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hat das kf gefordert, es sei - Schweizerischer Gewerbeverband sgv

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WIRTSCHAFT&POLITIK<br />

Schweizerische Gewerbezeitung – 14. September 2012<br />

GRAFISCHE BRANCHE – Zunehmende ausländische Konkurrenz und der überharte Franken bereiten den Schweizer Druckern Kopfzerbrechen.<br />

Thomas Gsponer, Direktor d<strong>es</strong> Branchenverband<strong>es</strong> Viscom, spricht offen von Krise und setzt auf Swissn<strong>es</strong>s.<br />

«Jetzt geht <strong>es</strong> ums nackte Überleben»<br />

Die Viscom-Spitze wagt ang<strong>es</strong>ichts der kritischen<br />

Lage der Branche den Hosenlupf mit den Gewerkschaften:<br />

Präsident Peter Edelmann (links) und<br />

Direktor Thomas Gsponer.<br />

Gewerbezeitung: Trifft <strong>es</strong> zu, <strong>das</strong>s<br />

die grafische Branche in der grössten<br />

Krise <strong>sei</strong>t der Nachkriegszeit<br />

steckt?<br />

n Thomas Gsponer: Branchenspezialisten<br />

pflegten schon vor Jahren zu<br />

sagen, die grösste Stärke d<strong>es</strong> Schweizer<br />

Druckereigewerb<strong>es</strong> <strong>sei</strong> <strong>sei</strong>ne Fähigkeit,<br />

mit der permanenten Krise<br />

fertig zu werden. Allerdings zeigen<br />

die aktuellen Zahlen, <strong>das</strong>s die Situation<br />

heute so schlimm ist wie noch<br />

nie in den letzten zehn Jahren. Der<br />

überharte Franken <strong>hat</strong> in vielen Branchen<br />

der Schweizer Wirtschaft negative<br />

Auswirkungen, in der grafischen<br />

Industrie ging und geht <strong>es</strong> hingegen<br />

ums nackte Überleben. Wir konnten<br />

jahrelang die B<strong>es</strong>chäftigung bei etwa<br />

30 000 Mitarbeitenden halten, jetzt<br />

geht sie massiv zurück.<br />

Eine derart verheerende Analyse ist<br />

entweder neu, oder sie wurde von<br />

der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen.<br />

n Die einzelnen Fakten sind bekannt,<br />

<strong>das</strong> G<strong>es</strong>amtbild leider weniger. Viscom<br />

<strong>hat</strong> bereits im August 2011 die<br />

Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage<br />

kommuniziert, wonach 85 Prozent<br />

der der grafischen Unternehmen<br />

unter der Euroschwäche zu leiden<br />

<strong>hat</strong>ten. Es machte niemandem Eindruck,<br />

<strong>das</strong>s 2011 die Bruttowertschöpfung<br />

der grafischen Branche um 4 Prozent<br />

zurückging, während <strong>das</strong> Bruttoinlandprodukt<br />

BIP um 0,7 Prozent<br />

zulegte. Die negative Entwicklung<br />

setzt sich 2012 fort. Im ersten Quartal<br />

schrumpfte die grafische Branche um<br />

dramatische 7,3 Prozent, <strong>das</strong> BIP hingegen<br />

wuchs um 2 Prozent. Und trotzdem<br />

werden in den Medien und im<br />

Bund<strong>es</strong>rat die ganze Zeit vor allem<br />

die Exportprobleme der Maschinenindustrie<br />

beklagt.<br />

«DIE WÄHRUNGS­<br />

PROBLEMATIK HAT EIN<br />

BESTEHENDES PROBLEM<br />

NOCH AKZENTUIERT.»<br />

Das stille Leiden Ihrer Branche <strong>hat</strong><br />

dennoch einen Namen: Swissprinters.<br />

n Das kann man wirklich so sagen!<br />

Allerdings wurde die Krise bei Swissprinters,<br />

mit gegen 1000 Mitarbeitenden<br />

bis vor kurzem <strong>das</strong> grösste<br />

Unternehmen der grafischen Industrie<br />

der Schweiz, kaum beachtet. In<br />

der Deutschschweiz schloss die Firma<br />

bereits Ende 2011 ihre beiden Rollenoffset-Standorte<br />

in St. Gallen und<br />

Zürich. Im waadtländischen Renens<br />

konnten nach langen Verhandlungen<br />

Ende August di<strong>es</strong><strong>es</strong> Jahr<strong>es</strong> schli<strong>es</strong>slich<br />

69 Jobs gerettet werden. Die Mitarbeitenden<br />

müssen aber auf Grund<br />

der schwierigen Situation Lohnkürzungen<br />

von 15 Prozent hinnehmen.<br />

Gehören solche Fälle nicht zur<br />

logischen Strukturbereinigung in<br />

einer Branche, die viele Überkapazitäten<br />

aufgebaut <strong>hat</strong>?<br />

n Strukturbereinigungen im Druckbereich<br />

sind an der Tag<strong>es</strong>ordnung, weil<br />

sie eine unmittelbare Folge d<strong>es</strong> technischen<br />

Fortschritts sind. In kaum ei-<br />

ner anderen Branche führen Inv<strong>es</strong>titionen<br />

in Produktionslagen so schnell<br />

zu höherem Output wie in der grafischen<br />

Industrie. Bei Swiss printers<br />

handelt <strong>es</strong> übrigens um ein absolut<strong>es</strong><br />

Vorzeigeunternehmen, <strong>das</strong> im Markt<br />

glänzend positioniert und technologisch<br />

auf dem letzten Stand war.<br />

Ist <strong>es</strong> nicht zu einfach, die Schuld<br />

allein bei der Euro­Schwäche zu<br />

suchen?<br />

n Das tun wir auch nicht. Die Währungsproblematik<br />

<strong>hat</strong> ein b<strong>es</strong>tehend<strong>es</strong><br />

Problem noch akzentuiert, also <strong>das</strong><br />

Fass zum Überlaufen gebracht. Der<br />

Druck der ausländischen Mitwerber<br />

wurde in den letzten Jahren laufend<br />

grösser, der harte Franken führte zu<br />

ri<strong>es</strong>igen Einbrüchen bei den Exporten,<br />

während die Importe verführerisch<br />

günstig wurden. Erschwerend kommt<br />

hinzu, <strong>das</strong>s die neuen Trends in der<br />

elektronischen Kommunikation voll<br />

durchschlagen und <strong>das</strong> Bedürfnis nach<br />

Druckerzeugnissen aller Art kleiner<br />

wird. Da erstaunt <strong>es</strong> nicht, <strong>das</strong>s auch<br />

die traditionellen Kundenbindungen<br />

leiden und der Markt noch weiter<br />

schrumpft. Wobei erstaunlicherweise<br />

die kleinen, lokal tätigen Drucker noch<br />

am b<strong>es</strong>ten davonkommen.<br />

Wer sind die grössten Konkurrenten?<br />

n In der Druckvorstufe sitzen sie in<br />

praktisch allen hochindustrialisierten<br />

Ländern. Das kennen wir etwa von<br />

den Callcenters zur Genüge. Im Print<br />

sind die schärfsten Rivalen in Süddeutschland,<br />

Vorarlberg und Norditalien<br />

zu finden, im Kommen ist aber<br />

auch Belgien.<br />

«IM ERSTEN QUARTAL<br />

2012 SCHRUMPFTE DIE<br />

BRANCHE UM DRAMATI­<br />

SCHE 7,3 PROZENT.»<br />

Kann man da überhaupt noch<br />

Gegensteuer geben?<br />

n Ich bin überzeugt, <strong>das</strong>s wir eine<br />

Chance haben – und die heisst Swiss-<br />

n<strong>es</strong>s. Der Preis ist zwar enorm wichtig,<br />

doch <strong>es</strong> zählen auch ökologische und<br />

soziale Kriterien. Viscom entwickelte<br />

als einer der ersten Branchenverbände<br />

ein Nachhaltigkeitslabel. Di<strong>es</strong><strong>es</strong> erhalten<br />

Unternehmen, die den G<strong>es</strong>amtarbeitsvertag<br />

r<strong>es</strong>pektieren, Lernende ausbilden<br />

sowie naturgerecht und qualitativ<br />

hochstehend produzieren. Nachhaltige<br />

Unternehmen können sich<br />

gegenüber der ausländischen Konkurrenz<br />

profilieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit<br />

unter Beweis stellen. Erste<br />

Erfolge gibt <strong>es</strong> bereits, so unterstützen<br />

die Einkaufsstellen d<strong>es</strong> Bund<strong>es</strong> di<strong>es</strong>e<br />

Nachhaltigkeitstrategie. Auch unsere<br />

Kampagne «Printed in Switzerland»<br />

sti<strong>es</strong>s auf ein sehr positiv<strong>es</strong> Echo.<br />

Ist Ihre Bekenntnis zum Print nicht<br />

reiner Zweckoptimismus?<br />

n In einem multimedialen Umfeld wird<br />

Print immer eine Rolle spielen. Es kann<br />

als Treiber, als Herzstück oder als Teil<br />

einer Kampagne fungieren. Unsere<br />

Branche wird – wie in früheren Jahren<br />

– unter dem internationalen Druck<br />

nicht untergehen, sondern noch innovativer<br />

und produktiver werden.<br />

Welche Rolle fällt dabei Viscom zu?<br />

n Unser Verband wird zweifellos in<br />

erster Linie den Kampf für noch b<strong>es</strong>sere<br />

Rahmenbedingungen fortsetzen.<br />

ABFUHR BEIM BUNDESRAT<br />

In einem Brief an den Bund<strong>es</strong>rat <strong>hat</strong> die<br />

Viscom 2011 vom Bund<strong>es</strong>rat ein<br />

Hilfspaket zugunsten der bedrängten<br />

Branche <strong>gefordert</strong>. Sie schlug fünf<br />

Massnahmen vor: Reduktion d<strong>es</strong><br />

Mehrwertsteuersatz<strong>es</strong> auf sämtlichen<br />

Druckerzeugnissen, Reduktion der<br />

Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitgeber,<br />

Deklarationspflicht für Druckerzeugnisse,<br />

nachhaltige B<strong>es</strong>chaffungspolitik<br />

und mehr Mittel für die Berufsbildung.<br />

Doch der erhoffte Beistand blieb<br />

aus: «Ausser einem Antwortschreiben<br />

von Bund<strong>es</strong>rat Schneider-Ammann, in<br />

Und wir müssen in Sachen Berufsbildung<br />

und Imagepflege beharrlich den<br />

bisherigen Kurs fortsetzen.<br />

Heute gibt <strong>es</strong> noch rund 1800<br />

grafische Unternehmen. Wie viele<br />

werden überleben?<br />

n Wir schätzen, <strong>das</strong>s sich die Entwicklung<br />

bei etwa 1000 einpendelt.<br />

Damit hätten wir eine mit den Niederlanden<br />

und Österreich vergleichbare<br />

Betriebsdichte. Es ist extrem<br />

wichtig, <strong>das</strong>s die Branche eine Zukunft<br />

<strong>hat</strong>, weil sonst der Nachwuchs<br />

ausbleiben würde.<br />

«IN EINEM MULTIME­<br />

DIALEN UMFELD WIRD<br />

PRINT IMMER EINE<br />

ROLLE SPIELEN.»<br />

Wie sieht <strong>es</strong> mit der Rekrutierung<br />

von Lernenden aus?<br />

n Unsere Berufsbilder sind modern<br />

und attraktiv, dazu kommen exzellente<br />

Weiterbildungsmöglichkeiten. Heute<br />

haben wir rund 1800 Lehrverhältnisse.<br />

Di<strong>es</strong>e Zahl dürfte leicht zurückgehen,<br />

ich bin jedoch zuversichtlich,<br />

<strong>das</strong>s wir auch künftig genügend junge<br />

Leute für uns gewinnen können.<br />

Interview: Patrick M. Lucca<br />

Mehr als Verständnis gab <strong>es</strong> nicht...<br />

welchem er <strong>sei</strong>n Verständnis für unsere<br />

schwierige Situation ausdrückte,<br />

passierte gar nichts», sagt Peter Edelmann<br />

nicht ohne eine gewisse Bitterkeit.<br />

Zweifellos habe die grafische<br />

Industrie nicht <strong>das</strong> gleiche Gewicht wie<br />

beispielsweise die MEM-Industrie. «Aber<br />

die Branche, welche mit 20 000 B<strong>es</strong>chäftigten<br />

einen Bruttoumsatz von<br />

rund vier Milliarden Franken erwirtschaftet,<br />

wird leider zu oft unterschätzt, was<br />

<strong>es</strong> uns erschwert, die nötige Aufmerksamkeit<br />

für unsere Anliegen zu erlangen»,<br />

bedauert der Viscom-Präsident. Lu

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