinnahmen<br />

b<strong>es</strong>chränken tendenziell<br />

die Ausgaben. Ein (fakultativ<strong>es</strong>) Re-<br />

ferendum wird auch bei umfassenden<br />

Ausgabeentscheidungen durchgeführt,<br />

und zwar sowohl auf bund<strong>es</strong>staatlicher<br />

als auch auf kantonaler<br />

Ebene. Allerdings hegen wir gewisse<br />

Zweifel, ob die direkte Demokratie<br />

wirklich so wirksam ist: Während gewisse<br />

nationale Referenden, z.B. jen<strong>es</strong><br />

über die staatliche Schuldenbremse<br />

oder jen<strong>es</strong> über eine r<strong>es</strong>triktivere Arbeitslosenversicherung,<br />

tatsächlich eine<br />

grössere Haushaltsdisziplin auferlegten,<br />

war di<strong>es</strong> bei anderen nicht der<br />

Fall. Insb<strong>es</strong>ondere Vorschläge zur B<strong>es</strong>chränkung<br />

der AHV, um den prognostizierten<br />

Defiziten entgegenzuhalten,<br />

wurden verworfen – genauso wie<br />

Vorschläge, die G<strong>es</strong>undheitskosten zu<br />

b<strong>es</strong>chränken oder Unternehmenspensionskassen<br />

auf eine solidere Basis zu<br />

stellen. Grosse Stimmbürgergruppen<br />

votieren gegen die Haushaltsdisziplin,<br />

wenn sie ihre eigenen Inter<strong>es</strong>sen bedroht<br />

sehen – selbst in einer direkten<br />

Demokratie.<br />

Kantonsschulden zählen kaum<br />

Wir haben bereits f<strong>es</strong>tg<strong>es</strong>tellt, <strong>das</strong>s<br />

ein Schweizer Kanton, der <strong>sei</strong>nen<br />

Schuldendienst nicht mehr leisten<br />

kann, wahrscheinlich nicht mit Beistand<br />

rechnen könnte. Ein Grund<br />

hierfür ist, <strong>das</strong>s ein solcher Zahlungsausfall<br />

voraussichtlich keine<br />

«systemischen» Folgen hätte, weil<br />

der absolute Umfang der Kantonsschulden<br />

relativ gering ist. Genf <strong>hat</strong><br />

mit Abstand die höchsten Bruttoschulden<br />

aller Schweizer Kantone.<br />

Doch mit 13,6 Milliarden Franken<br />

(Stand 2010) entsprachen di<strong>es</strong>e immer<br />

noch nur 22 Prozent der Einnahmen<br />

der Eidgenossenschaft oder<br />

2,3 Prozent d<strong>es</strong> helvetischen BIP.<br />

Darüber hinaus befinden sich derartige<br />

Verbindlichkeiten mehrheitlich<br />

in der Hand privater und institutioneller<br />

Inv<strong>es</strong>toren, welche die<br />

Abschreiber wahrscheinlich verkraften<br />

könnten. Im Vergleich dazu belaufen<br />

sich die Bruttoschulden Spaniens<br />

und Italiens auf 7,8 Prozent<br />

und 20,2 Prozent d<strong>es</strong> g<strong>es</strong>amten BIP<br />

der Eurozone. Sowohl die Belastung<br />

ein<strong>es</strong> potenziellen Garantiegebers<br />

als auch die Auswirkungen einer potenziellen<br />

Umschuldung hätten damit<br />

ganz andere Dimensionen.<br />

Nothilfe für Banken<br />

Im Gegensatz dazu würden finanzielle<br />

Probleme im Schweizer Banksektor<br />

eher eine Intervention auf nationaler<br />

Ebene nach sich ziehen – genau<br />

so, wie di<strong>es</strong> zurzeit in der UBS<br />

durch den Bund<strong>es</strong>rat und die Nationalbank<br />

(SNB) im Jahr 2008 untermauert<br />

di<strong>es</strong>e Einschätzung. Obwohl<br />

die Bankbilanzen nun robuster sind,<br />

könnte eine erneute und einschneidende<br />

globale Finanzkrise wiederum<br />

ähnliche Massnahmen notwendig<br />

machen, wenn dadurch die Stabilität<br />

der Volkswirtschaft insg<strong>es</strong>amt in Frage<br />

g<strong>es</strong>tellt wäre. Es scheint auch<br />

wahrscheinlich, <strong>das</strong>s ein drohender<br />

Konkurs einer grösseren Kantonalbank<br />

eine nationale Antwort erfordern<br />

würde. Die meisten Kantonalbanken<br />

erfreuen sich nach wie vor<br />

einer vollumfänglichen Staatsgarantie.<br />

Das G<strong>es</strong>amtrisiko der öffentlichen<br />

Hand gegenüber di<strong>es</strong>en Banken belief<br />

sich per Ende 2011 auf 390 Milliarden<br />

Franken oder 66 Prozent d<strong>es</strong><br />

BIP. Wenn eine oder mehrere der<br />

grösseren Kantonalbanken in Schieflage<br />

gerieten, würde die finanzielle<br />

Schlagkraft der Kantone wohl nicht<br />

zu deren Rettung ausreichen, so<strong>das</strong>s<br />

Unterstützung durch den Bund und<br />

die SNB auch hier erforderlich wäre.<br />

Di<strong>es</strong> legt den Schluss nahe, <strong>das</strong>s eine<br />

Bankunion – d.h. eine zentrale Aufsichts-<br />

und Abwicklungsbehörde sowie<br />

ein zentraler Kreditgeber der letzten<br />

Instanz – für die Stabilität einer<br />

Währungsunion (und einer Fiskalunion)<br />

von grosser Bedeutung ist,<br />

und zwar selbst in einem stark föderalistischen<br />

System.<br />

Maxime Botteron &<br />

Olivier Adler, CS

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